Ruth K. Angress

Ruth K. Angress

Ruth Klüger (* 30. Oktober 1931 in Wien; früher auch Ruth K. Angress) ist eine US-amerikanische Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ruth Klüger wurde als Tochter eines jüdischen Frauenarztes in Wien geboren. Bereits in ihrer frühen Kindheit erlebte sie den Antisemitismus und die systematische Ausgrenzung der Juden aus dem öffentlichen Leben in ihrer Heimatstadt. Dass die nationalsozialistische Verfolgung auch vor ihrer eigenen Familie nicht Halt machte, erfuhr sie am Schicksal ihres Vaters, der ins Ausland floh. Der Vater ebenso wie ihr Halbbruder fielen dem Holocaust zum Opfer.

1942 wurde Ruth Klüger im Alter von elf Jahren gemeinsam mit ihrer Mutter nach Theresienstadt deportiert. Anschließend war sie in Auschwitz und Christianstadt, einem Außenlager des KZ Groß-Rosen, gefangen. 1945 gelang ihr die Flucht noch kurz vor Kriegsende. Nach dem Krieg lebte sie mit ihrer Mutter im bayerischen Straubing, wo sie ein Notabitur ablegte. 1946 nahm sie ein Studium am Theologischen Seminar in Regensburg auf. Ein Studienkollege war Martin Walser, der in ihrer Autobiographie in der Figur des Christoph porträtiert ist. Die Freundschaft, die sich aus dem Studium entwickelte, beendete Klüger 2002 durch einen Offenen Brief an Walser nach dem Erscheinen seines Buches Tod eines Kritikers.

Emigration

Ruth Klüger emigrierte 1947 in die USA und studierte in New York Bibliothekswissenschaften und Germanistik an der University of California, Berkeley. Das Studium schloss sie 1952 mit dem Master of Arts ab. In den fünfziger Jahren war Ruth Klüger mit dem Historiker Werner Angress verheiratet und publizierte noch bis in die 1980er Jahre hinein unter dem Namen Ruth K. Angress. 1967 promovierte sie beim Barockforscher Blake Spahr.

Von 1980 bis 1986 war sie Professorin an der Princeton University und danach Professorin für Germanistik an der University of California in Irvine sowie seit 1988 Gastprofessorin an der Georg-August-Universität Göttingen. Dementsprechend zweiseitig wohnt und lebt die Autorin: abwechselnd in Irvine und Göttingen.[1]

Als Literaturwissenschaftlerin hat sich Klüger intensiv mit Heinrich von Kleist befasst und war langjährige Herausgeberin der Zeitschrift German Quarterly. 2005 war Ruth Klüger Dozentin im Rahmen der Tübinger Poetik-Dozentur.

Im Mai 2009 wird sie erste Gastprofessorin des Marcel Reich-Ranicki-Lehrstuhls für Deutsche Literatur an der Universität Tel Aviv. Ihr Thema: "Jüdische Autorinnen in der deutschsprachigen Literatur". [2]

Auszeichnungen und Ehrungen

Zitate

  • „Glück ist Sonne auf der Hoteltapete“ (Ruth Klüger in einem Radiointerview im Deutschlandradio Kultur)

Publikationen (Auswahl)

Ruth Klüger schreibt auch unter dem Namen Ruth Angress.

  • Frauen lesen anders. Essays. dtv, München 1996, ISBN 3-423-12276-5.
  • weiter leben. Eine Jugend. Wallstein, Göttingen 1992, ISBN 3-89244-036-0. dtv, München 1997, ISBN 3423119500. (englisch: Still Alive: A Holocaust Girlhood Remembered. The Feminist Press at CUNY 2001, ISBN 1558612718.)
  • Katastrophen. Über deutsche Literatur. dtv, München 1997, ISBN 3-423-12364-8.
  • Auf dem Weg zur dritten Strophe. Rezension des Deutschlandlieds von A. H. Hoffmann von Fallersleben in der FAZ, 28. März 1998.
  • Dichter und Historiker: Fakten und Fiktionen. In: Wiener Vorlesungen. Band 73. Picus, Wien 2000, ISBN 3-85452-373-4.
  • Schnitzlers Damen, Weiber, Mädeln, Frauen. In: Wiener Vorlesungen. Band 79. Picus, Wien 2001, ISBN 3-85452-379-3.
  • Zwickmühle oder Symbiose: War Heinrich Heine ein Geisteswissenschaftler? In: Heidelberger Universitätsreden. Band 17. Müller, Heidelberg 2003, ISBN 3-8114-5120-0.
  • Landscapes of Memory. A Holocaust Girlhood Remembered. Bloomsbury Publishing 2004, ISBN 0-7475-6840-5.
  • Ein alter Mann ist stets ein König Lear – Alte Menschen in der Dichtung. Wiener Vorlesungen. Picus, Wien 2004, ISBN 3-85452-504-4.
  • Wien schreit nach Antisemitismus. In: Martin Doerry (Hrsg.): Nirgendwo und überall zu Haus. Gespräche mit Überlebenden des Holocaust. DVA, München 2006, ISBN 3421042071.
  • Gelesene Wirklichkeit. Fakten und Fiktionen in der Literatur. Wallstein, Göttingen 2006, ISBN 978-3-8353-0026-2.
  • Gemalte Fensterscheiben. Über Lyrik. Wallstein, Göttingen 2007, ISBN 978-3-89244-490-9.
  • unterwegs verloren. Erinnerungen. Zsolnay, Wien 2008, ISBN 3-55205-441-3.

Literatur

  • Sascha Feuchert: Erläuterungen und Dokumente: „weiter leben“ von Ruth Klüger Reclam, Ditzingen 2004, ISBN 3-15-016045-6
  • Barbara Johr, Susanne Benöhr und Thomas Mitscherlich: Reisen ins Leben. Weiterleben nach einer Kindheit in Auschwitz. Donat, Bremen 1997, ISBN 3-931737-07-1.

Presse

  • Man ist irrsinnig indiskret. Interview in Der Spiegel 33/2008, S. 144-147.

Filmografie

  • Thomas Mitscherlich: Reisen ins Leben. Weiterleben nach einer Kindheit in Auschwitz (1996)[4]
  • Renata Schmidtkunz: Ich komm' nicht von Auschwitz her, ich stamm' aus Wien – Ruth Klüger im Portrait; Uraufführung am 1. März 2005 in Wien; Produktion von 3sat, ORF und Bayern alpha Österreich.[5]

Einzelnachweise

  1. Paterno, Wolfgang: „Mord kann ich nicht entschuldigen“, in: Profil, 34/2008, S. 108
  2. Gastprofessorin des Marcel Reich-Ranicki-Lehrstuhls http://www.boersenblatt.net/286717/
  3. ORF: Frauenpreis für Ruth Klüger
  4. Text zu Reisen ins Leben – Weiterleben Nach einer Kindheit in Auschwitz auf filmzentrale.com
  5. Stadt Wien Filmuraufführung 1. März 2005

Weblinks


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