Aztekensalbei

Aztekensalbei
Salvia divinorum
Azteken-Salbei (Salvia divinorum)

Azteken-Salbei (Salvia divinorum)

Systematik
Unterklasse: Asternähnliche (Asteridae)
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Gattung: Salbei (Salvia)
Art: Salvia divinorum
Wissenschaftlicher Name
Salvia divinorum
Epling & Jativa

Der Azteken-Salbei (Salvia divinorum, zu deutsch „Göttersalbei“ oder „Wahrsagesalbei“) ist eine Pflanzenart aus der artenreichen Gattung Salbei in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Weitere Namen sind Wahrsagesalbei, Zaubersalbei, hojas de la pastora (spanisch „Blätter der Schäferin“), hierba de la virgen (spanisch „Kraut der Jungfrau“), ska Maria pastora (mazatekisch „Blätter der Schäferin Maria“). Es handelt sich um eine psychoaktiv wirkende Salbeiart. Der psychoaktive Wirkstoff der Pflanze ist das Salvinorin A, ein Diterpen, das schon in geringen Mengen eine starke halluzinogene Wirkung auslösen kann. Salvinorin A gilt als das potenteste natürlich vorkommende Halluzinogen.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung und Nutzung

Der Azteken-Salbei ist ursprünglich in der Sierra Mazateka im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca beheimatet. Dort wird er von den einheimischen Mazateken seit langer Zeit in schamanischen Zeremonien verwendet. Von den Curanderos, den mazatekischen Heilern, wird er auf zwei Arten verwendet. In niedrigen, nicht-halluzinogenen Dosierungen dient es der Behandlung diverser körperlicher Beschwerden. In deutlich höheren Dosierungen dient es der Induktion eines Rauschzustandes mit lebhaften Visionen. Salvia divinorum wird von den Mazateken nur im Rahmen dieser Heil- und Wahrsagerituale eingesetzt. Es wurde behauptet, dass der Aztekensalbei identisch mit der rituellen Pflanze Pipiltzitzintl der Azteken sei.

In der westlichen Welt ist seit den 1980er Jahren ein deutlicher Anstieg des Interesses an Salvia divinorum zu beobachten. Im ethnobotanischen Fachhandel sind frische und getrocknete Blätter sowie konzentrierte Extrakte der Pflanze erhältlich. Bekannte Erforscher des Aztekensalbeis sind R. Gordon Wasson und Albert Hofmann. Hofmann schreibt in seinem Buch LSD – mein Sorgenkind auch über seine Suche nach Salvia divinorum.

Beschreibung

Salvia divinorum ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die im vegetativen Stadium Wuchshöhen von meist 0,5 bis 1,5 m und im generativen Stadium von 1 bis 2 (selten 3) Metern erreicht. Die grünen, vierkantigen Stängel wachsen meist aufrecht und verzweigen sich. Ältere Pflanzen können unten schwach verholzen. Die gegenständigen, gestielten Laubblätter sind elliptisch bis eiförmig, 10 bis 25 (bis 30) cm lang und 5 bis 10 cm breit. Der Blattrand ist unregelmäßig gesägt, aber an der Blattbasis glatt.

Die aufrechten, traubigen Blütenstände sind 30 bis 40 cm lang, mit 2 bis 4 cm langen Internodien; sie weisen ungestielte, meist violette Hochblätter auf. Die behaarten, violetten Blütenstiele sind 4 bis 9 mm lang. Die zwittrigen, zygomorphen Blüten besitzen ein doppeltes Perianth. Die violetten Kelchblätter sind zu einem 10 bis 12 mm langen Kelch verwachsen. Die intensiv behaarte, blaue Krone ist 28 bis 32 mm lang. Im Herbarmaterial ist sie braun. Die Kronröhre ist 19 bis 22 mm lang, 2 mm hoch und 1,5 mm breit. Der weiße Griffel ist 27 bis 32 mm lang. Die dunkelbraunen Nüsschen sind 1,8 bis 2 mm lang und etwa 1 mm breit. [1]

Züchtungen

Seit vielen Jahrhunderten wird Salvia divinorum an versteckten Stellen von den Mazateken durch Stecklinge (vegetative Vermehrung) kultiviert. Lange ging man davon aus, dass Salvia divinorum eine reine Kulturpflanze sei, die sich nicht über Samen fortpflanzt. Neuere Forschungen stellen dies jedoch in Frage und zeigen, dass geschlechtlich gezeugte Nachkommen möglich sind. Festzustellen bleibt aber, dass die Pflanze am häufigsten über Stecklinge vermehrt wird und nur wenige genetisch unterschiedliche Klone bekannt sind.

In Europa gab es eine lange Zeit nur zwei verschiedene Mutterpflanzen, den Wasson/Hofman- und den Blosser-Klon, was sich allerdings durch den höheren Bekanntheitsgrad der Pflanze verändert hat. Die Pflanzen in Europa unterscheiden sich kaum voneinander, da sie selten über Samen gezogen werden, als Stecklinge weniger Mutterpflanzen also genetisch weitgehend identisch sind.

Es existieren unter anderem folgende Züchtungen:

  • 'Blosser'
  • 'Cerro Quemado'
  • 'Green Witch Queen'
  • 'Julieta'
  • 'La Fuerza'
  • 'Luna': Diese Form hat besonders rundliche Blätter, daher der Name Luna (lat. Mond).
  • 'Owens'
  • 'Paradox'
  • 'Wasson/Hofmann'

Alle Klone, außer dem 'Wasson/Hofmann'-Klon, sind selten und werden kaum angeboten. Da die Pflanze selten Samen ausbildet, ist es schwer, die genetische Vielfalt zu erhöhen. Daher ist anzunehmen, dass diese angeblichen Varianten weitgehend identisch sind.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Der Azteken-Salbei enthält terpenoide Salvinorine, von denen sechs Derivate (A-F) bekannt sind.[2]. Das Salvinorin A ist ein potentes dissoziatives Halluzinogen, mit einer Wirkdosis ab 0,2 mg.[3][4] Die Pharmakologie des Salvinorin A unterscheidet sich deutlich von denen der klassischen Halluzinogene wie LSD: Es wirkt als κ-Opioid-Rezeptor-Agonist.

In Deutschland warnte 1999 die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker dringend vor der Beschaffung und Abgabe von Salvia divinorum.[5]

Rechtliches

In Deutschland empfahl der Sachverständigenausschuss für Apothekenpflicht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 2006 Salvia divinorum der Apothekenpflicht zu unterstellen, wobei keine Unterscheidung zwischen Extrakten und Blättern gemacht wurde.[6]

Inzwischen ist Salvia divinorum in Deutschland nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) rechtlich ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel[7].


Weltweit

Zu Salvia divinorum gibt es in der Schweiz, Liechtenstein, Österreich und den meisten anderen Ländern der Welt keine strafgesetzliche Reglementierung, somit ist der Besitz legal. Der legale Status wurde eingeschränkt bzw. aufgehoben in Australien (2004), Israel (2003), Italien (2005)[8], Deutschland (2008) und Dänemark. In Norwegen ist Salvia divinorum verschreibungspflichtig.

Mit der 21. BtMÄndV wurde wirksam zum 1. März 2008 Salvia divinorum (Pflanzen und Pflanzenteile) in Anlage 1 des BtMG aufgenommen.

Quellen

  1. Beschreibung. (engl.)
  2. Prisinzano, T.E. (2005): Psychopharmacology of the hallucinogenic sage Salvia divinorum. In: Life Sci. Bd. 78, S. 527-531. PMID 16213533 PDF
  3. Siebert, D.J. (1994): Salvia divinorum and salvinorin A: new pharmacologic findings. In: J. Ethnopharmacol. Bd. 43, S. 53-56. PMID 16426651 PDF
  4. Marushia, R. (2002): Salvia divinorum: The Botany, Ethnobotany, Biochemistry and Future of a Mexican Mint. In: Ethnobotany. PDF
  5. Pharmazeutische Zeitung Nr. 10, 144. Jahrgang, 11. März 1999
  6. Protokoll der Sitzung vom Mai 2006
  7. - Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
  8. Gazzetta Ufficiale Serie Generale N. 54 vom 7. März 2005 (ital.)

Literatur

Weblinks


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