Sackstraße (Graz)

Sackstraße (Graz)
Grazer Sackstraße mit dem ersten und zweiten Sacktor. Kupferstich von Matthäus Merian, 1649.
Drittes Sacktor um 1801. Lavrierte Federzeichnung von Johann Wachtl

Sackstraße ist die Bezeichnung des ältesten immer noch bestehenden Straßenzugs von Graz, der bereits Anfang des 12. Jahrhunderts angelegt worden ist. Diese liegt im 1. Bezirk (Innere Stadt (Graz)). Sie führt vom Hauptplatz nach Norden zwischen Schloßberg und Mur bis zur Keplerbrücke.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Entwicklung

Ursprünglich wurde die Sackstraße nur als „Sack“ bezeichnet, da sie an der nördlichen Stadtmauer von Graz endete. Dieser „erste Sack“ reichte bis zum Reinerhof und war ursprünglich eine ‚tote‘ Gasse, die erst mit Errichtung des (ersten) „Sacktors“ (zwischen den heutigen Häusern 17 und 20) einen Ausgang nach Norden erhielt. Die Gasse wurde bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts angelegt und gilt als ältester bestehender Straßenzug der Stadt.[1]

Dieser „erste Sack“ wurde im Zuge der Stadterweiterung unter Kaiser Friedrich III. durch den „zweiten Sack“ verlängert. Die Stadtmauer wurde durchbrochen. Es kam zur Errichtung des ersten Sacktores. Im „zweiten Sack“ siedelten sich Kleinbürger, Lederer und Gerber, Kürschner, Schuster und Müller an. Der Bereich zählte nicht zu den wohlhabenden Stadtvierteln und reichte bis zu Einmündung der „Sackstraße“ in den Kai.[2]

Im 17. Jahrhundert erfolgte eine Ergänzung durch den „dritten Sack“. Dieser reichte bis zu den Befestigungswerken bei der heutigen Keplerbrücke und war durch das 1625 errichtete dritte Sacktor zugänglich gemacht worden. Das Tor war ein zwölf Meter hoher Turm mit einer sieben Meter langen Durchfahrt. Die Gewerbetreibenden zogen in den „dritten Sack“, während sich viele Adelige im ersten niederließen und dort ihre Palais errichteten. Da die Häuser des „dritten Sacks“ vornehmlich aus Holz gebaut waren, kam es in den Jahren 1607 und 1670 zu großen Bränden, welche die meisten Häuser zerstörten.[2]

Das Stadtviertel der drei Säcke war um 1840 das am dichtesten besiedelte Gebiet der Stadt Graz. Im Jahr 1850 wurde das dritte Sacktor abgetragen und an seiner Stelle ein Entlastungsgefängnis für die damals überfüllten Zellen des Rathauses errichtet. Das sogenannte „Kriminal“ wurde bereits in den 1880er Jahren wieder abgerissen. Der Bau war bei der Bevölkerung wegen seines Aussehens sehr unbeliebt gewesen. Er stellte auch ein Verkehrshindernis dar. Die Gefangenen wurden in die neue Justizanstalt des Straflandesgerichtes (heute: Justizanstalt Graz-Jakomini) in die Conrad-von-Hötzendorf-Straße verlegt.[2]

Schon um 1835 war das zweite Sacktor abgetragen worden und. Alle drei Säcke zusammen werden seit 1875 als Sackstraße bezeichnet. Im selben Jahr wurde die Dreifaltigkeitssäule vom Eingang des Straßenzugs auf den Karmeliterplatz verlegt. Mit jeder Verlängerung änderte sich auch die Struktur der Sackstraße, da die hier beheimateten Gewerbetreibenden immer weiter an den jeweiligen Stadtrand gedrängt wurden, während sich nahe dem Stadtzentrum zunehmend Adelige ansiedelten. Mit der um 1900 durchgeführten Murregulierung erfolgte der schwerste Eingriff in die Architektur der ehemaligen drei Säcke. Sämtliche westseitige Hähser des „dritten Sacks“ wurden abgerissen, um Platz für eine neue Straße zu schaffen, den Franz-Joseph-Kai.[2]

Liste bedeutender Bauten

Portal des Witwenpalais
Reinerhof

(Nummerierung nach Hausnummern, gerade rechts, ungerade links vom Hauptplatz ausgehend nach Norden)

1 – um 1280 Eckhaus zur Murgasse des Friedrich an dem Ekke; 1381 erster genannte Barbier von Graz; später landschaftliche, protestantische Stiftschule (1598 aufgehoben)
2 – Staigeregg-Haus; ehem. Café Nordstern
3 – 5 seit 1852 Hotel Erzherzog Johann
4 – seit 1640 eine Apotheke
7 – 11 ab 1885 beginnend Kastner & Öhler
8 – mittelalterliches Haus mit spätgotischer Fassadenmalerei
9 – eines der ersten Grazer Kaffeehäuser Ende 18. Jhd.
10 – ehem. Buchhandlung Kienreich
12 – ehem. Kleindiensthaus mit Gasthaus Krebsenkeller ("Zum Roten Krebsen")
13 – im 16. Jhd. im Hof das städtische Zeughaus
14 – Palais Kellersberg, Reform-Speisehaus der Guttempler (um 1910)
15 – kleines Palais Attems (auch Witwenpalais)
16 – Palais Herberstein, ab 1835 eine der ältesten Tanzschulen im deutschsprachigen Raum, heute Neue Galerie
17– Palais Attems
18 – Palais Khuenburg, heute Grazer Stadtmuseum
19 – Dreifaltigkeitskirche (Graz), 1694–1704 errichtet
20 – Reinerhof auch Reiner Hof, das älteste urkundlich erwähnte Gebäude in Graz (1164)
27 – 36 zweites Sacktor bis 1835

Literatur

  • Walter Brunner im Auftrag der Stadt Graz, Kulturamt (Hrsg.): Geschichte der Stadt Graz. 4 Bände. Eigenverlag der Stadt Graz, Graz 2003, ISBN 3-902234-02-4.
  • Robert Engele: Damals in Graz. Wie sich der Sack geöffnet hat. In: Kleine Zeitung, 5. September 2010. S. 36-37.

Einzelnachweise

  1. Engele: Wie sich der Sack geöffnet hat. Aus der Reihe Damals in Graz in der Steiermarkausgabe der Kleinen Zeitung vom 5. September 2010. S. 36.
  2. a b c d Engele: Wie sich der Sack geöffnet hat. Aus der Reihe Damals in Graz in der Steiermarkausgabe der Kleinen Zeitung vom 5. September 2010. S. 37.

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