Saint-Louis-lès-Bitche (Kristallfabrik)

Saint-Louis-lès-Bitche (Kristallfabrik)

Die Cristalleries de Saint-Louis ist eine bedeutende französische Kristallglasmanufaktur in der Gemeinde Saint-Louis-lès-Bitche (dt. Münzthal) im Département Moselle.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Manufaktur im Jahr 1836

1586 wurde die Glaserei von Holbach in das Münzthal verlegt. Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges ging der Betrieb jedoch ein. 1767 erteilte König Louis XV. René-Francois Jolly und Pierre-Étienne Ollivier die Erlaubnis, an dieser Stelle einen neuen Betrieb zu errichten, der den Titel "Königliche Glaserei" führen durfte. In Erinnerung an Louis IX. erhielt der Betrieb den Namenszusatz "Saint-Louis". Nach und nach siedelten sich um das Werk Handwerker und Gewerbe an und es wurden Arbeiterwohnungen gebaut. 1781 war die Manufaktur von Münzthal-Saint-Louis das erste Unternehmen auf dem europäischen Festland, dem die Herstellung von Bleikristall gelang, wofür zuvor seit seiner Erfindung im Jahr 1627 England das Monopol besaß. 1788 geht die Manufaktur in das Eigentum von Baron Coëtlosquet über, dessen Familie sie bis in das 20. Jahrhundert hinein führte.

Die Manufaktur ist seit 1995 Eigentum der Hermès-Gruppe.

Produkte

Die Kristallglas-Unikate von Saint Louis sind überwiegend im hochpreisigen Segment positioniert. Ihr Merkmal ist die Fokussierung auf aufwendige handwerkliche Fertigungstechniken und eine klassisch-traditionelle Formensprache. Darin unterscheiden sie sich von anderen berühmten lothringischen Kristallglasmanufakturen wie Baccarat, wo die Gestaltung weitgehend von modifiziert moderner Formenreduktion geprägt wird.[1] Das Kristallglas von Saint Louis wird besonders reich und kunstvoll verziert. Charakteristisch sind aufwendige Gravuren und Golddekors, ausgeführt in Feingold (24 Karat).[2] Seit 1991 wird neben den klassischen Kristallglasserien auch Kristall in zeitgenössischem Design produziert, zum Beispiel die Serie Bubbles von 1992, entworfen von der englischen Künstlerin Teleri Ann Jones. Ein filigranes Produkt wie die Serie Bartholdi Gold aus dem Jahr 1986 beschäftigt 24 Personen (9 für das Glas und 15 für Gravur und Dekor), bis ein Satz nach 20 Tagen fertig gestellt ist. Bereits seit 1877 wird die spätbiedermeierliche Serie Caton mit großem Erfolg im Louis-Philippe-Stil produziert. Die berühmteste heute noch hergestellte Kristallglasserie ist neben der Jugendstil-Serie Thistle (seit 1913), die Empire-Serie Trianon (seit 1834).[3] Bis heute werden sämtliche Arbeitsschritte von Hand ausgeführt.

Das Umfeld

Der gesamte Ort mit seinen Industrie- und Verwaltungsbauten, überwiegend aus dem 19. Jahrhundert, ist architektonisch und baugeschichtlich von außerordentlichem Interesse.

Im Mai 2007 wurde das Kristall-Museum „La Grand Place“ als postmoderne Architektur in das historische Manufakturgebäude integriert. Die Dauerausstellung zeigt Kristall von Saint-Louis aus drei Jahrhunderten und Exponate, die jahrzehntelang in einem alten Speicher versteckt waren und nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden.[4]

Jedes Jahr zur Fronleichnamsprozession wird der von Fabrikdirektor Coëtlosquet im Jahr 1910 gestiftete, vollständig aus Kristallglas von Saint Louis hergestellte Altar aufgebaut. Auch die 1897 erbaute und ebenfalls mit reichlich Glas ausgestattete Kirche ist wesentlich der finanziellen Förderung durch die Werksbesitzerfamilie zu verdanken. Sie ersetzte die zu klein gewordene Kapelle, die 1776 für die Arbeiter und ihre Familien errichtet und 1856 ausgebaut worden war.

Literatur

Genutzte Fachliteratur
  • Pazaurek, Walter E.: Gläser der Empire- und Biedermeierzeit, Leipzig 1923
  • Sautot, Dany: Baccarat. Une manufacture française, Paris 2003
  • Spiegel, Walter: Glas, München 1979

Einzelnachweise

  1. Sautot, Dany: Baccarat. Une manufacture française, Paris 2003, S. 167f., 184ff.
  2. Ehrlich, Till: Hüter des Grals, in: Wein-Gourmet, Heft 2/2008, S.123
  3. Ehrlich, Till: Hüter des Grals, in: Wein-Gourmet, Heft 2/2008, S.120-125
  4. Ehrlich, Till: Hüter des Grals, in: Wein-Gourmet, Heft 2/2008, S.125

Weblinks


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