Saint-Ursanne

Saint-Ursanne
Saint-Ursanne
Wappen von Saint-Ursanne
Basisdaten
Staat: Schweiz
Kanton: Jura
Bezirk: Porrentruyw
Gemeinde: Clos du Doubsi2
Postleitzahl: 2882
UN/LOCODE: CH SUN
Koordinaten: (578618 / 246087)47.3652777.155567440Koordinaten: 47° 21′ 55″ N, 7° 9′ 20″ O; CH1903: (578618 / 246087)
Höhe: 440 m ü. M.
Fläche: 11.46 km²
Einwohner: 689 (31. Dezember 2007)
Website: www.st-ursanne.ch
Saint-Ursanne

Saint-Ursanne

Karte
Karte von Saint-Ursanne
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Saint-Ursanne (frz. [sɛ̃tyʀsan], in einheimischer Mundart [(a) sĩt ɔˈʃan]; dt. Sankt Ursitz)[1] ist ein Stift, eine historische Kleinstadt und ehemalige politische Gemeinde im Distrikt Porrentruy des Schweizer Kantons Jura.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Saint-Ursanne liegt auf 440 m ü. M., 8 km südöstlich des Bezirkshauptorts Porrentruy (Luftlinie). Das historische Städtchen erstreckt sich im engen Tal des Doubs, am rechten Flussufer, zwischen den Juraketten des Lomont oder Mont Terri im Norden und des Clos du Doubs im Süden.

Die Fläche des 11.5 km² grossen, weitverzweigten ehemaligen Gemeindegebiets umfasst das zwischen den beiden genannten Juraketten tief eingeschnittene Doubstal im Bereich des grossen Bogens des Clos du Doubs. Der Talboden des Flusses ist meist nur 100 bis 200 m breit und von steilen, mehrheitlich bewaldeten Flanken umgeben, die mancherorts von Felsbändern durchzogen sind. Im Westen reichte das Gebiet talabwärts bis zur Siedlung Bellefontaine, im Süden an den Hang der Fin du Teck (bis 760 m ü. M.). Nach Norden erstreckte sich die Gemeindefläche bis auf die Passhöhe Sur la Croix (789 m ü. M.) auf der Lomontkette. Im Osten reichte Saint-Ursanne bis an den Hang der Mont-Russelin-Kette, an dem mit 860 m ü. M. der höchste Punkt der Gemeinde lag. Zu Saint-Ursanne gehörten auch zwei Exklaven: Die eine umfasste den Steilhang der Haute Côte rechts des Doubs südlich von Montmelon, die andere lag am Osthang des Chêtelat (bis 800 m ü. M.) links des Doubs. Von der Gemeindefläche entfielen 1997 6 % auf Siedlungen, 72 % auf Wald und Gehölze, 19 % auf Landwirtschaft und ungefähr 3 % war unproduktives Land.

Zu Saint-Ursanne gehörten zahlreiche Einzelhöfe. Nachbargemeinden waren Seleute, Ocourt, Montmelon, Asuel, Montenol, Saint-Brais und Epauvillers.

Bevölkerung

Mit 689 Einwohnern (Ende 2008) gehörte Saint-Ursanne zu den mittelgrossen Gemeinden des Kantons Jura.[2] Von den Bewohnern sind 91.2 % französischsprachig, 2.9 % deutschsprachig und 2.0 % sprechen Serbokroatisch (Stand 2000). Die Bevölkerungszahl von Saint-Ursanne stieg bis 1960 kontinuierlich an. Infolge starker Abwanderung wurde seither ein Rückgang um über 40 % verzeichnet.

Wirtschaft

Die Bevölkerung von Saint-Ursanne ist hauptsächlich im sekundären und tertiären Sektor beschäftigt. Auf die Zeit der Industrialisierung geht die heute verlassene Siedlung Bellefontaine zurück. Dort gab es im 18. und 19. Jahrhundert ein Eisenhüttenwerk mit Hochofen; heute ist nur noch ein Elektrizitätswerk vorhanden. Im industriellen Bereich gab es unter anderem eine Kalkfabrik und eine Gesenkschmiede für Nichteisenmetalle. Früher hatte die Herstellung von Uhrengehäusen noch Bedeutung, z.B. durch die Familie Stouder. Heute bestehen Verdienstmöglichkeiten im Gastgewerbe und in der Hotellerie. Weitere Arbeitsplätze bieten eine Werkstatt, Schreinereien, Bäcker, Molkerei, Post- und Raiffeisen-Filialen, ein Kiosk, das Fremdenverkehrsbüro, eine Jugendherberge, ein Pflegeheim für ältere Menschen sowie ein Heim für Behinderte. Ferner ist Saint-Ursanne Sitz des kantonalen Büros für Umwelt.

Verkehr

Eisenbahnviadukt bei Saint-Ursanne

Saint-Ursanne ist einerseits über Landstrassen, andererseits seit der 1998 erfolgten Eröffnung des ersten Teilstücks der Autobahn A16 über die gleichnamige Ausfahrt sowohl von Porrentruy als auch von Delémont zu erreichen. Auf dem Gemeindegebiet befinden sich das Südportal des Mont-Terri-Tunnels (4 km) und das Nordportal des Mont-Russelin-Tunnels (3.5 km).

Am 30. März 1877 wurde die Eisenbahnstrecke Glovelier–Porrentruy mit einem Bahnhof östlich von Saint-Ursanne eröffnet. Die schwierige Topographie in der Gegend von Saint-Ursanne erforderte die Anlage von fünf Tunnels und mehreren Brücken.

Durch einen Postautokurs ist der Stadtkern mit dem Bahnhof verbunden. Weitere Buslinien verkehren nach Soubey und bis nach La Motte bei Ocourt.

Saint-Ursanne liegt am Trans-Swiss Trail Wanderweg, dem Wanderweg Via JuraRegio Delémont-Basel. Für Radwanderer besteht die Route du Jura Basel–Nyon.

Geschichte

mittelalterliches Stadtbild

Saint-Ursanne liegt an der Stelle, an der vermutlich in der Zeit von 612 bis 619 der Eremit Ursicinus, ein Gefährte des heiligen Kolumban, gewirkt hatte.[3] Der heilige Wandregisel und weitere Mönche gründeten über dem Grab des Ursicinus ein Kloster, das 849 erstmals in einer Urkunde als Cella … in honorem Sancti Ursicini confessoris[1] erwähnt ist und zur Diözese Besançon gehörte. Im 11. Jahrhundert wurde eine neue Abtei errichtet, während die alte Klosterkirche zur Pfarrkirche umgewandelt wurde. 1139 wird der Ort als Sancti Ursicini erwähnt. Im 12. Jahrhundert erfolgte die Umwandlung der Abtei in ein Chorherrenstift, das ab 1210 dem Fürstbistum Basel unterstand und das gesamte Gebiet des Clos du Doubs umfasste. Das um das Kloster entstandene mittelalterliche Städtchen erhielt 1338 Marktrechte. Das Erdbeben von 1356, das insbesondere Basel stark traf, richtete auch in Saint-Ursanne Schäden an.

Die Landvogtei Saint-Ursanne als Teil des Bistums Basel

Von 1793 bis 1815 gehörte Saint-Ursanne zu Frankreich und war anfangs Teil des Département du Mont Terrible, ab 1800 mit dem Département Haut-Rhin verbunden. Das Kloster wurde 1803 säkularisiert und die ehemalige Klosterkirche ist seither Pfarrkirche. Durch den Entscheid des Wiener Kongresses kam das Städtchen 1815 an den Kanton Bern, wobei der nördliche Teil des Clos du Doubs dem Bezirk Porrentruy, der südliche dem Bezirk Franches-Montagnes zugeschlagen wurde. Es gab Bestrebungen, das Gebiet der früheren Propstei wieder zu vereinen und in den Status eines Bezirks zu erheben, was aber vom Kanton abgelehnt wurde. Fast 200 Jahre später, am 1. Januar 2009, wurde die Einheit des Clos du Doubs wieder hergestellt, als Saint-Ursanne mit Epauvillers, Epiquerez, Montenol, Montmelon, Ocourt und Seleute zur neuen Gemeinde dieses Namens vereinigt wurde.

Mit der Eröffnung der Bahnlinie Glovelier - Porrentruy trat Saint-Ursanne 1877 erstmals aus seiner Isolation. Die Industrialisierung begann und neue Häuser wurden ausserhalb der Stadtmauern errichtet.

Die Gemeinde fusionierte per 1. Januar 2009 mit Epauvillers, Epiquerez, Montenol, Montmelon, Ocourt und Seleute zur Gemeinde Clos du Doubs.

Stadtbild

Saint-Ursanne ist nach Delémont und Porrentruy die dritte historische Stadt im Kanton Jura, besticht durch ihr malerisches mittelalterliches Stadtbild, welches durch mittelalterliche Bürgerhäuser aus dem 14. bis 16. Jahrhundert geprägt wird. Auf dem südlichen Doubsufer stehen neben einem Ensemble von vierzehn Häusern, die 1918 für die Arbeiter der Firma Thécla gebaut wurden[4], mehrere Häuser neueren Baujahrs, der Friedhof und, am Ende des Tals, die örtliche Abwasserreinigungsanlage.

Stiftskirche

Die Stiftskirche, eine romanische Pfeilerbasilika mit einer Krypta unter dem Chor, stammt aus dem 12. bis 14. Jahrhundert. Von der Abtei des 11. Jahrhunderts wurden Kapitelle und Teile des Nordportals in den Bau einbezogen. Das Südportal (um 1200) im Stil der burgundischen Romanik gehört zu den bedeutendsten Portalen dieser Stilrichtung in der Schweiz. Das etwas später entstandene Kirchenschiff zeigt bereits Merkmale der Gotik, und die Innenausstattung stammt im Wesentlichen aus dem 18. Jahrhundert. Das Erdbeben von 1356 beschädigte den Kirchturm des Klosters so stark, dass er später einstürzte. Erst 1462 bis 1464 wurden die Schäden wieder beseitigt.[5]

Zur Zeit der Reformationswirren blieb Saint-Ursanne, im Gegensatz zum grössten Teil des Juras, dem Bischof von Basel treu. 1792 besetzten Franzosen die Stadt. Am 13. September 1793 wurden auf Befehl des französischen Kommissars alle Glocken der Stadt als Beute nach Porrentruy gebracht. Kirchenschmuck und geweihte Gefässe wurde später ebenfalls entfernt. Die Büste des Heiligen verblieb in der Stadt. Das Benediktinerkloster wurde aufgelöst.

Bergseitig schliesst an die Kirche der frühgotische Kreuzgang aus dem 14. Jahrhundert. In der ehemaligen Pfarrkirche Saint-Pierre stehen Sarkophage aus der Zeit des Hochmittelalters.

Vorsteher des Stifts:

  1. Burco ou Bourquoard 1119–1139
  2. Billingus 1144–1173
  3. Hugo von Hasenburg 1173–1176 (Bischof von Basel)
  4. Philippe de St. Ursanne 1176–1218
  5. Henre d'Asuel 1218–1256
  6. Erckenfried de Rixheim 1256–1283
  7. Werner Schaller 1283–1310
  8. Albert de Ehenheim 1310–1325
  9. Ulric Thiebaud d'Asuel 1324–1344
  10. Thiebaud d'Undervelier 1360–1364
  11. Jean Hennemann Cherbon 1364–1381
  12. Imier de Ramstein 1381–1382 (Bischof von Basel)
  13. Jean Munch de Landskron 1382–1389 (Bischof von Basel)
  14. Jaques de Wattwyl 1390–1399 (Bischof von Casteries)
  15. Jean de Villar 1399–1400
  16. Jean de L'Isle 1400–1407
  17. Jean Thierry Much de Landskron 1407–1410
  18. Richard de St. Hippolyte 1410–1416
  19. Thiebad de Blamont 1416–1437
  20. Michel ze Rhein 1437–1440
  21. Jean Ludold d'Asuel 1441–1453
  22. Je ze Rhein 1453–1457
  23. Pierre Textor 1457–1461
  24. Gaspar ze Rhein 1461–1479 (Bischof von Basel)
  25. Hartmann de Halwyl 1479–1506
  26. Rodolph de Halwyl 1506–1527 (Bischof von Basel)
  27. Pierre Reich von Reichenstein 1527–1540
  28. Jean Leonard de Gundelsheim 1540–1556
  29. Thomas Surgand 1556–1570
  30. Jean Georges de Lichtenfels 1570–1592
  31. Guillaume Blarer de Wartensee 1592–1649
  32. Wolfgang Michel de Gall 1649–1651
  33. Thomas Henrici 1651–1660
  34. Frederic de Grandvillers 1660–1702
  35. Jean Conrad de Ferrette 1702–1709
  36. Jean-Jaques Beuret 1710–1732
  37. Francois-Joseph Bassand 1732–1741
  38. Fr. Ant. Klötzlin d'Altnach 1741–1762
  39. Jean-Germain Beuret 1763–1779
  40. Melchior-Joseph Tardy 1779–1789
  41. Jean-Jaques Keller 1789–1793 (gest. 1802)

Eremitage

Am Felshang steht die Kapelle der Eremitage Saint-Ursanne mit einer Innenausstattung aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Das Kreuz gehörte zu einer Gruppe von fünf Kreuzen, die auf Frédéric de Grandvillers zurückgeführt werden. Das Kreuz neben der Grotte wird auf das Jahr 1816 datiert.

Stadttore

Das mittelalterliche Städtchen besitzt drei Stadttore:

  • Porte Saint-Pierre - Osteingang mit einem Glockentürmchen von 1665
  • Porte Saint-Paul (auch Porte de Porrentruy) - Westeingang 1664 neu errichtet
  • Porte Saint-Jean - im Süden, mit Zugang auf die Doubsbrücke

Hôtel de Ville

In der Halle des Hôtel de Ville (Stadthaus) sind das gotische Kreuzrippengewölbe und Rundpfeiler erhalten, der Rest des Baus stammt von 1825.

Ehemalige Burg

Auf dem exponierten Felsen nördlich der Stadt stehen die Ruinen der 1333 erstmals urkundlich erwähnten Burg. Frühere Bautätigkeiten sind durchaus anzunehmen.[6] Ein Teil der ehemaligen Stadtmauer wurde vor einigen Jahren wiederhergestellt. Steine der ehemaligen Burg wurden als Baumaterial für Häuser in der Stadt verwendet. 1828 wurden die letzten Steine zum Bau einer Spinnerei verwendet.[7]

Doubsbrücken

Die vierbogige Steinbrücke über den Doubs wurde 1728 erbaut. Darauf steht die aus Buntsandstein gefertigte Statue des Brückenheiligen Johannes von Nepomuk (1729).

Eine weitere Brücke überspannt oberhalb der Stadt den Doubs. Dadurch wird Belieferung der ortsansässigen Firmen mit schweren Lastwagen sowie die Entlastung der Stadt vom Durchgangsverkehr ermöglicht.

Veranstaltungen

Auf der Verbindungsstrasse von Saint-Ursanne zum Col des Rangiers wird einmal jährlich ein Lauf zur Europa-Bergmeisterschaft ausgetragen. Die Streckenlänge beträgt 5169 m bei einer stark unterschiedlichen Breite. Die durchschnittliche Steigung beträgt 6,8 % bei einem Höchstwert von 10,8 %. Der Start ist im Ort, ca. 450m vor der (einzigen) Tankstelle in 430 m Seehöhe. Das Ziel befindet sich ca. 300 m vor "Les Malettes" in 780 m Seehöhe. Auch der benachbarte Col de la Croix ist Ziel eines Bergrennens.

Im Zweijahresrhythmus findet ein Mittelalterfest statt. Während dreier Tage werden für die Zeit typische Handwerke und Künste dargestellt.

Gemeindepartnerschaft

Seit 1983 ist die Gemeinde durch eine Partnerschaft mit der französischen Gemeinde La Motte in der Provence verbunden.

Persönlichkeiten

Weblinks

 Commons: Saint-Ursanne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Nicolas Pépin, Saint-Ursanne JU (Porrentruy) in: Dictionnaire toponymique des communes suisses – Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen – Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri (DTS|LSG), Centre de dialectologie, Université de Neuchâtel, Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, p. 786.
  2. [1] Fondation interjurassienne pour la statistique, Population résidante permanente des communes, selon le sexe et la nationalité, au 31 décembre 2008. Données officielles à utiliser pour tous les calculs financiers, Seitenaufruf 5. Februar 2010]
  3. Gottlieb Binder. Orell Füßli's Wanderführer. Nr. 343. Alte Nester. St-Ursanne. S. 16.
  4. Arts et monuments. République et Canton du Jura, Marcel Berthold, Bern 1989.
  5. Gottlieb Binder. Orell Füßli's Wanderführer. Nr. 343. Alte Nester. St-Ursanne. S. 17.
  6. St-Ursanne et le Clos du Doubs. 1983. S. 45
  7. Gottlieb Binder. Orell Füßli's Wanderführer. Nr. 343. Alte Nester. St-Ursanne. S. 27.
  1. WEITERLEITUNG Vorlage:Navigationsleiste Bezirk Porrentruy

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