Sakramentshaus

Sakramentshaus
Sakramentshaus in der Sint-Maartenskerk in Kortrijk

Ein Sakramentshaus ist eine Kleinarchitektur innerhalb eines Kirchengebäudes und diente zur Aufbewahrung des eucharistischen Leib Christi.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Das Sakramentshaus befindet sich meist auf der Evangelienseite, also bei geosteten Kirchen nördlich, neben dem Altar. War die Anlage nicht freistehend, diente dem gleichen Zweck wenigstens eine in die Nordwand des Chors eingelassene, verschließbare Sakramentsnische; auch sie war möglichst aufwendig gerahmt und künstlerisch ausgestaltet.

Die Verbreitung des Sakramentshauses begann gegen Ende des 14. Jahrhunderts in Deutschland. Da das Tridentinum (1545–63) die Unterbringung der geweihten Hostien im Tabernakel auf dem Altar anordnete, machte so das Sakramentshaus überflüssig. Sakramentshäuser wurden deshalb nur während der deutschen Gotik und Renaissance errichtet.[1] Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–65) ließ den Gebrauch des Sakramentshauses allerdings wieder zu.

Bekannte Sakramentshäuser

Doberaner Münster

Im Doberaner Münster steht der älteste Sakramentsturm Deutschlands. Dieser 11,6 m hohe Turm stammt aus der Zeit vor 1368 und ist in Eichenholz geschnitzt.

Sakramentshäuschen (St. Lambertus)

Das Sakramentshäuschen (St. Lambertus) befindet sich in Düsseldorf.

Ulmer Münster

In der Mitte der hölzerne Dreisitz, links davon das 26 Meter hohe steinerne Sakramentshaus im Ulmer Münster aus dem 15. Jahrhundert.

Das Sakramentshaus im Ulmer Münster gilt mit 26 Metern als das höchste in Deutschland und wurde wohl zwischen 1467 und 1471 errichtet. Im Gegensatz zum hölzernen Kanzeldeckel mit ähnlicher Struktur ist das Sakramentshaus in Ulm ganz aus Kalk- und Sandstein gehauen. Die Hohlkehlen des Handlaufs enthalten eigenartige Figuren: Tiger, Zungenstrecker, Zottelträger, Affen und Echsen.

Lübecker Marienkirche

Das Sakramentshaus von Klaus Grude, geschaffen 1479 in der Lübecker Marienkirche steht mit ca. 1000 bronzenen, teilweise vergoldeten Einzelteilen (9,5 m hoch), an der Nordwand des Chorraums.

Stadtkirche Friedberg (Hessen)

An der Nordwand des Chorraums der Stadtkirche (Friedberg) in Friedberg (Hessen) steht das 14 Meter hohe Sakramentshaus, ein Meisterwerk mittelalterlicher Steinmetzkunst. Es wurde von der Bauhütte der Stadtkirche am 4. Juni 1482 bei dem Frankfurter Bildhauer Hans von Düren in Auftrag gegeben. Es sollte 250 Gulden kosten, zusätzlich 20 Gulden Vergütung für den Künstler. Das Datum der Fertigstellung ist nicht bekannt, dürfte aber Ende des Jahres 1484 liegen. Es handelt sich um eine spektakuläre spätgotische Kleinarchitektur, zahlreicher ineinander verwobener, in Stein ausgearbeiteten Stränge auf sechseckigem Grundriss.[2]

Salemer Münster

Das Sakramentshaus des Salemer Münsters stammt aus dem Jahr 1494 und ist 16 Meter hoch. Es ist ein mit gotischen Ornamenten geschmücktes steinernes Türmchen und stand ursprünglich als Monument auf dem Grab des großen Abts Johannes I. Stantenat (1471–1494). Heute steht es an der Nordwand des Querhauses, wo es teilweise von der Empore verdeckt wird. Die Fialen sind Steinmetzarbeiten aus Salemer Werkstätten, vermutlich aus der Hand des überregional wirksamen Werkmeisters Hans von Safoy. Die vergoldeten Schnitzfiguren wurden nicht für den Sakramentsschrein angefertigt, sondern sind wahrscheinlich Reste des von Michel Erhart gefertigten Hochaltars. Seitdem er 1751 an seinen heutigen Platz gerückt wurde, rahmen den Schrein vergoldete Putten und Wolkentürme aus Josef Anton Feuchtmayers Werkstatt.

Nürnberger Kirche St. Lorenz

Das Sakramentshäuschen in der Nürnberger Kirche St. Lorenz gilt als Meisterwerk Adam Krafts, das er 1493–1496 geschaffen hat. Es ist ein 20,11 Meter hoher Turm aus Sandstein, der an geflochtene Ranken eines Baums erinnert und von drei Figuren gestützt wird. In einer der drei Figuren hat sich der Künstler selbst verewigt. Im Sakramentshaus sind sieben Ebenen erkennbar (von unten nach oben: Umgang, Hostienschrank, Abendmahl, Passion, Kreuzigung, Auferstehung und eingedrehte Spitze). Die Gesamtkosten betrugen 700 Gulden (+70 Gulden "Ehrengeld" und 20 Gulden für Schranktüren). Trotz seiner filigranen Gestalt und der starken Beschädigung der Lorenzkirche durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg konnte das Sakramentshäuschen durch eine Umhüllung aus Gips vor der Zerstörung bewahrt werden.

Wallfahrtskirche Mauer

Das Sakramentshaus der Wallfahrtskirche Mauer bei Melk stammt aus dem Jahr 1506.

Dom St. Marien in Fürstenwalde/Spree

Das Sakramentshaus im Dom St. Marien in Fürstenwalde/Spree wurde 1517 von Franz Maidburg geschaffen.

Stadtkirche St. Peter und Paul in Weil der Stadt

Spätrenaissance-Sakramentshaus von 1611 (Höhe über 11 m) aus hellem Sandstein im Chor der Stadtkirche St. Peter und Paul der ehemaligen freien Reichsstadt Weil der Stadt, geschaffen von Georg Miler, gestiftet von dem Weiler Bürgermeister Junker Franz Marquart von Flade.

Literatur

Sakramentshaus der Marienkirche (Danzig)
  • Wolfgang Lipp: Begleiter durch das Ulmer Münster. Langenau 1999, ISBN 3-88360-011-3
  • Achim Timmermann: Hans von Düren's sacrament house (1482-1484) and the artistic meditation of eucharistic real presence. In: Die gebrauchte Kirche - Symposium und Vortragsreihe anlässlich der Hochaltarweihe der Stadtkirche Unserer Lieben Frau in Friedberg (Hessen) 1306 - 2006 = Arbeitshefte des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Bd. 15. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2010 ISBN 978-3-8062-2371-2
  • Rudolf Wesenberg: Das gotische Sakramentshaus. Entstehung und künstlerische Gestaltung dargestellt an Beispielen Hessens und des Mittelrheingebietes. Dissertation, Universität Gießen 1935 (Volltext)

Einzelnachweise

  1. Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Band 19, S. 86.
  2. Vgl. dazu: Timmermann (Literaturverzeichnis)

Siehe auch


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