Salzkarawane

Salzkarawane
Salzkarawane auf der Azalaï-Route

Salzkarawanen sind die letzten heute noch üblichen Kamelkarawanen. Sie sind das wichtigste Transportmittel für den Austausch von Gütern zwischen den Salz produzierenden Oasen der Sahara (Fachi und Bilma) und der Sahelzone. Neben dem gewonnenen Salz, welches vorwiegend als Viehsalz Verwendung findet, werden auch die aus den Oasen stammenden Datteln in die Gebiete des Sahel eingetauscht. Tauschgut ist vor allem die dort produzierte Hirse. Die Salzkarawanen werden vorwiegend von Tuareg durchgeführt. Sie finden meist in den Wintermonaten von Oktober bis Januar statt. Ein Handelsplatz für die Salzkarawanen ist der Salzmarkt von Agadez. In der Vergangenheit gab es schon Karawanen, an denen bis zu 25.000 Dromedare teilnahmen. Übliche Karawanen bestehen aus 50 bis 300 Tieren. Jeweils sieben bis acht Tiere werden von einem Mann betreut.

Inhaltsverzeichnis

Dreieckshandel zwischen Sahara und Sahel

Die Salzkarawanen sind Ausdruck eines 300 Jahre alten interethnischen Wirtschaftssystems, welches die Haussa, Tuareg und Kanuri umfasst. "Motor" dieses Systems ist der Bedarf an Salz für die Tiere der Viehzüchter im Sahel. Die nomadischen Tuareg ziehen vom Air bzw. aus dem Sahel zu den nordöstlich liegenden Oasen Bilma und Fachi. Dort tauschen sie Hirse und Milchprodukte gegen Datteln und Salz. Mit der erhaltenen Ware reisen sie weiter südlich zu den Sahel-Märkten der Haussa (nördlichster Handelspunkt Agadez, südlichster Kano), wo sie Hirse und Geld gegen Datteln und Salz erhalten. Schlussendlich kehren sie wieder ins Air zurück, wo der Dreieckshandel erneut beginnen kann.

Die Karawanenunternehmer

Es gibt verschiedene Gruppen die als Karawanenunternehmer tätig sind. In Fachi unterscheidet man nach Karawanen aus dem Westen, die vor allem von Kel-Air-Tuareg aus dem Air Massiv durchgeführt werden. Die Karawanen der Kel Gress (Tuareg) und ihrer ehemaligen Sklaven (Buzu und Musugu) werden als „Südkarawanen“ bezeichnet (obwohl sie strenggenommen aus dem Südwesten kommen); ihre Heimat ist der Sahel im Süden Nigers. Die Karawanen der Daza, Aza und Manga machen nur einen kleinen Teil der Salzkarawanen aus.

Die Waren

Neben dem wichtigsten Handelsgut Hirse bringen die Karawanen je nach Herkunft auch geringe Mengen anderer Waren in die Salzoasen. Dazu gehören Fleisch bzw. Kleinvieh (v.a. Kel Gress und Daza), Fett, Käse (v.a. Kel Air), Genussmittel wie Tee, Zucker und Colanüsse sowie industriell hergestellte Waren. Auf ihrem Rückweg sind die Karawanen mit Salz und Datteln beladen. Das Salz für das Vieh wird dabei nicht lose in Säcken transportiert, sondern in getrockneten "Kegeln". Die Kegel (kantu) erinnern der Form nach an leicht überdimensionierte Verkehrspylone (Hüte) mit breiter Basis. Die Gestalt rührt daher, dass als Gußformen für die Herstellung, ausgehöhlte Palmstrünke herhalten. Die Kamele werden mit etlichen dieser ca. 25kg schweren Kantu-Barren beladen, wobei ein Sack Datteln häufig als Polsterung dient. Eine weitere Form, in der das Salz gehandelt wird sind die sog. fotschi (foschi) - Salzlaibe, hergestellt in blechernen Rundschalen und gewöhnlicherweise bis ca. 2 kg schwer. Diese sind meist aus beza-Salz, welches aufgrund seiner größeren Reinheit in erster Linie als Speisesalz dient. Es kann davon ausgegangen werden, dass ca. 75% kantu- und 25% beza-Salz umgesetzt werden.

Übliche Reisevorbereitungen

Die Karawanen werden in den Nomadenlagern des Aïr zusammengestellt. Kamele, Fracht und Begleiter werden unter die Verantwortung des Madugu gestellt. Neben den erfahrenen Karawanenführern finden sich auch schon kleine Jungen, die die Salzkarawanen begleiten, Frauen und Mädchen nehmen an diesen Unternehmen allerdings nicht teil. Der Karawanenhandel erfordert hinreichende Vorbereitungsmaßnahmen. Dazu gehört die Zusammenstellung aus Trockengras bestehender Futtervorräte für die Kamele. Weiterhin werden aus Kamelmaulstricken Schöpfseile geknotet, mit denen an den eingeplanten Wasserlöchern und Brunnen Wasser geschöpft wird. Für ihre vielfältigen Funktionen als Last- und Leitstricke, Packnetze und Kamelmaulkörbe werden Stricke aller Art fabriziert. Wasserschläuche werden gefüllt und diverse Näharbeiten an den ziegenledernen Lastsäcken verrichtet. Laststangen werden gefertigt und verplant.

Karawanengruppen

Eine Karawanengruppe umfasst drei bis fünf Menschen mit bis zu 50 Lasttieren. Einzelne Karawanengruppen verbinden sich auf der Strecke nur lose; entsprechend den orographischen Vorgaben und der Disziplin im jeweiligen "Verband". Die Salzkarawanen der Tuareg sind über Wochen verlaufende, anstrengende und entbehrungsreiche Handelsunternehmen, die enorme Ausdauer erfordern. Eine in westlichen Medien verschiedentlich anzutreffende Mystifizierung als märchenhaft romantische "Reisetrips" in der Stille der wüsten Abgeschiedenheit verkennt die tatsächlichen Bedingungen.

Bedeutung der Karawanen für Fachi und Bilma

Die Salzkarawanen sind für Fachi und Bilma von existentieller Bedeutung. Sie bringen Hirse, das Grundnahrungsmittel der Oasenbauern, die ohne diese Hirse nicht überleben könnten. Zudem stellt der Kamelmist für die Bewohner von Fachi das wichtigste Brennmaterial dar. Weitere Bedeutung haben die Karawanen als Nachrichtenübermittler und als Reisemöglichkeit.

Siehe auch

Weblinks


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