Sandro Beyer

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Als Mordfall von Sondershausen oder auch Satansmord von Sondershausen wird der Mord an Sandro Beyer durch die drei damaligen Mitglieder der späteren NS-Black-Metal-Band Absurd bezeichnet, der deutschlandweit für Schlagzeilen sorgte. Der Mord sorgte dafür, dass die bis dahin unbekannte Band im rechtsextremen Teil der Black-Metal-Szene zum Kult wurde.

Inhaltsverzeichnis

Hergang

Das Rondell Sondershausen, wo sich die drei Jugendlichen mit Beyer trafen.

Am 29. April 1993 lockten Sebastian Schauseil, Hendrik Möbus und Andreas Kirchner den 15-jährigen Schüler zu einem Treffen bei einem im Wald befindlichen Kriegerdenkmal auf dem Rondell Sondershausen. Die Nachricht mit der Einladung zu diesem Treffen bekam Beyer über einen Zettel, den ihm eine mit Schauseil befreundete Schülerin zusteckte. In einer unbenutzen Waldhütte, die Möbus’ Eltern gehörte, fesselten sie ihn an einen Schaukelstuhl, wo er dann gegen 20 Uhr durch Erdrosseln mit einem Stromkabel ermordet wurde. Anschließend vergruben sie die Leiche in einer Baugrube nahe der Hütte.

Am siebten Tag nach der Vermisstenanzeige wurde die Leiche nach einer von Andreas Kirchner angefertigten skizzenartigen Beschreibung gefunden und ausgegraben. Am 12. Mai wurde Beyer in Sondershausen beerdigt.

Prozess

Als der Direktor des Gymnasiums Schauseil im Verhör mit den Tatsachen konfrontierte, gestand dieser den Tathergang zunächst, den er in allen Einzelheiten und äußerst ruhig beschrieb. Weiter sagte Schauseil, dass es kein rational nachvollziehbares Motiv für die Tat gäbe, dass Sandro Beyer ein beliebiges Opfer gewesen wäre und dass er schon immer einmal einen Menschen töten wollte, um zu spüren, wie es sich anfühle. Vor Gericht widerrief er das Geständnis auf Anraten seiner Verteidiger und die Gruppe legte sich darauf fest, dass es sich um einen tragischen Unfall gehandelt habe und dass sie Beyer nicht töten, sondern nur erschrecken wollten.

Das Gericht befand, dass „die ständige Beschäftigung mit satanistischem Gedankengut und mit Tötungsdarstellungen in Filmen“[1] die Hemmschwelle herabgesetzt habe, sodass eine solche Tat möglich wurde:

„Wir sind davon überzeugt, dass die Tat ohne diesen Hintergrund nicht möglich gewesen wäre. Ganz egal, aus welchen Motiven Sie sich damit beschäftigten, Sie haben die Achtung vor dem Menschen, vor seiner Würde verloren.“

Richter Jürgen Schuppner[2]

Insbesondere der Film Tanz der Teufel wurde dabei genannt, der als Vorlage für den Mord und das Vergraben der Leiche gedient haben soll, da dort die Protagonisten ebenfalls die Leiche einer gewandelten Frau in ein Bettlaken wickeln und im Wald nahe der Holzhütte vergraben. Hendrik Möbus betrieb zudem privat einen regen Handel mit raubkopierten Filmen, wobei die Vielzahl davon auf dem Index stand. Zusätzlich schrieb er äußerst blutrünstige Kurzgeschichten.

Nach Aussagen der Täter stand die Tat allerdings in keinem satanistischen Kontext. In der Phoenix-Dokumentation „Der Satansmord: Tod eines Schülers“ präzisierte der Richter Jürgen Schuppner acht Jahre nach der Urteilsverkündung seine Aussage bezüglich des satanistischen Zusammenhangs:

„Es war in gewisser Hinsicht ein Satansmord aufgrund dieses Hintergrundes, aber die Ausführung der Tat hatte nicht das geringste mit einem Ritual oder mit einer satanistischen Tat zu tun. […] Es fehlt jeder rituelle Hintergrund, es fehlt die Vorbereitung, es fehlt die Ausstaffierung …“

Richter Jürgen Schuppner[3]

Die Staatsanwaltschaft hatte für jeden der Täter zehn Jahre Freiheitsstrafe gefordert. Sebastian Schauseil und Hendrik Möbus wurden am 9. Februar 1994 wegen gemeinschaftlich geplanten Mordes, Freiheitsberaubung und Nötigung als Haupttäter im Prozess vor dem Landgericht Mühlhausen zu acht Jahren Haft verurteilt, während der als Mitläufer betrachtete Andreas Kirchner sechs Jahre Haft bekam. Das Gericht blieb im Urteil deutlich unter der zulässigen Jugendstrafe, da man den Jugendlichen die Rückkehr in ein normales Leben ermöglichen wollte. Sie kamen alle drei in die Justizvollzugsanstalt Erfurt, wo sie im gleichen Bereich untergebracht wurden, obwohl das Gericht auf eine getrennte Unterbringung der drei plädierte.

Haft

Alle drei Mitglieder holten während der Haftstrafe ihr Abitur nach. Sebastian Schauseil schrieb zusätzlich noch einen Brief an den Sondershausener Pfarrer Jürgen Hauskeller, der Beyer damals beerdigt hatte, um ihn um Unterstützung dabei zu bitten, mit dem Mord und den damit verbundenen Auswirkungen für ihn zurecht zu kommen.

Im Gefängnis konnten die Täter ihre Band unter dem Namen „In Ketten“ weiterführen. Ihre zu dieser Zeit aufgenommene und veröffentlichte Kassette „Thuringian Pagan Madness“ zeigt auf dem Cover das Grab des ermordeten Sandro Beyer mit dem Zusatz: „The cover shows the grave of Sandro B. murdered by horde ABSURD on 29.04.93 AB.“ auf der Innenseite.

Aus ihren Jugendstrafen wurden die Bandmitglieder 1998 auf Bewährung entlassen. Da Hendrik Möbus bereits kurze Zeit später gegen die Bewährungsauflagen verstieß, indem er bei einem Absurd-Konzert den Hitlergruß zeigte und sein Opfer als „Volksschädling“ verhöhnte, wurde seine Bewährung widerrufen.[4] Er flüchtete in die USA und tauchte bei einem befreundeten Neonazi, dem Gründer der „National Alliance“ William Pierce, unter. Dort wurde er bald vom United States Marshals Service aufgegriffen. 2001 kam Möbus nach gescheitertem Asylantrag in den USA zum Absitzen seiner dreijährigen Reststrafe erneut in ein deutsches Gefängnis. Wegen Verhöhnung seines Opfers und Zeigen des Hitlergrußes wurde er zu zwei weiteren Haftstrafen von anderthalb Jahren und acht Monaten verurteilt.

Möbus bezeichnete den Mord später in einem Interview als einen „großzügigen Akt für die Menschheit.“[5] Er erwähnte zusätzlich den Ausspruch „Den Tod geben und den Tod empfangen“, das Motto der Waffen-SS.

Berichterstattung in der Presse

Dass es sich bei der Tat um einen satanistischen Akt handelte, ist nicht belegt, jedoch wurde sie in der Presse so dargestellt und als „Satansmord von Sondershausen“ betitelt. Der vorsitzende Richter Jürgen Schuppner meinte auf die Frage, ob es sich bei der Tat um einen Satansmord handele, dass es wegen des Hintergrundes in gewisser Hinsicht ein Satansmord gewesen wäre, aber die Ausführung der Tat nichts mit einem Ritual oder mit einer satanistischen Tat zu tun hatte und ein ritueller Hintergrund, Vorbereitung und Ausstaffierung fehlten.[3]

Am 6. Juni 2001 brachten Manuela und Daniel Ruda aus dem Ruhrgebiet den 33-jährigen Frank H. um, was in der Presse als „neuer Satansmord“ (siehe Satansmord von Witten) betitelt wurde. Hendrik Möbus äußerte sich daher 2001 auf seiner Homepage negativ über die Aufmerksamkeit, die der Sondershausen-Mord auch Jahre später noch bekam und stritt jeglichen Zusammenhang mit dem Satanismus ab[6].

Spekulationen um das Motiv

Beyer musste laut einer Phoenix-Dokumentation vermutlich sterben, weil er den Kontakt zu der Gruppe suchte, diese ihn jedoch ablehnte. In der Schülerzeitung äußerte sich Möbus zuvor in Bezug auf seine Band Absurd, dass Sandro Beyer keiner von ihnen sei, mit dem Zusatz „Also beherzigt meine Worte und ihr lebt vielleicht noch ein wenig länger. Vielleicht.“[5] Für die Annahme, dass der Mord an Sandro Beyer keine spontane Tat war, spricht, dass Möbus’ frühere Freundin angab, dass sie mehrmals Mordankündigungen in Bezug auf Sandro mitbekommen hatte, was sie jedoch immer für einen Scherz hielt. Ein weiterer möglicher Grund für die Tat wäre, dass Sandro von Möbus’ illegalem Raubkopieren von Filmen wusste.

Hendrik Möbus veröffentlichte 2001 auf seiner Homepage einen Text, in dem er behauptete, das wahre Motiv für den Mord zu enthüllen. Demnach wurde Beyer ermordet, da er Schauseils Verhältnis mit einer verheirateten Katechetin, die er im örtlichen CVJM kennenlernte und die von Schauseil schwanger wurde, an die Öffentlichkeit bringen wollte[7].

Einzelnachweise

  1. Landgericht Mühlhausen, Urteil in der Strafsache gegen Andreas K., Hendrik M., Sebastian S., 9.2.1994, Aktenzeichen 280 Js 52177/93, S.23; zitiert nach: Dornbusch/Killguss: Unheilige Allianzen. Unrast Verlag, 2005, ISBN 3-89771-817-0, S. 53, 298.
  2. zitiert nach: Billerbeck, Liane von; Nordhausen, Frank: Satanskinder. Der Mordfall von Sondershausen und die rechte Szene, 3. erw. Auflage, Berlin, 2001, S. 256
  3. a b Im Gespräch mit Phoenix in der Reihe „Die großen Kriminalfälle“ aus dem Jahr 2001
  4. Artikel der Webseite brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung
  5. a b zitiert nach dem Dokumentarfilm Der Satansmord - Tod eines Schülers
  6. Ein mörderischer Sensationsjournalismus, Archiv der Seite satanskinder.com in den Internet Archiven
  7. Eine Dreiecksbeziehung mit tragischen Folgen: Hendrik M. enthüllt das wahre Motiv für Sandro Beyer's Tod, Archiv der Seite satanskinder.com in den Internet Archiven

Literatur

Film

  • Der Satansmord - Tod eines Schülers (Phoenix-Reihe „Die großen Kriminalfälle“)

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