Sankt Markus (München)

Sankt Markus (München)
St. Markus am Altstadtring

Die Evangelisch-Lutherische Pfarr-, Universitäts- und Dekanatskirche St. Markus, genannt auch Markuskirche, ist der zweite evangelisch-lutherische Kirchenbau in München. Sie wurde 1873-1876 nach Plänen von Rudolf Gottgetreu errichtet. Der heutige Bau ist faktisch ein Neubau nach Plänen von Gustav Gsaenger unter Einbezug vorhandener Mauerstrukturen, die den Zweiten Weltkrieg überstanden. Sie ist heute Sitz des Dekans von München-Mitte und des Stadtdekans von München, die zur Zeit in Personalunion vereint sind. St. Markus war die einzige evangelische Pfarrkirche des Historismus in München, die weitgehend den Forderungen des Eisenacher Regulativs entsprach.

Inhaltsverzeichnis

Lage

St. Markus (Gabelsbergerstraße 6) befindet sich am südlichen Ende der Maxvorstadt zwischen Altstadtring und der Pinakothek der Moderne im Kunstareal München.

Funktionen

St. Markus besitzt folgende Funktionen:

  • Sitz des Stadtdekans von München
  • Sitz des Dekans von München-Mitte
Beide Ämter werden zur Zeit in Personalunion geführt.
  • Pfarrkirche der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St. Markus München-Maxvorstadt
  • Universitätskirche für alle Hochschulen in München

Geschichte

Im 19. Jahrhundert ließ der stetige Zuzug von Arbeitskräften aus den evangelischen Gebieten Frankens die Münchner protestantische Gemeinde stetig wachsen. Bald wurde St. Matthäus zu klein, so dass bald der Gedanke an eine zweite evangelische Kirche in München aufkam. Da die Arbeiter vor allem in den östlichen Stadtteilen wohnten, kam als Standort der sogenannte Wiener Wald nahe der Kohleninsel am rechten Isar-Ufer ins Gespräch. Dekan Dr. Johann Karl von Buchrucker favorisierte aber einen Standort nahe der historischen Altstadt. Trotz Widerstandes auch aus der eigenen Gemeinde wurde als Standort die Maxvorstadt durchgesetzt und der Protestantischen Gemeinde das Eckgrundstück Schellingstraße / Türkenstraße angeboten. Die Planungen für Kirche und Pfarrhaus und Schule wurden bis ins Detailstadium getrieben.

Schließlich wurde ein Grundstück gegenüber dem Wittelsbacher Palais am südlichen Ende der Maxvorstadt angeboten. Das Grundstück war eingeklemmt zwischen Bürgerhäuser, so dass das romantische, städtebauliche Ideal einer freistehenden Kirche als Fluchtpunkt und Zentrum des Stadt(teil)lebens, wie sie prägend in der Au durch den Neubau der Mariahilfkirche umgesetzt wurde, nicht möglich war. Das entsprach auch der Absicht der Krone, denn das bayerische Herrscherhaus, vor allem wieder seit König Ludwig I., war besorgt, dass München nicht den Eindruck einer rein katholischen Stadt geben könnte. Daher wurden für Bauten anderer christlicher Konfessionen nur solche Bauplätze vergeben, die nicht oder nur wenig das Stadtbild dominieren; einzige Ausnahme war der 1938 abgebrochene Kirchenbau von St. Matthäus. Wohl wegen der prominenten Lage gegenüber dem Wittelsbacher Palais, die ja Wohnung des bayerischen Königshauses war, nahm das Protestantische Dekanat München das Angebot an und gab den Bauplatz an der Schellingstraße auf, obwohl die städtebauliche Situation des dortigen Grundstückes sowohl für die damalige städtebauliche Auffassung als auch für die Zwecke der Gemeinde günstiger erschien. An der Finanzierung der Kirche beteiligte sich die kgl. Haupt- und Residenzstadt München mit 100.000 Gulden, König König Ludwig II. mit 250.000 Gulden aus seiner Privatschatulle.

Rudolf Gottgetreu, der durch seine Neugotik den Maximiliansstil vorbereitete, entwarf die Kirche. Dabei geriet er immer wieder in Konflikt mit der Gemeinde, die seinen bautechnischen und stilistischen Ideen und Visionen als zu modern ablehnte. Am 10. November 1873 erfolgte die Grundsteinlegung. Der Konflikt zwischen Architekt und Gemeinde nahm aber während der Bauphase zu. Schließlich scheint es an der Frage nach dem Material für die Pfeiler des Kirchenschiffes (die Gemeinde wollte die Pfeiler steinernd ausführend, während Gottgetreu das damals modernste Baumaterial Gusseisen, damals oft Symbol des technischen Fortschritts, vorsah) 1874 oder 1876 zum Bruch zwischen Rudolf Wilhelm Gottgetreu und der evangelischen Gemeinde gekommen zu sein. Er wurde von seinen Aufgaben entbunden. Georg Eberlein, damals Professor der Kunstgewerbeschule in Nürnberg, das sich schon damals als Zentrum des bayerischen Protestantismus verstand, führte die Arbeiten fort. Weitgehende Änderungen an den Plänen Gottgetreus nahm er nicht vor. Lediglich wurden die eisernen Pfeiler durch solche aus Stein ersetzt. Am 28. Oktober 1877 wurde die Kirche als II. Protestantische Kirche München durch Dekan Buchrucker eingeweiht.

1885 wurde die Kirche dem Evangelisten Markus gewidmet und erhielt den kirchenamtlichen Namen "St. Markus". Zugleich wurde sie Filialkirche von St. Matthäus, die sie bis 1900 blieb. Obwohl 1896 zum Sitz des Dekans von München erhoben, blieb St. Markus an St.Matthäus angebunden. Die Unselbständigkeit der Dekanatskirche hatte einen praktischen Hintergrund: Dr. Adolf Kahl war, als er 1896 zum Dekan von München ernannt wurde, Pfarrer an St. Markus und bewohnte das Pfarrhaus von St. Markus. Da er nicht das Pfarrhaus nicht verlassen wollte (schließlich blieb er weiterhin Pfarrer an St. Markus), wurde St. Markus Dekanatssitz und blieb es bis heute. Erst 1920 wurde sie zur eigenständigen Pfarrei erhoben, in gleichen Jahr wurde St. Markus auch Sitz der neu gegründeten Gesamtkirchengemeinde München, der der Dekan von München vorsteht.

Bereits um 1910 setzt eine Diskussion um Geschmack und Wert der Neugotik an. 1926 erfolgte eine erste Sanierung, in der der Architekt Hessemer bereits erste Veränderungen an der neugotischen Ausstattung vornahm. German Bestelmeyer griff in seiner 1936/37 erfolgten Umgestaltung mit dem Ziel einer "Entgotisierung", wie er es nannte, erheblich stärker ein: So wurden die Chorfenster nach unten verlängert, um mehr Licht in das Kirchenschiff zu führen. Diese erhielten eine farbige Fenster, die Hermann Kaspar entwarf; die Ausführung erfolgte durch die Mayer'schen Hofkunstanstalt München. Die 48teilige Bilderfolge, die Heilsgeschichte nach dem Markus-Evangelium erzählt, folgt in ihrer Bildauffassung und in der Darstellung der Menschen bereits dem künstlerisch - arischen Ideal, den Arno Breker entwickelte. Der Großteil der neugotischen Ausstattung blieb jedoch erhalten. Der Hochaltar wurde teilweise purifiziert. Zugleich fügte Bestelmeyer im Chor eine Empore ein, die Sängerkanzel genannt wurde.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde St. Markus 1944/45 durch Bombenangriffe und 1945 durch Kampfhandlungen an der Türkenkaserne, die sich in unmittelbarer Nähe zu St. Markus befand, schwer zerstört. Allein der Turm blieb erkennbar stehen. Die Glasfenster waren ausgelagert, die neugotische Inneneinrichtung blieb aber in der Kirche. Die Reste dieser, aber auch erhaltene Teile wie die Kanzel gingen 1945/46 verloren - wohl durch zivile Überlebende des Krieges, die das Holz als Brennholz brauchten.

1947/48 wurde die Ruine durch Max Unglehrt gesichert und bis 1955 behelfsmäßig instandgesetzt. Im Advent 1948 erfolgte bereits die Einweihung der Kirche, obwohl die Instandsetzung noch nicht abgeschlossen war. Neben einer Holzdecke, die das zerstörte neugotische Netzrippengewölbe als Provisorium ersetzte, wurde St. Markus weiter purifiziert: die neugotischen Details an Pfeiler im Kirchenschiff und Brüstung der Emporen wurden entfernt, der Chorbogen in Segmentform umgebaut. Die im direkten Nachkriegsjahr verlorengegangene Kanzel wurde durch eine solche aus Stein ersetzt, die Turmspitze neu aufgesetzt.

Der Wiederaufbau selbst erfolgte erst in den Jahren 1955 bis 1957 durch Gustav Gsaenger. Gsaenger nahm kaum Rücksicht auf die vorhandene neugotische Bausubstanz. Der Chor wurde neu errichtet, dabei entstand über dem Chor ein Andachtsraum für 60 Gläubige, der durch ein Treppenhaus am Chor erreichbar ist. Gleichzeitig wurde der Turm teilweise abgetragen, da er nach Gustav Gsaenger's Meinung nach trotz Sicherung und neuer Turmspitze baufällig gewesen sei. Danach wurde der Turm im Mauerwerk erhöht und durch ein kleines Zeltdach abgeschlossen - der Turm ist nach dieser Neugestaltung nicht höher als der originale. Die Emporentreppenhäusern rechts und links des Turmes wurden durch neue ersetzt. Anstelle des neugotischen Gewölbes wurde ein Tonnengewölbe im Kirchenschiff eingezogen. Tonnengewölbe im Mittelschiff und die Decken unter den Emporen erhielten eine ornamentierte Stuckdecke, die als Rabitzhängedecke ausgeführt wurde. Außen erhielt die Kirche eine neue Fassadengliederung aus Beton - vom neugotischen Bau sind außer den groben Formen der Pfeiler und Emporenbrüstungen, dem einen oder anderen Spitzbogenfenster unter den Emporen und dem Maßfenster des Turmes nichts mehr erhalten. Die Farbgebung und Gliederung ist typisch für Gsaenger und auch in ähnlicher Form an seinen anderen Bauwerken zu beobachten. Die Umgestaltung war sehr umstritten und nicht ohne erheblichen Widerstand aus der Gemeinde durchzusetzen.

1962/1963 wurde durch die Vollendung der Steinkanzel, die ein Flachrelief der vier Evangelisten nach einem Entwurf von Bildhauer Vogel erhielt, der Wiederaufbau vollendet. Eine letzte Grundsanierung unter Leitung von Theodor Steinhauser fand 1977 bis 1979 statt. Dabei wurde der Innenraum durch Walter Senf farblich neugefasst, die Fenster im Kirchenschiff erhielten durch ihn eine ornamentale Fensterverglasung.

Glocken

Fünf Glocken goss Friedrich Wilhelm Schilling in Heidelberg im Jahre 1957. Die Pfingstglocke ist ein Umguss ihrer Vorgängerin. Alle Glocken sind auf die drei vorhandenen Stahlglockenstühle in den Glockenstuben aufgeteilt; die Weihnachtsglocke hängt unten am gekröpften Stahljoch, in der Mitte hängen die Pfingst- und die Taufglocke übereinander an Holzjochen, oben die beiden übrigen Glocken ebenfalls an Holzjochen. Die Sanierung des Geläutes erfolgte 1998 durch die Firma Perner. Die Vaterunserglocke läutet zu den Betzeiten um 07:00, 12:00 und 20:00 und während des Vaterunsers im Gottesdienst. Am Samstag um 15:00 Uhr läutet sie als einzige Glocke den Sonntag ein. Der Stundenschlag wird über die Pfingstglocke ausgeführt. Die große Weihnachtsglocke erklingt nur zu festlichen Anlässen.

Nr. Name
(Funktion)
Gewicht
(kg)
Nominal Inschrift
1 Weihnachtsglocke 2751 h0 Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden
und den Menschen ein Wohlgefallen + Lukas 2,14
2 Oster- und
Vaterunserglocke
1343 dis1 Der Herr ist auferstanden +
Matthäus 8,6
3 Pfingstglocke 746 fis1 Wo aber der Geist des Herren ist, da ist Freiheit +
2. Kor. 3,17
4 Reformationsglocke 588 gis1 Gott ist unsere Zuversicht und Stärke +
Psalm 46,2
5 Taufglocke 341 h1 Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden +
Markus 16,16

Bedeutende Kunstwerke

  • Das Markus-Evangelium - Fensterzyklus für die Chorapsis (Hermann Kaspar, 1937)

Anmerkungen zum Patronat

Obwohl oder gerade weil das bayerische Herrscherhaus sehr um den Erhalt eines katholischen Münchens bemüht war, erhielten die ersten vier evangelisch-lutherischen Stadtpfarrkirchen den Namen der Evangelisten, und zwar in der Reihenfolge, wie sie das Neue Testament kennt: St. Matthäus (eingeweiht 1833), St. Markus, St. Lukas (eingeweiht 1896) und schließlich St. Johannes Evangelist (eingeweiht 1916) in Haidhausen. Zusammen mit der ersten evangelisch-lutherischen Kirche in Münchner Raum, die 1849 eingeweihte St. Paulus in Perlach, damals selbständige Gemeinde vor den Toren Münchens, zeigten die evangelische Kirchengemeinde München die Grundlage ihres Glauben: Das Zeugnis von Jesus Christus, wie die Evangelien ihn bezeugen (Matthäus, Markus, Lukas, Johannes), sowie das Bekenntnis zu ihm (Paulus).

Trivia

  • Der Stil der Gsaenger'schen ornamentierten Stuckdecke in St. Markus wird von den Münchnern "Brez'nstuck" genannt.

Literatur

  • Die evangelische Kirche baut in München: 1948 - 1965. Bauten der Evangelischen Kirche in München. Eine Dokumentation. München: Klinger 1966
  • Armin Rudi Kitzmann: Das offene Tor. Aus der Geschichte der Protestanten in München. München: Claudius 1990, ISBN 3-532-62094-4

Weblinks

48.14611111111111.5744444444447Koordinaten: 48° 8′ 46″ N, 11° 34′ 28″ O


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