Sargtexte

Sargtexte

Sargtexte ist die moderne Bezeichnung religiöser Texte, die im ägyptischen Mittleren Reich meist auf den Innenseiten von Särgen hochstehender Personen angebracht worden sind. Viele dieser Texte haben sich aus den Pyramidentexten entwickelt, die jetzt aber auch auf den Sarginnenwänden angebracht wurden. Die Einteilung von Pyramiden- und Sargtexten ist eine moderne, während die Ägypter wohl eher die Funktionen einzelner Texte unterschieden. Eine spezielle Form sind die Fugeninschriften, die in den Fugen der Sargwände angebracht wurden.

Sargtexte haben verschiedene Funktionen. Es handelt sich teilweise um Rituale, die bei der Mumifizierung oder Bestattung gesprochen wurden. Einige Texte kümmern sich um den Schutz der Mumien oder enthalten auch Wegbeschreibungen der Unterwelt.

Die ersten längeren religiösen Texte tauchen schon am Ende des Alten Reiches auf Särgen auf, sind aber besonders im Mittleren Reich beliebt. Am Ende der 12. Dynastie hört die Sitte auf, Särge mit langen Texten zu beschriften, wird dann in der 13. Dynastie wieder gebräuchlich, auch wenn aus dieser Phase viel weniger Texte erhalten sind.[1] Im Neuen Reich kommt das Totenbuch auf, von dem viele Sprüche aus den Sargtexten stammen. Einzelne Sprüche wurden noch in der Spätzeit benutzt.[2]

Inhaltsverzeichnis

Beispiel

Spruch Nr. 764[3]:

O NN[4]hier, die Wächter der Götter stehen auf vor dir,
die in ihrer Urzeit fürchten sich vor dir,
und die in ihren Städten schaudern vor dir.
Die Götter kommen zu dir an den Treppenabsatz deines Thronsitzes,
und es jubelt dir das zahlreiche Sonnenvolk zu, das sich im Gottespalast befindet.
Erhebe dich, der du zu groß bist zum Wachen
und zu gewaltig, um zu schlafen.
Du bist der große Gott.
Horus hat für dich deine Glieder zusammengesammelt.
Du bist der Schakal aus seiner Seite, wenn seine Gestalt an seinen Feinden vorübergeht.
Dir gehört der Himmel, die Erde ist dir gegeben, so weit deine Arme reichen.
Du bist (auf den Weg zu) den beiden Opfergefilden zusammen mit Nephthys und Osiris.
Du steigst zu Re in den Himmel auf und es gehorchen dir die :Götter, die in ihm sind,
denn dir wurde die Macht des Vordersten-der-Westlichen gegeben.
Dein Brot ist gut vor den Göttern,
und deine Nahrung ist vor den beiden großen Neunheiten
und vor Anubis, der über den Göttern ist.
Mögest du alle deine Fesseln entfernen,
löse dir deine Binden,
wisch dir die Ausflüsse an deinem
Fleisch ab zu Boden.
Harachte hat befohlen, dass dir jene
Maat, die du liebst, gegeben werde
an jedem Ort, an den du gehst.

Literatur

  • Jan Assmann: Altägyptische Totenliturgien, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1199-6
  • Hans Bonnet: Sargtexte, in: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Nikol Verlag Hamburg 2000 ISBN 3-937872-08-6 S. 669f.
  • Adriaan de Buck: The Egyptian Coffin Texts. (University of Chicago, Oriental Institute Publications) 7 Bände. Chicago 1935–1961
  • Wolfgang Helck /Eberhard Otto: Sargtexte, in: Kleines Lexikon der Ägyptologie, Harrassowitz Verlag Wiesbaden, 1999 ISBN 3-447-04027-0 S. 258f.
  • Rami van der Molen: A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts. (Probleme der Ägyptologie, Band 15) Brill, Leiden/Boston/Köln 2000 ISBN 90-04-11654-0

Weblinks

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. J. P. Allen: Coffin Texts from Lisht In The World of the Coffin Texts, Proceedings of the Symposium hedl on the Occasion of the 100th Birthday of Adriaa de Buck, Lieden december 17-19, 1992, Leiden 1996, S. 15
  2. Louise Gestermann: Die Überlieferung ausgewählter Texte altägyptischer Totenliteratur („Sargtexte“) in spätzeitlichen Grabanlagen, Wiesbaden, 2005, Ägyptologische Abhandlungen Bd. 68, ISSN:0568-0476
  3. nach Assmann, Totenliturgien, S. 191-92
  4. Assmann verwendet unüblicherweise N; die Wikipedia folgt in Transkriptionen und anderen Regularia jedoch dem ägyptologischen Standard, deshalb erscheint das Zitat leicht abgeändert mit NN

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