Sarkophagus

Sarkophagus
Kampf bei den Schiffen vor Troja, Attischer Sarkophag, Archäologisches Museum von Thessaloníki, zweites Viertel des 3. Jahrhunderts
Römischer Sarkophag

Sarkophag (von griechisch σαρκοφάγος, „Fleisch verzehrend“) war ursprünglich der Name einer Steinart. Sie wurde bei Assos in der Troas gebrochen, konnte gespalten werden und sollte Leichen, die man in daraus gefertigte Särge legte, innerhalb von 40 Tagen mit Ausnahme der Zähne verwesen lassen. Es handelte sich dabei um den Alumen schisti Linnés, eine Art Alaunschiefer, womit man die Särge zur Beschleunigung der Verwesung gewöhnlich nur auslegte. Der Name Sarkophag wurde dann auch auf jeden anderen Steinsarg übertragen.

Inhaltsverzeichnis

Ägypten

Sarkophag des Chephren

Die ägyptischen Sarkophage, die ältesten (aus der Zeit des Djoser), die man gefunden hat, sind meist aus Kalkstein, seltener aus Basalt oder anderen Materialien, innen und außen manchmal mit Hieroglyphen und Reliefbildern geschmückt. Die ältesten Exemplare sind kastenförmig. Seit dem Neuen Reich sind sie menschenförmig; auf dem Deckel ist der (gewöhnlich stilisierte) Kopf des Verstorbenen abgebildet.

Ähnlich sind auch die Sarkophage phönizischer Herkunft. Es gibt aber auch Sarkophage aus rotem oder schwärzlichem Granit, worin Könige und Priester beigesetzt wurden.

Kretominoische Kultur

Geöffneter kretominoischer Sarkophag aus Kreta

Auch in der kretominoischen Kultur war es seit der Vorpalastzeit üblich, Verstorbene in Sarkophagen zunächst aus Holz und später aus Terrakotta zu bestatten; die Toten wurden in versammelter Haltung, also quasi "gefaltet", beigesetzt.

Unterschieden werden innen und außen bemalte Wannensarkophage von den nur außen verzierten Kastensarkophagen.

Hellenismus

sog. Alexandersarkophag

In Griechenland waren Steinsarkophage in ältester Zeit nicht üblich. Man verwendete dafür aus einzelnen Ziegeln oder Tonplatten zusammengesetzte Behälter. In den ausgemauerten Grabmauern setzte man den Leichnam in hölzernen Särgen bei, die sich noch in den Gräbern der Krim gefunden haben. In Etrurien waren an Stelle der Sarkophage die so genannten Aschenkisten getreten, kleine, aus Ton oder Alabaster gefertigte, bunt bemalte Urnen, vorne mit Reliefs, die auf dem Deckel meist mit der ganzen, gelagerten Figur des Verstorbenen geschmückt waren.

Bei Plinius[1] heißt es: "Auf Assos in Troias wird der Stein Sarcophagus, mit spaltbarer Ader, zerschnitten. Die in ihn gelegten Körper Verstorbener werden, wie man bestimmt weiß, innerhalb 40 Tagen bis auf die Zähne verzehrt".[A 1] Als Anmerkung erwähnte Külb "Der Alumit oder Alaunstein", da gewöhnlich die Särge zur Beförderung der Verwesung damit ausgelegt waren. Noch jetzt stehen solche Särge bei Assos auf Piedestalen.[2] Juvenal erwähnt die Beisetzung Alexanders des Großen in einem Sarkophag.[3]

Ab diesem Zeitpunkt kommen in Griechenland die eigentlichen Sarkophage auf. Es sind anfangs ziemlich große, aus Marmor gefertigte, kastenartige Behälter, die meist architektonisch in Form von Tempeln gegliedert sind, mit einem Giebeldach als Deckel und die Reliefs der Seitenwände noch monumental aufgefasst.

Rom

Früh-Römischer Sarkophag

Daraus entwickelt sich die römische Form des Sarkophags, der durchschnittlich kleiner und mit reichlicherem Reliefschmuck versehen ist. Die Szenen darauf sind meist der Mythologie entnommen, haben aber oft auch einen Bezug auf die Tätigkeit, die Eigenschaften und Vorzüge des Verstorbenen. Obwohl es sich dabei um mythische Figuren handelt, wird ihnen oft das Porträt des Bestatteten und seiner Gattin verliehen.

Römische Provinzen

In den römischen Provinzen wurden zahlreiche Sarkophage gefunden, die nur schlichte oder gar keine Reliefverzierung aufweisen. Gesteinsuntersuchungen legen nahe, dass diese sehr einfachen Exemplare wohl häufig aus regional vorkommenden Steinarten angefertigt wurden.

Christentum

Sarkophag des Iunius Bassus mit christlichen Motiven

Die Christen übernahmen die Sitte der Bestattung in Sarkophagen aus ihrer heidnischen Umwelt. Im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts erscheinen erstmals Motive aus dem Alten und Neuen Testament auf Steinsärgen. Zu den bedeutendsten Vertretern christlicher Sarkophage gehört das in der Mitte des 4. Jahrhunderts für den römischen Stadtpräfekten Iunius Bassus Theotecnius angefertigte Exemplar.

Antikes Judentum

Aus Palästina sind Sarkophagbestattungen bekannt. Auch einzelne Mitglieder von Gemeinden in Rom verwendeten Sarkophage, als Verzierung wurde etwa eine Menorah benutzt.

Frühes Mittelalter

Frühmittelalterliche Nekropole in Civaux

In Regionen mit romanischer Bevölkerung ist die Sitte, Bestattungen in Sarkophagen anzulegen, auch noch in nachrömischer Zeit bekannt. Neben rechteckigen Steinsärgen werden häufig trapezförmige Exemplare beobachtet. Frühmittelalterliche Sarkophage sind häufig unverziert oder tragen schlichte Ornamente.

Nachleben antiker Sarkophage

Proserpina-Sarkophag, römischer Marmor-Sarkophag aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. In ihm wurde Karl der Große am 28. Januar 814 im Aachener Dom bestattet.

Viele antike Sarkophage sind bis in das späte Mittelalter hinein ohne weiteres für christliche Bestattungen verwendet worden. Auf einer seiner Italienreisen brachte Karl der Große den bekannten Proserpina-Sarkophag in seine Pfalz nach Aachen. Auf der Vorderseite sowie den beiden Seitenteilen ist der römisch-griechische Mythos "Raub der Proserpina" dargestellt. Antike Sarkophagreliefs haben der modernen Bildhauerei die ersten Anregungen zu neuem Aufschwung gegeben.

14. Jahrhundert

"Der steinerne Severi-Sarkophag in Erfurt verwahrt die Reliquien eines Heiligen Bischofs. Eine Fenestella [Fensterchen] in der Seitenwand gewährt den Einblick in das Monument. ... Die Tatsache, dass ein Leichnam in einem oberirdisch stehenden Sarkophag aufbewahrt wurde, deutete immer die Heiligkeit der darin ruhenden Gebeine an: denn nur den Heiligen stand eine überirdische Aufbewahrung zu. ... Eine Heiligsprechung erfolgte jedoch nicht in jedem Fall, wie einige Beispiele zeigen: · so der Sarkophag für Herrscher wie für Kaiser Friedrich II. · oder auch für die in der Krypta der Peterskirche zu Rom beigesetzten Päpste. Das Phänomen der oberirdischen Sarkophag-Bestattung scheint eher auf den heiligenähnlichen Status der „Gerechten“ anzuspielen, welcher auch Herrschern und hohen Kirchenfürsten zugesprochen wurde." (Vgl. Wäß 2006, S. 385)

Psychologische Deutung

Der Analytischen Psychologie in der Tradition Carl Gustav Jungs gilt der Sarkophag als Ausprägung des nefasten Aspekts des sog. Mutterarchetyps, also der zerstörenden und verschlingenden Mutter.

Siehe auch

Literatur

  • Vom Totenbaum zum Designersarg. Zur Kulturgeschichte des Sarges von der Antike bis zur Gegenwart. 1994. ISBN 3-92444-708-X
  • Karl Schefold: Der Alexander-Sarkophag. Berlin 1968. - (ohne ISBN)
  • Josef Engemann: Untersuchungen zur Sepulkralsymbolik der späteren römischen Kaiserzeit. Münster 1979. ISBN 3-40207-055-3
  • R. Müller-H. Lamer-v. Wurmstein: Die leichenverzehrenden Sarkophage bei Plinius. Umschau 36, 1932, 239f. 598 [2, 211]
  • Helga Wäß: "Form und Wahrnehmung mitteldeutscher Gedächtnisskulptur im 14. Jahrhundert. Ein Beitrag zu mittelalterlichen Grabmonumenten, Epitaphen und Kuriosa in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Nord-Hessen, Ost-Westfalen und Südniedersachsen" (= Band 1), "Katalog ausgewählter Objekte vom Hohen Mittelalter bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts" (= Band 2), Bristol u.a. 2006, ISBN 3-86504-159-0
  • Paul Zanker; Björn Christian Ewald: Mit Mythen leben. Die Bilderwelt der römischen Sarkophage. Hirmer Verlag, München 2004

Weblinks

Anmerkungen

  1. Übersetzung von Külb 1856 vom ursprünglichen Text: In Asso Troiadis sarcophagus lapis fissili vena scinditur. Corpora defunctorum condita in eo, absumi constat intra XL diem exceptis dentibus.

Einzelnachweise

  1. Naturalis historia 36. 27.
  2. Vgl. K. O. Müller: Archäologie der Kunst § 294.
  3. Juvenals Erwähnung in seinen Satiren (10. 172)

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