Schachtelprivileg

Schachtelprivileg

Als gewerbesteuerliches Schachtelprivileg wird im Steuerrecht das Privileg bezeichnet, unter bestimmten Voraussetzungen Beteiligungserträge aus Kapitalgesellschaften für Zwecke der Gewerbesteuer zu kürzen. Da die Regelungen eine Doppelbesteuerung vermeiden sollen, ist die Bezeichnung als "Privileg" missverständlich.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der Begriff des Schachtelprivilegs wird im Steuerrecht regelmäßig dann gebraucht, wenn Voraussetzung für ein steuerliches Privileg das Halten einer bestimmten Beteiligungsgröße ist. Wahrscheinlich steht hinter dem Begriff die bildliche Vorstellung, dass eine größere Anzahl von Anteilen oder Aktien u. ä. gebündelt in einer Schachtel liegen. Das Gegenteil zur Schachtelbeteiligung ist der Streubesitz. Hier liegt die bildliche Vorstellung von einem "Verstreuen" der Anteile auf viele Anteilseigner zu Grunde.

Hintergrund und Überblick

Die Gewerbesteuer wird nach dem Gewerbeertrag bemessen. Ausgangsgröße für den Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Werden im Betriebsvermögen Anteile an einer Körperschaft gehalten, sind die von ihr erhaltenen Ausschüttungen zunächst als Betriebseinnahmen zu erfassen. Natürliche Personen können diese Erträge außerhalb der Bilanz um 40 % kürzen, während Körperschaften diese Erträge in vollem Umfang steuerfrei behandeln können. Im Gewinn aus Gewerbebetrieb sind somit die Ausschüttungserträge bei natürlichen Personen zu 60 % und bei Körperschaften gar nicht enthalten.

Da die Ausschüttung bei der ausschüttenden Körperschaft bereits der Gewerbesteuer unterliegt, würde eine erneute Besteuerung bei der empfangenden Körperschaft auf eine Doppelbesteuerung hinaus laufen. Aus diesem Grund erlaubt das Gesetz unter bestimmten Bedingungen eine Kürzung dieser Beteiligungserträge, soweit sie im Gewinn enthalten sind.

Voraussetzungen

In der Gewerbesteuer gibt es das

  • nationale Schachtelprivileg
  • internationale Schachtelprivileg

mit jeweils eigenen Voraussetzungen.

Nationales Schachtelprivileg

Die tatbestandlichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 9 Nr. 2a GewStG wie folgt:

  • Gewinne aus Anteilen
  • an einer nicht steuerbefreiten (also gewerbesteuerpflichtigen)
  • inländischen
  • Kapitalgesellschaft
  • wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraumes (also nur 1 mal zu Beginn, innerhalb des Erhebungszeitraumes nicht zwingend)
  • mindestens 15% (bis EZ 2008: 10%) des Grund- oder Stammkapitals beträgt
  • und die Gewinne bei der Gewinnermittlung angesetzt wurden

Das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg im Überblick

Anteilseigner der Kapitalgesellschaft ist:
EU / PersGes KapGes
Ausgangsgröße:
§ 7 GewStG
Ausgangsgröße:
§ 7 GewStG
Wegen § 15 i.V.m § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG sind Dividenden zu 60% in der Ausgangsgröße enthalten. Wegen § 8b KStG (Dividendenprivileg) sind Dividenden zu 95% von der Besteuerung freigestellt.
Beteiligung ≥ 15% Beteiligung < 15% Beteiligung ≥ 15% Beteiligung < 15%
Kürzung der verbleibenden in der Ausgangsgröße enthaltenen Dividenden
(§ 9 Nr. 2a GewStG)
Zurechnung der gemäß § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Dividenden
(§ 8 Nr. 5 GewStG)
Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg nicht notwendig, da Dividenden zu 95% nicht in der Ausgangsgröße enthalten sind
(§ 9 Nr. 2a GewStG)
Zurechnung der gemäß § 8b KStG „steuerfreien“ Dividenden
Belastung der Dividenden: Belastung der Dividenden: Belastung der Dividenden: Belastung der Dividenden:
60% mit ESt
0% mit GewSt
60% mit ESt
100% mit GewSt
5% mit KSt
5% mit GewSt
5% mit KSt
100% mit GewSt

Der Überblick bildet aktuelle Rechtslage im VZ 2009 unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens ab.

Folgen

Folge des Schachtelprivileges ist die Kürzung der Ausschüttungsgewinne soweit sie im Gewinn enthalten sind, so dass eine doppelte Erhebung der Gewerbesteuer auf solche Erträge vermieden wird.

Bei Kapitalgesellschaften erfolgt mithin keine Kürzung mehr, da sich (durch die Freistellung für Zwecke der Körperschaftsteuer) in dem der Gewerbesteuer zu Grunde liegenden Gewinn die Ausschüttungserträge nicht ausgewirkt haben.

Bei Einzelunternehmern wird regelmäßig eine 40 %-Kürzung vorzunehmen sein.

Beispiel:
An der A-GmbH sei
 a) ein bilanzierender Einzelunternehmer
 b) die B-GmbH
jeweils zu 100 % beteiligt. Die A-GmbH soll 300.000 € Dividende ausschütten.
der Jahresüberschuss (Jü) incl. der Dividende soll 500.000 € betragen.

                    a)                                  b)
 
                  A-GmbH                              A-GmbH
                     |                                   |
                     |                                   |
                     |                                   |
                     |                                   |
              Einzelunternehmer                        B-GmbH      
            (Anteilseigner zu 100 %)             (Anteilseigner zu 100 %)

 Lösung:
 
               JÜ:   500.000                       JÜ:    500.000
  § 3 Nr. 40 EStG: - 120.000         § 8b Abs. 1 KStG:   -300.000
                                     § 8b Abs. 5 KStG:   + 15.000
                    ---------                             --------
        § 15 EStG:   380.000                   z.v.E.:    215.000


                     380.000                              215.000
§ 9 Nr. 2a GewStG: - 180.000        § 9 Nr. 2a GewStG:          0
                    ---------                             --------
    Gewerbeertrag:   200.000            Gewerbeertrag:    215.000

Im Ergebnis wurde im Fall a) der Jahresüberschuss von 500.000 € für die Gewerbesteuer um die Dividende von 300.000 € gekürzt. Im Fall b) ergibt sich dieselbe Wirkung, allerdings dürfen die 5 % Pauschalen nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben nicht gekürzt werden.

Internationales Schachtelprivileg

Die tatbestandlichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 9 Nr. 7 GewStG wie folgt:

  • Gewinne aus Anteilen
  • an einer Kapitalgesellschaft
  • mit Sitz im Ausland
  • wenn die Beteiligung seit Beginn des Erhebungszeitraumes (also OHNE Unterbrechung)
  • bei einer Beteiligung an EU-Kapitalgesellschaften mindestens 10 % des Nennkapitals bzw. bei einer Beteiligung an Nicht-EU-Kapitalgesellschaften mindestens 15 % des Nennkapitals beträgt
  • und ihre Erträge (fast) ausschließlich aus Beteiligungen von mindestens einem Viertel bezieht
  • und weitere Nachweise erbringen kann.

Internationale Regelungen

Der Artikel 10 des OECD Musterbesteuerungsabkommen sieht für das internationale Schachtelprivileg eine Beteiligungsgrenze bis zu 25 % vor. In diesen Fällen darf der Staat, in dem der Schuldner der Dividende ansässig ist, eine maximal 5%-ige Steuer auf die Dividenenzahlungen an Nutzungsberechtige eines anderen Vertragstaates erheben. Eine Ausnahme ist für Dividenenempfänger vorgesehen, die eine Betriebsstätte im Ansässigkeitsstaat des dividenenausschüttenden Unternehmens unterhalten. In diesen Fällen wird die Dividende der dortigen Betriebsstätte zugeordnet.

Weblinks

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