Schlacht bei Coulmiers

Schlacht bei Coulmiers
Schlacht bei Coulmiers
Teil von: Deutsch-Französischer Krieg
Datum 9. November 1870
Ort Coulmiers, Kanton Meute-sur-Loire Arrondissement Orléans, Département Loiret
Ausgang Französischer Sieg
Konfliktparteien
Bayerisches Korps Frankreich
Befehlshaber
General Ludwig von der Tann-Rathsamhausen General Louis d'Aurelle de Paladines
Truppenstärke
ca. 20.000 Mann ca. 70.000 Mann
Verluste
1.112 Soldaten und 54 Offiziere, ca. 1.000 Gefangene insgesamt 1.500 Mann

Die Schlacht bei Coulmiers war ein Gefecht zwischen einem bayerischen Korps und französischen Einheiten während des Deutsch-Französischen Krieges am 9. November 1870 und endete mit einem französischen Sieg.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangslage

Während der Belagerung von Paris war es Aufgabe der Armeeabteilung unter General von der Tann, die Belagerungstruppen gegen die neu aufgestellte Loirearmee abzusichern. Die Armeeabteilung bestand aus dem 1. Bayerischen Korps, der 22. Division und einigen Kavallerieeinheiten, nämlich der 2., 4. und 6. Kavallerie-Division.

Situation der bayerischen Truppen

Nach einem bayerischen Sieg im Gefecht bei Artenay zogen sich die Franzosen zurück und die bayerischen Truppen konnten am 11. Oktober Orléans einnehmen. Vorhuten stießen bis weit über die Loire vor. Die 22. Division und die 4. Kavalleriedivision unter Ludwig von Wittich wurden aber wieder nach Paris zur Unterstützung der Belagerungstruppen abgezogen und nahmen dabei am 18. Oktober Châteaudun und am 21. Oktober Chartres ein. General von der Tann standen in Orléans nicht mehr als 26.000 Mann zur Verfügung[1].

Situation der französischen Truppen

Den in und um Orléans stehenden deutschen Truppen standen an der Loire die neu zusammengezogenen Verbände der Loirearmee gegenüber. Diese erhielten ununterbrochen Zulauf von Kriegsfreiwilligen und waren bis Ende Oktober 1870 auf bis zu 200.000 Mann angewachsen, davon waren 120.000 Soldaten grundsätzlich einsatzbereit. Probleme ergaben sich für die Franzosen aber aus der mangelnden Ausbildung der Freiwilligen und dem großen Mangel an Unteroffizieren und Offizieren. Die Ausbildung der Soldaten wurde jedoch mit großem Nachdruck vorangetrieben. Waffen und Ausrüstung standen in dieser Phase des Krieges noch in größerem Umfang zur Verfügung.

In dieser Schlacht zeigte sich zum ersten Mal eine Änderung in der französischen Taktik, insbesondere was die Verwendung der Artillerie betraf. Die Französische Rheinarmee hatte sich fast völlig auf das überlegene Feuer der Infanterie verlassen. Im Versuch, die erfolgreichen deutschen Taktiken zu übernehmen, wurde vorhandene Artillerie wesentlich massiver und aus kürzerer Entfernung eingesetzt. Hinzu kam auch eine verbesserte Ausstattung gerade mit schweren Geschützen. So verfügten die Franzosen hier über eine größere Anzahl von 12 cm Kanonen, die bisher nur auf Schiffen zum Einsatz gekommen waren. Ebenfalls wurden hier zum ersten Mal Feldkanonen aus Großbritannien eingesetzt, die von der neuen französischen Regierung im Oktober bestellt worden waren. Mit dieser Artillerie wurden insbesondere den im Wald von Montapipeau verschanzten Bayern schwerer Verluste zugefügt.

Was die Ausrüstung der Infanterie betraf, so verfügten die Franzosen neben dem Chassepotgewehr auch über tausende von Enfield und Springfield Gewehren aus England und den USA.

Die in der Schlacht verwundeten französischen Soldaten konnten kaum medizinisch versorgt werden, da die Loirearmee nicht über ausreichende medizinische Versorgung verfügte.

Aufmarsch zur Schlacht

General d´Aurelle de Paladines hatte Anfang November 1870 ca. 70.000 einsatzbereite Soldaten zur Verfügung und unternahm mit diesen einen Vorstoß in Richtung Orléans. Ziel war es das isolierte bayerische Korps in Orléans zu vernichten und die Stadt dann zur Basis für den Entsatz von Paris auszubauen. Die Einheiten wurden aber bereits am 7. November von deutscher Kavallerie bemerkt und entsprechende Maßnahmen ergriffen.

Orléans wurde in der Nacht vom 8. auf den 9. November geräumt und der größte Teil der Truppen (ca. 23.000 Mann) bezog eine Position im Raum Coulmiers, wo es am nächsten Tag bei kalten und windigem Wetter zur Schlacht kam. General von der Tann war sicher, das sein schwaches Korps besser manövrieren würde als die große, aber schlecht ausgebildete und unerfahrene Loirearmee.

Gefecht vom 9. November 1870

Die bayerischen Truppen stellten sich vom Ort St. Peravy entlang der Straße nach Châteaudun über Coulmiers bis nach La Renardiere auf. Die Franzosen griffen am frühen Vormittag aus Richtung Süd-West an und hatten zuerst mit ihrem rechten Flügel Kontakt. Unmittelbar nach den ersten Kontakten machten große Teile der französische Armee eine Schwenkung und griffen im Zentrum und auf dem Flügel an. Bedingt durch eine recht weit aufgefächerte Marschformation dauerte es jedoch einige Zeit, bis alle Einheiten in den Kampf eingreifen konnten.

Beim ersten Angriff im Zentrum gegen 13:30 Uhr gelang es den französischen Truppen sehr nahe an die Bayern heranzukommen, die bereits ihre Munition verbraucht hatten. Die Bayern wurden hier von der Artillerie gerettet, die auf kurze Entfernung herangingen und den Angriff zurückschlugen. Ein zweiter Angriff erfolgte gegen 15 Uhr mit sieben französischen Regimentern gegen ein einzelnes isoliertes bayerisches Regiment. Die Division von Admiral Jean Jauréguibry griff aus Richtung Gémigny und Cheminiers an. Wiederum gelang es den Franzosen nicht, ihren Angriff richtig zu koordinieren, dies gab ihren Gegnern immer wieder Zeit, an den entscheidenden Punkten für Verstärkung zu sorgen und die nacheinander angreifenden Regimenter mit sogenanntem Schnellfeuer [2] zu vertreiben.

Nach diesem gescheiterten Angriff zogen sich die Mobilgarden ungeordnet zurück. Es gelang den französischen Offizieren nur unter großen Mühen und mit Hilfe der wenigen regulären Einheiten, die Ordnung wieder herzustellen und den nächsten Angriff vorzubereiten.

Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit konnten die Franzosen die Bayern nicht aus ihren Stellungen vertreiben. Die französische Kavallerie unter dem Befehl von Reyau stand zu weit im Westen, sodass eine mögliche Umfassung des rechten Flügels der Bayern lange unterblieb.

Als es der französischen Infanterie endlich gelang, Coulmiers zu stürmen, musste sich von der Tann zurückziehen. Den Ort selbst hatte er bereits vor diesem letzten Angriff geräumt, um einer hier drohenden Umfassung zu entgehen. Dies war der Beginn des Rückzugs der Bayern. Jetzt begann bereits die Dämmerung [3]) und der Rückzug gelang ohne Verfolgung. Die Bayern gingen geordnet bis über Saint-Pévary-la-Colombe [4] auf Toury [5] zurück. Zur Vereinigung mit weiteren deutschen Verbänden erfolgte dann der weitere Rückzug nach Angerville [6].

Die noch in Orléans zurückgebliebenen Garnison mit einer Gesamtstärke von ca. 2.500 Mann mussten sich ebenfalls zurückziehen, dabei war es nicht mehr möglich, die Kranken und Verwundeten mitzuführen. Dies führte zur hohen Zahl von Gefangenen, ca. 800 bis 1.000 Mann, je nach Quelle. Die Franzosen befreiten in Orléans auch ca. 2.000 eigene Kriegsgefangene. Auch fiel ihnen ein Munitionstrupp mit zwei Geschützen in die Hand.

Die Franzosen unterließen die Verfolgung durch die Kavallerie ebenso wie einen weiteren Vormarsch auf Paris.

Folgen

In Angerville trafen sich am 12. November das bayerische Korps mit der vor einiger Zeit abgezogenen 22. Division sowie weiteren Einheiten, die nach den Kapitulationen von Toul, Straßburg und Metz frei geworden waren. Diese neu gebildete Armeeabteilung stand unter dem Oberbefehl von Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin. Der Verband hatte eine Gesamtstärke von über 65.000 Mann mit 232 Geschützen. Vorläufig gehörten zur Armeegruppe das III., IX. und das X. Korps sowie eine zusätzliche Kavalleriedivision von der zweiten Armee an. General von der Tann wurde zurückgestuft zum Befehlshaber eines Armee-Korps.

General d'Aurelle de Paladines weigerte sich, weiter auf Paris vorzugehen, bevor nicht die Ausbildung seiner Truppen abgeschlossen sei. Er beantragte für sich selbst nach seinem Sieg eine Verdoppelung der Bezüge und Gambetta entsprach diesem Wunsch[7]. In Paris wurde auf die Nachricht vom Sieg die Stadt mit der Trikolore geschmückt.

In den folgenden Tagen und Wochen wurde Orléans durch Tausende von Soldaten befestigt. Die Nordseite der Loire wurde so zu einem Brückenkopf ausgebaut. Dazu gehörte schwere Schiffsartillerie und auch die Befestigung von Gebäuden. Zusammen mit diesen Befestigungsarbeiten versuchten die französischen Generäle die Disziplin ihrer Truppen zu festigen. Während dabei General La Motterouge versuchte, das Vertrauen der Soldaten zu erreichen, seine Offiziere sollten die Namen der Soldaten lernen und mit den Soldaten über deren Familien sprechen, verhängte General Barry für Insubordination mehrere Dutzend Todesurteile [8].

Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen

Die deutschen Gefangenen wurden anfangs nicht als Kranke und Verwundete behandelt, sondern als normale Kriegsgefangene. Die hohe Anzahl an Kriegsgefangenen wurde von der französischen Regierung als Zeichen für den Sieg öffentlichkeitswirksam genutzt. Die mangelnde medizinische Versorgung führte zu einer größeren Anzahl an Sterbefällen, bis auch auf französischen Protest durch die Lagerkommandanten, lokale Ärzte und zivile Stellen viele der Erkrankten in Hospitäler verlegt wurden, wo einen bessere Versorgung sichergestellt werden konnte [9].

Quellen

  • Compton's Home Library: Battles of the World
  • Friedrich Engels: Über den Krieg, Transkription eines Textes aus der The Pall Mall Gazette Nr. 1797 vom 16. November 1870
  • Geoffrey Wawro: The Franco-Prussian War; Cambridge University Press; isbn; 978-0521617417

Weblinks

Anmerkung

  1. . Die Angaben über die Stärke der deutschen Truppen variieren zwischen 20.000 und 26.000 Mann. Von der Stärke der Truppen bei Coulmiers muss aber noch die Garnison abgezogen werden, die in der Stadt verblieb.
  2. eine Besonderheit im Feuerkampf, welche nach 1866 eingeführt worden war
  3. . Dass der Kampf sich über mehrere Stunden hinzog, ist in den genannten Quellen und Weblinks so einheitlich aufgeführt. Die englische und französische Wikipedia beschreiben das Gefecht eher als einen kurzen Artillerieüberfall gefolgt von einem Bajonettangriff mit Flucht der Bayern.
  4. etwa 8 km nördlich von Coulmiers, heute entlang der D3
  5. ca. 30 km nördlich von Orléans, heute an der N20
  6. ca. 15 km nordwestlich von Toury
  7. Wawro, aaO, Seite 268
  8. Wawro, aaO Seite 270 mit weiteren Nachweisen
  9. beschrieben von Theodor Fontage in "Kriegsgefangen"

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