Schlacht bei Kursk

Schlacht bei Kursk
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Unternehmen Zitadelle
Teil von: Zweiter Weltkrieg
Datum 5.–16. Juli 1943
Ort Kursker Bogen
Ausgang Sieg der Sowjetunion
Konfliktparteien
Befehlshaber
Pawel Alexejewitsch Rotmistrow,
Konstantin Konstantinowitsch Rokossowski,
Iwan Stepanowitsch Konew,
Nikolai Fjodorowitsch Watutin
Erich von Manstein,
Walter Model,
Hermann Hoth,

Günther von Kluge,
Werner Kempf

Truppenstärke
1.987.463 Soldaten,
8.200 Panzer und Sturmgeschütze,
5.965 Flugzeuge,
ca. 47.416 Geschütze[1]
625.271 Soldaten,
2.699 Panzer und Sturmgeschütze,
1372 Flugzeuge,
ca. 9.467 Geschütze[1]
Verluste
ca. 1.956 (geschätzt) bzw. 1.614 (offiziell angegeben) Panzer und Sturmgeschütze,
319.000 (geschätzt) bzw. 177.847 (offiziell angegeben) Gefallene, Verwundete und Vermisste,
1.961 (geschätzt) bzw. 459 (offiziell angegeben) Flugzeuge[1]
ca. 252 Panzer und Sturmgeschütze
(offiz. gemeldet 350),
54.182 Gefallene, Verwundete und Vermisste,
159 Flugzeuge[1]

Unternehmen Zitadelle war der deutsche Deckname für den Angriff auf den sowjetischen Frontbogen um die russische Stadt Kursk während des Zweiten Weltkrieges im Sommer 1943. Die Operation gilt als letzte deutsche Großoffensive im Krieg gegen die Sowjetunion und fand in der Zeit vom 5. bis zum 16. Juli 1943 statt.

Sie wird auch als Schlacht bei Kursk, Panzerschlacht um Kursk oder Schlacht im Kursker Bogen bezeichnet. Auf sowjetischer Seite wurden unter dieser Bezeichnung auch die nachfolgenden Operationen zusammengefasst, die langfristiger und in größerem Maßstab angelegt waren als die deutschen Offensivbemühungen (Orjoler und die Belgorod-Charkiwer Operation). Im Rahmen der „Operation Zitadelle“ fand ein Kampf bei der Ortschaft Prochorowka statt, der als „größte Panzerschlacht der Geschichte“ gilt.

Inhaltsverzeichnis

Die Lage an der Ostfront im Sommer 1943 und die Planungen beider Seiten

Die militärische Lage im Sommer 1943

Jahreswechsel und Frühjahr 1943 an der deutschen Ostfront waren geprägt von der schweren Niederlage von Stalingrad und dem darauffolgenden Sieg von Charkow. Trotzdem befand sich die Wehrmacht bereits in der Defensive. Ihren teilweise sehr geschwächten fast 160 Divisionen standen auf der nach dem Stillstand der Winterkämpfe 2500 Kilometer langen Front fast 400 Verbände der Roten Armee gegenüber. Es drohte ein Verlust der Initiative und so die Gefahr, in eine Abnutzungsschlacht mit der personell und materiell überlegenen Roten Armee zu geraten, die zwar in den vorangegangenen Kriegsjahren bereits rund 11 Millionen Mann Verluste hinzunehmen hatte, aber gleichwohl ständig stärker wurde.

Abb. 1, Frontverlauf April-Juli 1943. Deutlich zu sehen ist der Frontvorsprung um die Stadt Kursk. Er entstand nach dem Ende der Schlacht um Stalingrad und der deutschen Rückeroberung von Charkow. Nach diesem begrenzten Sieg der Wehrmacht erstarrte die Front und die Rote Armee konzentrierte starke Kräfte im „Kursker Bogen“.

Die Sowjetunion hatte in den vorangegangenen beiden Kriegsjahren nach den anfänglichen Rückschlägen alle Kräfte mobilisiert. Das ganze Land arbeitete – zentralistisch geführt – für die Front. Nahezu die gesamte Industrie war auf die Kriegsproduktion umgestellt worden. Auch die in den ersten Kriegsmonaten erfolgreich ins Hinterland evakuierten Rüstungsbetriebe produzierten eine ständig steigende Zahl von Panzern, Flugzeugen und Geschützen. Hinzu kamen bedeutende Waffen- und Ausrüstungslieferungen durch die Vereinigten Staaten und Großbritannien im Rahmen des Lend-Lease-Abkommens. Zudem standen trotz der vorangegangenen enormen Verluste Millionen potentieller Rekruten im wehrpflichtigen Alter zur Verfügung. Es war damit nur eine Frage der Zeit, wann die im Vergleich mit Deutschland größeren Ressourcen und vor allem die immer stärker werdende Kriegsindustrie den Ausschlag zugunsten der Sowjetunion geben würden.

Mit der wachsenden materiellen Stärke hatten sich auch die Fähigkeiten der sowjetischen Streitkräfte auf dem Gefechtsfeld, insbesondere zu strategischen Operationen, verbessert. Es wurden schlagkräftige Panzer- und Luftarmeen geschaffen, die der zu diesem Zeitpunkt immer noch gut ausgerüsteten und erfahrenen Wehrmacht erfolgreich begegneten. Die Qualität des Führungspersonals hatte stark zugenommen. Die blutigen Vorkriegssäuberungen im Offizierskorps der Roten Armee waren zwar mitverantwortlich für die verheerenden Niederlagen zu Kriegsbeginn, hatten aber den Weg für eine jüngere Generation freigemacht. Vor allem in den höheren Führungsebenen kamen nun Offiziere und Generäle zum Einsatz, die im Durchschnitt fast zwanzig Jahre jünger waren als ihre deutschen Kontrahenten. Sie hatten ihr Handwerk in der Praxis, am erfolgreichen Vorbild von Wehrmachtsoperationen, gelernt und setzten vor allem auf eine aktive, dynamische Kriegführung und die umfassende Täuschung des Gegners.

Das deutsche Oberkommando verkannte diese dramatische Entwicklung; allen voran Hitler, der sich in der Bewertung der eigenen Möglichkeiten durch den vorangegangenen Erfolg der SS-Divisionen bei der Rückeroberung von Charkow bestärkt sah. Obwohl einige Stimmen für eine abwartende Haltung und eine Gegenoffensive gegen einen früher oder später zwangsläufig erfolgenden Großangriff der Roten Armee plädierten, setzten sich letztlich die Befürworter einer eigenen Sommeroffensive durch. Insbesondere Hitler, der angesichts der politischen und militärischen Entwicklung dringend einen überzeugenden Sieg brauchte, unterstützte ein aggressives Vorgehen. So äußerte er mehrfach, er habe angesichts der sich anbahnenden Entwicklung auf anderen Kriegsschauplätzen keine Zeit, auf Stalin zu warten.

Das Ziel des Unternehmen Zitadelle bestand darin, dass starke sowjetische Offensivkräfte, welche sich im Großraum Kursk aufhielten, in einer schnellen Zangenbewegung gebunden werden sollten. Anschließend sollten die russischen Kräfte in einer Kesselschlacht aufgerieben werden. Dadurch wären der Sowjetunion die Kräfte für eine Großoffensive genommen worden, um anschließend möglicherweise die Initiative an der Ostfront zurückzugewinnen. Daher war das Unternehmen eine Offensive, die jedoch zur eigenen Verteidigung diente und die Sowjetunion auf ihrem Vormarsch hindern sollte. Das deutsche Oberkommando hoffte zudem, durch die beabsichtigte Frontverkürzung mindestens zehn gepanzerte Verbände freisetzen zu können. Diese Truppen sollten auf anderen Kriegsschauplätzen, vor allem gegen die im folgenden Jahr drohende Invasion in Westeuropa, eingesetzt werden. Damit sollte zum ersten Mal eine echte strategische Reserve geschaffen werden.

Ein naheliegendes Ziel einer begrenzten deutschen Sommeroffensive war der „Kursker Bogen“. Dabei handelte es sich um einen Frontvorsprung zugunsten der Roten Armee, der durch die Kämpfe Anfang 1943 entstanden war und tief in die deutschen Linien hineinreichte.

Der deutsche Offensivplan

Abb. 2, Der deutsche Angriffsplan

Der Operationsplan basierte auf einer Idee des Befehlshabers der Heeresgruppe Süd, Generalfeldmarschall Erich von Manstein, die dieser bereits unmittelbar nach der erfolgreichen Operation zur Rückeroberung von Charkow entwickelt hatte, und wurde generalstabsmäßig durch das Oberkommando des Heeres unter Leitung des Generalstabschefs Kurt Zeitzler ausgearbeitet. Der Plan erhielt den Decknamen „Unternehmen Zitadelle“ und wurde in den Befehlen des OKH Nr. 5 vom 13. März 1943 und Nr. 6 vom 15. April 1943 festgeschrieben.

Der „Kursker Bogen“ in der Frontlinie hatte eine ungefähre Seitenlänge von 200 Kilometern und eine Tiefe von bis zu 150 Kilometern. Die Planung sah vor, am Fuß des Bogens beidseitig zu einer Offensive überzugehen, die alle im Frontvorsprung versammelten sowjetischen Truppen von ihrer Hauptfront abschneiden würde. Das operative Ziel bildete die Stadt Kursk, in der sich die beiden Angriffsspitzen am 5./6. Tag der Offensive treffen sollten. Nach erfolgtem Durchbruch sollten in der zweiten Phase die eingekesselten sowjetischen Truppen und ihre Reserven – insgesamt acht bis zehn Armeen – vernichtet werden. Der Plan war konventionell und entsprach dem unter dem Synonym „Blitzkrieg“ bekannten Vorgehen in der Vergangenheit. Mit einem Überraschungsmoment konnte deshalb kaum gerechnet werden. Der Erfolg sollte vor allem durch den konzentrierten Einsatz von gepanzerten Truppen und neuen Waffensystemen in beiden Stoßrichtungen erzwungen werden.

Für die Operation wurde im Norden bei der Heeresgruppe Mitte unter Generalfeldmarschall Günther von Kluge die 9. Armee (General Walter Model) mit 22 Divisionen, davon acht Panzer- und Panzergrenadierdivisionen, bereitgestellt. Die Heeresgruppe Süd unter von Manstein konzentrierte im südlichen Abschnitt die 4. Panzerarmee und eine Armeeabteilung („Kempf“) mit insgesamt 19 Divisionen, davon neun Panzer- und Panzergrenadierdivisionen. Zur 4. Panzerarmee unter Hermann Hoth gehörte das II. SS-Panzerkorps unter Obergruppenführer Paul Hausser mit den drei Panzerdivisionen „Leibstandarte Adolf Hitler“, „Das Reich“ und „Totenkopf“. Die ebenfalls bereitgestellten Luftflotten 4 und 6, die eng mit den Bodenkräften zusammenwirken sollten, wurden durch Fliegerkräfte von anderen Frontabschnitten verstärkt. Insgesamt 2000 Flugzeuge, darunter verbesserte Muster der Typen He 111 (Bomber), Focke-Wulf Fw 190 (Jäger/Jagdbomber) und Hs 129 (Erdkampfflugzeug), sollten den Angriff der Bodentruppen unterstützen.

Trotz dieser gewaltigen Truppenkonzentration litt der Plan im Kern an einem entscheidenden Mangel, der bereits zum Scheitern der großangelegten Offensiven des Jahres 1942 in den Kaukasus und nach Stalingrad geführt hatte: Es fehlten schlicht die notwendigen Kräfte und Mittel zu seiner erfolgreichen Umsetzung. So mangelte es insbesondere an den Truppen, die laut Operationsbefehl Nr. 6 vom 15. April 1943 zur Abdeckung der Flanken der Angriffskeile herangeführt werden sollten. An die laut Planung danach folgende Abwehrschlacht in den Seiten der angreifenden Verbände war nicht zu denken, so dass sich diese Truppen selbst dieser Aufgabe statt dem essentiell wichtigen Vorstoß würden widmen müssen. Damit büßten diese entscheidenden Kräfte an Schlagkraft ein und gerieten in Abnutzungsgefechte, was letztlich zum Scheitern der Operation führte.

Ein Teil der Verantwortlichen im Oberkommando und an der Front war sich dieser Diskrepanz zwischen Plan und Realität bewusst. Einige waren davon überzeugt, dass sich das Zeitfenster für den Erfolg der bereits mehrfach verschobenen Operation angesichts des stärker gewordenen Gegners, der in gut ausgebauten und tief gestaffelten Verteidigungssystemen auf den Angriff wartete, bereits geschlossen hatte, konnten sich jedoch gegen die Befürworter und insbesondere Hitler als Oberbefehlshaber der Wehrmacht nicht durchsetzen. Hitler sah die Panzerwaffe als entscheidenden Faktor auf dem Gefechtsfeld an. Er erwartete daher, dass sich der Erfolg in jedem Fall durch den massiven Einsatz der neuen Panzermodelle einstellen würde.

Vermutete Informationslecks

Die Angriffspläne der Operation waren, einigen Quellen zufolge, den Sowjets durch den Spion „Werther“ aus den Reihen des OKW vorzeitig bekannt. Es wird vermutet, dass die Berichte aus dem OKW über die Schweiz durch Rudolf Rössler nach Moskau gelangten. Wer sich unter dem Decknamen „Werther“ tatsächlich verbarg, blieb bis heute ungeklärt, bisherige Spekulationen lauteten: Eine NS-feindliche Offiziersgruppe im Führerhauptquartier (FHQ), Martin Bormann, den jungen Rittmeister d. R. Dr. Wilhelm Scheidt, Mitarbeiter beim Sonderbeauftragten für die militärische Geschichtsschreibung im FHQ Generalmajor Walter Scherff (Scheidt hatte seine Dissertation zufällig über Goethes „Werther“ geschrieben), Bernd Ruland verdächtigt in seinem Buch Die Augen Moskaus die Mädchen der Fernschreibzentrale der Wehrmacht in Berlin, den britischen Geheimdienst durch die Entzifferung des ENIGMA-Codes. Ebenso wurden Informationen aus dem englischen Bletchley Park über John Cairncross an die Sowjetunion geliefert. Generaloberst Alfred Jodl, der damalige Chef des Wehrmachtführungsstabes, sagte im Nürnberger Prozess aus, dass die Nachrichten eher in Moskau gewesen seien als auf seinem Schreibtisch.

Die Verzögerung

Gegner und Befürworter

Generäle nach Besprechung am 21. Juni 1943, links vorne Generalfeldmarschall Erich von Manstein. (Quelle: Bundesarchiv)

Im ursprünglichen Operationsbefehl zu Zitadelle wurde als frühester Angriffstermin der 3. Mai genannt. Ein Beginn bereits im April kam durch die frühjährliche Schlammperiode, in der alle Operationen an der Ostfront auf den unpassierbar gewordenen Straßen und Wegen unmöglich wurden, von vornherein nicht in Betracht. Während der im Frühjahr 1943 länger als erwartet anhaltenden witterungsbedingten Bewegungsunfähigkeit entwickelte sich Widerstand gegen den ursprüngliche Operationsplan. Insbesondere Generaloberst Heinz Guderian, als Inspekteur der Panzertruppen Beauftragter für die Einführung der neuen Panzermodelle in die Truppe, und von Manstein reklamierten später in ihren Memoiren eine Gegnerschaft für sich.

Der maßgebliche Urheber des Operationsplans, Generaloberst Kurt Zeitzler, Generalstabschef des Heeres, setzte auf Hitlers Unterstützung, um die zunehmende Zahl der Kritiker zum Schweigen zu bringen. Hitler selbst schien schwankend geworden zu sein, nachdem ihm Model Luftaufnahmen vorgelegt hatte, in denen zu sehen war, dass die sowjetische Seite einen Angriff genau in dieser Form erwartete, umfangreiche Verteidigungsstellungen anlegte und starke Kräfte konzentrierte. Der Termin vom 3. Mai wurde durch Weisung Hitlers am 29. April verschoben, da ihm die Panzerausrüstung nicht ausreichend erschien. Ein schneller Durchstoß durch das Stellungssystem als Voraussetzung für eine spätere Kesselbildung erschien fraglich. Zur Klärung der aufgekommenen Fragen berief Hitler am 4. Mai 1943 in München ein Treffen ein.

Die Kritiker des Plans wiesen auf die bereits zu weit fortgeschrittenen Verteidigungsanstrengungen des Gegners hin. Angesichts der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Vorbereitungen habe eine Offensive in dieser Form kaum Aussicht auf Erfolg. Zeitzler, unterstützt durch den Befehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Feldmarschall von Kluge, vertrat dagegen die Meinung, die sowjetische Verteidigung könne den neuen Panzern, die die Spitzen der Angriffskeile bilden sollten, letztlich nicht widerstehen. Guderian und der ebenfalls anwesende Rüstungsminister Albert Speer versuchten im Gegenzug die reale Situation zu verdeutlichen: Zu den Schwierigkeiten in der Produktion und der ungenügenden technischen Zuverlässigkeit der neuen Modelle kam die notwendige Zeit für die Umstellung der Truppe, die nicht nur die neue Technik, sondern auch veränderte Einsatzgrundsätze meistern musste. Guderian war seit seiner Rückkehr in den aktiven Dienst Anfang 1943 mit Umstrukturierung und Teil-Neuaufbau der deutschen Panzertruppe befasst. Diese befand sich durch die Verluste an der Front, vor allem jedoch aufgrund schlechten Managements in der Entwicklung, Kompetenzgerangels zwischen den Waffengattungen und einer ineffektiven Einsatzdoktrin in einem schlechten Zustand. Zu größeren Angriffsoperationen war die Truppe im Frühjahr praktisch nicht in der Lage. Der Umbau hatte Ende April 1943 gerade erst begonnen. Unabhängig von der beschleunigten Umstrukturierung der Kernverbände war die Wehrmacht nach den verlustreichen Kämpfen am Jahresanfang im Mai noch nicht wieder bereit, weitreichende Angriffsoperationen durchzuführen. Dieser Tatsache war bereits der Stopp der Kämpfe nach der erfolgreichen Rückeroberung von Charkow geschuldet, bei der unter anderem die 1. SS-Panzergrenadier-Division in schweren Straßenkämpfen fast die Hälfte ihrer Kampfstärke verloren hatte. Guderian vertrat den Standpunkt, es sei sinnvoller, die neuen Panzer in den bevorstehenden Auseinandersetzungen an der Westfront einzusetzen oder wenigstens die begrenzten Kräfte nur an einer Stelle zu einem Durchbruch auf Kursk zu konzentrieren, statt sie in einem Frontalangriff auf die sowjetische Verteidigung, die genau diese Vorgehensweise erwartete, zu verschwenden.

Zeitzler und von Kluge traten dieser Ansicht entgegen und spekulierten dabei in ihrer Argumentation auf Hitlers Technikbegeisterung. Insbesondere von Kluge spielte die Produktionsschwierigkeiten herunter und stellte demgegenüber die Vorteile der neuen Panzer heraus, die sich auf dem Schlachtfeld ergeben würden. Guderian, seit langem eine persönliche Abneigung gegen von Kluge hegend, opponierte lebhaft dagegen. Die Spannungen zwischen den beiden Kontrahenten eskalierten sogar in einer durch von Kluge gegenüber Guderian ausgesprochenen Duellforderung, in der er Hitler anbot, ihm dabei als Sekundant zu dienen. Den Anwesenden gelang es nur mit Mühe, die beiden Kontrahenten zu beruhigen.

Hitler hielt sich, wie häufig, zunächst aus den Streitigkeiten heraus, und ergriff keine Partei. Obwohl er die Einwände nachvollziehen konnte und die Produktionsschwierigkeiten als gegeben hinnahm, war er angesichts der erwarteten Vorteile einer erfolgreichen Operation nicht bereit, Zitadelle abzusagen oder einen definitiven Beginn festzulegen, bevor eine ausreichende Menge der neuen Panzer zur Verfügung stand. Der Plan blieb damit in Kraft. Operative Vorbereitungen, Truppenkonzentrationen und die Zuführung neuer Waffen liefen in den nächsten Wochen weiter. Als neuer Termin wurde der 12. Juni genannt.

Einfluss der strategischen Lage und die Partisanenbekämpfung im Gebiet Orel

Nach dem Fall von Tunesien an alliierte Truppen und dem kompletten Verlust des Afrikakorps – einer militärischen Katastrophe, die rein zahlenmäßig in ihrem Ausmaß mit der von Stalingrad vergleichbar war – verschob Hitler am 13. Mai angesichts der nun realen Bedrohung des besetzten Griechenlands oder gar Italiens durch eine alliierte Landungsoperation den Start von Zitadelle auf Ende Juni. Hitler wollte sich zunächst Sicherheit verschaffen, ob das faschistische Italien nach dem Verlust seiner nordafrikanischen Kolonien und im Angesicht einer echten Bedrohung den Krieg fortsetzen würde, bevor er einen massiven Truppeneinsatz an der Ostfront genehmigte.

Die Entwicklung in Nordafrika war jedoch nicht der einzige Faktor: Entscheidend waren vor allem die massiven logistischen Schwierigkeiten im Raum der Heeresgruppe Mitte, die durch umfangreiche Partisanenaktivitäten in der Umgebung von Orel verursacht wurden, sowie weitere Forderungen nach Verstärkungen. Insbesondere der Kommandeur der 9. Armee und Befehlshaber des nördlichen Angriffsflügels Walter Model tat sich diesbezüglich hervor. Obwohl sich Model gegenüber Hitler immer wieder für Zitadelle ausgesprochen hat, wurde dieses Verhalten im Nachhinein häufig als Indiz für eine versteckte Gegnerschaft gedeutet.

Die in den dichten Wäldern östlich des Flusses Desna und im rückwärtigen Raum hinter der 9. Armee und 2. Panzer-Armee operierenden Partisanenverbände wurden zentral vom sowjetischen Oberkommando geführt und massiv aus der Luft mit Waffen, Ausrüstung und Personal unterstützt. Sie umfassten nach heutigen Schätzungen im Frühjahr mehr als 100.000 Mann. Ihre Angriffe und Sabotagen hatten solche Ausmaße angenommen, dass die ohnehin schon unzureichenden Eisenbahnkapazitäten weiter eingeschränkt wurden. Die Eisenbahnlinien Brjansk-Konotop und Brjansk-Shirekina, sowie alle Straßen südlich von Brjansk mussten zeitweise komplett für den Verkehr gesperrt werden. Dies betraf sogar die Hauptverkehrsstraße von Brjansk nach Orel, welche zudem nur in geschlossenen Konvois benutzt werden konnte. Darin bestand ein echtes Risiko für die Durchführung von Zitadelle, für die nicht nur Verbindungsstraßen auf der Nord-Süd-Achse ausgebaut wurden, sondern sogar das Brückensystem erweitert werden musste, um die neuen schweren Ferdinand-Panzerjäger an die Front zu transportieren. Gegen die Partisanen starteten die Deutschen im Mai groß angelegte mehrwöchige Operationen. Auch mehrere für Zitadelle vorgesehene Fronteinheiten – darunter mit der 4. Panzerdivision ein besonders schlagkräftiger Verband – waren beteiligt. Diese Einheiten benötigten später, nach Abschluss der unter dem Decknamen „Unternehmen Zigeunerbaron“ geführten weitgehend erfolglosen Operation Zeit für Rückführung und Auffrischung. Die 9. Armee gab schließlich als frühestmöglichen Zeitpunkt für den Beginn der Offensive den 19. Juli an.

Die Heeresgruppe Süd befand sich ebenfalls in Auffrischung und Umstrukturierung, so dass bei ihr eine Bereitschaft zum Angriff noch im Juni fraglich erscheinen musste.

Neuere Erkenntnisse (vgl. vor allem Roman Töppel) legen den Schluss nahe, dass vornehmlich die strategische Lage, die realen Schwierigkeiten der Fronttruppe und insbesondere die logistischen Probleme bei der Vorbereitung und nicht das später vielfach kritisierte Warten Hitlers auf neue Panzermodelle die Verzögerung von Zitadelle verursachten. Allerdings erfolgte die letzte Verschiebung erst Ende Juni, um die Panzergrenadierdivision Großdeutschland mit einem größeren Kontingent Panther auszurüsten.

Die eingesetzten Panzer

Panzer III/IV – die Standardpanzer

Panzer III im Einsatz, Aufnahme der Propagandakompanie vom 21. Juni 1943

Zu Beginn der Offensive bei Kursk waren die deutschen Panzerdivisionen standardmäßig immer noch mit dem Panzerkampfwagen IV ausgerüstet. Allerdings handelte es sich bei einigen Fahrzeugen bereits um das verbesserte Modell F2 mit einer auf 60 mm verstärkten Frontpanzerung und der 75-mm-Panzerkanone L/43, die sehr wirkungsvoll war und das sowjetische Standardmodell T-34/76 und sogar den schweren KW-1 vernichten konnte. Größtenteils kam jedoch noch der Panzerkampfwagen IV, Ausführung F1 zum Einsatz, welcher noch mit der 75-mm-Stummel-KwK bewaffnet war, welche gegen die neuen sowjetischen Panzer nahezu wirkungslos war.

Noch in großer Stückzahl kam auch der ältere Panzerkampfwagen III mit seiner 50-mm-Kanone L/60 zum Einsatz. Trotz ständiger Verbesserungen seit Kriegsbeginn war dieser Panzer dem sowjetischen T-34 unterlegen.

Hitler und Teile des Oberkommandos setzten große Hoffnungen auf die neuen Panzermodelle Panther (P-V) und Tiger (P-VI).

Panzer V Panther

Verladung von Panzer V „Panther“ zum Transport an die Ostfront

Der als Antwort auf den T-34 entwickelte mittlere/schwere Panzer V (Panther) war theoretisch eine gute Synthese aus Bewaffnung, Panzerung und Beweglichkeit. Die um 55 Grad geneigte 80 mm starke Frontpanzerung bot einen guten Schutz. Die übereilt den Angriffsverbänden zugeführten Panther des Typs „D“ waren manövrierfähig und mit leistungsfähigen Funkgeräten ausgerüstet, fingen jedoch leichter Feuer als der sowjetische T-34[2] und waren zudem sehr störungsanfällig: Von den insgesamt 200 Panthern, die ausschließlich bei der Division Großdeutschland, dem gepanzerten Eliteverband der Wehrmacht, zum Einsatz kamen, fiel der überwiegende Teil durch technische Mängel aus, so dass zu keiner Zeit mehr als 40 Panther auf dem Gefechtsfeld tatsächlich operativ waren.

Panzer VI Tiger

Neue Granaten für Panzer VI „Tiger“

Der als schwerer (etwa 55 Tonnen) Durchbruchspanzer konzipierte Pz-VI (Tiger) verfügte über eine 88-mm-Panzerkanone (KwK 36), die im Sommer 1943 alle gegnerischen Panzer aus nahezu jedem Winkel bereits auf große Entfernungen vernichten konnte (Durchschlagsleistung: 90 mm auf 2300 m). Hinzu kam eine starke Frontpanzerung, die zu diesem Zeitpunkt ungeachtet der überholten, rechtwinkligen Bauweise kaum zu durchschlagen war. Zu diesen realen Fähigkeiten trat ein enormer psychologischer Effekt auf gegnerische Truppen, der in nahezu allen nachfolgenden Berichten zur Operation Zitadelle zu einer starken Fokussierung auf diesen Panzertyp führte. Insbesondere in der sowjetischen Memoirenliteratur ist in diesem Zusammenhang stets von „Tiger“-Panzern die Rede – offensichtlich wurde auch der verbesserte Pz-IV aufgrund seiner ähnlichen Silhouette als „Tiger“ angesehen. Für diese Annahme spricht, dass der Pz-IV (Ausf. „H“ / Ausf. „J“) vor allem auf dem großflächigen seitlichen Kettenschutz eine Fleckentarnung trug, die eher an ein Raubtier erinnerte als der Zimmeritüberzug der echten „Tiger“. Liest man sowjetische Schlachtberichte, wimmelte es auf dem Gefechtsfeld vor Kursk nur so von „Tigern“ und „Panthern“. Tatsächlich verfügten im Süden die Panzerdivision „Großdeutschland“ sowie die drei Divisionen des II. SS-Panzerkorps lediglich über je eine Tiger-Kompanie mit jeweils 13 bis 15 Panzern. Hinzu kam die schwere Heeres-Panzerabteilung 503 mit 45 „Tigern“. Auf der Nordseite standen nur zwei Tiger-Kompanien in der schweren Heeres-Abteilung 505 zur Verfügung. Insgesamt kamen im Rahmen von „Zitadelle“ nur 146 Tiger zum Einsatz (dies entsprach 5 % der Panzerkräfte). Die wenigen Panzer wurden kontinuierlich in den Angriffsschwerpunkten zur Erzwingung des Durchbruchs und zur Abwehr der Gegenangriffe – fast immer an der Spitze der Panzerkeile – eingesetzt und erwiesen sich als sehr wirkungsvoll. War er jedoch einmal isoliert, konnte selbst der einzelne Tigerpanzer kaum etwas gegen die Übermacht von sowjetischer Infanterie und T-34 ausrichten.

Weitere deutsche Panzer

Neben Panther und Tiger wurden 90 schwere Jagdpanzer Elefant („Ferdinand“) und einige Sturmpanzer Brummbär in geringer Stückzahl in den selbständigen Abteilungen der 9. Armee eingesetzt. Der Elefant litt jedoch an seiner mangelnden Beweglichkeit und verzeichnete viele Ausfälle durch seinen komplizierten Antrieb und das Fehlen eines Maschinengewehrs zur Verteidigung gegen die gegnerische Infanterie. Dennoch konnte er mit seiner durchschlagskräftigen 88-mm-Kanone, die der des späteren Tiger II entsprach, während des kurzen Einsatzes im Rahmen der Operation Zitadelle zahlreiche gegnerische Panzer und Fahrzeuge vernichten. Weiterhin befanden sich vereinzelt auch noch Panzer II in den Beständen der Panzerverbände.

Die sowjetischen Panzermodelle

T-34 Bergepanzer (ohne Turm, rechts) schleppt beschädigten T-34 während der Schlacht ab

Der bei weitem überwiegende Teil der sowjetischen Panzertruppen war im Sommer 1943 mit dem T-34 ausgerüstet, der in riesigen Stückzahlen im Hinterland gebaut wurde. Der T-34/76 war eine gelungene Kombination aus Masse, Beweglichkeit und Bewaffnung. Er hatte sich zu Kriegsbeginn gegenüber den deutschen Kampfpanzern als überlegen gezeigt, hatte diese Überlegenheit jedoch im Sommer 1943 gegen die verbesserten P-IV mit ihrer 75-mm-Kanone und die neuen Panther und Tiger verloren. Entscheidende Nachteile stellten zu diesem Zeitpunkt auch die Doppelbelastung des Kommandanten dar, der zugleich als Richtschütze fungierte, sowie die fehlenden Funkgeräte, die zur Standardausstattung der deutschen Panzer gehörten. Dadurch verringerte sich die Einsatzeffektivität.

Der ebenfalls noch in größeren Stückzahlen vorhandene T-70 war hinsichtlich Panzerung, Kanone und Beweglichkeit veraltet und konnte nicht gegen die aktuellen deutschen Modelle bestehen.

Der schwere sowjetische Panzer KW-1 besaß zwar eine starke Panzerung, war aber mittlerweile durch die Entwicklungen der Panzertechnik überholt. Er war insbesondere zu langsam und konnte deshalb leicht ausmanövriert und an seinen schwächeren Seiten abgeschossen werden. Die als Konsequenz alliierter Waffenlieferungen bei den sowjetischen Truppen zum Einsatz kommenden englischen Churchills oder die amerikanischen Shermans und Lees zeigten sich im direkten Gefecht den deutschen Modellen ebenfalls unterlegen.

Von den KW-2 waren nur noch wenige Exemplare vorhanden, diese wurden an strategisch wichtigen Punkten abgestellt. Dagegen gewannen die schwere Jagd-/Sturmpanzer an Bedeutung: Das SU-122 (122-mm-Kanone) mit 40 t und das SU-152 wurden erstmals in kleineren Stückzahlen eingesetzt. Dieser 50 t schwere Sweroboi („Bestiendrescher“) konnte mit seiner 152-mm-Kanone auch den stärksten deutschen Kampfpanzer außer Gefecht setzen.[3]

Ein SS-General bekannte: „Der städtische Russe, der sich sehr für Technik interessiert, eignet sich für die moderne Panzerwaffe genauso gut, wie der russische Bauer für die Infanterie. […] Erstaunlich ist es immer gewesen, mit welchen primitiven technischen Mitteln die russische Panzerbesatzung ihre Kampfwagen einsatzfähig und beweglich erhält; die Art und Weise ist zu bewundern, mit der sie Hindernisse aller Art bewältigen“[4]

Gefechtstaktik

Entscheidend waren jedoch keinesfalls nur die reinen technischen Vor- und Nachteile der Konstruktionen beider Seiten. Viel wichtiger waren die Erfahrung und ein gutes Zusammenspiel der Panzerbesatzungen sowie ihre operative Führung.

Die sowjetischen Truppen profitierten anders als in der Vergangenheit von der in zwei Kriegsjahren gewachsenen Erfahrung und nach den Erfolgen der letzten Monate auch in dem Bewusstsein, den zuvor unbesiegbar scheinenden Gegner schlagen zu können. In späteren Kriegsberichten der deutschen Seite wird immer wieder die hohe Tapferkeit und unglaubliche Opferbereitschaft – auch im Angesicht einer drohenden Niederlage – hervorgehoben. Damit war die psychologische Komponente, die in der Vergangenheit zu den Erfolgen mittels der „Blitzkrieg“-Durchbruchtaktik und dem regelmäßig nachfolgenden Zusammenbruch des Widerstandes überrollter und eingekesselter Einheiten verantwortlich war, zum Zeitpunkt des Beginns von Zitadelle nahezu entwertet. Hinzu kam das Improvisationsvermögen und das Geschick der sowjetischen Soldaten.

Planungen und Ziele der sowjetischen Seite

Der sowjetischen Führung war der Frontbogen um Kursk natürlich ebenso wenig entgangen wie der deutschen. Durch intensive Nutzung von Luftaufklärung und den Einsatz von Agenten im deutschen Aufmarschgebiet wurden die Absichten des Gegners bald offensichtlich.

Bereits im März 1943 wurde durch die STAWKA, dem sowjetischen Oberkommando unter direkter Führung Stalins, die grundlegende Absicht festgeschrieben. Danach hatte die Verteidigung des Kursker Frontvorsprungs das Ziel, die immer noch als enorm stark eingeschätzten Angriffskräfte des Gegners deutlich zu schwächen, um dann mit den Hauptkräften der verteidigenden Zentral- und der Woronescher Front, die durch frische Reserven verstärkt werden sollten, die deutsche Hauptgruppierung zu vernichten. Der Schlüssel zu diesem Ziel sollte ein tief gestaffeltes Verteidigungssystem und die Konzentration starker mobiler Reserven im Hinterland sein.

Zur Abwehr der deutschen Offensive begann man zunächst unter massiver Hinzuziehung der Zivilbevölkerung und von Pionieren, die besonders bedrohten Stellen durch ein tief gestaffeltes Stellungssystem mit insgesamt 5000 Kilometern Laufgräben, unzähligen Bunkern und Feuerstellungen zu sichern und eine halbe Million Landminen zu legen. Pro Frontkilometer wurden bis zu 2500 Minen gelegt. Durch die schnell wachsende Vegetation, vor allem ausgedehnte Sonnenblumen- und Kornfelder, waren die Minen im Sommer beim Angriffsbeginn kaum sichtbar.[5]

Die Zentral- und die Woronescher Front wurden in kürzester Zeit personell auf volle Stärke gebracht und bevorzugt mit Waffensystemen ausgerüstet, insbesondere mit Panzerabwehrmitteln und Pioniermaterial. Gleichzeitig wurden hinter dem bis zu 30 Kilometer tiefen statischen Verteidigungssystem große mobile Reserven, vor allem aus neu aufgestellten oder erweiterten Panzerverbänden, geschaffen, die mögliche Durchbrüche deutscher Truppen schon im Ansatz abfangen sollten. Die beiden sowjetischen Fronten „Woronesch“ und „Zentral“ verfügten nach neusten Untersuchungen zu Beginn der Schlacht über rund 1,336 Millionen Soldaten, 3444  Panzer und etwa 19.000 Geschütze.

Außerdem wurden umfangreiche Reserven im Rücken des Kursker Brückenkopfes konzentriert. Durch die Bildung der neuen Steppenfront unter Marschall I. S. Konew stand eine strategische Reserve zur Verfügung, die nach der erwarteten Kräfteabnutzung des Gegners in der Verteidigung zum Gegenangriff übergehen sollte. Zu diesen Kräften gehörte mit der 5. Garde-Panzerarmee eine der fünf im Frühjahr 1943 neu geschaffenen Panzerarmeen. Befehlshaber war Generalleutnant Pawel Rotmistrow, der maßgeblich an der Konzeption und Umstrukturierung der sowjetischen Panzertruppen in strategische Einsatz- und Offensivverbände beteiligt war.

Einen entscheidenden Vorteil stellte die Kenntnis des Angriffsplans dar, wobei weiterhin unklar ist, ob dieser durch klassische Aufklärung im gegnerischen Hinterland, durch einen sowjetischen Spionagering in der Schweiz oder vom englischen Geheimdienst, der den Codeschlüssel einer Heeresversion der deutschen Funkchiffriermaschine Enigma entschlüsselt hatte, geliefert wurde. Vermutlich waren es mehrere Quellen, wobei die mangelhafte deutsche Geheimhaltung, die gerade eine Konzentration des Gegners im „Kursker Bogen“ anstrebte, um möglichst viele Truppen in der geplanten Kesselschlacht zu vernichten, ihren Teil dazu beitrug.

Im Gegensatz zum deutschen Offensivplan, der eine Konzentration der Kräfte in den Angriffsabschnitten vorsah, die wichtige Verteidigung in den Abschnitten neben den Angriffskeilen in der Praxis nicht sicherstellen konnte und über keine echten operativen Reserven verfügte, setzte die sowjetische Seite bei ihrer Planung auf die quantitative Überlegenheit mit starken Reserven. Im Bewusstsein, dass sie hier dem Gegner unterlegen war, wurden gleichzeitig starke Anstrengungen unternommen, um die Qualität der Truppen, insbesondere der Führung der unteren Ebenen, zu verbessern. Der mehrfach verschobene Beginn der Operation „Zitadelle“ sorgte auf diesem Gebiet für deutliche Verbesserungen. Neben der reinen Quantität stand auch die Qualität von Waffen und Ausrüstung im Blickpunkt. So wurden die Truppe beispielsweise verstärkt mit Funkgeräten ausgerüstet, die zur Standardausrüstung jedes deutschen Panzers gehörten. Dennoch bestand auch zu Beginn der Schlacht weiterhin ein deutlicher Qualitätsunterschied zu den deutschen Offensivkräften, insbesondere zu den im Süden aufmarschierten Elitedivisionen von Wehrmacht und Waffen-SS. Die Unterlegenheit des T-34/76 gegenüber fast allen deutschen Modellen, besonders den kampfwertgesteigerten P-IV sowie den neuen Panther und Tiger, führte im Verlauf der Kampfhandlungen zu teilweise verzweifelten und extremen Einsatzgrundsätzen. So wurden die Panzer notgedrungen als stationäre Feuerpunkte eingegraben und damit ihrer stärksten Fähigkeit, der Beweglichkeit, beraubt oder sollten versuchen, mit maximaler Geschwindigkeit die Distanz zum Gegner mit seinen weitreichenden und durchschlagskräftigen Waffen zu überbrücken und in dessen verwundbare Flanke zu gelangen. Letztere Taktik hatte im Gegensatz zu ersterer nur bedingt Aussicht auf Erfolg, da durch den massierten Einsatz und die fehlende Kommunikation zwischen den Panzern Führung und Koordination verloren gingen. Gleichwohl handelte es sich um einen aus dem Bewusstsein der Unterlegenheit geborenen Versuch, die erkannte Schwäche durch Opferbereitschaft in Verbindung mit zahlenmäßiger Überlegenheit wettzumachen.

Mit der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten wurden in der Zeit der Vorbereitung auf den Angriff große Anstrengungen zur ideologischen Schulung und Steigerung von Motivation und Kampfmoral der verteidigenden Truppen unternommen. Es wurde insbesondere versucht, jedem Offizier und Soldaten die Bedeutung der kommenden Schlacht und seines ganz persönlichen Einsatzes für den Ausgang des Krieges zu vermitteln und die patriotischen Gefühle zu stärken. Insbesondere sowjetische Publikationen betonen immer wieder die Bedeutung dieses Faktors für den späteren Erfolg. Unbestritten ist: Als der deutsche Angriff begann, traf er auf einen hochmotivierten Gegner.

Den entscheidenden Unterschied zu den deutschen Zielen macht die strategische Anlage der STAWKA-Planungen deutlich: Die militärischen Planungen der sowjetischen Seite waren wesentlich weitreichender. Im Gegensatz zum Operationsplan „Zitadelle“ sollte das Auffangen des deutschen Angriffs im „Kursker Bogen“ nur den Auftakt zur weiträumigen strategischen Sommeroperationen der sowjetischen Armee bilden, die die anschließende Befreiung großer Gebiete im Norden und Süden des Frontvorsprungs und den Vormarsch bis über den Dnepr beabsichtigte.

Zusammenfassend kann dennoch festgehalten werden, dass auch der sowjetische Plan, der die umfassende Vernichtung deutscher Kräfte beabsichtigte, die eigenen Möglichkeiten, vor allem im qualitativen Bereich, überschätzte. Der deutsche Angriffsplan hatte deshalb durchaus Aussicht auf lokalen Erfolg, konnte aber auch bei wohlwollender Betrachtung den endgültigen Übergang der strategischen Initiative auf die sowjetische Armee an der gesamten Ostfront nicht rückgängig machen.

Der Verlauf

Deutsche und sowjetische Truppen im Kursker Bogen

Am Morgen des 5. Juli 1943 um 1:20 Uhr begann die Rote Armee mit einem umfassenden Artilleriebeschuss der vermuteten Bereitstellungsräume der deutschen Truppen. Ein Pionier der 6. Infanterie-Division war beim Räumen einer Minengasse gefangen genommen worden und hatte bei der Vernehmung als Anriffszeitpunkt 2:00 Uhr angegeben. Tatsächlich war der Angriffsbeginn 3:30 Uhr, deshalb befanden sich die Truppen noch nicht in ihren Bereitstellungsräumen. So blieb der Artillerieschlag von 30 Minuten praktisch wirkungslos. Die Kriegstagebücher der deutschen Verbände vermerkten nur zeitweiliges Störfeuer auf noch nicht bezogene Bereitstellungsräume. In der sowjetischen und teilweise auch der westlichen Literatur wurde dieser Artillerieschlag hingegen als großer Erfolg dargestellt.

Die sowjetische Luftflotte griff nur wenige Minuten vor dem geplanten Start der deutschen Flugzeuge deren Flugplätze mit allen greifbaren Bombern und Jagdflugzeugen an. Da die sowjetischen Flugzeuge aber rechtzeitig von einem weitreichenden Radargerät vom Typ Freya geortet wurden, konnte die deutsche Luftwaffe rechtzeitig reagieren. So konnten die deutschen Jäger, anders als im Einsatzplan geplant, vor den Bombern starten. Es kam zu einer gewaltigen Luftschlacht. Rund 120 sowjetische Flugzeuge wurden bei dieser Luftschlacht abgeschossen.

Zu nennenswerten Ausfällen auf deutscher Seite kam es bei den beiden sowjetischen Präventivschlägen am Morgen des 5. Juli jedoch nicht.

Am 5. Juli konnten die deutschen Truppen im Kampfgebiet 425 feindliche Flugzeuge abschiessen. Die Luftwaffe verlor hingegen nur 36 Maschinen. Beim Unternehmen Zitadelle konnte die deutsche Luftwaffe das letzte Mal im II. Weltkrieg die Luftherrschaft erringen.

Die Nordseite

Der Angriff der 9. Armee unter Generaloberst Model auf die bis zu 30 Kilometer tief gestaffelte Verteidigung der Zentralfront unter Marschall Rokossowski begann um 3:30 Uhr. Das XLVI., XLVII. und XLI. Panzerkorps traten zum Durchbruch an. Pioniere, Infanterie und Artillerie versuchten eine Bresche in die Verteidigung zu schlagen, in die dann die Panzer vorstoßen sollten. Der Angriff traf von Beginn an auf einen unerwartet zähen und verbissenen Widerstand.

Der Beginn des Unternehmens Zitadelle

Am Abend des 5. Juli waren die deutschen Angriffspitzen auf einer Breite von 15 Kilometern bis zu acht Kilometer tief in den ersten Verteidigungsstreifen eingebrochen. Beide Seiten verzeichneten hohe Verluste. Rokossowski entschloss sich umgehend zu einem massiven Gegenangriff, der am Morgen des 6. Juli im Zusammenwirken von Artillerie, Fliegerkräften und Bodentruppen gegen das deutsche XLVI. Panzerkorps begann und erste Erfolge zeigte. Model setzte nun seinerseits die 2. und 9. Panzerdivision sowie die 505. schwere Tiger-Abteilung ein, wodurch es im Gebiet zwischen Ponyri und Soborovka zu einer Konzentration von mehr als 1000 Panzern auf deutscher Seite kam. Dennoch kam der deutsche Angriff nur im Schritttempo voran, da Rokossowski, dessen Kräfte nun ins Hintertreffen zu geraten drohten, ebenfalls weitere Reserven in das Gefecht warf.

Als der Kampf am Abend des 6. Juli zu einem vorläufigen Ende kam, bereiteten beide Seiten ihr Vorgehen für den nächsten Tag vor. Rokossowski befahl seinen Kräften, zur Verteidigung überzugehen und insbesondere die Panzer, die in den vorangegangenen Begegnungsgefechten starke Verluste gegen die schweren deutschen Panzer erlitten hatten, als feste Feuerpunkte einzugraben. Zwischenzeitlich führte er weitere Reserven heran und verstärkte seine Linien, vor allem im Zentrum. Models Stab war vom langsamen Vorankommen und dem Widerstand der sowjetischen Truppen überrascht. Man entschied sich daher bereits jetzt, die Kampfverbände des ersten Schlags mit Kräften zu verstärken, die eigentlich für die Phase nach dem geplanten Durchbruch in Richtung Kursk vorgesehen waren. Neben der 18. Panzerdivision und der 4. Panzerdivision, die bereits in direkter Frontnähe konzentriert waren, ergingen Marschbefehle an die 12. Panzerdivision, die 10. Panzergrenadierdivision und die 36. motorisierte Division, die sich im Gebiet südlich von Orel bereithielten. Trotz der Erfahrungen der ersten beiden Angriffstage hoffte das Oberkommando der 9. Armee, den von der sowjetischen 13. Armee gehaltenen zweiten Verteidigungsstreifen am 7. Juli durchstoßen zu können. Ihm entging dabei die weiter fortschreitende Kräftekonzentration der Roten Armee an diesem Frontabschnitt, die einen Durchbruch um jeden Preis verhindern wollte.

Sowjetische Infantrie mit Maxim Maschinengewehr

Am Morgen des 7. Juli begann der massierte Angriff des XLI. und XLVII. Panzerkorps. Mehr als 400 Panzer und vier Infanteriedivisionen stießen entlang der Bahnlinie zwischen Ponyri und Olchowatka vor. Ziel der Attacke war der Bahnhof von Ponyri, ein für beide Seiten entscheidender Verkehrsknotenpunkt der Region. Der Angriff traf auf zähen Widerstand und kam erneut nur schrittweise voran. Die sich langsam durch die gestaffelten Minenfelder vortastenden deutschen Truppen blieben häufig in den sich mehrfach überlappenden Schussfeldern sowjetischer Panzerabwehrtrupps und im schweren Artilleriefeuer vor der zweiten Verteidigungslinie der Zentralfront liegen. Am Nachmittag näherten sich die Angreifer von drei Seiten Ponyri, konnten den Widerstand der Verteidiger am Ortsrand jedoch noch nicht brechen. Beide Seiten führten nun weitere Verstärkungen heran. Nach heftigen Kämpfen und hohen Verlusten kontrollierten die deutschen Truppen die Hälfte von Ponyri. Innerhalb des Ortes – der in der Nachbetrachtung von Zeitzeugen auch als das „Stalingrad“ bei Kursk bezeichnet wurde – entwickelten sich harte und verbissene Kämpfe um jedes Haus, jede Mauer und jeden Graben. Trotz hoher Verluste dachte keine Seite an einen Rückzug.

Models Hauptaugenmerk galt Olchowatka. Die höhergelegene Gegend bot ein günstiges Gelände für die überlegenen deutschen Panzer. Die Eroberung sollte den endgültigen Durchbruch in Richtung Kursk und die geplante Vereinigung mit den an der südlichen Flanke angreifenden Kräften von Mansteins ermöglichen. Das XLVII. Panzerkorps mit der 2. und 20. Panzerdivision in der Spitze stieß in dieser Richtung vor. Rokossowski hatte dieses Vorgehen erkannt und seine Kräfte an diesem Abschnitt unter anderem mit zwei weiteren Panzerkorps der 2. Panzer-Armee verstärkt, die nun Gegenangriffe ausführten. Nach heftigen Kämpfen, zahllosen Angriffen und Gegenangriffen blieb der deutsche Angriff stecken. Auch der Einsatz der 505. schweren Tiger-Abteilung brachte nicht den erhofften Erfolg.

Am Abend des 7. Juli hatten die deutschen Angreifer zwar unter hohen Verlusten Raum gewonnen, waren aber erneut nicht in der Lage gewesen, einen Durchbruch zu erzielen. Mehr noch, die vorgestoßenen Divisionen sahen sich ständigen Gegenangriffen ausgesetzt, wobei insbesondere die hinter den Verteidigern massiert konzentrierte sowjetische Artillerie stetige Verluste verursachte. Es fehlte vor allem, anders als noch an den ersten beiden Tagen der Offensive, an Luftüberlegenheit, die im Verlauf des 7. Juli an die Rote Armee verloren ging. Die 9. Armee verzeichnete 10.000 Ausfälle während der ersten drei Tage. Lediglich 5000 Mann Ersatz erreichten die kämpfenden Truppen. Ähnlich schlecht sah die Ersatzsituation bei den vernichteten und ausgefallenen Panzern aus.

Deutsche Truppen passieren einen abgeschossenen KV-1 Panzer

Dessen ungeachtet plante die Führung der 9. Armee einen erneuten Angriff für den 8. Juli und führte weitere Reserven heran. Drei Infanteriedivisionen und 400 Panzer wurden westlich von Ponyri konzentriert. Auch die sowjetische Seite gruppierte ihre Kräfte um und verstärkte ihre Stellungen mit weiteren Reserven.

Der Morgen des 8. Juli begann mit einer massiven Artillerievorbereitung und dem gezielten Einsatz von Sturzkampfbombern gegen sowjetische Artilleriestellungen. Diese Bemühungen hatten jedoch nur wenig Erfolg gegen die gut eingegrabenen sowjetischen Verteidiger. Die unmittelbar danach vorrückenden deutschen Panzer stießen erneut auf heftigsten Widerstand. Trotz der zurückgewonnen Luftherrschaft erzielten die Angreifer keine nennenswerten Erfolge. Oftmals tobten stundenlange, verlustreiche Kämpfe um einzelne Geländepunkte, die mehrfach den Besitzer wechselten. Ein kleiner Erfolg für die Deutschen bahnte sich bei Teploe an. Nach heftigen Kämpfen und Angriffen mit Wellen von 60 bis 80 Panzern eroberten die Panzerdivisionen die Stadt. Die sowjetische Zentralfront schloss die drohende Lücke in der Front jedoch umgehend wieder. Auch in Ponyri tobten wieder heftige Infanteriekämpfe. Nachdem die sowjetischen Truppen den Ort zeitweise zurückerobern konnten, teilten sich am Abend des 8. Juli beide Seiten erneut die Kontrolle.

Model erkannte nach den gescheiterten Durchbruchsversuchen die festgefahrene Situation. Seinen Truppen war es nicht möglich, die gesteckten Ziele ohne weitere Reserven zu erreichen. Die Kräfte der 9. Armee waren bereits über die Maßen beansprucht. Ersatz war nicht verfügbar. Dennoch plante er nach Rücksprache mit dem Oberkommando der Heeresgruppe Mitte, das einen Misserfolg nicht akzeptieren wollte, für den nächsten Tag eine Wiederaufnahme des Angriffs.

Sowjetische Batterie mit 7,62 cm Panzer-Abwehrgeschützen

Auch der 9. Juli brachte keine greifbaren Fortschritte für die Deutschen. Nach heftigen Gegenangriffen der Roten Armee an allen Abschnitten der nördlichen Stoßgruppe sahen sich die Angreifer vielfach in der Rolle des Verteidigers. Der ursprünglich geplante und für den Erfolg der Operation „Zitadelle“ erforderliche schnelle Durchbruch durch die Verteidigung der Zentralfront war nicht in Sicht. Es drohte ein Stellungskrieg und somit eine für beide Seiten verlustreiche Abnutzungsschlacht, in der die deutschen Kräfte gegenüber den zahlenmäßig stärkeren Truppen der Roten Armee zwangsläufig unterliegen mussten. Model befahl deshalb am Nachmittag des 9. Juli den Stopp aller Angriffe. Hitler und die oberste Heeresleitung waren anderer Ansicht und forderten eine Fortsetzung der Kämpfe.

Auch der 10. Juli brachte keine Veränderung der Situation. Die deutschen Truppen blieben in der gut gestaffelten Verteidigung liegen. Sie mussten sich permanenter Gegenangriffe der sowjetischen Seite erwehren, die nun ihrerseits offensiver agierte. Das Verlangen Models nach weiteren Truppen wurde angesichts der Ereignisse auf anderen Kriegsschauplätzen, insbesondere der in der Nacht zum 10. Juli erfolgten Landung der Alliierten auf Sizilien, von Hitler abgelehnt.

Model war im Begriff seine Kräfte für eine Fortsetzung des Angriffes umzugruppieren, als die Rote Armee am 11. Juli nun ihrerseits zum Angriff auf die zum Stehen gekommenen Divisionen der 9. Armee überging. Anders als erhofft, verzeichnete jedoch auch sie trotz verlustreicher Auseinandersetzungen keine Erfolge. Angesichts der hohen Verluste und der ebenfalls angespannten Kräftesituation der Zentralfront begnügte sich Rokossowski nach Rücksprache mit der STAWKA vorerst mit dem erfolgreich vereitelten Angriff und ordnete seinerseits den Stopp größerer Gegenangriffe an.

Das Oberkommando der Roten Armee löste nun die langfristig vorbereitete Offensive im nördlich gelegenen Frontvorsprung um Orel aus. Damit entstand neben dem Durchstoß durch die schwachen deutschen Kräfte in diesem Gebiet auch für die vorgestoßenen Kräfte der 9. Armee die Gefahr einer großräumigen Einkesselung. Die Operationen auf der Nordseite des Kursker Bogens waren damit auch für die letzten Optimisten im OKW, die noch an einen Erfolg glaubten, offensichtlich gescheitert.

Die Südseite

Im südlichen Abschnitt des Frontvorsprungs konzentrierte Generalfeldmarschall Manstein, Befehlshaber der Heeresgruppe Süd, eine starke Angriffsstreitmacht in der Belgorod-Region. Hierzu gehörte der stärkste Verband in der Kursk-Region, die 4. Panzerarmee unter Generaloberst Hoth. Sie vereinte drei Korps: Das LII. Armee-Korps (57., 255. und 332. Infanteriedivision), das XLVIII. Panzer-Korps (167. Infanteriedivision, Panzergrenadierdivision „Großdeutschland“, 3. und 11. Panzerdivision, Panzerbrigade 10, Panzerregiment 39, Sturmgeschützabteilung  911) sowie das II. II. SS-Panzerkorps (SS-Divisionen „Totenkopf“, „Das Reich“ und „Leibstandarte Adolf Hitler“).

An der rechten Flanke der 4. Panzerarmee operierte die Armeegruppe Kempf, bestehend aus drei Korps: Dem III. Panzer-Korps (168. Infanteriedivision, 6. 7. und 19. Panzerdivision, schwere Panzerabteilung 503, Sturmgeschützabteilung 228), Korps Raus (106. und 320. Infanteriedivision, Sturmgeschützabteilung 905, später verstärkt durch die 198. Infanteriedivision) und dem XVII. Armee-Korps (282., 39. und 161. Infanteriedivision, schwere Panzerjagdabteilung 560).

Deutsche Soldaten in Begleitung eines Tiger-Panzers

Manstein ließ diese Kräfte in Zusammenarbeit mit der Luftflotte 4 am 5. Juli gegen 5:00 Uhr angreifen. Das bereits angeschlagene III. Panzerkorps und das Korps Raus blieben auf der rechten Flanke in ständigem Artillerie- und Panzerabwehrkanonen-Feuer in der Verteidigung des Gegners stecken und wurden dann so stark durch Gegenangriffe bedrängt, so dass sie hinter ihren Plänen zurückblieben.

Die Kräfte der 4. Panzerarmee, insbesondere das II. SS-Panzerkorps, hatten mehr Erfolg.

Die mit großem Aufwand errichteten und weiträumig verminten Verteidigungsstellungen wurden von den deutschen Verbänden ohne größere Verluste in zwei Tagen durchstoßen. Das sowjetische Stellungssystem erwies sich damit an der Südseite gegenüber dem konzentrierten Angriff als schwächer als auf der Nordseite, da man den Schwerpunkt des deutschen Angriffs im Norden erwartet hatte. Auch die von der sowjetischen Seite durchgeführten massiven Luftangriffe blieben weitgehend erfolglos. Anders die deutschen Luftstreitkräfte, die auf dem Gefechtsfeld eng mit den vorrückenden Stoßverbänden zusammenwirkten und maßgeblichen Anteil an dem schnellen Durchbruch hatten. Entscheidend waren neben der koordinierten Luftunterstützung, die an der Nordseite weitgehend fehlte, der massive Einsatz von Artillerie und der konsequente Einsatz von Kräften, die zu den erfahrensten deutschen Verbänden gehörten.

Die Verbände der 4. Panzerarmee unter Generaloberst Hoth durchstießen die ersten sowjetischen Verteidigungsstellungen der sowjetischen 6. Garde-Armee und vernichteten dabei auch die zu deren Unterstützung vorgeschobenen Artillerie-Abteilungen der 1. Panzer-Armee. Das unterstellte II. SS-Panzerkorps überwand die mehrfach gestaffelten Verteidigungsstellungen und schlug dabei Gegenangriffe sowjetischer Reserven zurück. Obwohl das SS-Panzerkorps an der rechten Flanke aufgrund der fehlenden Deckung durch das zurückbleibende III. Panzer-Korps ständig attackiert wurde, stand es bereits am 10. Juli vor dem vermeintlichen Durchbruch zu seinem Angriffsziel Kursk und stieß am 11. Juli bis drei Kilometer vor Prochorowka vor. Das XLVIII. Panzer-Korps musste sich dagegen wiederholter Flankenangriffe erwehren und dazu Kräfte von der Stoßrichtung nach hinten verlagern. Die geplanten Gegenangriffe der Verteidiger in die tiefen Flanken der angreifenden Panzerkeile blieben nicht wirkungslos, konnten die deutschen Angriffsspitzen jedoch nicht wie geplant entscheidend schwächen.

Angesichts des unerwartet schnellen Durchbruchs durch das 1. und 2. Verteidigungssystem legte der Oberbefehlshaber der südlichen Woronesch-Front, Generaloberst Watutin, am 9. Juli einen Plan vor, den deutschen Angriffskeil durch Stoß in dessen tiefe Flanken abzuschneiden und zu vernichten. Die 1. Panzerarmee, die sich bereits seit Beginn der Offensive in der Verteidigung befand und dabei starke Verluste erlitten hatte, sollte von Westen, die aus der Reserve über eine längere Strecke eilig herangeführte und um weitere zwei Panzerkorps verstärkte 5. Garde-Panzerarmee von Osten angreifen.

Das II. SS-Panzerkorps hatte mit seinen Panzergrenadier-Divisionen Leibstandarte, Totenkopf und Das Reich vor Prochorowka eine Pause eingelegt, nachdem es die sich heftig verteidigende sowjetische 5. Gardearmee bis auf den Ortsrand zurückgeworfen hatte. Angesichts dieser Entwicklung entschloss sich der Befehlshaber der 5. Garde-Panzerarmee, Generalleutnant Rotmistrow, am Abend des 11. Juli, am nächsten Morgen einen Gegenangriff zu starten, um die drohende Einschließung von Prochorowka und den endgültigen Durchbruch der deutschen Angriffs-Divisionen in die ungeschützte Tiefe zu verhindern. Er verfügte zu diesem Zeitpunkt über 793 Panzer und 57 Sturmgeschütze, darunter viele veraltete T-70. Im Wissen um die überlegene Panzerung und Bewaffnung der neuen deutschen Panzer wurde der Befehl ausgegeben, mit hoher Geschwindigkeit anzugreifen, um eine Schussentfernung von 500 m und weniger zu erreichen. Außerdem sollten jeweils mehrere Panzer als Gruppe einen Gegner, insbesondere die gefürchteten Tiger, in der Nahdistanz attackieren.

Am Morgen des 12. Juli begann der heftige Gegenangriff auf die Stellungen des II. SS-Panzerkorps vor Prochorowka. Die sich daraus entwickelnde Schlacht gilt als Schauplatz des größten Panzergefechts der Geschichte. Hier sollen 900 sowjetische Panzer der sowjetischen 5. Gardepanzerarmee in einem Begegnungsgefecht auf 600 deutsche Panzer getroffen sein. Die Schlacht wurde im Nachhinein insbesondere von der sowjetischen Propaganda sowie in Kriegs- und Memoirenliteratur zum entscheidenden Sieg verklärt. Neuere Erkenntnisse lassen jedoch darauf schließen, dass es sich nur um mehrere kleinere Panzergefechte gehandelt hat. Außergewöhnlich waren nur die hohen Verluste der Panzertruppen der 5. Garde-Panzerarmee gegenüber den deutschen Panzern, die sich, anders als später behauptet, in stationären Positionen befanden.

Vor den Stellungen der II. Panzer-Abteilung der Division Leibstandarte kam es zum größten Zusammentreffen. Nach Berichten deutscher Kampfteilnehmer sollen bereits bei der Annäherung sehr viele sowjetische Panzer in dem für die Verteidiger günstigen Gelände abgeschossen worden sein. Viele der angreifenden Panzer hätten sich auch gegenseitig behindert und in der Enge sogar gerammt. Den entscheidenden Ausschlag zu ungunsten der sowjetischen Truppen gab dann ein in einer Senke befindlicher, zuvor aufgegebener eigener Panzergraben, der offensichtlich bei der Planung des Angriffs durch die 5. Garde-Panzer-Armee nicht berücksichtigt worden war und hinter dem sich die deutschen Panzer der Leibstandarte aufgereiht hatten. Bei dem vergeblichen Versuch, dieses Hindernis am einzigen Übergang zu überwinden, wurden die angreifenden russischen Panzer zu leichten Zielen. Viele stürzten sogar in den Graben und überschlugen sich.

Rotmistrow warf in der Folge stetig neue Kräfte in den Frontabschnitt, diese erlitten jedoch wegen ihres bedingungslosen Einsatzes hohe Verluste und erzielten keine Geländegewinne. Gegen Mittag des 12. Juli brach er den Angriff ab und ging mit seinen verbliebenen Kräften an den Ausgangsstellungen zur Verteidigung über. Die 5. Gardepanzer-Armee verlor in den Gefechten an diesem Tag mehr als 200 Panzer und gab am 16. Juli 3597 Gefallene an. Hinzu kamen noch einmal so viele Verwundete. Dagegen standen vergleichsweise geringe deutsche Verluste. Neuere russische Untersuchungen halten fest, dass es der 5. Gardepanzer-Armee trotz hoher Verluste nicht gelungen war, den gestellten Auftrag zu erfüllen. Nach der Schlacht soll Stalin, so der russische Historiker Swerdlow, erwogen haben, Panzergeneral Rotmistrow abzusetzen und vor Gericht zu stellen, gefährdeten doch die hohen Verluste die Planungen für die nachfolgende Offensive auf Charkow. Die propagandistische Verklärung der Schlacht bei Prochorowka zum Sieg der sowjetischen Panzertruppen bewahrte Rotmistrow jedoch vor diesem Schicksal. Für den internen Dienstgebrauch stellte eine eigens einberufene Untersuchungskommission lediglich die schlechte Planung und Durchführung der Operation fest.

Sowjetische Panzersoldaten begutachten den Panzerturm eines abgeschossenen Panzers Tiger mit mehreren Treffern

Die Angriffe der 1. sowjetischen Panzer-Armee im Bereich des XLVIII. Panzer-Korps am 12. Juli blieben ebenfalls erfolglos, so dass auch diese Kräfte zur Verteidigung übergehen mussten, statt wie geplant die deutschen Divisionen mit tiefen Angriffsoperationen abzuschneiden und zu vernichten.

Die deutschen Offensivkräfte behaupteten an dieser Stelle zunächst das Schlachtfeld und hatten ihre Angriffsfähigkeit nicht entscheidend eingebüßt. Der heftige sowjetische Gegenangriff war dagegen unter großen Verlusten gescheitert. Unter Einsatz aller Kräfte hätte nun wahrscheinlich der Durchbruch auf der Südseite zum Operationsziel Kursk erfolgen können. Manstein wollte zu diesem Zweck weitere Truppen aus der unter „Führervorbehalt“ stehenden Reserve der Heeresgruppe Süd – das XXIV. Panzer-Korps mit der 5. SS-Panzer-Division „Wiking“, sowie der 17. und 23. Panzer-Division – für den Durchbruch gegen die angeschlagenen Verteidiger einsetzen. Dies wurde ihm allerdings von Hitler angesichts der prekären Entwicklung am nördlichen Frontabschnitt, in dem durch die Orel-Gegenoffensive der roten Armee eine Einkesselung der vorgestoßenen Kräfte der Heeresgruppe Mitte drohte, untersagt. In seinen Memoiren vertrat Manstein später die Meinung, mit diesen Truppen wäre zumindest auf der Südseite ein Teilerfolg möglich gewesen. Es muss allerdings bezweifelt werden, ob sich ein Durchbruch in den freien Raum in operativer oder gar strategischer Hinsicht entscheidend ausgewirkt hätte. Selbst wenn es gelungen wäre, die an dieser Stelle angeschlagenen sowjetischen Truppen einzukesseln und zu vernichten – ein nicht zu unterschätzender Erfolg, betrachtet man die nachfolgenden Einsätze der beiden sowjetischen Panzer-Armeen (1. und 5. Garde) – drohte eine Auseinandersetzung mit weiteren Truppen der strategischen STAWKA-Reserve. Letztlich hätten die vorgestoßenen deutschen Verbände aber ungeachtet potentieller Erfolge in jedem Fall aufgrund der angelaufenen Großoffensive der Roten Armee eher früher als später zurückgenommen werden müssen. Manstein wurde es jedoch gestattet, am linken Flügel eine begrenzte Angriffsoperation („Roland“) durchzuführen. Nach leichten Geländegewinnen schloss das III. Panzer-Korps zur II. SS-Panzer-Division auf, die Befehle zur Herauslösung der Kernverbände machten jedoch eine Fortsetzung der Angriffs-Operationen unmöglich.

Ende der Operation Zitadelle und weitestes Vordringen deutscher Truppen, Sommer 1943

Der Abbruch der Operation

Am 16. Juli 1943 wurde die Offensive der Südgruppe und damit die Operation Zitadelle endgültig angesichts der operativen Lage auf Geheiß Hitlers abgebrochen. Die Kernverbände der Angriffsstreitmacht wurden zu anderen Schauplätzen abgezogen. Grund war die Landung britisch-amerikanischer Verbände auf Sizilien am 10. Juli und vor allem die am 12. Juli gestartete sowjetische Offensive im Raum Orel.

Dort durchstießen sowjetische Offensivkräfte der Brjansker Front in koordiniertem Zusammenwirken mit großen Partisanenverbänden, die sich seit Monaten auf diesen Tag vorbereitet hatten, die schwache deutsche Verteidigung und erzielten einen unmittelbaren Einbruch von rund 20 Kilometern Tiefe. Damit bestand die Gefahr eines Durchbruchs in Richtung Orel und des Einkesselns der vorgestoßenen 9. Armee. Den deutschen Offensivkräften blieb damit nur die Möglichkeit, den ohnehin steckengebliebenen Angriff in Richtung Kursk unverzüglich einzustellen und mit den Reservedivisionen nach Norden einzuschwenken. Das Ziel der Operation Zitadelle, einen Großteil der im „Kursker Bogen“ konzentrierten sowjetischen Kräfte einzuschließen und zu vernichten, war damit unmöglich geworden. Es folgten heftige Kämpfe in diesem Frontabschnitt.

Trotz der stabilen Situation auf der Südseite wurden die Angriffspitzen der Heeresgruppe Süd am 18. Juli ohne gegnerische Einwirkung auf ihre Ausgangsstellungen zurückgenommen. Die Kernverbände wurden abkommandiert. Die Division Großdeutschland wurde im Raum Orel zur Unterstützung der 2. Panzerarmee eingesetzt, das II. SS-Panzerkorps sollte nach Italien verlegt werden, um gegen die alliierte Invasion in Süditalien eingesetzt zu werden. Die sich überschlagenden Ereignisse an der Ostfront erlaubten nur die Verlegung der Division Leibstandarte. Die der Heeresgruppe Süd in diesem Frontabschnitt verbleibenden Truppen mussten sich der am 5. August beginnenden sowjetischen Offensive entgegenstellen.

Für die sowjetische Seite war die Schlacht bei Kursk keineswegs beendet. Sie sah die eigenen als Reaktion auf die Operation Zitadelle vorgetragenen Angriffe erst als Auftakt für ihre umfassenden Angriffsbemühungen im Sommer 1943. Ab dem 3. August begann die Belgorod-Charkiwer Operation zur Rückeroberung des Gebietes um Charkow. Bis Ende September hatte die Rote Armee den Dnjepr überschritten und die Heeresgruppe Süd weit zurückgeworfen.

Verluste

Eine genaue Ermittlung der Verluste beider Seiten ist schwierig. Durch die sowjetische Gegenoffensive fällt eine zeitliche Abgrenzung schwer, und die zur Verfügung stehenden Zahlen sind oft zu Propagandazwecken verfälscht worden. Von den eingesetzten deutschen 2.699 Panzern wurden etwa 350 von den Einheiten als Totalverlust gemeldet. Abgeschossen wurden jedoch 252 Panzer. Die Differenz erklärt sich durch geborgene und reparierte Fahrzeuge. Die Panzerverluste der Roten Armee werden auf die Hälfte ihres damaligen Panzerbestandes geschätzt, etwa 1.956 Panzer wurden zerstört. Volkskommissar W. A. Malyschew bezifferte 1943, bei einem Besuch des Panzerwerks 112 in Krasnoje Sormowo, die Verluste in beiden Phasen der Kursker Operation auf 6000 Panzer und Selbstfahrgeschütze und fügte hinzu, dass der Sieg die Rote Armee teuer zu stehen gekommen sei. Laut offiziellen Angaben beliefen sich die Verluste auf 1.614 Panzer und Sturmgeschütze.

Diese Zahlen lassen sich jedoch nicht genau überprüfen. Auf einen vernichteten deutschen Panzer kamen damit rund fünf sowjetische Panzer. Davon fielen jedoch viele nicht dem direkten Duell am Boden, sondern den zu diesem Zeitpunkt noch effektiv agierenden Panzerjagdkräften der deutschen Luftwaffe zum Opfer. Auch die sowjetische Seite konnte viele Panzer nach dem Rückzug der Stoßkeile auf die Ausgangsstellungen bergen und instand setzen.

Beerdigung von Generalmajor Walther von Hünersdorff, Kommandeur der Pz.Div.6, gefallen am 17. Juli 1943

In der Summe verloren Wehrmacht und Waffen-SS bei der Offensive rund 55.000 Soldaten (Gefallene und Vermisste). Die personellen Verluste der Roten Armee betrugen nach neuesten Forschungen ca. 320.000 Soldaten, offiziell angegeben wurden ca. 180.000 [1] 1993 erschienen unter der Regie des russischen Verteidigungsministeriums Dokumente, in denen die Zahl der Gefallenen, Verwundeten und Vermissten in der gesamten Operation, die aus sowjetischer Sicht bis zum 23. August 1943 dauerte auf 866.000 beziffert wird.[6] Unabhängige Historiker nennen noch weitaus höhere Zahlen, wobei auch hier eine exakte zeitliche Abgrenzung zwischen der eigentlichen Verteidigungsoperation und den späteren Gegenoffensiven nicht möglich ist. Weiter ist zu bedenken, dass ab 1943 die Einheiten kurzfristig mit Soldaten aus den zurückeroberten Gebieten aufgefüllt werden konnten, die als „zweifelhaft“ galten und in den offiziellen Stärkelisten oft nicht auftauchten. Von russischen Pfadfindern wurden in den letzten Jahren sterbliche Überreste von 5000 Rotarmisten gefunden. Davon waren rund 30 Prozent in den Archiven des Verteidigungsministeriums nicht erfasst.

Am 17. Oktober 2009 wird in Kursk eine der letzten großen Kriegsgräberstätten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. eingeweiht. Bis zu 40 000 Tote bekommen eine würdige Ruhestätte [7].

„Zitadelle“ – geschichtliche Einordnung und Wertung

„Kursk“ – Legendenbildung in der militärhistorischen Nachbetrachtung

Wie keine andere Schlacht des Zweiten Weltkriegs ist „Zitadelle“ mit Legenden und nachträglichen Geschichtsfälschungen, teilweise durch die Memoiren der beteiligten Befehlshaber selbst, befrachtet. Hier spielte die Deutungshoheit der sowjetischen Geschichtsschreibung eine entscheidende Rolle, die insbesondere in den nach-stalinistischen Jahren der Chruschtschow- (in verantwortlicher Position innerhalb der Woronesch-Front selbst Beteiligter der Ereignisse) und der Breschnew-Ära eine Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaftsordnung auf militärischem Gebiet nachweisen wollte. Erst mit der Öffnung der Archive nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zeigte sich ein anderes Bild. Viele über Jahre weitergetragene Legenden und „Schlachtgemälde“ der sowjetischen Seite entpuppen sich als falsch – ebenso wie die Geschichtsklitterung der überlebenden deutschen Generalität, die nach dem Zweiten Weltkrieg Hitler die alleinige Schuld an der verfehlten Kriegführung zuschob.

Es war nicht, wie immer wieder zu lesen, eine fehlgeleitete militärische Idee Hitlers – die ursprüngliche Idee stammte von Manstein und wurde von Zeitzlers Stab zum finalen Operationsplan ausgearbeitet – oder sein vorgebliches Zögern, das zum Scheitern von „Zitadelle“ führte. Hitler und das OKW versuchten vielmehr auf Basis heutiger Erkenntnisse nachvollziehbar und logisch mit taktischen Überlegungen in dem Strudel der Ereignisse, die sie zuvor in Gang gesetzt und größtenteils zu verantworten hatten, erfolgreich zu agieren. Dies schließt gravierende taktische Fehlentscheidungen in Vorfeld und Verlauf nicht aus.

„Zitadelle“ allein – lässt man die unmittelbar folgenden Offensiven der Roten Armee außer Acht – war auch nicht die Entscheidungsschlacht, die nach dem Desaster bei Stalingrad letztlich die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg besiegelte.

Die an Umfang und Heftigkeit im gesamten Kriegsverlauf als einzigartig anzusehenden Schlachten im Rahmen von „Zitadelle“ waren allerdings auch kein Sieg der sowjetischen Seite. Sie waren bestenfalls ein teuer erkauftes Unentschieden. Nimmt man die bis zu fünffach höhere Zahl von Verlusten an Menschen und Material der sowjetischen Seite, spricht vielmehr alles für einen taktischen Erfolg von „Zitadelle“. Die deutschen Panzer und Bodenbekämpfungseinheiten der Luftwaffe erzielten deutlich mehr Abschüsse als die sowjetische Seite, der eine Reihe von militärischen Fehlern unterlief – zu nennen ist hier vor allem Prochorowka. Die deutschen Verluste bis zum Abbruch der Operation waren keinesfalls kriegsentscheidend.

„Zitadelle“ – verlorene Entscheidungsschlacht oder strategische Niederlage?

In vielen verklärten und unreflektierten Nachbetrachtungen wurde und wird der für Deutschland verlorene Krieg an einzelnen verlorenen „Entscheidungsschlachten“ festgemacht. In der Regel werden in diesem Zusammenhang immer Schlagworte wie Kreta, El Alamein, Moskau, Stalingrad und letztlich Kursk genannt. Diese Sichtweise lässt jedoch die simple Tatsache außer Acht, dass Kriege im Industriezeitalter anderen Gesetzen unterworfen sind als militärische Auseinandersetzungen früherer Zeiten. Bereits die nationalsozialistische Führung ignorierte, dass Kriege nicht durch den von Hitler beschworenen „Willen“ und die „Überlegenheit“ eines Volkes oder gar die eingebildete „Genialität“ seiner militärischen Führung entschieden werden. Maßgeblich waren letztlich dieselben Faktoren, die bereits den Ersten Weltkrieg entschieden hatten: Die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaften, ihr Rüstungspotenzial, die Bevölkerungszahl und die zur Verfügung stehenden Rohstoffe. In allen diesen Punkten war Deutschland, insbesondere nach Hitlers gescheitertem Versuch, sich die kaukasischen Erdölfelder zu sichern, sowohl der Sowjetunion als auch den alliierten Nationen, allen voran den USA, weit unterlegen.

Angesichts der Masse an Truppen und Kriegsgerät auf beiden Seiten könnte man annehmen, es habe sich im Grunde genommen doch um eine für die Wehrmacht verlorene Entscheidungsschlacht gehandelt. Betrachtet man „Zitadelle“ jedoch nicht als isoliertes Ereignis, zeigt sich, dass es sich allenfalls um ein letztes Aufbäumen der deutschen Kriegsführung gehandelt hat. Die endgültige Niederlage war nicht mehr abzuwenden. Selbst wenn im Rahmen von „Zitadelle“ die Einkesselung und Vernichtung der im „Kursker Bogen“ versammelten Truppen gelungen wäre, zeigen die folgenden Ereignisse, in denen die Rote Armee auf der gesamten Frontlinie zum Angriff überging, dass dieser Sieg bestenfalls einen Zeitgewinn gebracht hätte. Die abgekämpften und dezimierten deutschen Truppen, für die es keinen gleichwertigen Ersatz mehr gab, hätten in keinem Fall die Initiative dauerhaft wiedergewinnen oder gar den Krieg gegen die Sowjetunion für sich entscheiden können. Letzteres wurde nicht einmal von den Planern von „Zitadelle“ erwartet.

Auf Seiten der Sowjetunion lieferte das Scheitern von „Zitadelle“ das entscheidende Fundament für die von langer Hand weitgehend ungestört vorbereitete Großoffensive im Anschluss an den aufgefangenen Stoß, die die Wehrmacht bis zum Herbst 1943 bis hinter den Dnjepr zurückwarf und zu verlustreichen Abwehrschlachten zwang. Für die Rote Armee erwies sich die erfolgreiche Abwehr der deutschen Offensive im „Blitzkrieg“-Stil kurze Zeit nach dem Stalingrader Fanal als weiteres wichtiges psychologisches Signal.

„Zitadelle“ als Kulminationspunkt des Krieges und seine Folgen

Betrachtet man die militärischen Ereignisse, zeigt sich, dass letztlich die quantitative Überlegenheit sowie die weitreichende und bessere strategische Gesamtplanung der sowjetischen Seite den Ausschlag gab. Die auf der Südseite angreifenden, gut ausgerüsteten deutschen Elitedivisionen konnten zwar Siege erringen und der sowjetischen Seite erhebliche Verluste beibringen, verfügten aber nicht über die Schlagkraft, um die Offensive siegreich zu Ende zu führen. Die deutschen Stoßkräfte, die zuvor in ihren Sommeroffensiven regelmäßig triumphiert hatten, trafen hier auf einen gut vorbereiteten Gegner. Dieser war mit den zwar hoch konzentrierten, aber dennoch begrenzten Mitteln und trotz des Einsatzes neuer Waffen nicht mehr entscheidend zu bezwingen. Gleichzeitig verschlechterte sich die strategische Lage durch die Invasion der Westmächte auf Sizilien, so dass die bereits überdehnten deutschen Kräfte weiter in die Defensive gerieten. Zudem wuchs die Schlagkraft der Roten Armee, die in der Folgezeit das Geschehen bis zum Kriegsende diktieren würde, unaufhaltsam weiter an.

In diesem Sinne markiert „Zitadelle“ den Kulminationspunkt des Krieges. Die Operation war nach Stalingrad eine weitere Konsequenz der schwerwiegenden strategischen und strukturellen Defizite des nationalsozialistischen Systems. Dieses agierte in Verkennung der gewandelten Realitäten zunehmend ohne Erfolg versprechenden Gesamtplan und hangelte sich trotz gelegentlicher taktischer Erfolge nur immer rascher von einer Krise zur nächsten.

Dem Charakter nach war „Zitadelle“ bereits einer der später so häufig von der deutschen Kriegspropaganda beschworenen „Abwehrsiege“ – allerdings mit gewaltigen Ausmaßen – der die endgültige Niederlage der Wehrmacht an allen Fronten nicht verhindern konnte. Die in ihren weitreichenden Zielen gescheiterte Operation brachte keine greifbaren Erfolge. Es brannte bereits an vielen anderen Stellen des Mehrfrontenkrieges so stark, dass die begrenzten Kräfte zum Löschen abgezogen werden mussten, nur um sich dort unaufhaltsam weiter zu erschöpfen.

Als nüchternes Fazit kann festgehalten werden, dass die Wehrmacht im Osten mit dieser Schlacht die Initiative und ihre materielle Überlegenheit endgültig verlor. Bis zum Kriegsende konnte sie – bis auf vereinzelte kleinere Offensiven – nur noch hinhaltenden Widerstand leisten und war bis 1945 zu fortwährendem Rückzug gezwungen. Für die Ardennenoffensive wurden einige Schlußfolgerungen gezogen, etwa der Einsatz von Kradmeldern anstatt von völlig kompromittierter Funkkommunikation mit Enigma Verschlüsselung. Diese verspätete Erkenntnis konnte aber alleine nicht mehr den unausweichlichen Verlauf abändern.

Es bleibt die Frage, ob es eine Alternative zu „Zitadelle“ gab. Berücksichtigt man die Stärken der deutschen Seite im Sommer 1943 und den noch nicht abgeschlossenen Lernprozess der sowjetischen Armee, scheint im Nachhinein eine hochmobile Kriegführung, die den Gegner im Raum gelassen hätte, um dann mit hoher Beweglichkeit und konzentrierten Stoßkräften große Verbände der Roten Armee bei geringen eigenen Verlusten zu zerschlagen, als die bessere Lösung. Diese Vorgehensweise wurde von Teilen der Generalität, insbesondere durch von Manstein, favorisiert.

Strategieoptionen

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Den Krieg hätte aber auch diese Variante nicht zugunsten Deutschlands entscheiden können. Einen echten Erfolg mit Zeitgewinn hätte allenfalls der komplette Rückzug der Wehrmacht aus der Sowjetunion und ein Einsatz der nun stärker konzentrierbaren Kräfte bei kürzeren Nachschubwegen gegen die möglicherweise nachsetzende Rote Armee gebracht. Wenn Stalin, wie nach neueren Erkenntnissen zu vermuten, angesichts einer fehlenden zweiten Front im Sommer 1943 tatsächlich noch zu einem Separatfrieden gegen eine Rückgabe des okkupierten Territoriums bereit gewesen war, hätte ein derartiger „Handel“ möglicherweise eine längere Kriegspause für das Nationalsozialistische Deutschland im Osten und eine Konzentration auf die bevorstehende Invasion der alliierten Westmächte ermöglicht. Ein finales Kriegsende oder gar ein Sieg der deutschen Seite wäre damit angesichts der generellen Defizite des nationalsozialistischen Systems, der aussichtslosen strategischen Lage und späterer Entwicklungen der Waffentechnik (Stichwort Atombombe) nicht verbunden gewesen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Frieser et al.; a. a. O.; S. 156
  2. vgl. Merridale, Catherine: Iwans Krieg - Die Rote Armee 1939-45, Augsburg 2007, ISBN 978-3-8289-083-1, S. 269
  3. vgl. Merridale, Catherine: Iwans Krieg - Die Rote Armee 1939-45, Augsburg 2007, ISBN 978-3-8289-083-1, S. 271f
  4. Simon, Max: Erfahrungen aus dem Kampf mit russischer Infanterie, Bundesarchiv-Militärarchiv, ZA 1/1257, S. 26f
  5. vgl. Merridale, Catherine: Iwans Krieg - Die Rote Armee 1939-45, Augsburg 2007, ISBN 978-3-8289-083-1, S. 259: „Tatsächlich hob man auf sowjetischer Seite mehr als 5000 km Gräben aus, die kreuz und quer verliefen, so dass die Verteidiger mühelos zwischen den Feuerstellungen hin und her wechseln konnten, zudem wurden mehr als 400.000 Minen verlegt.“
  6. http://wwii-soldat.narod.ru/OPER/ARTICLES/021-kursk.htm
  7. http://www.volksbund.de

Literatur

  • Karl-Heinz Frieser, Klaus Schmider und Klaus Schönherr: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 8: Die Ostfront 1943/44 - Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten. Hsrg vom Militärgeschichtliches Forschungsamt der Bundeswehr. DVA 2007, ISBN 978-3-421-06235-2
  • M. K. Barbier: Die Schlacht im Kursk’er Bogen. Tosa Verlag, Wien 2002, ISBN 3-85492-546-8
  • Roman Töppel: Legendenbildung in der Geschichtsschreibung – Die Schlacht um Kursk, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift, Hrsg. Militärgeschichtliches Forschungsamt, 61 (2002) Heft 2, S. 369–401.
  • ÖMZ Österreichische Militärische Zeitschrift, Ausgabe 05/2003 und 06/2003.
  • Burkhart Mueller-Hillebrand: Das Heer 1933-1945. Bd. III. Mittler & Sohn, Frankfurt a.M. 1969, S. 274.
  • Roland G. Foerster (Hrsg.): Gezeitenwechsel im Zweiten Weltkrieg? Die Schlachten von Charkow und Kursk im Frühjahr und Sommer 1943 in operativer Anlage, Verlauf und politischer Bedeutung. Mittler & Sohn, Hamburg 1996, ISBN 3-8132-0507-X
  • Ernst Klink: Das Gesetz des Handelns. Die Operation „Zitadelle“ 1943. Deutsche-Verlags-Anstalt, Stuttgart 1966
  • Janusz Piekalkiewicz: Unternehmen Zitadelle – Kursk und Orel. Die größte Panzerschlacht des 2. Weltkrieges. Pawlak, Herrsching 1989, ISBN 3-88199-579-X
  • Roman Töppel: Die Offensive gegen Kursk 1943 - Legenden, Mythen, Propaganda. Magisterarbeit, Dresden 2001
  • Nikolai K. Popjel: Panzer greifen an. Militärverlag der DDR, 1964
  • G.K. Shukow : Erinnerungen und Gedanken. Verlag der Presseagentur Nowosti, 1974
  • Steven H. Newton: Kursk – The german view. Eyewitness Reports of Operation Citadel by the German Commanders. Da Capo Press, Cambridge/Mass. 2002, ISBN 0-306-81150-2

Weblinks


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