Schnarre

Schnarre
Dieser Artikel behandelt das Lärminstrument, für die mechanische Rücklaufsperre siehe Sperrklinke, für das Schraubwerkzeug siehe Knarre (Werkzeug), für das Gedankenexperiment in der Thermodynamik siehe Molekulare Ratsche.

Der Ausdruck Ratsche bzw. Rätsche (von "rasseln", verwandt mit engl. "rattle"), auch Schnarre bzw. Schnurre oder Knarre, bezeichnet ein hölzernes Lärm- und Effektinstrument. Nach der Einteilung der Musikinstrumente durch Hornbostel und Sachs handelt es sich um ein Schrapinstrument.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Ratsche oder Schnarre

Die Ratsche wird durch das schwungvolle Drehen eines schmalen Holzrähmchens mit einem Holzfederblatt um eine in der Hand gehaltene Achse, an der ein Zahnrad befestigt ist, in Bewegung gesetzt. Das Federblatt rattert um das feststehende Zahnrad und erzeugt dabei je nach Drehgeschwindigkeit ein lautes, knatterndes Geräusch. Ratschen haben üblicherweise eine bis drei parallele Holzblattfedern übereinander.

Der Rahmen einer Drehratsche besteht aus Birkenholz, die gezähnte Walze aus Buchenholz. Durch eine seitliche Kurbel wird die Walze betätigt. Die dünnen Blätter der Ratsche sind aus Fichtenholz und erzeugen beim Drehen von Zahn zu Zahn den Schall.

Geschichtlicher Hintergrund

Karfreitagsratsche aus Rottenburg am Neckar, 19. Jahrhundert

Früher zogen Bettelmusikant/innen mit einer Schnarre durch die Straßen, wovon sich die Bezeichnung Schnorrer (jiddisch:שנאָרער) ableitete. In katholischen Gegenden ziehen Kinder damit zum „Ratschen“ durch die Gemeinde (um die Kirchenglocken zu ersetzen, die in der Zeit zwischen Karfreitag und der Osternacht nicht läuten).

Curt Sachs zufolge waren Ratschen früher bei der Müllabfuhr von Amsterdam im Einsatz. Auch die städtischen Nachtwächter hatten früher eine Schnarre bzw. Schnurre als Alarmsignal, wovon der Name "Schnurrbart" abgeleitet sein soll. Im Mittelhochdeutschen bedeutet "snurre = das Schnurren, Summen".

Laut einem Fastnachts-Rätschenbauer aus Sipplingen am Bodensee wurden diese Effektinstrumente früher im Weinbau verwendet, um gefräßige Vögel von den traubenbehangenen Weinstöcken zu vertreiben.

Die Verwendung war nicht alleine auf Europa beschränkt; ähnliche Instrumente waren auch in Bengalen zu finden.

Ratsche

Verschiedene Komponisten sehen in ihren Werken die Benutzung einer Knarre vor, z.B. Wolfgang Amadeus Mozart in seiner Kindersinfonie oder Carl Orff in den Carmina Burana.

In verschiedenen mitteleuropäischen Regionen (Süddeutschland, Österreich, Böhmen) wurden Schnarren/Rätschen spätestens seit dem 18. Jahrhundert in der Fastnacht und bei christlichen Prozessionen in der Karwoche benutzt. Sie sind in der Schweiz auch als Räre, Rääre, Rätschi, Rärre, Radelen, Rädelen, Rällen, Ratsche oder Karfreitagsklapper bekannt. Im Westfälischen wird die Ratsche auch Räppel genannt.

Die Schnarre (oder Flügel-Ratsche) ist heute noch im deutschsprachigen Raum ein beliebtes Instrument im Straßen-Karneval, bei kulturellen und sportlichen Großveranstaltungen, auf Demonstrationen sowie als Spielzeuginstrument.

Sonstiges

Das Wort Ratsche bezeichnet im Volksmund aber auch eine Rutschkupplung, ein Schieberad, eine Knarre oder einen Drehmomentschlüssel, oder im bayerischen Sprachraum eine indiskrete Person ("Der ist eine Ratsche(n)!").

Literatur

  • Brigitte Bachmann-Geiser: Die Volksmusikinstrumente der Schweiz, in: Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente, Serie I, Bd. 4, Leipzig/Zürich 1981
  • Curt Sachs: Die Musikinstrumente Indiens und Indonesiens. Handbücher der Staatlichen Museen zu Berlin. Berlin: de Gruyter 1923 (2. Aufl.), S. 49

Weblinks


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