Schrödinger

Schrödinger
Erwin Schrödinger, 1933

Erwin Rudolf Josef Alexander Schrödinger (* 12. August 1887 in Wien-Erdberg; † 4. Januar 1961 ebenda) war ein österreichischer Physiker und Wissenschaftstheoretiker. Er gilt als einer der Väter der Quantenphysik und erhielt dafür 1933 den Nobelpreis für Physik.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Büste Erwin Schrödingers in der Universität Wien

Sein Vater Rudolfus Schrödinger war Wachstuchfabrikant und Botaniker. Seine Mutter Georgine Emilia Brenda war die Tochter von Alexander Bauer, des Professors für Allgemeine Chemie an der k. k. Technischen Hochschule in Wien. Sein Vater war katholisch, seine Mutter evangelisch-lutherisch. Die Kinder wurden in der evangelischen Konfession erzogen. Schrödinger ging 1898 auf das Akademische Gymnasium. Danach studierte er von 1906 bis 1910 in Wien Mathematik und Physik und habilitierte sich am Wiener Physikalischen Institut. Dort arbeitete er unter anderem mit Franz-Serafin Exner, Friedrich Hasenöhrl und K. W. F. Kohlrausch zusammen. Er war während seines Studiums eng befreundet mit dem Botaniker Franz Frimmel.

Nach seiner Kriegsteilnahme am Ersten Weltkrieg folgte er Berufungen nach Jena, Stuttgart, Breslau und Zürich. In Zürich vertrat er den Lehrstuhl für Theoretische Physik, den vor ihm bereits Albert Einstein und Max von Laue inne hatten. Hier formulierte er auch die nach ihm benannte Schrödinger-Gleichung.[1]. Damit begründete er die Wellenmechanik als Beschreibung der Quantenmechanik.

Am 6. April 1920 heiratete er Annemarie Bertel.

Grab von Erwin Schrödinger in Alpbach in Tirol

1927 ging Schrödinger nach Berlin, wo er die Nachfolge von Max Planck an der Friedrich-Wilhelms-Universität antrat und ein wissenschaftliches Umfeld vorfand, das besser nicht sein konnte. Zahlreiche Physiker von Weltrang versammelten sich in jenen Jahren in Berlin. Dort arbeitete er u. a. mit Victor Weisskopf zusammen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 entschloss sich Schrödinger, der schon zuvor in bemerkenswerter Deutlichkeit seine Ablehnung des Nationalsozialismus deutlich gemacht hatte, Deutschland zu verlassen und eine Stelle am Magdalen College in Oxford anzunehmen. Im selben Jahr wurde ihm der Nobelpreis für Physik verliehen.

1936 kehrte er erneut nach Österreich zurück, um in Graz an der Karl-Franzens-Universität eine Berufung anzunehmen. 1938 musste er erneut die Heimat verlassen und ging nach Dublin, wo er ab 1940 wirkte und Direktor der School for Theoretical Physics war. 1949 wurde er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

1956 kehrte er nach Wien zurück. Hier lehrte er bis zu seinem Tod am 4. Januar 1961 am Institut für Theoretische Physik der Universität Wien. Schrödinger hat auch an den Hochschultagen in Alpbach teilgenommen. Da es ihm im Ort gefiel, verbrachte er hier seine letzten Jahre. Seine Tochter Ruth Braunizer lebt heute noch in dem Tiroler Dorf. Erwin Schrödinger starb am 4. Januar 1961 in Wien an Tuberkulose. Er wurde seinem Wunsch entsprechend in Alpbach in Tirol beerdigt. Als Inschrift trägt das Grabkreuz die Gleichung, die seinen Namen trägt.

Leistungen und Auszeichnungen

1926 formulierte Schrödinger die nach ihm benannte Schrödingergleichung. Sie bildet eine der Grundlagen der Quantenmechanik und kam zwar etwas später als Heisenbergs Matrizenmechanik, ist aber heute wie damals der Standardzugang, weil sie die den Physikern vertraute Sprache der partiellen Differentialgleichungen benutzt. Diese Arbeiten brachten ihm Weltruhm und schließlich auch den Nobelpreis für Physik im Jahre 1933 ein. In dieser berühmten Artikelserie (Annalen der Physik Bd.79, S.361, 489, 734, und Bd.81, S.109, 1926) bewies er auch gleich die Äquivalenz seiner Formulierung mit der Matrizenmechanik von Heisenberg und Born.

Die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Ernst Mach führten ihn zur Beschäftigung mit der Theorie der Farbwahrnehmung. Auf diesem Gebiet wurde er bald zum anerkannten Experten. Er untersuchte auch Farben-Räume mit speziellen Metriken und gab so wichtige theoretische Anregungen beispielsweise bei der Erarbeitung des späteren XYZ-Farbraumes der CIE. [2] Die additive Farbmischung folgt den Regeln der Vektoraddition, deshalb führte Schrödinger die vektorielle Darstellung in die Farbmessung ein.[3]

1937 wurde ihm die Max-Planck-Medaille verliehen.

Doch Schrödinger war mehr als nur Physiker; zutiefst in seinem Inneren war er ein Philosoph.[4][5] In seinem 1944 erschienenem Werk Was ist Leben? (im Original What is Life?) führt er den Begriff der Negentropie ein. Sie hatte damals großen Einfluss auf die sich entwickelnde Molekularbiologie, indem sie versucht, biologische Themen physikalisch zu erklären und das Interesse auf den damals unbekannten Mechanismus der Vererbung lenkte, für den er den Begriff des „aperiodischen Kristalls“ prägte, den er sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch als Protein vorstellte. Dieses Werk gilt auch heute noch als Klassiker, wie auch viele seiner anderen oft in Form erweiterter Essays geschriebenen Bücher. Seine Einführungen in die Allgemeine Relativitätstheorie und die statistische Mechanik gelten wegen ihrer Knappheit und Beschränkung auf das Wesentliche ebenfalls heute als Klassiker.

Sein wohl bekanntestes Gedankenexperiment ist Schrödingers Katze[6], womit er die kontraintuitiven Auswirkungen der Quantenmechanik auf Gegenstände des täglichen Lebens übertrug und so seine Ablehnung der üblichen statistischen Interpretation der Quantenmechanik zum Ausdruck bringen wollte.

Erwin Schrödinger auf der 1000-Schilling Banknote (1983)

Außerdem veröffentlichte er 50 weitere Publikationen zu verschiedenen Themen. In den letzten Lebensjahren beschäftigte er sich intensiv mit Verallgemeinerungen der Allgemeinen Relativitätstheorie („einheitliche Feldtheorien“), worüber er auch mit Albert Einstein korrespondierte – das Verhältnis kühlte aber ab, als Schrödinger seinen Enthusiasmus für seine Theorie auch in überzogenen Pressemitteilungen verlauten ließ.

Von der Republik Österreich erhielt er das Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst.

Ihm zur Ehre wurde seit 1983 Schrödingers Abbild den österreichischen 1000-Schilling-Banknoten aufgedruckt.[7]

Einzelnachweise

  1. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem I“, Annalen der Physik 79 (1926), 361-376. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem II“, Annalen der Physik 79 (1926), 489-527. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem III“, Annalen der Physik 80 (1926), 734-756. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem IV“, Annalen der Physik 81 (1926), 109-139
  2. W. Heisenberg: Erwin Schrödinger. Jahrbuch der Bayrischen Akademie der Wissenschaften 1961,27-35
  3. Erwin Schrödinger: Grundlinien einer Theorie der Farbmetrik im Tagessehen. In: Annalen der Physik, Heft IV, Jahrgang 63, 1920, S. 397ff, S.489 ff.
  4. "Er verkörpert den Typus eines Gelehrten, der die engen Grenzen des Fachspezialistentums überschreitet und der in unserem Jahrhundert rar geworden ist. Erwin Schrödinger verstand sich als ein eminent philosophischer Physiker." - Dieter Hoffmann (Berlin): "Erwin Schrödinger" - Leipzig: Teubner, 1984. (Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner ; 66) - Vorwort S. 5
  5. „Doch Schrödinger war mehr als nur Physiker; zutiefst in seinem Inneren war er ein Philosoph, der sich sein Leben lang unter anderem und vor allem mit dem Wesen der Vererbung beschäftigte, die er als eine gegen die individuelle Vererbung gefeite Übertragung von Vergangenem in die Zukunft, als gegen die Stürme der Zeit immunes genealogisches Gedächtnis betrachtete“ - Evelyn Fox Keller: Das Leben neu denken: Metaphern der Biologie im 20. Jahrhundert. Aus dem Engl. von Inge Leipold. - Kunstmann, München 1998. S.67
  6. Erstmals dargestellt in: „Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik“, Naturwissenschaften (Organ der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte - Berlin, Springer) - Bd.23, 1935
  7. Schrödinger Banknote

Literatur

  • Hans Thirring: Der Weg der theoretischen Physik von Newton bis Schrödinger. Springer-Verlag, Wien, 1962 – Eine Würdigung des Werkes von Erwin Schrödinger (35 Seiten)
  • Walter Moore, A life of Erwin Schrödinger, Cambridge University Press, 1994. ISBN 0-521-46934-1
  • Dieter Hoffmann: Erwin Schrödinger. Teubner, Leipzig, 1984, 94 Seiten (Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner; 66)
  • Michael P. Murphy und Luk A.J. O´Neil (beide Hrg.): What is Life? The Next Fifty Years. Speculations on the future of biology. Cambridge University Press, 1995, ISBN 0-521-45509-X (hardback) und ISBN 0-521-59939-3 (paperback) – Aufsatzsammlung

Schriften und Tonaufnahmen

  • Gesammelte Abhandlungen (Collected papers). - Wien: Verlag der Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften; Braunschweig & Wiesbaden: Vieweg, 1984; vier Bände:
    • Band 1: "Beiträge zur statistischen Mechanik"
    • Band 2: "Beiträge zur Feldtheorie"
    • Band 3: "Beiträge zur Quantentheorie"
    • Band 4: "Allgemein wissenschaftliche und populäre Aufsätze"
  • Die Wellenmechanik - Stuttgart : Battenberg, cop. 1963. (Dokumente der Naturwissenschaft. Abteilung Physik ; Band 3) (Schrödingers Arbeiten zur Wellenmechanik) - Die Arbeiten zur Wellenmechanik sind auch nachgedruckt in Ludwig (Hrsg) Wellenmechanik, WTB.
  • Struktur der Raum-Zeit, Wissenschaftliche Buchgesellschaft (englisch „Space-time structure“ 1963, Einführung in Allgemeine Relativitätstheorie)
  • Statistische Thermodynamik, vieweg 1978
  • Briefe zur WellenmechanikSchrödinger mit Planck · Einstein · Lorentz / hrsg. im Auftrag der Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften von K. Przibram
  • Mein Leben, meine Weltansicht. Verlag Zsolnay, Wien 1985, ISBN 3-552-03712-8 und Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 3. Auflage, 2008, ISBN 978-3-423-34273-5
  • Die Natur und die Griechen. Verlag Zsolnay, Wien 1987, ISBN 3-552-00742-3 (Sherman Lectures am University College, London, 24., 26., 28. und 30. Mai 1948)
  • Was ist Leben? - Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet, Leo Lehnen Verlag (Sammlung Dalp), München, 1951, 2.Aufl.
  • What is matter? Scientific American, 189, (1953), 52-57
  • Was ist Materie?, 2-CD-Set, 86 Minuten, Originaltonaufnahmen, supposé Köln, ISBN 3-932513-30-4
  • Was ist ein Naturgesetz ?, Oldenbourg 1962
  • Geist und Materie, diogenes Verlag 1994

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • SCHRÖDINGER (E.) — La notoriété mondiale d’Erwin Schrödinger ne contredit pas la conscience qu’il avait d’appartenir à un temps de la science où l’individualité du savant s’estompe comme celle des constituants ultimes de la matière. Il a eu son heure majeure… …   Encyclopédie Universelle

  • Schrödinger — Schrödinger,   Erwin, österreichischer Physiker, * Wien 12. 8. 1887, ✝ ebenda 4. 1. 1961; Professor in Stuttgart (1920), Breslau (1921), Zürich (1921 27), Berlin, Oxford (1933 36) und Graz (bis 1938). 1938 emigrierte Schrödinger nach Irland, wo… …   Universal-Lexikon

  • Schrödinger — Schrödinger, Erwin Schrödinger, ecuación de …   Enciclopedia Universal

  • Schrödinger — Erwin …   Scientists

  • Schrödinger — (Erwin) (1887 1961) physicien autrichien; célèbre pour ses travaux de physique nucléaire et de mécanique ondulatoire. P. Nobel (avec P. Dirac) 1933 …   Encyclopédie Universelle

  • Schrödinger — (izg. šrédinger), Erwin (1887 1961) DEFINICIJA austrijski fizičar, osnivač valne mehanike, Nobelova nagrada za fiziku 1933 (s P. A. M. Diracom) …   Hrvatski jezični portal

  • Schrödinger — [shrö′diŋ ər] Erwin [er′vēn] 1887 1961; Austrian physicist …   English World dictionary

  • Schrodinger — Erwin Schrödinger Erwin Schrödinger Erwin Schrödinger en 1933 Naissance 12 août 1887 Vienne (Autriche Hongrie) …   Wikipédia en Français

  • Schrödinger — Erwin Schrödinger Erwin Schrödinger Erwin Schrödinger en 1933 Naissance 12 août 1887 Vienne (Autriche Hongrie) …   Wikipédia en Français

  • Schrödinger — El apellido germano Schrödinger puede hacer referencia a: Erwin Schrödinger, físico austriaco. Ecuación de Schrödinger, desarrollada por el físico Erwin Schrödinger para describir la evolución temporal de una partícula masiva no relativista.… …   Wikipedia Español

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”