Schwarzes Silizium

Schwarzes Silizium

Schwarzes Silicium (engl. black silicon) ist eine Oberflächenmodifikation des kristallinen Siliciums. Dabei entstehen durch hochenergetischen Beschuss durch Ionen oder ultrakurzer Laserpulse nadelförmige Strukturen auf der Oberfläche, die die Reflexion des Substrates stark verringern. Ursprünglich wurde diese Veränderung Mitte der 1980er Jahre beobachtet, damals war es ein negativer Nebeneffekt beim reaktiven Ionentiefenätzen (DRIE).[1][2]

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Rasterelektronemikroskopaufnahme von Schwarzem Silicium hergestellt durch reaktives Ionentiefenätzen (ASE-Prozess)

Schwarzes Silicium ist eine nadelförmige Oberflächenstruktur (mit einer Länge > 10 µm bei einem Durchmesser < 1 µm auf einkristallinem Silicium; vgl. [2]), weshalb die Strukturform auch als „silicon grass“ oder „RIE grass“ bezeichnet wird.

Wesentliches Merkmal ist eine erhöhte Absorption von einfallendem Licht. Ähnlich wie beim Mottenaugen-Effekt (Mechanismus bestimmter Antireflexionsschichten) wird durch die Strukturen die hohe Reflektivität des Silicium (in Abhängigkeit von der Wellenlänge 20 bis 30 % bei quasi-senkrechtem Einfall) deutlich gesenkt (auf ca. 5 %). Ursache dafür ist die Ausbildung eine sogenannten effektiven Mediums[3] durch die Mikrostruktur. Sie bewirkt einen stetigen Übergang der Brechzahl des effektiven Mediums, so dass keine scharfe optische Grenzfläche existiert an der das Licht (gemäß der Fresnel-Formeln) reflektiert werden kann. Stattdessen wird das Licht „sanft“ in das Material geleitet und kaum reflektiert, was das Objekt schwarz erscheinen lässt.

Anwendung

Die ungewöhnlichen optischen Eigenschaften des Halbleiters machen das Material auch für Sensoranwendungen interessant. Mit Stand Februar 2009 befinden sich die Anwendungen in Entwicklung. [4] Anwendungsbereiche sind:

  • Bildsensoren mit gesteigerter Empfindlichkeit
  • Restlicht-Verstärker
  • Wärmebildkameras
  • Photovoltaik mit etwa doppelter Effizienz durch verringerte Reflexion und gleichzeitig erhöhtem spektralem Bereich. Durch die extrem vergrößerte Oberfläche ist eine hohe Langzeitstabilität zu erwarten, was bisher häufig ein Problem war.[5][6][7]
  • Mechanische Kontakte und Schnittstellen. [2]

An weiteren Anwendungen im Terahertz-, Nano-Poren- und Befestigungs-Bereich wird geforscht.[8] [9][10][11]

Herstellung beim reaktiven Ionentiefenätzen

Rasterelektronemikroskopaufnahme einer einzelnen „Nadel“ von Schwarzem Silicium hergestellt durch reaktives Ionentiefenätzen (ASE-Prozess)

Das reaktive Ionentiefenätzen ist in der Halbleitertechnologie ein Standardverfahren für die Herstellung von Gräben und Löchern (mit einer Tiefe von bis zu einigen 100 Mikrometern, mit zum Teil sehr hohen Aspektverhältnissen). Dies wird erreicht in dem durch wiederholtes Wechseln zwischen einem Ätz- und einem Passivierungschritt.

Beim Ätzen können allerdings kleine Ablagerungen der Passivierung am Boden verbleibender und diesen „maskieren“. Bei einer Verlagerung des Prozesses hin zur Passivierung entstehen auszuformenden Struktur, die auch bei den folgenden Ätzschritten nicht abgetragen werden. Dadurch entstehen dort senkrechte Flächen an denen eine Polymerschicht sich ablagern kann und so können, abgedeckt durch die Ablagerung von oben und dem Polymer von den Seiten, lange Siliciumsäulen stehen bleiben.[12] Der Prozess kann so eingestellt werden, dass sich auf einem Quadratmillimeter Millionen Nadeln bilden können.[11]

Herstellung nach der Mazur-Methode

Im Jahr 1999 entwickelte eine Gruppe an der Harvard-Universität (um Eric Mazur und James Carey) ein Verfahren, bei dem schwarzes Silicium (genauer dubbed black silicon) durch Beschuss mit extrem energiereichen gepulsten Femtosekundenlasern entsteht. [13] Durch den Laserbeschuss wird die räumliche Struktur verändert und es entsteht eine nadelförmige Oberfläche (ca. 300 nm lang), die relativ gleichmäßig und gut reproduzierbar ist.

In Anwesenheit von Schwefelhexafluorid kann bei der Laser-Bestrahlung eine deutliche höhere Mengen an Schwefel in das Silicium eingebaut werden (Dotierung), wodurch der Bandabstand verringert wird und so die elektrischen und optischen Eigenschaften des Materials ändert. Durch die geringere Bandlücke reicht auch niederenergetisches Licht (bis in den Infrarotbereich) aus, um Elektronen in das Leitungsband anzuregen (siehe Photoeffekt). Durch zusätzliches Anlegen einer kleinen Bias-Gleichspannung kann die Empfindlichkeit und damit die erzeugte Stromstärke um einen Faktor größer 100 gesteigert werden. Ursache ist, dass ein Photon hier viele Elektronen herauslöst. [14] [15]

Weblinks

  • E. Mazur, J. Carey, C. Crouch, R. Younkin: Fabrication of micrometer-sized conical field emitters using femtosecond laser-assisted etching of silicon. In: MRS Spring Meeting. 20. April 2001 (PDF ; Interessante Vortragsfolien zur Methode von Mazur und Carey). 

Einzelnachweise

  1. H. Jansen, M. J. de Boer, R. Legtenberg, M. C. Elwenspoek: The black silicon method: a universal method for determining the parameter setting of a fluorine-based reactive ion etcher in deep silicon trench etching with profile control. In: J. Micromech. Microeng. 5, 1995, S. 115–120 (doi:10.1088/0960-1317/5/2/015). 
  2. a b c ‚Black Silicon‘ als funktionelle Schicht der Mikrosystemtechnik. TU Ilmenau, 02. Feb. 2007, abgerufen am 16. Feb. 2009
  3. Tuck C. Choy: Effective Medium Theory: Principles and Applications. Oxford Univ Pr, 1999, ISBN 0198518927. 
  4. Carsten Meyer: Schwarzes Silizium: Sensor-Material der Zukunft? Auf: Heise Online. 5. Feb. 2009, abgerufen am 16. Feb. 2009
  5. Alok Jha: ‚Black silicon‘ boosts solar cell efficiency. Auf: guardian.co.uk. 15. Okt. 2008, abgerufen am 16. Feb. 2009
  6. Svetoslav Koynov, Martin S. Brandt, Martin Stutzmann: Black nonreflecting silicon surfaces for solar cells. In: Applied Physics Letters 88, 2006, S. 203107 (doi:10.1063/1.2204573,PDF)
  7. Svetoslav Koynov, Martin S. Brandt, Martin Stutzmann: Black multi-crystalline silicon solar cells. In: Physica status solidi-rapid research letters 1, Nr. 2, 2007, S. R53–R55 (doi:10.1002/pssr.200600064, PDF)
  8. Gail Overton: Teraherz Technology: Black silicon emits terahertz radiation. In: Laser Focus World 2008, abgerufen am 20. Feb. 2009
  9. Cheng-Hsien Liu: Formation of Silicon Nanopores and Nanopillars by a Maskless Deep Reactive Ion Etching Process. Hong Kong, 11. Nov. 2008 (Präsentation, PDF)
  10. Zhiyong Xiao, Chunhua Feng, P.C.H. Chan, I-Ming Hsing: Formation of Silicon Nanopores and Nanopillars by a Maskless Deep Reactive Ion Etching Process. In: International Solid-State Sensors, Actuators and Microsystems Conference, 2007.. 2007, S. 89-92 (doi:10.1109/SENSOR.2007.4300078). 
  11. a b Martin Schäfer: Klettverschluss im Miniformat – „Siliziumgras“ hält Mikrobauteile zusammen. Auf: wissenschaft.de. 21. Juni 2006.
  12. Mike Stubenrauch, Martin Hoffmann, Ilona Hirt: Siliziumtiefätzen (DRIE). 2006, Seite 31 (Präsentation)
  13. William J. Cromie: Black Silicon, A New Way To Trap Light. In: Harvard Gazette. 9. Dez. 1999, abgerufen am 16. Feb. 2009
  14. Wade Roush: Xconomy: SiOnyx Brings “Black Silicon” into the Light; Material Could Upend Solar, Imaging Industries. Auf: Xconomy. 10. Dez. 2008, abgerufen am 16. Feb. 2009 (Erklärung der Funktionsweise)
  15. Prachi Patel-Predd: 'Black Silicon' A new type of silicon promises cheaper, more-sensitive light detectors.. Auf: Technology Review Online. 29. Okt. 2008, abgerufen am 16. Feb. 2009

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