Schülermütze

Schülermütze
Schülermütze des Andreas-Realgymnasiums in Hildesheim, ca. 1930
Draufsicht
Klassenfoto einer hessischen Oberschule um 1924, Schüler und Schülerinnen mit Schülermützen

Die Schülermütze war von den 1870er Jahren bis in die 1930er Jahre in Deutschland eine Kopfbedeckung für Schüler und teilweise auch Schülerinnen weiterführender Schulen wie Gymnasien, Oberrealschulen und Realschulen aber auch Mädchenpensionaten. Die Gestaltung richtete sich nach den bei Studentenverbindungen üblichen Couleurmützen (siehe auch Studentenmütze).

Die Mützen wurden eingesetzt, um die Schüler nach Schulen und Klassenstufen zu differenzieren, wobei es bei der Umsetzung starke regionale oder lokale Unterschiede gegeben haben muss. In der Regel war die Mützenfarbe von der Klassenstufe abhängig. Mit jeder Versetzung bekam der Schüler eine neue Mützenfarbe, Sitzenbleiber wurden dabei sofort erkannt. Teilweise gab es auch die Regelung, dass die Mütze einer Oberklasse (Obersekunda, Oberprima) sich nur durch eine silberne Litze von der Mütze der entsprechenden Unterklasse (Untersekunda, Unterprima) unterschied.

Die Schulen wurden durch den um den Kopf umlaufenden Farbstreifen unterschieden. So konnte ein Gymnasium seine Schüler zum Beispiel durch einen Streifen in den Burschenschaftsfarben Schwarz-Rot-Gold kenntlich machen. Teilweise wurden auch so genannte "Stürmer" eingesetzt.

Die Mützen mussten jeweils zu Beginn eines neuen Schuljahres von den Schülern bei einem ortsansässigen Hutmacher gekauft werden.

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahre 1933 wurden die Schülermützen von den neuen Herrschern als "Eierschalen der Reaktion" und "Ausgeburt des Klassendünkels" gebrandmarkt und bald abgeschafft. Die Schüler wurden von dem "Bund Deutscher Mädel" (BDM) und der "Hitler-Jugend" (HJ) neu eingekleidet.

Die Schülermützen sind heute in Vergessenheit geraten. Es gibt praktisch keine allgemeine Literatur zum Thema. Nur Zeitzeugenberichte und erhaltene Originalexemplare geben über die verschiedenen Regelungen für Schülermützen Auskunft. Mitglieder einer Schülerverbindung tragen jedoch bis heute auf offiziellen Veranstaltungen der Schule und der Verbindung Schülermützen.

Inhaltsverzeichnis

Beispiel einer Farbregelung

Die überlieferte Farbregelung der Ludwig Meyn Schule in Uetersen sah in den 1920er Jahren folgende Farbregelung für die einzelnen Jahrgangsstufen vor:

  • Untertertia: dunkelgrünes Mützentuch, blau-weiß-rotes Band
  • Obertertia: dunkelgrünes Mützentuch, weiß-schwarz-weißes Band
  • Untersekunda: violettes Mützentuch, blau-weiß-rotes Band
  • Obersekunda: violettes Mützentuch, weiß-schwarz-weißes Band
  • Unterprima: weinrotes Mützentuch mit silberner Kordel oben, blau-weiß-rotes Band
  • Oberprima: weinrotes Mützentuch mit silberner Kordel oben, weiß-schwarz-weißes Band

Dabei fällt auf, dass die Mützenbänder in den Unteren Stufen der Tertia, Sekunda und Prima in den Farben der preußischen Provinz Schleswig-Holstein und die Oberen Stufen in den Farben Preußens gehalten waren. Ferner wurde die besondere Kennzeichnung durch eine Silberkordel nur den Primanern zuteil.

Die Schule war zu diesem Zeitpunkt ein Aufbaugymnasium, dessen Schüler die der Sexta, Quinta und Quarta entsprechenden Klassenstufen bereits hinter sich hatten, als sie aufgenommen wurden. Daher fehlen hier Farbangaben.

Schülermütze in anderen Ländern

Seit den neunziger Jahren tragen die Schüler der Gymnasien in Estland wieder Kopfbedeckungen, die in Aussehen und Funktion den bis 1930 üblichen deutschen Schülermützen entsprechen. In Dänemark, Schweden und Finnland tragen Abiturienten zum Schulabschluss und während des darauf folgenden Sommers oft eine so genannte Schülermütze (Dänemark: studenterhue, Schweden: studentmössa). Diese gehen sowohl auf die Tradition der Schülermütze als auch auf die der Studentenmützen zurück. Mehr dazu siehe Studentenmützen in Skandinavien.

Literatur

  • Michael Freyer: Geschichte der Schülerkleidung. In: Max Liedtke (Hrsg.): Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens. Bd. 4. Klinkhardt, Bad Heilbrunn/Obb. 1997. S. 273–299. ISBN 3-7815-0664-9

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