Separation (Flurbereinigung)

Separation (Flurbereinigung)

Bei Separationen, Markenteilungen oder Verkoppelungen handelte es sich um Vorformen der heutigen Flurbereinigung im 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland. Sie bewirkten insgesamt eine Neuverteilung der landwirtschaftlich genutzten Bodenfläche, was einer großangelegten Agrarreform gleich kam. Die Separation veränderte das Landschaftsbild grundlegend, da sie die Dreifelderwirtschaft abschaffte und die heutigen geometrischen Ackerformen schuf.

Inhaltsverzeichnis

Gemeinheitsteilung

Die britischen Enclosures waren bereits Anfang des 19. Jahrhunderts weitgehend abgeschlossen. In Deutschland hingegen gab es noch Anfang des 19. Jahrhunderts vielfältigen Allgemeinbesitz und Nutzungsberechtigungen an landwirtschaftlichen Flächen. Allgemeinbesitz war die Mark (Feldmark) oder auch Allmende (ahdt. algimeinida). Dies bezeichnete den Teil der Gemeindeflur, der sich im Gemeineigentum eines Dorfes befand. Gewöhnlich wurde die Mark als Wald oder Weide, auch Waldweide genutzt, viele Flächen waren aber auch Moor oder Ödland. Nutzungsberechtigt waren meistens nur die ansässigen Bauern, die die Markgenossen waren.

Neben diesem gemeinschaftlichem Eigentum gab es auch Nutzungsberechtigungen, die auf dem Grundeigentum lasteten. Hierzu zählten „Nutzungsberechtigungen

  • zur Weide oder Hutung,
  • zur Waldmast, Holz-, Streu-, Schilf-, Binsen-, oder Rohrgewinnung,
  • zum Grasschnitt, Plaggen-, Heide- oder Bültenhieb,
  • zur Torfnutzung,
  • zum Pflücken des Grases und des Unkrautes auf bestellten Feldern (zum Krauten), Nachrechen auf abgeernteten Feldern oder Stoppelharken,
  • zur Nutzung fremder Äcker gegen Hergabe des Düngers,
  • zum Fruchtgewinn von einzelnen Stücken fremder Äcker (Deputatbeete),
  • zum Harzscharren“.[1]

Die britischen 'Commons' bezeichneten ganz ähnliche Rechte, allerdings nicht an Gemeindeeigentum sondern insbesondere an Krongut der britischen Monarchen.

Da durch das gemeinschaftliche Eigentum und durch die unterschiedlichen Nutzungsberechtigungen eine Bewirtschaftung behindert wurde, sollte das Eigentum aufgeteilt und die Nutzungsberechtigungen abgelöst werden. Erste Maßnahmen hierzu wurden in den deutschen Ländern gegen Ende des 18. Jahrhunderts durchgeführt. Eine umfassende Aufteilung begann jedoch erst im 19. Jahrhundert nach der Zeit Napoleons.

In Preußen wurde 1821 die Gemeinheitsteilungsordnung erlassen, es folgte 1850 ein Gesetz zur Ablösung der Reallasten. Das gemeinschaftliche Eigentum wurde auf die Berechtigten aufgeteilt oder die Berechtigten wurden mit Geld entschädigt. Dadurch entstanden teilweise kleine Splittergrundstücke, im Zusammenhang mit der Teilung war jedoch auch eine Zusammenlegung möglich. Bei Reallasten musste der Grundstückseigentümer den Berechtigten für die Ablösung entschädigen.

Zusammenlegung

Da durch die Gemeinheitsteilungen kleine Grundstücke entstanden und auch der sonstige Grundbesitz eines Eigentümers zerstreut liegen konnte, wurde es nötig, Grundbesitz zusammenzulegen.

In Preußen wurde die Gemeinheitsteilungsordnung von 1821 im Jahr 1872 geändert und auf die Zusammenlegung von Grundstücken, die nicht im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, erweitert. Damit wurde die Zusammenlegung eine selbständige Maßnahme der Neuordnung. In Hannover, Schleswig-Holstein und Oldenburg wurde diese Zusammenlegung Verkopplung genannt, in Bayern wurde sie zuerst Flurbereinigung genannt.

Bei diesen Verfahren wurden die von den Bauern individuell genutzten, aber stark parzellierten Flächen neu verteilt, so dass größere Parzellen und ein neues Wegesystem geschaffen wurde. Hierdurch wurde die Produktivität der Betriebe gefördert, da sich Wege verkürzten, weniger Zugvieh nötig wurde und die eigenen Flächen besser in Aufsicht standen. Allerdings unterblieben in Deutschland weitgehend Aussiedlungen von Höfen, so dass die alten Dorfstrukturen erhalten blieben.

Geschichte

Frühe Formen der Flurbereinigung lassen sich in vielen Teilen Europas nachweisen. Am weitesten gingen die englischen Einhegungen, die unter dem Namen Enclosure Movement schon im frühen 16. Jahrhundert einsetzten und politisch vorangetrieben wurden. In Schleswig-Holstein (im Landesteil Schleswig) begannen ebenfalls schon im 17. Jahrhundert erste Verkoppelungen, die im 18. Jahrhundert zunehmend von der bäuerlichen Bevölkerung gefordert wurden. In Nordwestdeutschland wurden sie ebenfalls seit der Mitte des 18. Jahrhunderts forciert, wobei oft die Initiative von den Bauern ausging.

In den brandenburgisch-preußischen Territorien regte Friedrich II. ("der Große") die Separation nach englischem Vorbild (vgl. Einhegung) in einem Zirkular vom 28. Juni 1765 an. Schon ein Jahr später erschien die kleine anonyme Schrift "Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Mark Brandenburg nach ihren großen Vorteilen ökonomisch betrachtet", in der auch die Vorteile der Zusammenlegung der Acker und Wiesenstücke hergeleitet wurden. In einer Verordnung vom 21. Oktober 1769 wurden Separationskommissare in jedem Kreis eingesetzt, die die Aufgabe hatten, die jeweils beantragte Flurneuordnung zu begleiten.[2]

Wegweisend wurde die Lüneburgische Gemeinheitsteilungsordnung von 1802, die am Anfang einer Reihe von gesetzlichen Maßnahmen im 19. Jahrhundert stand.

Die Durchführung der Separation, die zu starken Veränderungen in der Landwirtschaft führte, wurde von vielen Problemen gebremst. Dazu zählte die Angst der Landeigner vor finanziellen Verlusten ebenso wie Streitigkeiten der Interessenten bei der Aufteilung der Parzellen nach Größe und Bodengüte und der anschließenden Verlosung. Mitunter dauerte die Separation ganzer Orte in mehreren Etappen über zehn Jahre. Zum Beispiel endete die 1786 von Letschin (Oderbruch) beantragte Separation erst nach 1804. Die Entscheidung für die Separation und den Aufbau der Hofstellen am neuen Ort bekamen hier wie in anderen Orten durch Brände im Dorf eine Erleichterung.[2]

Die Neuordnung des Grundbesitzes und der Bodenbewirtschaftung ging in vielen Territorien mit der sog. Bauernbefreiung, also der Aufhebung von herrschaftlichen Abhängigkeiten einher, begann teilweise schon im 17. und wurde manchmal erst im späten 19. Jahrhundert vollendet.

Zur heute noch geltenden Rechtslage siehe Gemeinheitsteilung.

Quellen

  1. Gemeinheitsteilungsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 28. November 1961
  2. a b Das Oderbruch; Peter Fritz Mengel; Reprint 2003; Seite 217 ff

Literatur

  • Brakensiek, Stefan: Agrarreform und ländliche Gesellschaft. Die Privatisierung der Marken in Nordwestdeutschland 1750-1850. (Forschungen zur Regionalgeschichte 1) Paderborn 1991.
  • Mengel, Peter Fritz: Das Oderbruch. Reprint-Ausgabe von 1930/34 in zwei Bänden. Hardcover mit Goldprägedruck, 1008 Seiten inkl. 204 Schwarzweiß-Bildtafeln und 5 Colorzeichnungen, viademica.verlag berlin, 2003,ISBN 3-932756-90-8.
  • Wolfgang Prange: Die Anfänge der großen Agrarreformen in Schleswig-Holstein bis um 1771. (Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins 60) Neumünster 1971.

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