Sidschilmasa

Sidschilmasa
31.28-4.28
Sidschilmasa (Marokko)
Sidschilmasa
Sidschilmasa
Die mit Steinen versetzten Lehmziegelmauern sind stark verwittert. In der Mitte eine Qubba

Sidschilmasa (arabisch ‏سجلماسة‎, DMG Siǧilmāsa) war ein mittelalterliches Handelszentrum im westlichen Maghreb südlich des Hohen Atlas. Die Oasensiedlung wurde Mitte des 8. Jahrhunderts gegründet und bildete das Zentrum der Banu Midrar aus dem Berberstamm der Miknasa. Die zeitweilig wirtschaftlich und politisch mächtige Stadt verlor Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Rückgang des Karawanenhandels ihre Bedeutung und wurde 1816 bei einem Angriff von Berbern aus dem Hohen Atlas zerstört.

Die Ruinen aus Stampflehm liegen außerhalb der heutigen Kleinstadt Rissani 21 Kilometer südlich von Erfoud in der marokkanischen Region Meknès-Tafilalet. Bis ins 11. Jahrhundert war Sidschilmasa der Ausgangspunkt für die westliche Route des Transsaharahandels und eines der wichtigsten Handelszentren im Maghreb. Durch den Handel mit dem Reich von Ghana erlangte Sidschilmasa großen Wohlstand. Getauscht wurden vor allem Luxuswaren aus dem Mittelmeerraum gegen Gold.

Schon um 771 erlangte das Handelszentrum de facto seine Unabhängigkeit vom Kalifat der Abbasiden und entwickelte sich zum Zentrum eines charidschitischen Emirats, das ab 823 von der Midrariden-Dynastie (siehe Liste der Midraridenherrscher) regiert wurde und Beziehungen zum Fürstentum der Rustamiden pflegte. Auf Grund ihres Wohlstandes konnte die Stadt ihre Selbstständigkeit lange Zeit behaupten, geriet jedoch in den Machtkampf zwischen dem Kalifat von Córdoba und jenem der aufstrebenden Fatimiden. Letztere nahmen Sidschilmasa 909 ein und machten die Midrariden zu ihren Vasallen. Im Bündnis mit dem sunnitischen Umaiyaden von Córdoba versuchte Sidschilmasa zwar, sich von den ismailitischen Fatimiden zu lösen (der Midraride Muhammad asch-Schakir (reg. 943–958) erklärte sich sogar zum Kalifen), doch hatte dies nur eine erneute Unterwerfung der Stadt durch den fatimidischen Heerführer Dschauhar zur Folge (958). Nun wieder auf Seiten der Fatimiden stehend, wurde Sidschilmasa 977 oder 980 vom Berberstamm der Maghrawa angegriffen, dessen Anführer Chazrun mit Córdoba verbündet war und die Miknasa aus der Stadt vertrieb.

Unter den Banu Chazrun (siehe Liste der Maghrawa-Herrscher von Sidschilmasa) konnte die Stadt ihre Rolle als Handelszentrum zunächst behaupten, doch kam es zunehmend zu Konflikten mit den Sanhadscha, die in der Sahara nomadisierten. Nachdem Ibn Yasin die Sanhadscha zum Kampfbund der Almoraviden zusammengeschlossen hatte, unterwarfen diese 1054 Sidschilmasa und setzten die rigorose Auslegung des Islams von Ibn Yasin durch. Gegen diese Herrschaft kam es bereits 1055 zu einem Aufstand, in dessen Verlauf die Almoraviden besiegt wurden und ihr Führer Yahya ibn Umar ums Leben kam. Dessen Nachfolger Abu Bakr ibn Umar schlug den Aufstand schon 1056 nieder und zerstörte Sidschilmasa. Die Bedeutung der Stadt als Handelszentrum ging danach zurück.

Literatur

  • Stephan Ronart, Nandy Ronart: Lexikon der Arabischen Welt. Ein historisch-politisches Nachschlagewerk. Artemis Verlag, Zürich u. a. 1972, ISBN 3-7608-0138-2.

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