Badgir

Badgir
Der Bādgir von "Dowlat-abad" in Yazd, ist einer der höchsten Windfänger
Illustration der Funktionsweise eines Windturms in Verbindung mit Qanaten zur Kühlung
Windtürme in Dubai

Ein Bādgir (persischبادگير‎, „Windfänger“), ist ein traditionelles persisches Architekturelement, welches seit Jahrhunderten für die Ventilation (Belüftung) von Gebäuden verwendet wird. Es ist nicht genau bekannt, wo ein Bādgir zum ersten mal zum Einsatz gekommen ist, aber sie werden auch heute noch sehr gerne in den verschiedensten Varianten genutzt. Ein Bādgir besitzt meist mindestens zwei vertikale Kanäle. Andere Windtürme wie der Malqaf (arab.) hingegen besitzen meist nur einen Kanal.

Der Bādgir ist ein massiv gebauter Turm, der von den untersten Räumen eines Gebäudes bis über das Dach hinausreicht. Er ist unterteilt, meist in vier vertikal geführte Lüftungskanäle die oben in alle vier Himmelsrichtungen geöffnet sind und zur Steuerung einzeln verschlossen werden können. Der Bādgir kann je nach seiner Ausführung und Einbindung ins Gebäude, dem Standort und vor allem der augenblicklichen klimatischen Situation unterschiedlich wirken und kann mit anderen Einrichtungen kombiniert werden.

Die Höhe des Turms ermöglicht einen auf Wärmeströmung beruhenden Kamineffekt, das Zuführen frischerer Luft und das ungehinderte Wirken des Windes. In eng bebauten Siedlungen eröffnen sich zusätzliche Freiheiten, weil die Gebäudeausrichtungen unabhängig von einer Hauptwindrichtung an der Sonne orientiert werden können um starke Einstrahlungen in die Fenster zu vermeiden. Nachdem zunehmend elektromechanische Ventilatoren und Klimaanlagen eingesetzt werden, treten Badgire im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit wieder mehr ins Blickfeld.

Inhaltsverzeichnis

Grundfunktionen

Herrschen im Gebäude höhere Temperaturen als außerhalb und weht kein Wind, wirkt der Kamineffekt. Dies kann besonders nachts vorkommen. Die kalte Nachtluft strömt durch Gebäude und Bādgir und kühlt die als Wärmepuffer wirkenden Wände. Die erwärmte Luft steigt im Bādgir auf und entweicht. Weht hingegen ein Wind, so kehrt sich die Strömung um. Der Staudruck auf der der Windrichtung zugewandten Seite (Luv) drückt die kalte Luft durch den Bādgir, der dabei gekühlt wird, was aber nicht zu einer deutlichen Erwärmung der Luft führt. Die warme Luft strömt entsprechend den Druckverhältnissen meist aus verschiedenen Öffnungen. Sobald auch die hinausströmende Luft kühler als die Wände wird, kühlt sie auch alle umströmten Flächen, so auch den Kanal im Bādgir der auf der windabgewandten Seite (Lee) öffnet. Zusätzlich strahlen nachts die Wände von Turm und Gebäude, insbesondere des Daches Wärme ab, der Himmel ist meist sehr klar.

Steigt bei Windstille die Umgebungstemperatur über die Innenraumtemperatur, fällt die Luft im Bādgir abwärts, es tritt ein umgekehrter Kamineffekt ein. Die Luft kühlt an den nachts abgekühlten Turminnenwänden ab und belüftet den Innenraum. Durch weitgehendes Schließen der Öffnungen kann die Strömung verlangsamt werden, um die „gespeicherte Kühle“ besser auszunutzen, also um die Turmwände nicht vorzeitig aufzuheizen und die dem Temperaturunterschied entsprechende Wärmekapazität durch Einspeichern von Wärme auszuschöpfen. Oft ist es im Gebäude ohnehin noch recht kühl ist und nur Kohlenstoffdioxid und andere Stoffe sollen durch die Tür oder andere tiefgelegene Öffnungen abgeführt werden. Steigt die Temperatur der Wände über die Lufttemperatur, kehrt sich der Luftstrom um und der Turm wirkt als Kamin mit aufsteigender Strömung. Kommt hingegen in dieser Situation Wind auf, so fließt die Luft entgegen dem Kamineffekt durch Staudruckeffekt und Druckdifferenz zwischen Luv und Lee den Turm hinab, durch den gegenüberliegenden Kanal wieder hinauf und aus der an Lee liegenden Öffnung hinaus. Über die Öffnungen zu den Räumen findet ein Luftaustausch statt und es wird Bewegung in die Raumluft gebracht. Abhängig von Gestaltung und Situation kann in einem Raum Luft zum Fenster hinausströmen oder hereinströmen. Liegt der statische Druck in der strömenden Luft in Folge des Bernoulli-Effekts unter dem natürlichen Luftdruck, kann die unter natürlichem Luftdruck stehende Raumluft in den Bādgir einströmen. Sie wird über den Kanal (Lee) abgeführt. Diese Vorgänge ermöglichen eine Annäherung der Raumtemperatur an die nächtlichen Außenlufttemperaturen.

Nutzung von Verdunstungskälte

Neben dem Luftaustausch bewirkt der Luftstrom im Bādgir auch eine Zirkulation der Luft innerhalb des Gebäudes. Dies kühlt durch Transpirationsunterstützung auch die Haut der Nutzer und die Luft die über Pflanzen streicht. Wird eine Luftströmung durch Gestaltung von Bādgir und Räumen über eine Wasserfläche oder feuchte Flächen geführt, tritt durch Evaporation mit der Verdunstungskälte eine zusätzliche Abkühlung auf. Dies kann direkt geschehen, wenn die befeuchtete abgekühlte Luft in die Räume gelangt beziehungsweise dort bleibt oder indirekt, wenn diese Luft die Wände des Bādgir abkühlt. Diese können in späteren Situationen von der dann in anderer Richtung zuströmenden Luft Wärme aufnehmen und sie so kühlen. Oft sind Wasserbecken oder Springbrunnen im Luftzustrom angeordnet.

Die Länge der Kanäle, und damit die Wärmekapazität und die Wassermenge, die zur Verdunstung und Kühlung, bereit steht, kann unter anderem durch einen im Erdreich liegenden Lüftungskanal erhöht werden. Der Bādgir steht dann mit etwas Abstand zum Gebäude. Die Kühlwirkung kann durch Bepflanzung und Bewässerung des Bodens über dem Bādgir gefördert werden, da das Wasser dann im Kanal verdunstet. Dies funktioniert nur, wenn ein Einströmen vom Bādgir zum Gebäude erreicht wird.

Der Bādgir kann auch mit anderen Anlagen zusammenarbeiten. Wird der Luftstrom über die Öffnung eines Schachts geführt, der eine Verbindung zu einem unter dem Gebäude liegenden Qanat darstellt, steigt die im Qanat über das Wasser gestrichene und so abgekühlte Luft aus dem Schacht in die Räume. Dies geschieht, weil die strömende Luft einen niedrigeren statischen Drucks ausübt, als der natürliche Luftdruck am Ort anderer Schächte des Qanats, wenn dort keine oder geringere Strömung, also wenig Wind unmittelbar am Boden stattfindet. Auch andere oben genannte Situationen können schon zu einem Luftzug aus dem Qanat ins Gebäude führen.

Die Windfänger werden auch für Kühlräume (Yakhchāl) und Wasserreservoire (Âb Anbārs) eingesetzt und sind in der Lage mit Hilfe der Verdunstungskälte das gespeicherte Wasser im Sommer über Monate auf eine Temperatur nahe dem Gefrierpunkt zu kühlen. Am höchsten Punkt des Kuppeldaches dieses Raums befindet sich eine Öffnung. Dort ist die Windgeschwindigkeit entsprechend dem Venturi-Effekt am größten, entsprechend dem Bernoulli-Effekt herrscht ein geringerer Druck. Ein oder oft vier Badgire führen der Zisterne Luft zu. Die Luft streicht über das Wasser, die obere Warme Wasserschicht verdunstet, die Verdunstungskälte kühlt das Wasser und die feuchte warme Luft entweicht durch die druckarme obere Öffnung.


Siehe auch

Weblinks


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