Skyrunner

Skyrunner

Skyrunning ist eine der jüngsten und zugleich eine der extremen Disziplinen des Alpinismus. Der englische Begriff Skyrunning (= „Himmelslaufen“) bezeichnet dabei eine Mischform aus dem gewöhnlichen Berglauf und dem Höhenbergsteigen. Von ersterem grenzt sich das Skyrunning dadurch ab, dass es zumeist in großen Höhen, also über 5000 m, stattfindet; der Unterschied zum gewöhnlichen Höhen- oder Expeditionsbergsteigen schließlich besteht einerseits im Faktor Zeit, andererseits in der Tatsache, dass ein Skyrunner normalerweise alleine unterwegs ist. Schließlich zeichnet sich das Skyrunning auch dadurch aus, dass es – im sauberen Stil praktiziert – auf Versorgungsstationen oder Helfer unterwegs verzichtet und auch ohne Flaschensauerstoff auskommt.

Skyrunning ist also Solo-Berglauf auf Zeit in großen Höhen im Alpinstil.

Inhaltsverzeichnis

Anforderungen

Aus dieser Definition des Skyrunnings ergeben sich auch die speziellen Charakteristika und Gefahren dieser Disziplin: Ein Skyrunner muss aufgrund der großen Höhe eine vorzügliche Akklimatisation sowie hochalpine Erfahrung aufweisen; darüber hinaus muss er über eine gute Selbsteinschätzungsfähigkeit verfügen, um auch bei dünner Luft und zunehmender Erschöpfung noch klar denken und entscheiden zu können. Um einen hohen Berg nun auch tatsächlich „auf Zeit“ besteigen zu können, ist natürlich auch eine hervorragende Kondition erforderlich, sowie viel Mut und Eigeninitiative, um derartige Solotouren überhaupt erst planen und angehen zu können. Aufgrund all dieser entscheidenden Faktoren sowie der hohen Reise- und Permitkosten in außeralpine Gebirge ist das Skyrunning ein Sport, der nur wenigen vorbehalten ist.

Geschichte

Die Wurzeln des Skyrunning gehen bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Bereits 1953 bestieg Hermann Buhl als erster den Nanga Parbat – zwar mit Hochlagern und kreislauffördernden Drogen, aber auf dem Schlussstück alleine und ohne künstlichen Sauerstoff. 1957 ließ er zusammen mit Marcus Schmuck, Kurt Diemberger und Fritz Wintersteller die Erstbesteigung des Broad Peak (8.047 m) folgen – es war die erste Besteigung eines 8000ers im alpinen Stil (ohne Hochlager und ohne Sauerstoff). In den folgenden Jahrzehnten etablierte sich der Alpinstil bei den Extrembergsteigern, und zunehmend spielte auch der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle. Einen weiteren Schritt in Richtung Skyrunning setzte das russische Militär, das Wettrennen auf hohe Berge als Auswahlverfahren für die Teilnehmer an Himalaya-Expeditionen durchführte (einer dieser Wettbewerbe wird noch immer am Khan Tengri veranstaltet). Von „Skyrunning“ als eigener Disziplin war bei alledem natürlich nie die Rede. Heutzutage wird bei der modernen Form des Skyrunning vor allem dem sportlichen, weniger dem alpinen Gedanken Rechnung getragen und somit auch versucht, das Skyrunning als eigene Disziplin von anderen Sportarten oder Spielformen des Alpinismus abzugrenzen und zu etablieren.

Kritik

Besonders aus traditionellen Alpinistenkreisen wird die minutengenaue Zeitmessung beim Skyrunning häufig als dem Bergsteigen nicht angemessen kritisiert. Skyrunning wird als Herabsetzung klassischer alpinistischer Werte verstanden, insbesondere wird kritisiert, dass bei diesem Begehungsstil der Respekt vor dem Berg und der Natur auf der Strecke bleibe. Skyrunner dagegen verteidigen ihren Sport als vor allem im Vergleich zum Expeditionsstil besonders ökologisch verträglich.

Erfolgreiche Skyrunner

Der vermutlich erfolgreichste zeitgenössische Skyrunner im engeren Sinne ist Christian Stangl aus Admont in der Steiermark. Nach mehreren bemerkenswerten Achttausender-Touren (Shisha Pangma-Südwand, Cho Oyu-Nordwand jeweils solo) entdeckte der Bergsportler seine besondere Begabung für Ausdauer- und Geschwingkeitsleistungen in großen Höhen und ist mittlerweile professioneller Skyrunner. Zu seinen besonderen Touren zählen:

  • Alle Seven Summits in der Gesamtrekordzeit von 58:45; beispielsweise
    • Mount Everest (8.851 m): über die Nordroute in 16:42 h zum Gipfel
    • Aconcagua (6.956 m): in 4:25 h vom Basislager zum Gipfel
    • Kilimandscharo (5.895 m): vom Umbwe Gate (1.450 m) in 5:36:38 h zum Gipfel
    • Elbrus (5.642 m): von der Seilbahnstation Azau in 5:18 h zum Gipfel
  • zahlreiche weitere südamerikanische Sechstausender, meist in Rekordzeit, darunter drei Sechstausender innerhalb von 16:16 h

Bekannt ist auch Anatoli Bukrejew, ein kasachischer Bergsteiger, der elf Achttausender bestiegen hat, darunter den Dhaulagiri (8.164 m) in der Rekordzeit von 17:15 h. Bukrejew kam 1997 am Annapurna in einer Lawine ums Leben.

Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche andere Alpinisten oder einzelne alpine Leistungen, die es wert sind, als schnelle Ausdauerleistungen in großer Höhe genannt zu werden. Jedoch galten diese aufgrund der Neuheit des Begriffs „Skyrunning“ bisher eher als Ausnahmeleistung innerhalb des „regulären“ Expeditionsbergsteigens, nicht als Teil einer eigenen Disziplin „Skyrunning“. Oftmals ist die Grenze schwer zu ziehen. Einige Beispiele:

  • Sherpa Pemba Dorje, schnellste Besteigung des Mount Everest am 21. Mai 2004 über die Südroute zum Gipfel in 8:10 h.
  • Hans Kammerlander, zahlreiche Achttausender-Besteigungen ohne Flaschensauerstoff und solo; bekannt sind vor allem sein Aufstieg über die Nordroute in 17 Stunden und die anschließende erste Skiabfahrt vom Mount Everest. Kammerlander führte in den Alpen auch einige 24h-Marathontouren durch, die jedoch meist mit so großen technischen Schwierigkeiten verbunden waren, dass von Skyrunning im Sinne von Laufen nur schwerlich die Rede sein kann. Hier sind vor allem seine vier Matterhornbesteigungen über alle vier Grate an einem Tag zu nennen, sowie seine Gewalt-Tagestour Ortler-Nordwand – 256 km mit dem Rad – Große Zinne-Nordwand.
  • Pavle Kojzek aus Slowenien bestieg am 2. Oktober 2006 den Cho Oyu in nur 14:30 h vom vorgeschobenen Basislager aus über eine neue Route alleine, im Alpinstil und ohne Flaschensauerstoff.

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