Smertnizy

Smertnizy

Smertnizy (Selbstmörderinnen), Schahidki (Märtyrerinnen) oder Schwarze Witwen werden die tschetschenischen Selbstmordattentäterinnen genannt. Noch bis vor kurzem war es in der streng patriarchalischen tschetschenischen Gesellschaft undenkbar, dass Frauen zu den Waffen greifen.

Das erste Selbstmordattentat wurde von zwei Frauen am 7. Juni 2000 ausgeführt, als sie sich mit einer Autobombe vor einem russischen Polizeigebäude in die Luft sprengten.

Unter den Geiselnehmern im Moskauer Dubrowka-Theater im Oktober 2002 waren auch Frauen. Zwei von ihnen überlebten und legten Zeugnis ab: Fatima und Raissa Munajewa hatten durch Säuberungsaktionen der russischen Truppen in Tschetschenien ihren Vater, einen jüngeren und zwei ältere Brüder sowie weitere Verwandte verloren und wurden einige Monate vor der Geiselnahme im Nordost-Theater gemeinsam mit anderen Frauen von Rebellentruppen rekrutiert und an den Waffen ausgebildet.

Teilweise hatten die jungen Frauen, die von tschetschenischen Rebellentruppen in Selbstmordattentate geschickt wurden, keine Ahnung, was ihnen bevorstand. Die 15-jährige Sarema Inarkajewa wurde am 5. Februar 2002 ahnungslos losgeschickt. Sie sollte eine Sporttasche vor dem russischen Polizeirevier in Grosny deponieren. Andere hingegen, wie die 20-jährige Sulichan Jelichadschijewa, die im Juli 2003 an einem Rockfestival in Moskau 16 Menschen mit in den Tod nahm, wussten genau, was sie taten.

Ebenfalls im Juli 2003 wurde in einem Moskauer Restaurant Sarema Musachojewa festgenommen, als sie eine Bombe zünden wollte. Musachojewa kooperierte in der Hoffnung auf ein mildes Urteil mit den Behörden, worauf mehrere ihrer Hintermänner festgenommen werden konnten. Sie wurde jedoch zu 20 Jahren Haft im Lager verurteilt. Wenige Stunden nach der Bestätigung des Urteils durch den Obersten Gerichtshof in Moskau sprengte eine weitere junge Tschetschenin in der U-Bahn-Station Riga in Moskau sich und 11 weitere Personen in die Luft. Fünfzig weitere wurden verletzt.

Bei den Flugzeugentführungen am 24. August 2004 waren zwei weitere „schwarze Witwen“ beteiligt. Sie bedienten sich der Pässe zweier vermutlich ermordeter Frauen, um die Sicherheitskontrollen passieren zu können.

Unter den Geiselnehmern von mehr als 1200 Erwachsenen und Kindern in einer Schule im nordossetischen Beslan im September 2004 befanden sich erneut auch Schwarze Witwen.

Schwarze Witwen im Allgemeinen

Attentate schwarzer Witwen sind vor allem in Palästina und Tschetschenien zu beobachten.

Die Frauen werden von Untergrundkämpfern, ihren Brüdern oder den Familien ihrer getöteten Ehemänner rekrutiert. Für diese ist es von Vorteil, dass Frauen in islamischen Gesellschaften leicht kontrollierbar sind und vor allem von Sicherheitskräften seltener als Gefahr gesehen werden. Zudem sind sowohl die palästinensische als auch die tschetschenische Kultur streng patriarchalisch geordnet, sodass sich die Frauen Rekrutierungsversuchen, z. B. durch ihre Brüder, nur bedingt entziehen können.

Die Bomben werden in den allermeisten Fällen ferngezündet. So kann die Ausbildung und Vorbereitung zur schwarzen Witwe einfach gehalten werden und die Terroristen behalten die Situation unter Kontrolle, um im Falle gefühlsmäßiger Schwankungen der Attentäterinnen den Erfolg des Anschlages zu garantieren.

Gründe für das Auftreten der sogenannten „Schwarzen Witwen“ sind zum einen die Kriege in Tschetschenien und Palästina, in denen viele der Selbstmordattentäterinnen Familienmitglieder und Freunde verlieren, zum anderen die aus der Kriegssituation erwachsende Verzweiflung und Wut gegenüber den als Besatzer empfundenen russischen bzw. israelischen Truppen.

Literatur

  • Julia Jusik: Die Bräute Allahs: Selbstmord-Attentäterinnen aus Tschetschenien. NP-Buchverlag, St. Pölten, Wien 2005, ISBN 3-85326-373-9
  • Sabine Adler: Ich sollte als Schwarze Witwe sterben - Die Geschichte der Raissa und ihrer toten Schwestern. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2005

Weblinks


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