Solvency II

Solvency II

Solvency II ist ein Projekt der EU-Kommission zu einer grundlegenden Reform des Versicherungsaufsichtsrechts in Europa, vor allem der Solvabilitätsvorschriften für die Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen. Am 10. Juli 2007 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Solvency-II-Rahmenrichtlinie dem Europäischen Parlament und Rat vorgelegt. Anfang April 2009 konnten sich Unterhändler der 27 Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments auf neue Aufsichts- und Eigenkapitalregeln Solvency II verständigen. Solvency II wurde am 22. April 2009 vom EU-Parlament und am 10. November 2009 von den EU-Finanzministern verabschiedet. Nach Erlass der entsprechenden Durchführungsbestimmungen wird Solvency II voraussichtlich im 1. Quartal 2013 national umgesetzt.

Wie bei Basel II wird ein 3-Säulen-Ansatz verfolgt, anders als bei der Bankenbranche stehen aber weniger die Einzelrisiken als vielmehr ein ganzheitliches System zur Gesamtsolvabilität im Zentrum. Neben quantitativen (steht jederzeit ein ausreichendes Solvenzkapital zur Verfügung?) werden hier auch qualitative Aspekte (besteht ein adäquates Risikomanagementsystem im Unternehmen?) betrachtet.

Zur Feststellung des aktuellen Stands versicherungstechnischer Rückstellungen und zur Abschätzung der Auswirkungen der unter Solvency II geplanten Vorgaben wurden von CEIOPS (Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors) von 2005 bis 2010 fünf quantitative Auswirkungsstudien (QIS, englisch: Quantitative Impact Study) durchgeführt. Die Anforderungen an das Risikomanagement der Versicherungsunternehmen und die Berechnungsvorgaben für die versicherungstechnischen Rückstellungen wurden dabei immer weiter konkretisiert. Die Anwendbarkeit der Berechnungsformeln sowie die zu erstellenden Berichte an die Aufsichtsbehörden und an die Öffentlichkeit wurden getestet. Aufbauend auf den Erfahrungen aus den vorangegangenen QIS und unter Einbeziehung aktueller Ereignisse an den Finanzmärkten wurden die Formeln zur Berechnung des Solvenzkapitals immer wieder angepasst. Im März 2011 wurden die QIS5-Ergebnisse von der EU-Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA (European Insurance and Occupational Pensions) veröffentlicht.[1]

Inhaltsverzeichnis

Drei Säulen

  1. Säule I behandelt die Höhe des Minimumsolvenzkapitals, die Mindestkapitalanforderung (MCR, Minimum Capital Requirement) und des zu stellenden Zielsolvenzkapitals, die Solvenzkapitalanforderung (SCR, Solvency Capital Requirement) im Verhältnis zu den anrechnungsfähigen Eigenmitteln (eligible own funds). Eigenmittel wurden unter Solvency I auch als das vorhandene Solvenzkapital (ASM, available solvency capital) bezeichnet.
  2. Säule II betrifft das Risikomanagementsystem und beinhaltet vor allem qualitative Anforderungen, beispielsweise an die Qualifikation der Vorstände von Versicherungsunternehmen (sog. fit and proper-Kriterien).
  3. Säule III regelt Berichterstattungspflichten der Versicherungsunternehmen: zum einen Berichtspflichten an Aufsichtsbehörden (supervisory reporting) und zum anderen zu veröffentlichende Angaben (public disclosure). Bei den Berichtspflichten nach Säule III von Solvency II soll eine enge Anbindung an andere gesetzliche Berichtspflichten wie auch in der Rechnungslegung, insbesondere den IFRS (International Financial Reporting Standards), erreicht werden.

Bestimmung des SCR

Das SCR kann mit Hilfe der sogenannten Standardformel berechnet werden. Die Standardformel berücksichtigt sowohl verschiedene versicherungstypspezifische Risiken als auch operative Risiken. Beispielsweise wird für Lebensversicherungen der Kapitalbedarf bei einer 15% erhöhten Mortalitätsrate berechnet. Operative Risiken bilden Risiken ab, die durch fehlerhafte oder falsche firmeninterne Prozesse, durch Mitarbeiter oder externe Ereignisse verursacht werden können.

Literatur

  • Romeike, Frank; Müller-Reichart, M.: Risikomanagement in Versicherungsunternehmen, 2. Auflage, Weinheim 2008
  • von Plato, Philipp: Konsequenzen von Solvency II für die Kapitalanforderungen von Lebensversicherungsprodukten, 2005
  • Hartung, Thomas: Eigenkapitalregulierung bei Versicherungsunternehmen, Karlsruhe 2007
  • Beringer, Markus: Das Spartentrennungsprinzip der Lebensversicherung nach Umsetzung von Solvency II, Karlsruhe 2007
  • Nallin, Verena: Berechnung der Mindestkapitalanforderungen unter Solvency II - Die Wahl des richtigen Risikomaßes, 2007, ISBN 978-3-8366-5742-6
  • Meister, Daniel G.: Corporate Governance und Compliance-Management für Versicherungsunternehmen - Vor dem Hintergrund der Umsetzung von Solvency II, 2007, ISBN 978-3836433839

Weblinks

Einzelnachweise

  1. https://eiopa.europa.eu/fileadmin/tx_dam/files/publications/reports/QIS5_Report_Final.pdf

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