Sophie Taeuber

Sophie Taeuber
Sophie Taeuber-Arp auf der 50-Franken-Note

Sophie Henriette Gertrude Taeuber-Arp (* 19. Januar 1889 in Davos; † 13. Januar 1943 in Zürich) war eine Schweizer Künstlerin, Malerin und Bildhauerin.

Sie hat ihren Anteil an der Erneuerung von Malerei und Bildhauerei in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Ihre Bilder und Plastiken, auch ihre angewandten Werke - Bauskulptur, Teppiche, Ausstattung –, die ihr erst posthum Ruhm einbrachten, spiegeln konsequent die Schule der Konkreten, auch abstrakt genannten Kunst. Sie sind von grosser Klarheit, Formkraft und Farbklang gezeichnet. Sie entziehen sich jeder eindeutigen Assoziation und sprechen in ihrer nichtfigurativen Komposition für sich selbst.

Sophie Taeuber trat im Bewusstsein der Öffentlichkeit lange hinter ihrem viel bekannteren Ehemann Hans (Jean) Arp wenig in Erscheinung. Dies ist für die meisten Künstlerpaare – siehe Clara und Robert Schumann, Sonia und Robert Delaunay, Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky usw. – typisch. Und doch stellte sie mit allen Grossen der Konstruktivisten gemeinsam aus, meist als einzige Frau. Ihr Werk setzt einen ganz originären Akzent in den Umwälzungen der zwanziger und dreissiger Jahre des letzten Jahrhunderts. Ausserdem war sie fast Zeit ihres Lebens auch als Lehrerin an Werkkunstschulen, Organisatorin von Künstlervereinigungen und Herausgeberin verschiedener damals tonangebender Magazine – sowie nebenbei als Tänzerin – tätig. Sie ist auf den 50-Franken-Noten der Schweiz abgebildet.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

Sophie wurde in Davos-Platz als fünftes Kind des aus Preußen stammenden Apothekers Emil Taeuber, der seine Ausbildung in der Apotheke der mütterlichen Familie machte, und seiner Frau Sophie, einer Appenzellerin aus Gais, als Deutsche geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters – er starb, als die Tochter zwei Jahre alt war, an Tuberkulose - nahm die Mutter für sich und die Tochter wieder die Schweizer Staatsbürgerschaft an und zog mit ihr nach Trogen. Dort, in der “Pension Täuber”, die die Mutter aus eigener Initiative eröffnete und betrieb, wuchs Sophie in der typisch appenzellisch realitätsbezogenen Art auf, zugleich aber atmete sie durch die Gäste aus vielerlei Ländern weltoffenes Flair.

1908 begann Sophie ihre Ausbildung an der Textilabteilung der Gewerbeschule in St. Gallen, welche sie 1911–1914 an der Debschitz-Schule in München und in Hamburg weiterführte und 1913 abschloss. Sie bestritt von da an ihren Lebensunterhalt als Kunsthandwerkerin. Kunst und Handwerk gehörten für sie zusammen. Darüber hinaus begann sie eine Tanzausbildung bei Rudolph von Laban und dessen Meisterschülerin und kreativer Assistentin Mary Wigman in Zürich, und im Sommer auf dem Monte Verità in Ascona, wo sie sich seit 1915 auch mit vielen anderen Künstlern, darunter Hans Arp, anfreundete.

Arp und der Dadaismus

Von Arp gibt es ein Bild „Die Tänzerin“: „Für mich ist das die Täuberin – sie würde ihr Knie noch etwas mehr gehoben haben – und als nächstes hätte sie Wirbel gemacht.“ Sophie wurde, während rings um die Schweiz herum der Erste Weltkrieg tobte, Lehrerin für Textiles Entwerfen an der Zürcher Kunstgewerbeschule und lebte jetzt mit Arp zusammen. Beide verkehrten im berühmten Café Odéon, gemeinsam mit Laban, der Wigman, Tristan Tzara, Hans Richter, Maya Kruscek, Marcel Janco, Katja Wulff und anderen. In Gesprächen und Lebensart wurde dort „Dada“ vorbereitet. Und zur Eröffnung der „Galerie Dada“ 1917 tanzte „Mlle Taeuber/Costumes de Arp". Sie tanzte auch, zusammen mit Mary Wigman, Katja Wulff und anderen, bei dem von Laban inszenierten grossen "Sonnenfest" auf dem Monte Verità von Ascona.

Vom Anti-Rationalen des Dada blieb Sophie Täuber jedoch relativ unberührt. Nach den Worten Max Bills „war sie bestrebt, ihren Schülerinnen einen Begriff von den Problemen der Zeit zu vermitteln, so dass diese nicht ins sinnlos Kunstgewerbliche abglitten.“ Über den Kubismus baute die Künstlerin ohne Umweg an ihren Fundamenten weiter. 1918 erhielt sie den Auftrag, das Stück „König Hirsch“ von Carlo Gozzi auszustatten. Für ihre dabei entstandenen Marionetten gibt es ausser dem „Triadischen Ballett“ von Oskar Schlemmer und den kubistischen Figuren Picassos für Djaghilev in der Kunstgeschichte wenig Vergleichbares (s. Weblinks).

Weiterhin waren in jener Zeit der Kontakt und Austausch mit Künstlern und Literaten sehr rege. Im Sommer 1921 trafen sich in Tarrenz (Tirol) Hannah Höch, El Lissitzky, Nelly und Theo van Doesburg und László Moholy-Nagy. Doch während in der Folge Arp gemeinsam mit ihnen versuchte, das Dessauer Bauhaus umzukrempeln, war es vor allem Sophie, die bemüht war, den gemeinsamen Lebensunterhalt zu verdienen.

Im Oktober 1922 heirateten Sophie Taeuber und Hans Arp im kleinen Tessiner Ort Pura. Den nächsten Sommerurlaub verbrachten sie mit Kurt Schwitters und Hannah Höch auf der Insel Rügen. Sophie berichtete in einem Brief an die Schwester: „Hannah Höch kam fast direkt aus Meersburg nach Sellin, wo Arp und ich mit der Familie des grossen Merzschwitters schon waren … der phantastische Merz, der im Meer seine Lautgedichte wie ein Meeresungeheuer brüllte und den Wald nach Pilzen durchraste.“ In diesen Jahren entstand auch eine tiefe Freundschaft des Paares zu Emmy Hennings und Hugo Ball. Immer wieder wurde Sophies Wesen als praktisch, umsichtig und geschickt beschrieben.

Die Jahre in Frankreich

Sophie Taeuber-Arp (ca. 1920)

1926 zogen die Arps nach Paris. Von 1927 bis 1929 arbeiteten die beiden Künstler an einem Auftrag zur Innengestaltung der „Aubette“ in Straßburg, eines repräsentativen Baus im Zentrum der Stadt. Sophie übernahm die Bauleitung. Das Pendeln zwischen Zürich, Paris und Strassburg belastete sie sehr, ein Kuraufenthalt wurde nötig. Sie verbrachte ihn, lungenkrank, mit Gala und Paul Éluard in Arosa. Mit dem Erlös aus dem Aubette-Auftrag bauten sich die Arps ein Haus in Meudon bei Paris. Sophie war die Kreative und Initiative dabei.

Sophie Taeuber und Hans Arp waren Mitglieder der Pariser Künstlervereinigung „Cercle et Carré“ und der Folgevereinigung „Abstraction-Création“. In dieser Zeit festigte sich auch ihre langjährige Freundschaft zu dem Malerehepaar Sonia Terk und Robert Delaunay. Wassily Kandinsky, der mit seiner Frau Nina nach Frankreich emigrierte, freundete sich mit den Arps an, Joan Miró, Wolfgang Paalen und Marcel Duchamp gehörten ebenfalls zu ihrem Freundeskreis.

Die Arps stellten nun vermehrt aus und schufen sich eine feste Basis innerhalb der abstrakt-konstruktivistischen Avantgarde. 1936–39 wurde Sophie Taeubers glücklichste und intensivste Arbeitsphase, sie schuf in dieser Zeit etwa 117 Werke.

Kriegsjahre und Flucht

Doch die Okkupation Frankreichs durch Nazideutschland 1940 folgte als grosse Zäsur und zwang das Ehepaar wie viele andere, ihr Leben drastisch umzustellen. Auf der Flucht vor den Besatzern gewährte Peggy Guggenheim ihnen vorübergehend Obdach. Im südfranzösischen Grasse schuf sich das Paar zusammen mit Sonja Delaunay-Terk eine zeitweilige Arbeitsoase. Sophie Taeuber war trotz der dunklen Zeiten 1941 und 1942 weiter sehr kreativ im Zweiklang. Als die Nazis auch in Grasse einmarschierten, retteten sich die Arps in die Schweiz.

Ihr letztes Neujahrsfest 1942/43 verbrachte Sophie im Hause Max Bills in Zürich-Höngg. Ein Rätsel liegt über ihrem Tod kaum zwei Wochen danach. Es herrscht Uneinigkeit, ob die Kohlenmonoxidvergiftung, an der sie in der Nacht zum 13. Januar 1943 gestorben ist,[1] ein Unfall oder Selbstmord gewesen sein könnte.

Jean Arp, den sie immer liebevoll „mon peintre-poète“ genannt hatte, schrieb ihrem Andenken ein anrührendes Gedicht:

sophie
für dich
war die welt
nie dunkel
und zerklüftet
du schrittest mir voran
mit frohem glanz
und frohem schein
dein mut
zog hilfreich
in mich ein
du schirmtest
unseren traum
und jede stunde
hatte einen sinn
und einen sauberen saum
(Jean Arp, 1943)

Werke

Sophie Taeubers Bilder, Collagen und Reliefs zeigen durchweg ihre klare, additive wie rhythmisierende Methode. Bewegte Linien, vertikal-horizontale Kompositionen aus Dreiecken, Rechtecken und – immer wieder – Kreisen, wellenförmige und geometrische Spannungselemente, in ihrer Mobilität ganz luftige Elemente bezeichnen ihre Stilgebung. Ihre bewusst stets einfacher werdenden Gestaltungsmittel erreichen ein sensibles Gleichgewicht von Farbe und Form. Wie bei Piet Mondrian oder Georges Vantongerloo ist in Proportion und Komposition ein meditativer Zug wahrnehmbar. Im Unterschied zu diesen und anderen Konstruktivisten wird die zur Objektivierung tendierende Arbeitsweise bei ihr oft durch eine tiefe Intimität der Farbgebung aufgefangen. 1918 schuf sie gemeinsam mit Hans Arp die "Duo-Collage", in der sie Farben nach dem Zufallsprinzip zusammenstellten, die Ordnung lag allein in der Bildaufteilung.

„Es war Sophie Taeuber; die mir durch das Beispiel ihrer klaren Arbeiten und ihres klaren Lebens den rechten Weg, den Weg zur Schönheit, zeigte. In dieser Welt bestehen Oben und Unten, Helligkeit und Dunkelheit, Ewigkeit und Vergänglichkeit in vollendetem Gleichgewicht. So schloss sich der Kreis.“

Hans Arp

Sophie Taeuber ist erst nach dem Zweiten Weltkrieg berühmt geworden. Im Zuge der Renaissance der Klassischen Moderne sind ihre Werke heute allgemein anerkannt und werden in verschiedenen Museen und Ausstellungen gezeigt. So wurden zum Beispiel einige ihrer Werke auf der documenta 1 im Jahr 1955 in Kassel gezeigt.

Einzelnachweise

  1. http://www.g26.ch/art_taeuber.html Biografie von Sophie Taeuber-Arp auf g26.ch

Weblinks


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