Spitzwall

Spitzwall
Echimăuţi, Moldawien: Modell der bronzezeitlichen Ringwallanlage

Als Wallburg (Schanze, Spitzwall) werden im deutschsprachigen Raum Wallanlagen aus dem frühen Mittelalter bezeichnet, also Burganlagen, Ringwälle, nicht jedoch Anlagen aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit wie Erdwerke und Viereckschanzen. Sie sind heute meist als Bodendenkmal unter Schutz gestellt.

Inhaltsverzeichnis

Namensgebung

Etliche dieser Anlagen werden im Volksmund als Hunnenburgen, Hünenburg o. ä. bezeichnet. Seit dem 19. Jahrhundert wurden die Anlagen zumeist als Schanze (von verschanzen) bezeichnet und häufig verschiedenen jüngeren Kriegsereignissen zugeschrieben (Hunnenschanze, Römerschanze, Schwedenschanze usw.).

Anlagen der Vor- und Frühgeschichte

Frühe Anlagen

Zwei Wallburgen im Reitlingstal des Elms mit 2,5 und 4 ha Innenraum aus der La-Tène-Zeit

Kennzeichnend ist der Wall als wesentlicher erhaltener Bestandteil der ehemaligen Einhegung. Die Umwallung bestand aus dem Wall als solchem oder einer darin eingearbeiteten Mauer aus Steinen oder Holzstämmen. Reine Steinmauern sind in Mitteleuropa selten, jedoch bereits seit der Urnenfelderzeit belegt. Die bis zu mehreren Metern hohe Mauer hinderten am Betreten der Wallanlage. In der Regel vorhandene Gräben sind heute durch Erosion verfüllt.

In ihrer einfachsten Ausführung besteht die Wallburg lediglich aus einer natürlichen Anhebung, deren Krone ggf. eingeebnet und eventuell mit einem Erdwall oder einer Mauer vervollständigt wurde. Ein Beispiele ist die Torsburg auf Gotland. Innerhalb der Wälle lag mitunter eine Freifläche, die groß genug war, ein Dorf samt den Tieren aufzunehmen (½ bis 4 Hektar), obgleich Spuren von Gebäuden sehr selten sind. Im allgemeinen wurde die Lage des Haupttores bzw. der Tore, den jeweiligen topographischen Bedingungen bzw. den Himmelsrichtungen angepasst.

Die Größe vieler Wallanlagen lässt vermuten, dass sie als Fluchtburgen dienten. Relativ gut erhaltene sogenannte Schanzen findet man in der Oberlausitz, z. B. die Ostroer Schanze nahe Panschwitz-Kuckau, aber auch in den meisten anderen Altsiedellandschaften Europas. Einzelne Wallanlagen umschließen Dörfer und sind viele Hektar groß. Fast immer wurde das für den Wall verwendete Material unmittelbar entnommen, so dass ein Graben vor (bzw. hinter) dem Wall entstand, welcher oft durch archäologischen Ausgrabungen belegt ist. Ein auf Wallkronen angebrachter Palisadenzaun zeigt bei jüngeren Anlagen den fließenden Übergang zur Burg. Reste von Wallanlagen dieses Typs findet man zum Beispiel im heutigen Russland und in der Ukraine.

Die Wallburg der Eisenzeit

Die Funktion von Burgwallanlagen ist heute nur noch schwer zu bestimmen. Die so genannten Viereckschanzen der späten Eisenzeit (La-Tene-Kultur) in Süddeutschland Ostfrankreich und der Schweiz dienten vermutlich als Tempel oder waren einfache Siedlungen. Hinweise hierauf sind die geringen Wallhöhen und Grabentiefen sowie die wehrtechnisch ungünstige topographische Situation einiger Anlagen.

Bei größeren eisenzeitlichen Anlagen kann es sich jedoch um dauerhafte Ansiedlungen gehandelt haben, die Zentralfunktionen wie die Verwaltung übernahm und in denen sich Handwerk und Handel konzentrierten. Eine besondere Entwicklung stellen die späteisenzeitlichen Oppida dar, deren Befestigungen vielleicht mittelmeerischen Einfluss erkennen lassen. Ein herausragendes, eindrucksvoll erhaltenes Beispiel einer großen latenezeitlichen Befestigung ist der weitgehend unbewaldete Ipf bei Bopfingen (Ries). Eine etwas spätere Anlage ist das berühmte englische Maiden Castle.

Auch im germanischen Kulturraum war der Befestigungstyp gängig (vgl. Haithabu). Wallburgen waren von sehr unterschiedlicher Größe. Im Laufe der Geschichte kommen Funktionen sowohl als Fluchtburgen, als auch als Herrschersitze und Tempel in Frage.

Im weiteren Sinne wird der Begriff Wallburg gebraucht, um rätische Höhenburgen zu bezeichnen, die zuweilen gar keinen Erdwall oder nur einen kurzen Erdwallabschnitt aufwiesen.

Wallburgen im Mittelalter

Häufig waren im frühen Mittelalter auch Mischtypen aus fester Burg und Wallburg. Oft ließen die lokalen Herrscher auf einem aufgeworfenen Erdhügel einen hölzernen (Burgtyp Motte) oder steinernen Wohnturm errichten und umgaben den Haupthügel wiederum mit einer aus Erdwällen und Palisaden bestehenden Vorburg.

Im 9. und 10. Jahrhundert bedrohten die Ungarn Süd- und Südwestdeutschland. Als Schutzburgen wurden zahlreiche ältere Wallanlagen verstärkt oder neue, teilweise gewaltige Wallburgen aufgeworfen. Die größten dieser Ungarnwälle haben eine Innenfläche von mehreren Hektar, konnten also hunderten und tausenden von Menschen als Zuflucht dienen. Bisweilen bestehen die Schutzburgen aus doppelten oder dreifachen Wallgrabensystemen, 10 bis 15 Meter hohen Wällen mit entsprechenden vorgelegten Gräben und ausgeklügelten Reiterannäherungshindernissen im Vorfeld. Im Jahre 955 wurden die Ungarn auf dem Lechfeld bei Augsburg vernichtend geschlagen, die Gefahr war beseitigt. Mehrere der großen Anlagen wurden als Gaugrafenburgen weiterbenützt, andere teilweise unvollendet aufgelassen. Einige der beeindruckendsten Burgen dieses Typs lassen sich im Umkreis des Schlachtfeldes finden. Interessierten seien besonders die Burg bei Wagesenberg (Pöttmes), die Haldenburg bei Schwabmünchen und der Büschelberg bei Fischach empfohlen. Auch unzählige kleinere Wallanlagen tragen eindeutige Merkmale ihrer Funktion als ungarnzeitliche Schutzburgen. Oft war dieser letzte Ausbau das Ende einer jahrtausendelangen Entwicklung. Sinn aller dieser Anlagen war es, die Angreifer zum ungewohnten Fußkampf zu zwingen.

Wallburgen im klassischen Sinne wurden – wenn auch selten – noch im Spätmittelalter erbaut oder ausgebaut. Die Höhlenburg Stein an der Traun in Bayern etwa ist durch einen mehreren hunderte Meter langen begehbaren Tunnel mit der oberen Burg verbunden, deren Erdwall noch im 14. Jahrhundert verstärkt wurde. Benutzt wurden die alten Wallburgen aber noch bis in die Neuzeit als Viehbergen und Verstecke in Notzeiten (Schwedenschanzen). Viele hoch- und spätmittelalterliche Burgen sind in ältere, wesentlich großflächigere Wallanlagen eingebaut. Die alten Wälle wurden hierbei gerne als zusätzliche Annäherungshindernisse verwendet.

Denkmalpflege

Vryburg in Essen
Eingang zur Keltenschanze bei Pitzling

Die Zahl der in Europa erhaltenen Wallburgen und -anlagen geht in die Tausende. Bisweilen liegen spektakuläre Beispiele nur wenige hundert Meter von einander entfernt. Häufig sind diese beeindruckenden Zeugnisse unserer Geschichte sogar der einheimischen Bevölkerung weitgehend unbekannt. Die offizielle Bodendenkmalpflege betreibt noch bis heute eine Politik des „Versteckens“ dieser Denkmäler, in der Hoffnung, sie dadurch schützen zu können. Das Gegenteil ist der Fall, die Gräben der Wallanlagen werden gerne von der Forstwirtschaft als Abladeplätze für Holzabfälle missbraucht, Holzabfuhrwege werden in die Burganlagen geschoben und Material für den Wegebau entnommen. Zahlreiche Wallburgen wurden und werden sogar mit dichtem Jungwald bepflanzt, besonders in Staatswaldgebieten. Für Motocrossfahrer sind sie beliebtes Übungsgelände. Hier gilt die alte Regel: Was man nicht kennt, kann man auch nicht achten.

Bedeutende Burgwallanlagen

Deutschland

Insbesondere im Nordosten Deutschlands gibt es mehrere tausend Burgwälle.

Eisenzeit:

Frühmittelalter:

Hillforts der britischen Inseln

Hillfort ist die generelle engl. Bezeichnung für von Wällen umgebene Anlagen die auf Hügelkuppen liegen. Es sind in etwa runde oder unregelmäßige, der Geomorphologie der Landschaft angepasst gefasste Wall- und Grabenanlagen. Halbrunde, an Geländestufen oder bzw. auf Vorgebirgen platzierte (dann auch Promontory Fort bzw. Coastal Hillforts genannte) Anlagen kommen und auf den Britischen Inseln besonders häufig in Irland vor.

Hillforts sind eine spätbronze- und eisenzeitliche Erscheinung und von den viel älteren Causewayed enclusores und den ebenfalls mit Gräben oder Wällen versehenen Henges und Raths oder den steingefassten Duns (Ringfort) streng zu trennen.

Großbritannien

Merkmal der britischen Anlagen sind oftmals konzentrische Erdwälle. In einigen Gebieten kommen parallel, gebietsweise auch ausschließlich steinerne Umwallungen bzw. Mauern vor. Maiden Castle in der Grafschaft Somerset liegt südlich von Dorchester und ist das größte und bekannteste Hillfort Englands, es bedeckt eine Fläche von 47 Acres. Die größte Konzentration dieses Anlagentyps (etwa 50 in England) liegt in den Grafschaften Dorset, Hampshire und Wiltshire.
Beispiele von Hillforts:

  • Badbury Rings, Dorset (3 Wälle)
  • Barbury Castle, Wiltshire (3 Wälle)
  • Beacon Hill, Hampshire
  • Burrough Hill, Leicestershire
  • Caer Caradoc, Shropshire
  • Caer Drewyn, Denbighshire (Wales)
  • Cissbury, West Sussex
  • Cley Hill, Wilshire
  • Craig Rhiwarth, Powys (Wales)
  • Croft Ambrey, Herford & Worcester
  • Dinas Bran, Denbighshire (Wales)
  • Dunnideer, (Schottland)
  • Eggardon, Dorset
  • Fishbury Rings, Wiltshire (2 Wälle)
  • Foel Trigarn, Pembrokeshire (Wales)
  • Hambledon, Dorset
  • Herfordshire Beacon, Herford & Worcester
  • Hod Hill, Dorset (3 Wälle)
  • Mam Tor, Derbyshire
  • Maiden Castle, Dorset
  • Moel Arthur, Denbighshire (Wales)
  • Old Oswestry, Shropshire (6 Wälle)
  • Pen-y-Cloddian, Denbighshire (Wales)
  • Pen-y-Gaer, Conwy (Wales)
  • Pilsdon Pen, Dorset
  • South Cadbury Castle, Somerset (3 Wälle)
  • Tre´r Ceiri, Caernarfonshie (Wales)
  • Traprain Law, East Lotian (Schottland)
  • Uffington Castle, Oxfordshire
  • White & Brown Caterthun, Angus (Schottland)
  • Yarnbury Castle, Wiltshire
  • Yeavering Bell, Northumberland

Irland

Barry Raftery untersuchte 40 einfach und mehrfach umwallte Anlagen auf der Insel. Die größten Hillforts sind:

Niederlande

Polen

Siehe auch

Literatur

  • Albrecht Jockenhövel (Hrsg.): Älteres eisenzeitliches Befestigungswesen zwischen Maas/Mosel und Elbe. Internationales Kolloquium am 8. November 1997 in Münster anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Altertumskommission für Westfalen. Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen 11, Münster 1999, ISBN 3-402-05036-6.
  • Joachim Henning/Alexander T. Ruttkay (Hrsg.): Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa. Tagung Nitra vom 7. bis 10. Oktober 1996, Bonn 1998, ISBN 3-7749-2796-0.
  • Hansjürgen Brachmann: Der frühmittelalterliche Befestigungsbau in Mitteleuropa. Untersuchungen zu seiner Entwicklung und Funktion im germanisch-deutschen Bereich. In: Schriften zur Ur- und Frühgeschichte. 45. Akademie Verlag. Berlin 1993. ISBN 3-05-001995-6
  • Wilhelm Schneider: Die südwestdeutschen Ungarnwälle und ihre Erbauer. Arbeiten zur Alemannischen Frühgeschichte XVI, Tübingen 1989.
  • James Dyer: Hillforts of England and Wales. 1999, ISBN 0-7478-0180-0.

Die archäologischen Landesämter in mehreren deutschen Bundesländern und anderen europäischen Ländern geben Corpuswerke zu den Geländedenkmälern heraus, so zum Beispiel:

  • Joachim Herrmann: Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle Groß-Berlins und des Bezirkes Potsdam (= Handbuch vor- und frühgeschichtlicher Wall- und Wehranlagen 2), Berlin 1960.
  • Hans-Wilhelm Heine: Die ur- und frühgeschichtlichen Burgwälle im Regierungsbezirk Hannover. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens Reihe A, Monographien 28, Hannover 2000, ISBN 3-7752-5645-8.
  • Archäologische Denkmäler in Hessen
  • Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Abt. für Vor- und Frühgeschichte, Reihe B, Inventare der Geländedenkmäler
  • Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg

Weblinks


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