Staatsbürgerschaft

Staatsbürgerschaft

Staatsbürgerschaft kennzeichnet die aus der Staatsangehörigkeit sich ergebenden Rechte und Pflichten einer natürlichen Person in dem Staat, dem sie angehört. In diesem Sinne ist die Frage nach der Staatsangehörigkeit mit der Staatsbürgerschaft zu beantworten, der rechtlichen Zugehörigkeit zur Gemeinschaft (Rechtsgemeinschaft) von Bürgern eines Staates, den Staatsbürgern, die unabhängig von der Nationalität sein kann.

Ein Staat regelt den Erwerb und Verlust seiner Staatsbürgerschaft sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten in eigenen Gesetzen. So wird im deutschen Rechtskreis die Staatsbürgerschaft in der Regel durch Geburt und in Abhängigkeit von der Staatsbürgerschaft der Eltern erworben oder durch eine Einbürgerung. Regeln, die an eine Staatsbürgerschaft anknüpfen, werden soweit möglich auf juristische Personen entsprechend angewandt.

Die Staatsbürgerschaft begründet besondere Rechte als Schutz- und Abwehrrechte gegen den Staat (Reisefreiheit, Auslieferungsverbot) sowie Einstandsansprüche im Verhältnis zu Dritten (konsularischen Schutz, internationale Prozessführung) und in Demokratien auch Teilhaberechte am Staatsleben im Sinne eines status activus (politische Mitgestaltung, Souveränitätsteilhabe). Staatsbürgerliche Pflichten sind im modernen Staatsverständnis beispielsweise die Wehrpflicht, die Wahlpflicht oder die Pflicht, auch bei ausländischem Wohnsitz Steuern zu bezahlen.

Eine Staatsangehörigkeit kann grundsätzlich nur von einem souveränen Staat im Sinne des Völkerrechts vermittelt werden.[1] Die Staatsbürgerschaft ist eine individuelle Ausprägung des staatskonstitutiven Elements Staatsvolk, wonach ein Staat völkerrechtlich nur solange als solcher angesehen werden kann, als er neben Staatsgebiet und Staatsgewalt auch ein Staatsvolk hat (→ Drei-Elemente-Lehre). Die durch die Staatsbürgerschaft begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger wirken über das Hoheitsgebiet hinaus und werden auch von anderen Staaten anerkannt.

Historisch betrachtet ist die Staatsangehörigkeit eine „Institution des Nationalstaates“.[1] Gehören die Staatsbürger (ausschließlich oder überwiegend) einer gemeinsamen Nationalität an, so spricht man von einem (reinen) Nationalstaat; gehören die Staatsbürger (zumeist) unterschiedlichen Nationalitäten an, so spricht man von einem Nationalitätenstaat, Vielvölkerstaat oder auch multikulturellen Staat.

Der Reisepass – Ausweis der Staatsbürgerschaft

Die Staatsbürgerschaft wird in einem auf die Person ausgestellten Dokument, beispielsweise dem Reisepass, dokumentiert. In einigen Staaten wird dabei zusätzlich auch die Nationalität angegeben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Staatsbürgerschaft

Eine Bürgerschaft als dauerhafte Verknüpfung zwischen Staat und Person bestand bereits zur Zeit der Polis im antiken Griechenland. Ausdifferenziert wurde dies im Alten Rom, wo ein Römischer Bürger zu sein geradezu Voraussetzung für die Geschäftsfähigkeit oder Postulationsfähigkeit war und ein in sich geschlossenes Rechtssystem abgrenzte, das sich bis zum Corpus Iuris Civilis (das Bürgerliche Recht) entwickelte, während das Ius Gentium (Recht der Völker) die Beziehungen Roms zu anderen Ländern, Staaten, Völkern regelte und Vorläufer des heutigen Internationalen Rechts war. Römische Bürger (Romanus) waren zur Zeit der Republik die freien Einwohner Roms, später auch die Einwohner Latiums und nach dem Bundesgenossenkrieg die Bewohner eines großen Teils Italiens. Mit Erlass der Constitutio Antoniniana 212 n. Chr. werden die freien Einwohner des Römischen Reiches zu Römischen Bürgern.

Ließ sich ein Römischer Bürger in einer Stadt außerhalb Italiens nieder, so blieben er wie auch seine Nachkommen Bürger Roms. Die Dauerhaftigkeit ist auch heute wieder das tragende Prinzip der Staatsbürgerschaft.

Staatsbürgerschaft im modernen Sinne ist erst seit der Französischen Revolution durch das Aufkommen republikanischen Denkens entstanden. In der Revolutionsverfassung vom 3. September 1791 in Teil 2, § 2 geregelt[2] und später in den Code civil übernommen. Seitdem wurde der Staat nicht nur als Territorialstaat oder personelle Zuordnung zur absolutistischen Monarchie, sondern auch als Personenverband von Bürgern verstanden. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde daraufhin in den meisten Staaten die Staatsbürgerschaft eingeführt und es wurden Staatsbürgerschaftsgesetze erlassen.

Begriffe im deutschen Sprachraum

In Deutschland, dem bevölkerungsreichsten Staat im deutschen Sprachraum, ist die Bezeichnung Deutsche Staatsangehörigkeit gebräuchlich, weil er 1871 als einheitlicher deutscher Nationalstaat (Deutsches Reich) begründet wurde, dessen Staats- respektive mit Gründung der Bundesrepublik 1949 nun Bundesbürger mehrheitlich deutscher Nationalität (Herkunft) sind. Auch während der Deutschen Teilung gab es für die Bundesrepublik Deutschland nur eine deutsche Staatsangehörigkeit – womit folglich ebenso die DDR-Bürger neben ihrer eigenen Staatsbürgerschaft (1967–1990) politisch und juristisch inbegriffen waren (Art. 16 und Art. 116 Abs. 1 GG) –,[3] die seit 1913 im Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG; 2000 umbenannt in StAG) definiert ist. Mit dem Untergang der DDR und der Wiedervereinigung Deutschlands gibt es wieder nur noch eine deutsche Staatsbürgerschaft.[4]

In Österreich ist die offizielle Bezeichnung Österreichische Staatsbürgerschaft, Bürger des Staates Österreich.

In der Schweiz, die aus einheimischen deutschen, französischen, italienischen und rätoromanischen Bevölkerungsgruppen besteht, bezeichnet das Schweizer Bürgerrecht das Verhältnis zur Eidgenossenschaft, Bürger der Schweizer Eidgenossenschaft, also der Schweiz.

In Monarchien, beispielsweise Liechtenstein, werden die Staatsbürger auch als Untertanen (des Monarchen) bezeichnet und die Staatsbürgerschaft analog als Untertanen(schaft).

Erwerb der Staatsbürgerschaft

Rechtstechnisch wird zumeist unterschieden zwischen „Erwerb durch Gesetz” (Geburt, Erklärung, Eintritt von Bedingungen usw.) und „Erwerb durch Verwaltungsakt”, der Einbürgerung. Davon unabhängig richtet sich der Erwerb materiell nach traditionell geübter Staatspraxis. Die Staatsbürgerschaft ist zwar in vielen Nationalstaaten (wie etwa Polen, Japan, usw.) in der Regel an die ethnische Volkszugehörigkeit geknüpft, diese ist mittlerweile jedoch selten alleiniger Maßstab.

Erwerb durch Abstammung

Hauptartikel: Abstammungsprinzip

Das Kind erwirbt die Staatsbürgerschaft der Eltern mit der Geburt (Realakt), unabhängig vom Land in dem es geboren ist. Dabei vermittelt oft jeder Elternteil gleich stark diesen Bezug. In manchen Rechtsordnungen werden Abstammungszweifel dadurch gelöst, dass das Kind die Staatsbürgerschaft der Mutter erwirbt. In anderen Staaten vermittelt bei miteinander verheirateten Eltern zumeist der Vater als Familienoberhaupt die Staatsbürgerschaft.

Erwerb durch Geburtsort

Hauptartikel: Geburtsortsprinzip

Wo dieses Prinzip gilt, bekommt jeder im Staatsgebiet Geborene die Staatsbürgerschaft. Dieses Prinzip wird neben dem Abstammungsprinzip nicht nur von sogenannten Einwanderungsländern angewandt. Solche Länder sehen darin zwar ein integrales Instrument ihrer Politik, die Anzahl ihrer Staatsbürger zu erhöhen, jedoch lässt sich umgekehrt aus der Anwendung des ius soli nicht der sichere Befund herleiten, es handele sich um ein Einwanderungsland, zumal es neben anderen Erwerbstatbeständen mehrheitlich praktiziert wird.

Die rechtliche Ausgestaltung kennt zahlreiche Abstufungen und Kombinationen mit weiteren Merkmalen wie legalem Aufenthalt der Eltern, Daueraufenthalt oder Generationenprinzip, ethnischer Zugehörigkeit, ex-kolonialem Bezug.

Beispiele zum Erwerb durch Geburtsort

  • In Frankreich wird die Staatsangehörigkeit (frz. nationalité) seit der Einführung des Code civil 1803 auf der Grundlage des ius sanguinis erworben. Seit 1889 wird zudem das ius soli nach dem so genannten „doppeltem ius soli“ (double droit du sol) praktiziert, wonach ein Elternteil bereits im Land geboren sein muss. Der Erwerbstatbestand greift also bei der dritten Generation.[5]
  • Deutschland verwendete das Geburtsortsprinzip bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Seit der Einführung der ersten Staatsangehörigkeitsgesetze (Preußen: 1842) wurde das Abstammungsprinzip als herrschender Erwerbstatbestand eingeführt. Seit dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz 1913 galt im Deutschen Reich ein reines ius sanguinis. Mit der Staatsangehörigkeitreform 2000 wurde mit dem sogenannten „Optionsmodell“ ein ergänzendes ius soli für die zweite Einwanderergeneration eingeführt.[5]

Erwerb durch Einbürgerung (Naturalisation)

Naturalisations-Urkunde von 1902

Die Einbürgerung ist Erwerb der Staatsbürgerschaft durch einen Exekutivakt. Dieses Verfahren verbindet seitens des Bürgers den Faktor Freiwilligkeit, also den Wunsch, Staatsbürger zu sein (Konfirmationselement), und seitens des Staates die Möglichkeit, nach selbst definierten Merkmalen weitere Staatsbürger auszuwählen (Kontrollelement). Wie intensiv dieses Instrument von einem Land genutzt wird (gegebenenfalls im Kontext einer gezielten Bevölkerungspolitik, viele neue oder gezielt bestimmte Einwohner und Staatsbürger anzuwerben), kann eventuell Teil seiner Selbstdefinition als Einwanderungsland sein. Ein Nachweis für die kausale Lenkungswirkung einer bestimmten Naturalisations- oder Staatsbürgerschaftsgesetzgebung ist jedoch nicht beigebracht worden.

Viele Rechtsordnungen setzen darüber hinaus die Naturalisation als Instrument großzügig ein, um auf komplexe und detaillierte gesetzliche Automatismen auf der Basis der ius soli- und ius sanguinis-Grundsätze zu verzichten und eine gewisse Flexibilität zu wahren. Dies ist häufige Praxis bei Ländern mit ethnischer Zersprenkelung, um geografisch und oder historisch weit reichenden Verbindungen gerecht zu werden. Gleiches gilt bei Sezessionen und Zusammenschlüssen von Ländern oder Landesteilen.

Im Selbstverständnis vieler Staatsordnungen sind Demokratieprinzip und Steuerlast natürlich verbunden, so dass der Staat nur diejenigen an der Finanzierung des Gemeinwesens redlicherweise beteiligen darf, denen auch der Zugang zur Staatsbürgerschaft offen steht. Das Beispiel der Einbürgerungen in der Schweiz zeigt zudem Konflikte zwischen der Demokratie und dem Rechtsstaat auf.

Erwerb durch Erklärung

Eine Person kann durch Erklärung gegenüber den Behörden eines Landes die Staatsbürgerschaft erwerben, sofern das nationale Recht dies vorsieht. Dies ist meist an einige wenige Voraussetzungen und Merkmale geknüpft und ist eine minimalistische Form der Einbürgerung.

Verlust der Staatsbürgerschaft

Der Verlust der Staatsbürgerschaft kann wie der Erwerb durch gesetzlichen Automatismus (de lege) oder per Verwaltungsakt erfolgen, in liberalen Staatsordnungen auch durch einseitiges Handeln des Staatsbürgers. Es gibt auch Staaten, die den Verlust ihrer Staatsbürgerschaft gar nicht oder nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zulassen.

Qua Gesetz erfolgt der Verlust in vielen Staaten, wenn ein Bürger freiwillig eine andere Staatsbürgerschaft erwirbt oder in fremde Streitkräfte eintritt. Auch wenn ein Kind von Ausländern adoptiert wird und seine verwandtschaftlichen Bindungen im Heimatland verliert, geht nach den Rechtsordnungen vieler Staaten seine ursprüngliche Staatsbürgerschaft verloren. Bis vor einiger Zeit war es vielfach üblich, dass auch eine Frau, die einen ausländischen Mann heiratete, ihre Staatsbürgerschaft automatisch verlor (und meist ebenfalls automatisch die des Ehemannes annahm). Dies ist nach den weltweiten Bestrebungen zur Gleichstellung von Mann und Frau heute nur noch in wenigen Ländern der Fall.

In manchen Staaten kann ein Staatsbürger auf seine Staatsbürgerschaft verzichten oder ihre Aufgabe erklären. Meist ist dies nur in bestimmten Situationen zulässig und es gelten hierfür enge Voraussetzungen, insbesondere, um Staatenlosigkeit zu vermeiden. Oft ist ein solcher Verzicht auch an weitere Voraussetzungen oder Vorleistungen gebunden: Ableistung von Wehrdienst, Rückerstattung von Ausbildungskosten, Begleichen von Steuerschulden.

Die Befreiung oder Entlassung aus der Staatsbürgerschaft bzw. die Genehmigung des Verzichts sind in der Regel als Verwaltungsakte ausgestaltet, um eine administrative Kontrolle sicherzustellen und das Vorliegen der Voraussetzungen effektiv kontrollieren zu können.

Totalitäre Regime bedienen sich der Ausbürgerung (erzwungene Aberkennung der Staatsbürgerschaft) auch als Druckmittel, um politisch unliebsame Staatsbürger zu entrechten oder sich ihrer zu entledigen.

Sonderfälle ergeben sich bei Gebietsänderungen nach kriegerischen Auseinandersetzungen oder im Fall des Zusammenbruchs bzw. der Auflösung eines Staates (etwa eines Vielvölkerstaates). Normalerweise wird hier automatisch die Staatsbürgerschaft des Nachfolgestaates angenommen oder es wird an bestimmte Kriterien wie die Volkszugehörigkeit, der Wohnort, der Dienst in einer Armee usw. angeknüpft. Manchmal sind entsprechende Regelungen auch bereits vorher festgelegt. Dass durch den Wegfall eines Staates dessen ehemalige Staatsbürger staatenlos werden, ist die Ausnahme.

Staatenlosigkeit

Hauptartikel: Staatenlose

Staatenlos sind Personen, die die Staatsbürgerschaft keines Staates besitzen. Staatenlosigkeit soll nach Völkerrecht vermieden werden, da Staatenlose bezug- und schutzlos sind. Daher ist jeder Staat völkerrechtlich verpflichtet, in seinem Hoheitsgebiet befindliche Staatenlose nicht in einen anderen Staat auszuweisen, vielmehr muss er ihnen Schutz gewähren.

Internationale Regelungen der Staatenlosigkeit sind:

  • Internationales Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954 (BGBl. II 1976, S. 473)
  • Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961 (BGBl. II 1977, S. 597) – In diesem Abkommen verpflichten sich die Vertragsstaaten dazu, ihr nationales Staatsbürgerschaftsrecht so auszugestalten, dass ein Entzug der Staatsbürgerschaft nicht stattfindet, Staatenlosigkeit aus anderen Gründen so weit wie möglich vermieden wird und dass Staatenlose unter erleichterten Bedingungen eingebürgert werden können. Der freiwillige Verlust der Staatsbürgerschaft soll also nicht mehr möglich sein, wenn der betroffene Bürger dadurch staatenlos würde.

Ungeklärte Staatsbürgerschaft

Nicht zu verwechseln mit der Staatenlosigkeit ist der Status der ungeklärten Staatsbürgerschaft. Dieser wird in der Bundesrepublik Deutschland dadurch erlangt, dass die Herkunft der betreffenden Person unbekannt ist (aufgrund des geringen Lebensalters des Betreffenden) und dadurch ihre Staatsbürgerschaft nicht abschließend geklärt werden kann. Die Rechtslage in vielen europäischen Staaten lässt es nicht zu, dass eine Person mit ungeklärter Staatsbürgerschaft eingebürgert wird, da davon ausgegangen wird, dass eine Staatsbürgerschaft bereits besteht.

Mehrfache Staatsbürgerschaft

Mehrstaatigkeit (auch multiple oder Mehrfachstaatsbürgerschaft genannt) bezeichnet den Fall, dass eine Person mehr als eine Staatsbürgerschaft besitzt. In der politischen Diskussion ist meist von doppelter Staatsangehörigkeit,[6] doppelter Staatsbürgerschaft oder einem Doppelpass[7] die Rede.

Mehrstaatigkeit kann entweder originär durch den gleichzeitigen und automatischen Erwerb von zwei oder mehr Staatsbürgerschaften bei Geburt entstehen oder derivativ durch den Erwerb einer weiteren Staatsbürgerschaft auf Antrag zuerkannt werden. Die Mehrstaatigkeit bei Geburt entsteht entweder durch das Zusammenwirken der Staatsbürgerschaftsregime mehrerer Staaten mit unterschiedlichen Erwerbstatbeständen – vgl. auch Abstammungsprinzip (lat. ius sanguinis) und Geburtsortsprinzip (lat. ius soli) – oder bei Kindern bi- oder multinationaler Eltern, die gleichberechtigt alle ihre Staatsbürgerschaften auf das Kind übertragen (vgl. auch internationaler Kontext der Rechtslage in Deutschland). In bestimmten Fällen kann ein Kind auch erst nach der Geburt durch Adoption automatisch Doppelstaater werden, sofern die ursprüngliche Staatsbürgerschaft durch die Annahme nicht verloren geht (etwa im Fall der Adoption eines ausländischen Stiefkindes). Eine mehrfache Staatsbürgerschaft kann sich auch durch Verleihung einer Ehrenstaatsbürgerschaft ergeben.

Ein spezieller Fall sind von Israel registrierte Palästinenser (mit Identitätsausweis), die eine andere Staatsbürgerschaft annehmen. Sie sind davor zwar staatenlos, besitzen jedoch in der Regel einen palästinensischen Reisepass. Nach Annahme der neuen Staatsbürgerschaft sind sie nicht in der Lage, die nicht vorhandene palästinensische zurückzulegen. Nachdem Israel solche Personen weiterhin als Palästinenser behandelt, ist ihnen auch weiterhin nur die Einreise mit einem palästinensischen Pass möglich. Sie sind daher gezwungen, zwei Pässe zu führen, wenn sie in ihre alte Heimat reisen wollen.[8] Durch Namensänderung (z. B. durch Heirat) im neuen Staat können die beiden Pässe auch auf unterschiedliche Namen ausgestellt sein.

Effektive Staatsbürgerschaft

Im internationalen Privatrecht (IPR) ist für viele Rechtsfragen die Staatsbürgerschaft der am Rechtsverkehr beteiligten Personen ausschlaggebender Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht. Bei Personen, die mehr als eine Staatsbürgerschaft haben, gilt das Prinzip der effektiven Staatsbürgerschaft.

In Deutschland ist die effektive Staatsbürgerschaft nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB grundsätzlich die Staatsbürgerschaft des Staates, mit der die engste Verbundenheit besteht. Indizien hierfür sind Wohnsitz, Geburt und bisherige Lebensführung einer Person. Besitzt eine Person jedoch neben einer oder mehreren ausländischen Staatsbürgerschaften auch die deutsche Staatsbürgerschaft, so wird die Person gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB so behandelt, als wäre sie nur Deutscher. Die deutsche Staatsbürgerschaft geht somit aus Sicht des deutschen IPR allen anderen Staatsbürgerschaften, auch der effektiven, vor.

Unionsbürgerschaft (EU)

Hauptartikel: Unionsbürgerschaft

Seit der Auflösung des Übereinkommens vom 6. Mai 1963 des Europarats über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern hat die Mehrstaatigkeit als Rechtsproblem an Bedeutung verloren. Dies ging mit der Entwicklung der Unionsbürgerschaft parallel einher.

Ähnlich einer Staatsbürgerschaft entwickelt die Europäische Union für die Bürger der Mitgliedstaaten die Unionsbürgerschaft als Komponente des Einigungs- und Integrationsprozesses. Diese ist gegenwärtig keine Staatsbürgerschaft im Sinne des Völkerrechts. Dies liegt vor allem daran, dass die EU ein Staatenverbund ist, der auf politische, rechtliche und wirtschaftliche Harmonisierung nach innen gerichtet ist.

Die Unionsbürgerschaft ist in Art. 17 ff. EGV geregelt und ergänzt die nationale Staatsbürgerschaft um eine europarechtliche Dimension, sie betrifft v. a.

  • unionsintern die Freizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit, das europarechtliche Wahlrecht
  • international den integrierten diplomatischen und konsularischen Schutz durch alle EU-Mitgliedstaaten.

Ehrenstaatsbürgerschaft

Eine Ehrenstaatsbürgerschaft ist eine Staatsbürgerschaft, die als Auszeichnung für besondere Leistung verliehen wird. Die Verleihung einer Ehrenstaatsbürgerschaft geschieht, ähnlich wie die einer Ehrendoktorwürde, nicht auf Basis der Erfüllung der Kriterien, die normalerweise für ihren Erwerb notwendig sind. Stattdessen gilt sie als Auszeichnung einer Person für Leistungen oder ein Lebenswerk, das mit dem Staat, das die Auszeichnung verleiht, in engem Zusammenhang steht.

Einige Staaten, so etwa Kanada, verleihen Ehrenbürgerschaften, die als rein symbolische Auszeichnungen mit keinerlei Privilegien oder Bürgerpflichten verknüpft sind.

Zahlen, Statistik

Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht jährlich statistische Zahlen zur Einbürgerung in Deutschland.

Im Verlauf des Jahres 2010 wurden in Deutschland knapp 101.600 Ausländerinnen und Ausländer eingebürgert. Das waren 5.500 Einbürgerungen mehr als 2009 (+5,7 %) und 7.100 mehr als 2008 (+7,5 %). Zuvor hatte die Zahl der Einbürgerungen seit der Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 tendenziell abgenommen: wurden im Jahr 2000 noch 186.700 Menschen eingebürgert, sank ihre Zahl bis auf 94.500 im Jahr 2008.[9]

Staatsbürgerschaft von einzelnen Ländern

Siehe auch

Literatur

  • Kay Hailbronner/Günter Renner/Maaßen: Staatsangehörigkeitsrecht (= Beck’sche Kurz-Kommentare; Bd. 55). 5., neubearbeitete Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-59548-6.
  • Ingo von Münch: Die deutsche Staatsangehörigkeit. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft. De Gruyter Recht, Berlin 2007, 410 (XLI) S., ISBN 978-3-89949-433-4, ISBN 3-89949-433-4.
  • Helgo, Eberwein/Eva, Pfleger: Fremdenrecht für Studium und Praxis. LexisNexis, Wien 2011, ISBN 978-3-700-75010-9.
  • Herbert Mussger: Österreichisches Staatsbürgerschaftsrecht (= Juridica-Kurzkommentare). 6., neu bearbeitete Auflage. Juridica-Verlag, Wien 2001, ISBN 3-85131-155-8.
  • Susanne Benöhr: Staatenlosigkeit – Heimatlosigkeit. Ein juristischer Exkurs. In: Barbara Johr: Reisen ins Leben. Weiterleben nach einer Kindheit in Auschwitz, Bremen 1997, S. 173–178 (online).
  • Sabine Strasser. Bewegte Zugehörigkeiten. Nationale Spannungen, transnationale Praktiken und transversale Politik. Turia + Kant, Wien 2009, ISBN 978-3-85132-539-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Vgl. Ingo von Münch: Die deutsche Staatsangehörigkeit. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft. De Gruyter Recht, Berlin 2007, ISBN 978-3-89949-433-4, S. 4.
  2. Französische Verfassung von 1791
  3. Zur Erwerbung genügte eine entsprechende Erklärung, um bundesdeutsche Papiere zu erhalten. Näheres siehe Ingo von Münch, Die deutsche Staatsangehörigkeit, de Gruyter, Berlin 2007, S. 101 ff. (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche).
  4. Ingo von Münch, Die deutsche Staatsangehörigkeit, de Gruyter, Berlin 2007, S. 109 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche).
  5. a b Patrick Weil: Zugang zur Staatsbürgerschaft. Ein Vergleich von 25 Staatsangehörigkeitsgesetzen, in: Staatsbürgerschaft in Europa. Historische Erfahrungen und aktuelle Debatten. Hrsg. von Christoph Conrad und Jürgen Kocka, Hamburg 2001, ISBN 3-89684-018-5, S. 92 ff.
  6. Doppelte Staatsangehörigkeit – Ist es erlaubt und möglich, neben der deutschen noch eine weitere Staatsangehörigkeit zu besitzen? Bundesministerium des Innern, abgerufen am 19. September 2011.
  7. Zwei Pässe für ein Leben, Süddeutsche Zeitung, 10. Juli 2008.
  8. Reiseinformation des österreichischen Außenministeriums
  9. destatis.de
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