Stand der Technik

Stand der Technik

Der Stand der Technik ist eine Technikklausel und stellt die technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, basierend auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik dar.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Der Begriff Stand der Technik findet sich in einigen Rechtsnormen und Verträgen. Diese Generalklausel wird dort allgemein definiert um die Aktualität der Textteile zu erhalten, falls sich neuere Entwicklungen ergeben. Teilweise werden Angaben für bestimmte Anwendungsbereiche in Anhängen zu Gesetzen oder Verträgen, in Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften auch näher konkretisiert.

Der Stand der Technik beinhaltet auch die Wirtschaftlichkeit von durchzuführenden Maßnahmen. Dies heißt nicht, dass jedes Unternehmen sich den Stand der Technik leisten kann, aber die Mehrheit in dem betreffenden industriellen Sektor. Der Stand der Technik ist meist nicht hinreichend und langjährig erprobt und oft nur Spezialisten bekannt. Verbreiteter als der Stand der Technik sind die anerkannten Regeln der Technik, die meist im Bauwesen vertraglich gefordert sind. Höhere Anforderungen als der Stand der Technik werden durch den Stand von Wissenschaft eingefordert.

Im Patentrecht bezeichnet „Stand der Technik“ diejenigen Verfahren oder Vorrichtungen, welche bereits bekannt und in irgendeiner Form veröffentlicht worden sind. Wichtigste Bedingung für die Erteilung eines Patents ist es, dass die Erfindung neu ist, sich also vom Stand der Technik abhebt. Infolgedessen handelt es sich um einen wesentlichen Begriff des Patentwesens. In den Patentschriften wird häufig auf den Stand der Technik Bezug genommen, um dann die Neuerung zu beschreiben.

Legaldefinitionen im Umweltrecht

Der Begriff Stand der Technik wird in § 3 Abs. 6 Bundes-Immissionsschutzgesetz und § 3 Nr. 11 Wasserhaushaltsgesetz einheitlich bestimmt:

Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage [der jeweiligen Rechtsnorm] aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.“

Auch in den deutschen technischen Anleitungen zum Bundes-Immissionsschutzgesetz finden sich Konkretisierungen.

Der § 2 Abs. 11 der Gefahrstoffverordnung präzisiert den Stand der Technik für seinen Anwendungsbereich als

„[…] Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene.“

Bedeutung des Europarechts

Der Stand der Technik im Umweltrecht wird maßgeblich durch das Europarecht beeinflusst. Die IVU-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung fordert für bestimmte Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen die „beste verfügbare Technik“. Die richtlinienkonforme Auslegung des Standes der Technik kann in den von der Richtlinie umfassten Anwendungsbereichen zu abweichenden, strengeren Anforderungen kommen. Die tatsächlich „wirksamste Technik“ wird in der Regel nicht verlangt.

Weitere Beispiele zur Definition des Begriffes

In der Europäischen Norm EN 45020 Normung und damit zusammenhängende Tätigkeiten - Allgemeine Begriffe (ISO/IEC Guide 2:2004) wird unter Ziffer 1.4 der Stand der Technik wie folgt definiert:

Stand der Technik: entwickeltes Stadium der technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, soweit Produkte, Prozesse und Dienstleistungen betroffen sind, basierend auf entsprechenden gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung“

CEN: Zitat aus DIN EN 45020:2006 - Normung und damit zusammenhängende Tätigkeiten - Allgemeine Begriffe (ISO/IEC Guide 2:2004); Dreisprachige Fassung EN 45020:2006

Europäisches Gemeinschaftsrecht verankert den Begriff im Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ), wo es in Art. 54Vorlage:§§/Wartung/alt-URL Absatz 2 fast wortgleich heißt:

„(2) Den Stand der Technik bildet alles, was vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist.“

§ 3 Abs. 1 des deutschen Patentgesetzes (PatG) lautet:

„(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.“

Im österreichischen Patentgesetz 1970 (PatG) wird der Stand der Technik in § 3 Abs. 1 folgendermaßen definiert:

„Den Stand der Technik bildet alles, was der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag der Anmeldung durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist.“

Im § 71a der österreichischen Gewerbeordnung (GewO) findet sich:

„Der Stand der Technik im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen, Bau- oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.“

Im Schweizer Patentgesetz (PatG)[1] gibt Art. 7 Abs. 2 Neuheit der Erfindung die Definition:

„Den Stand der Technik bildet alles, was vor dem Anmelde- oder dem Prioritätsdatum der Öffentlichkeit durch schriftlich oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist.“

Gesetze, die den Stand der Technik fordern

Stand der Technik wird unter anderem in den folgenden Gesetzen und Regeln erwähnt:

  • Deutsche Rechtsquellen:
    • § 4 Arbeitsschutzgesetz vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246)
    • § 3 Gefahrstoffverordnung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758)
    • § 4 (2) Betriebssicherheitsverordnung BetrSichV vom 18. Dezember 2008: Anforderungen an Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln
    • § 12 (1) Betriebssicherheitsverordnung BetrSichV vom 18. Dezember 2008: Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen
    • Ziff. 3 BG-Regel Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen vom Januar 2006
    • § 12 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82): Anforderungen an die Abfallbeseitigung
      • Anhang III KrW-/AbfG: Kriterien zur Bestimmung des Standes der Technik
    • § 3 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S. 2): Begriffsbestimmungen
    • Abschnitt 2.0.5 in der Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503): Stand der Technik zur Lärmminderung
    • Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes–Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft)" vom 24. Juli 2002 (GMBL. S. 511): Stand der Technik zur Luftreinhaltung
    • § 57 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585)
    • § 12 Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz - TFG) vom 1. Juli 1998 (BGBl. I S. 1752), zuletzt geändert durch Artikel 20 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304): Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und § 18 TFG: Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Anwendung von Blutprodukten
  • Österreichische Rechtsquellen:

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Schweizer Patentgesetz (PatG), admin.ch (pdf)

Literatur

  • Stefan Weise: Nacherfüllung nach neuestem Stand der Technik, NJW-Spezial 22/2011, S.684
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