Stellplatzpflicht

Stellplatzpflicht

In Stellplatzverordnungen bzw. Stellplatzsatzungen ist geregelt, wie viele Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder beim Neubau eines Gebäudes auf dem Grundstück oder in der Nähe nachgewiesen werden müssen. Die Zahl der vorgeschriebenen Stellplätze hängt von der Nutzung des Gebäudes und von der Zahl der Nutzer ab (z. B. wird die Stellplatzzahl bei Wohngebäuden in Abhängigkeit von der Zahl der Wohneinheiten festgelegt). Die Festlegungen basieren auf technischen und statistischen Erkenntnissen, wie z. B. dem Motorisierungsgrad.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts wollte man in der Stadtplanung sicherstellen, dass für eine grundlegende Änderung des Verkehrsverhaltens der Bevölkerung ausreichend Platz zur Verfügung gestellt wird. Hintergrund war die Einführung des Volkswagens. Mit der Reichsgaragenordnung des Jahres 1939 sollte sichergestellt werden, dass bei jedem Wohnhaus für potentielle Fahrzeughalter Stellplätze zur Verfügung gestellt werden. Pro Wohneinheit war damals die Errichtung eines Garagenplatzes gefordert. Mit diesem ersten Schritt zur autogerechten Stadt wurde erreicht, dass über die frühen Jahre der Motorisierung hinaus bereits jeder Wohnungsneubau mit entsprechenden Garagen versehen wurde. Diese wurde naturgemäß oft erst zwischen 1950 und 1960 ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt.

Situation in Deutschland

In Deutschland werden die Erfordernisse heute in der Regel durch die Bauordnungen der Bundesländer geregelt. Grundsätzlich müssen danach für bauliche Anlagen, die einen Zu- und Abgangsverkehr erwarten lassen, die notwendigen Kraftfahrzeug- und Fahrradstellplätze auf dem Baugrundstück oder einem in der Nähe gelegenen Grundstück errichtet werden. Der Umfang der Stellplatzverpflichtung wird von der Bauaufsichtsbehörde festgesetzt. Dabei richtet sie sich in der Regel nach Verwaltungsrichtlinien. Soweit die Schaffung der notwendigen Einstellplätze nicht oder nur unter besonderen Schwierigkeiten hergestellt werden kann, so können die Bauaufsichtsbehörden ausnahmsweise zulassen, dass die Herstellung der Einstellplätze durch Zahlung eines Geldbetrages an die Gemeinde ersetzt wird.

In einigen Bundesländern (z. B. in Brandenburg) wurden die Landesbauordnungen in den letzten Jahren dahingehend geändert, dass eine landesweit einheitliche Stellplatzpflicht nicht mehr besteht. Stattdessen können die Gemeinden Stellplatzsatzungen erlassen. Eine Verpflichtung zum Bau von Stellplätzen besteht dann nur noch in Gemeinden, die von dieser Ermächtigung Gebrauch machen.

Situation in Österreich

In den Bauordnungen der österreichischen Bundesländer werden die Gemeinden ermächtigt im Rahmen der Gemeindeautonomie Stellplatzverordnungen zu erlassen. Prinzipiell fußt auch diese Regelung in der Reichsgaragenverordnung. Da jedoch die Festlegungen der Mindestwerte den Gemeinden obliegt, ist Art und Menge der zu Verfügung zu stellenden Stellplätze stark unterschiedlich.

Technische Richtlinien

Technische Richtlinien geben bei fehlenden Verordnungen Orientierungswerte vor, die anerkannter Stand der Technik sind. Besonders hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen im Baukonstruktionslehrehandbuch des Architekten Ernst Neufert. Darüber hinaus gibt es in Deutschland und Österreich die RVS (Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau), in denen ausführliche Informationen zur Anordnung, Gestaltung in Dimensionierung von Stellplätzen enthalten sind.

Kritik

Die erzwungene Errichtung von Stellplätzen ist umstritten. So wird damit z. B. autofreies Wohnen verhindert.

Umgekehrt ist nicht sichergestellt, dass die den Wohnungen zugeordneten Stellplätze auch tatsächlich von den Bewohnern genutzt werden. Gerade im Geschosswohnungsbau werden die Stellplätze nicht selten getrennt von der Wohnung verkauft, so dass weitere Parkmöglichkeiten im öffentlichen Raum notwendig werden. Teilweise wird daher gefordert, Instrumente zu schaffen, die sicherstellen, dass die vorgeschriebenen Stellplätze auch für den beabsichtigten Zweck verwendet werden. In diesem Zusammenhang interessant sind Regelungen wie z. B. in Japan, wo beim Kauf eines Autos der Stellplatz am Wohnort nachzuweisen ist. Ebenso rückt das Prinzip des Carlofts in diesem Zusammenhang in die öffentliche Diskussion.

Es kam auch vor, dass die geforderte Mindestanzahl von Stellplätzen andererseits durch den Bebauungsplan nicht zulässig ist. Damit wird die Ausnahmeregelung der Abgeltung zur Einnahmequelle für die Gemeinde, die dafür keine Gegenleistungen erbringt.[1]

Die Stellplatzpflicht wird auch kritisiert, weil sie den Autoverkehr in den Städten begünstigt, was gemeinsam mit anderen verkehrsplanerischen Maßnahmen im Sinne der autogerechten Stadt teilweise zu einer Zerstörung der traditionellen Stadtstrukturen geführt hat.

V.a. im Bereich großer Einkaufszentren wird in Österreich darüber diskutiert, zu große Stellplatzanzahlen durch eine Verkehrserregerabgabe einzuschränken.

Einzelnachweise

  1. Hamburger Abendblatt

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