Stromatoporen

Stromatoporen
Stromatoporen
Stromatopore aus Gotland; Durchmesser 45 cm.

Stromatopore aus Gotland; Durchmesser 45 cm.

Zeitraum
Ordovizium bis Kreide
488 bis 65,5 Mio. Jahre
Fundorte
  • weltweit
Systematik
Vielzellige Tiere (Metazoa)
Schwämme (Porifera)
Stromatoporen
Wissenschaftlicher Name
Stromatoporoidea
Nicholson & Murie, 1879

Die Stromatoporoidea, im Allgemeinen auch Stromatoporen genannt, sind eine ausgestorbene, koloniebildende Tiergruppe, welche heute meist den Schwämmen zugeordnet wird. Ihre Fossilien findet man nur in Form von Kalkskeletten, erste gesicherte Funde stammen aus dem Ordovizium. Zwischen dem Unterkarbon und der Trias klafft eine Lücke, weitere Fossilien sind erst ab der Mittleren Trias im Mesozoikum bekannt. Am Ende der Kreide starben sie schließlich aus. Die sessilen Stromatoporen lebten ausschließlich im Meer, bevorzugt im flachen Wasser der tropischen und subtropischen Gewässer und waren oft mit Korallen vergesellschaftet. Besonders im Silur und Devon waren sie maßgeblich an der Riffbildung beteiligt. Wie auch die Schwämme und Korallen waren diese Organismen wahrscheinlich Filtrierer. Der Durchmesser einer einzelnen Kolonie liegt im Millimeterbereich bis zu maximal zwei Meter. Für die taxomische Zuordnung der Fossilien in Gattungen und Arten ist der innere Aufbau der Skelette wichtig und nur durch Dünnschliffanalysen möglich. Dieser Feinbau ist aber oft durch die fossilbildenden Prozesse (Fossildiagenese) verloren gegangen. Die oberen Teile der Fossilien wurden dadurch meist stärker beschädigt, während die Basiselemente durch die Diagenese weniger beeinträchtigt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Körperbau

Stark vereinfachtes Schema eines Stromatoporen-Skelettes

Die Stromatoporen bauten feinmaschige kalkige Skelette (Coenostea), die heute aus Calcit, selten auch aus Aragonit bestehend vorgefunden werden. Gegliedert sind sie durch horizontale (Laminae) und senkrechte Elemente (Pilae, auch Pfeiler genannt). Die Zwischenräume werden als Galerien oder Kammern bezeichnet. Durch Bildung immer neuer horizontaler Schichten wuchs der Organismus in die Höhe. Einheiten von mehreren, weiter auseinander stehenden Laminae im Wechsel mit verdickten oberflächenparallelen Lagen heißen Latilaminae und sind mit Jahresringen von Baumstämmen vergleichbar. Sie werden als von den paläoökologischen Umweltbedingungen abhängige Wachstumsperioden gedeutet. Durchschnittlich lag die Geschwindigkeit des Höhenwachstums wohl nur im Millimeterbereich, während das Wachstum in die Breite schon bis zu einem Zentimeter pro Jahr erreichen konnte.

An der Oberfläche befinden sich warzenähnliche Höcker (Mamelonen auch Monticuli genannt). Mit diesen Höckern sind kleine sternchenförmige Kanäle (Astrorhizen) verbunden die auf oder dicht unter der Oberfläche verlaufen und teilweise als senkrechte Kanäle in das Skelett hineinragen. Wahrscheinlich dienten sie als Ein- und Ausströmöffnungen (ähnlich wie bei den Schwämmen) durch die das Wasser aufgenommen und das (zur Nahrungsaufnahme) gefilterte wieder abgegeben wurde. Das lebende Gewebe wurde bisher nie versteinert gefunden, es befand sich vermutlich auf der Oberfläche und in den obersten Galerien des Skeletts.

Nachzeichnung von Anschnitten, (Im Uhrzeigersinn: a) Horizontaler Schnitt: Die dunklen Punkte stellen die Astrorhizen-Kanäle dar, b) Teil der Oberfläche, c) Vertikaler Schnitt, verschiedene Maßstäbe)
StromatoporoidTopDevColumbus.jpg
StromatoporoidSideDevColumbus.jpg

Auch in dem inneren Aufbau der Skelett-Elemente, also in der Mikrostruktur der Laminae und Pilae gibt es Unterschiede. Man kann grundsätzlich zwischen drei verschiedenen Arten des Aufbaus unterscheiden: Es gibt kompakte Strukturen wobei sich innerhalb der Elemente keine Lufträume oder Körner erkennen lassen. Die zweite Form bezeichnet man als zellulär, hier ist der Aufbau mehr oder wenig porös. Die dritte Art ist faserig aufgebaut, diese Struktur findet man fast ausschließlich bei den im Mesozoikum wieder auftretenden Stromatoporen. Bei starker Vergrößerung erkennt man einzelne Fasern in den Elementen. Zwischen diesen drei unterschiedlichen Strukturen gibt es auch fließende Übergänge. Dies kann aber an der Diagenese, also die nach dem Tod des Organismus im Sediment erfolgten Veränderungen liegen.

Es gibt stark unterschiedliche Wuchsformen wobei der Lebensraum des Organismus (zum Beispiel Temperatur und Stärke der Wellenenergie) eine große Rolle spielte. Im allgemeinen wird zwischen drei Wuchsformen unterschieden:

  • Kugelige, knollige (massive) oder lagige (tabulare) Formen: Diese Wuchsformen bildeten sich am Außenrand des Riffs, wo die Schwämme dem Angriff der Brandung ausgesetzt waren.
  • Inkrustrierdende Wuchsformen: Das Tier füllt mit der Skelettbildung Lücken des Bodens aus und bildet eine Kruste. Diese Wuchsform findet man oft auf dem Riffkamm.
  • ästige (dendroide) Formen: Das Skelett ist mit mehr oder weniger ausgebreiteten Ästen baumartig verzweigt.

Daneben finden sich auch laminare und blumenkohlartige Formen.

Lebensweise

Die Stromatoporen lebten als sessile Benthosbewohner in flachen und meist warmen Meeren. Ihre Ernährungsweise ist (wie vieles andere) immer noch ungewiss. Vermutlich ernährten sie sich als Filtrierer durch das Herausfiltern von Nährstoffen, Spurenelementen und eventuell auch Mikroplankton aus dem Meerwasser. Sie wuchsen zum größten Teil auf harten Untergrund oder auf Schalen anderer Organismen. Die Stromatoporen waren maßgeblich Riffbildner, doch findet man auch kleine, kugelige Kolonien in tieferen Meereslagen, weit entfernt von Riffgesellschaften. Eventuell bestand eine Symbiose bei einigen Vertretern der Stromatoporen mit Algen, ähnlich wie bei den heutigen Korallen. Diese Stromatoporen wuchsen meist im flachen Wasser, somit war noch genug Licht für die Photosynthese der Algen vorhanden. Diese Vermutung konnte aber noch nicht nachgewiesen werden, da fossilierte Algenreste auf den Stromatoporen noch nicht gefunden wurden.

Stromatoporen und Parasiten

Bei den riffbildenden Stromatoporen lassen sich häufig senkrechte Röhren im Skelett finden (Caunoporen). Wenn sie durch Böden (Tabulae) unterteilt werden und eine eigene Wand besitzen, kann man auf ein Zusammenleben von Stromatoporen mit anderen Organismen schließen. Meist war es die Gattung Syringopora, eine tabulate Koralle, die als Kommensale in den Stromatoporen lebte. Dabei profitierte die Koralle von dem Wirt, richtete aber keinen großen Schaden aus. Spuren von den Syringopora wurden vom Silur bis ins Devon in verschiedenen Gattungen der Stromatoporen nachgewiesen. Auch Röhren von rugosen Korallen, speziell von der Art Spongophyllum immersum wurden gefunden. Das Auftreten von Tabulaten als Kommensalen wurde sehr häufig nachgewiesen, an einigen Fundorten waren bis zu ein Drittel der Stromatoporen davon betroffen.

Selten wurden auch Spuren von Würmern und grubenförmige Auswüchse in den Fossilien gefunden. Bei den erstmals Ende des 20. Jahrhundert nachgewiesenen Wurmspuren handelt es sich um spiralige, aufgerollte Röhren mit Durchmessern im Bereich von Zehntelmillimetern. Die Funde wurden bisher nur in Mitteleuropa gemacht und stammen aus der Zeit des Devons. Vermutlich wurden die Spuren von Streptindytes erzeugt, ein Wurm der Ordnung Serpulimorpha der Vielborster (Polychaeta). Über das Zusammenleben der beiden Organismen und ob es sich um Kommensalismus oder Parasitismus handelt, ist noch nichts Genaueres bekannt. Solche Röhren wurden auch in verschiedenen Tabulaten und Chaetetiden nachgewiesen.

Die grubenförmigen Spuren ähneln unregelmäßigen Auswüchsen des Skelettes, bei genauerer Untersuchung stellte es sich aber heraus, dass es sich um Spuren von anderen Organismen handelt, die eventuell als Parasiten an den Stromatoporen lebten. Der Durchmesser dieser Gruben liegt im Millimeterbereich. Vermutlich siedelte der Organismus auf den Stromatoporen und behinderte für einige Zeit das Wachstum. Später wuchs das Skelett an der Stelle wieder nach und füllte auch den Raum der Grube wieder aus. Von welchem Organismus diese Gruben erzeugt wurden und ob es sich tatsächlich um Parasitismus handelt, ist noch unbekannt.

Die Riffbildung

Die Raukar auf der Insel Fårö bei Gotland sind Erosionsreste eines silurischen Stromatoporenriffs

Im frühen Ordovizium waren die Moostierchen (Bryozoa) die eigentlichen Riffbauer, allerdings bildeten sie eigentlich keine Riffe im engeren Sinn, denn die Größe war sehr gering und mehr mit Hügeln vergleichbar. Diese Art von Riffen werden als Bioherme oder „patch reefs“ bezeichnet. Im mittleren Ordovizium gewannen die Stromatoporen bei der Riffbildung zunehmend an Bedeutung, in dieser Zeit gab es schon von Stromatoporen und Kieselschwämmen gebildete Riffe die Höhen von bis 10 Metern und Durchmesser von 150 Metern erreichen konnten. In diesen Vergesellschaftungen kamen Stromatoporen mit einer Größe von bis über zwei Metern vor. Die Riffe des Ordoviziums unterschieden sich deutlich in der Größe und der Zusammensetzung der Lebensgemeinschaft von denen im Silur und Devon. Ein Beispiel ist das Riff in der Crown-Point-Formation im US-amerikanischen Bundesstaat Vermont. Das Grundgerüst wurde von den Armfüßern (Brachiopoden) gebildet, zum weiteren Aufbau trugen wesentlich Stromatoporen, Schwämme und Moostierchen bei. Auch rugose und tabulate Korallen waren, allerdings nur teilweise, am Aufbau beteiligt. Im letzten Stadium der Entwicklung waren massive Stromatoporen die dominierenden Lebewesen auf dem Riff. Erst ab dem Silur, bei den Tabulaten-Stromatoporen-Riffen erreichten die Tabulaten und Rugosen eine wichtige Stellung innerhalb der Riffbildung.

Die Bildung der Tabulaten-Stromatoporen-Riffe ist mit der Entstehung eines Korallenriffes vergleichbar. Meist wurde das Grundgerüst der Riffe von den korallenähnlichen Tabulaten und Rugosen, sowie von Stromatoporen gebildet. Auf dem Gerüst siedelten weitere Tabulaten und Stromatoporen und die Skelettreste, Kalksedimente von abgestorbenden Organismen füllten die Hohlräume des relativ porösen Gerüsts. Moostierchen, Algen und auch einige Stromatoporengattungen verfestigten die Lücken, das Riff wuchs in die Höhe. Wenn es über den Meeresspiegel hinausgewachsen war, wurde der offenen Seeseite zu gewandte, über den Meeresspiegel liegender Riffkamm von inkrustrierenden, flachen Stromatoporen mit massiven Skeletten, die den starken Wellenbewegungen standhielten, gebildet. An den Rückriffseiten in ruhigen Lagunen und in anderen seichten, stillen Meereslagen lebten oft dünnästige Formen, die oft ganze bodenbedeckende Stromatoporen-Rasen bildeten. Die Gattung Amphipora ist ein häufiges Beispiel für diese Wuchsform, die Durchmesser der einzelnen Äste liegen meist im Bereich von wenigen Millimeter. Fossilien von solchen Rasen aus dem Devon findet man zum Beispiel in den stillgelegten „Operich“-Steinbruch in Büdesheim in der Eifel. Ab dem mittleren Ordovizium entstanden durch adaptive Radiation viele neue Formen der Tabulaten, Rugosen, Stromatoporen und anderen für Riffbildung wichtige Lebewesen. Im Ökosystem der Riffe wurden Nischen gefüllt, die Formenvielfalt wurde größer, so dass schließlich im Silur und Devon die mächtigen Tabulaten-Stromatoporen-Riffe entstehen konnten.

Riffe im Silur

Die Tabulaten-Stromatoporen-Riffe des Silurs erreichten teilweise eine Länge bis zu drei Kilometer. Wichtige Riffstrukturen aus dem Silur existieren zum Beispiel auf der Insel Gotland (Schweden), Anticosti (Kanada) und in den Karnischen Alpen (Österreich).

Das im Ostseebecken liegende Inselsystem Gotland ist ein Gebiet intensiver geologischer Forschung. Fossilien sind zahlreich und sehr oft in einem guten Erhaltungszustand. Im Silur war Gotland von einem warmen Flachmeer überdeckt und lag in einer ruhigen tektonischen Zone. Somit bestanden gute ökologische Bedingungen für die Riffbildungen. Besonders auffällig sind die „Rauka“, Säulen aus Riffkalkstein, die bis zu zehn Meter in die Höhe ragen und meist eine sehr eigenartige Form haben. Sie sind die durch Erosion geformten Reste der ursprünglichen Riffe. Ihre Form wird durch die ehemalige biologische Zusammensetzung der Riffe bestimmt, maßgeblich durch die Form der Stromatoporen.

Riffe im Devon

Der Nationale Geotop „Steinbruch Unica“ in Hessen mit polierter Abbaufront von Lahnmarmor aus dem Massenkalk eines mitteldevonischen Stromatoporenriffs

Im Devon hatten die Stromatoporen ihre eigentliche Blüte, in dieser Zeit entstanden auch die größten Tabulaten-Stromatoporen-Riffe und das Artenreichtum dieser Lebensgemeinschaften nahm ebenfalls zu. Ein bekanntes Beispiel aus dem Devon ist das in West-Australien im Canningbecken liegende, so genannte „devonische Great-Barrier-Riff“. Hierbei handelt es sich um ein großes System von Tabulaten-Stromatoporen-Riffen mit einer ursprünglichen Länge von wahrscheinlich mehr als 1000 Kilometern. Im Canningbecken waren die Bedingungen für die Bildung dieses riesigen Riffkomplexes optimal, da das Gebiet im Devon in der Nähe des Äquators lag und von einem flachen, tropischen Meer bedeckt war.

Eingang zur Windjana Gorge

Am Nordrand dieses Beckens erreichen die heute noch stehende Reste des Riffes eine Länge von 350 Kilometer und eine Höhe von über 100 Meter. Als sich das Meer vor ungefähr 250 Millionen Jahren zurückzog und die Verwitterung einsetzte, gruben Flüsse tiefe Schluchten in die Riffe. Ein sehr bekanntes Beispiel ist die durch den Lennard River gebildete Windjana Gorge. Die bis zu 90 Meter hohen Wände der Schlucht lassen sehr gut die zeitliche, geologische Schichtung des Riffes erkennen und sind eine wichtige Fundstelle für Fossilien. Der Name dieses Riffes bezieht sich auf das rezente Great Barrier Reef, welches nordöstlich von Australien im Südpazifik liegt. Es bildete sich, selbst geologisch gesehen, viele Zeit später, vor ungefähr 20 Millionen Jahren.

Der Riffkalk ist immer porös, daher ist er oft ein gutes Speichergestein für Erdöl. Für die Industrie wichtige erdölführenden Riffe aus dem Devon existieren zum Beispiel in Alberta (Kanada).

Ein weiteres wichtiges geologisches Gebiet ist das Rheinisches Schiefergebirge. Im Devon war es vollständig von einem Meer, dem rheinischen Flachmeer mit Tiefen von bis zu 100 Metern bedeckt. Hier kam es ebenfalls zur Bildung von ausgedehnten Stromatoporen-Riffen. Besonders imposante Reste dieser Riffe sind die Dolomitfelsen im Kylltal von Gerolstein in der Eifel.

Dolomitfelsen von Gerolstein

Die Reste des im mittleren Devon entstandenen Riffs ragen im Tal bis zu 100 Meter in die Höhe. Der Dolomit wurde durch Auswaschung des Kalks aus dem Riff und Anreicherung von Magnesium gebildet. Durch diesen chemischen Prozess sind in diesen Felsen allerdings kaum noch Fossilien zu finden. An den Gerolsteiner Dolomitfelsen lässt sich jedoch noch gut die ehemalige Riffstruktur, der Außenrand des Riffes, der Riffkern und die davor liegenden Schuttablagerungen erkennen. Gut erhaltenden Fossilien findet man in der Umgebung, in den sogenannten Eifeler Kalkmulden. Zu den häufig in der Eifel gefunden Stromatoporengattungen zählen die Stromatopora, Actinostroma und Amphipora. Die Stromatoporen bildeten hier hauptsächlich großflächige Biostrome, flache, mehr in die Breite wachsende Riffe. Gut erhaltene Riffreste mit vielen Fossilien findet man auch im Rechtsrheinischen Schiefergebirge. Ein Beispiel ist das im oberen Devon entstandene „Wirbelauer-Riff“. Hierbei handelt es sich um ein von der Küste weit entferntes Riff, es wuchs auf einer vulkanischen Schwelle im rheinischen Flachmeer. Man kann es in dem stillgelegten Steinbruch Joerissen in der Nähe von Wirbelau besichtigen. Weitere hervorragende Aufschlüsse in der Riffkalkfolge des Oberdevons sind die Kalksteinbrüche südöstlich von Aachen zwischen Walheim und Schmithof. Hier sind die Riffkalke und Knollenkalke des Frasne weiträumig aufgeschlossen.

Die Fauna und Flora der Riffe waren sehr vielfältig, sie wurden von den verschiedensten wirbellosen Tieren wie zum Beispiel Schnecken, Trilobiten und Armfüßern bevölkert. An der Oberfläche lebten Moostierchenkolonien, Hydrozoen und Algen. Auch viele Fossilien von freischwimmenden Lebewesen, wie zum Beispiel Nautiliden, Fische und Ammonoideen hatt man in den Sedimenten vor dem devonischen Great Brarrier Riff gefunden. Diese Funde lassen die enorme Komplexivität dieser Ökosysteme erkennen. In der Formenvielfalt und Farbenprächtigkeit waren die Tabulaten-Stromatoporenriffe sicherlich genauso einzigartig wie die heutigen Korallenriffe.

Die Stromatoporen im Mesozoikum

Nach dem Massenaussterben am Ende des Devons verschwanden die Stromatoporen, die korallenähnlichen Tabulaten und Rugosen wurden stark geschwächt. Die nach dem Devon von Organismen gebildeten Riffe verloren dadurch stark an Größe und ökologischer Bedeutung, erst im Laufe der Trias entstanden wieder ähnlich große Riffe und man findet auch wieder Fossilien der Stromatoporen. In dieser Zeit waren allerdings die Steinkorallen die dominierenden Riffbauer. Die im Trias wieder vorkommenden Formen der Stromatoporen (im Mesozoikum auch Sphaeractinoidea genannt) waren nicht mehr wesentlich an der Bildung der Riffe beteiligt, meist lebten sie als Riffbegleiter der Korallen. In der oberen Jura erlebten die mesozoischen Stromatoporen wieder eine Blüte und erreichten eine gewisse Bedeutung bei der Riffbildung, selten bildeten sie auch wieder kleine eigene Rifftypen. Ihr größtes Vorkommengebiet war die Tethys. In Gebieten mit großer Wellenstärke kamen sie nicht mehr vor, sie bevorzugten ruhige und flache Zonen. Am Ende der Kreide starben sie schließlich ganz aus.

Systematik

Die systematische Stellung der Stromatoporen ist auch heute noch nicht vollständig geklärt. Früher wurden die Stromatoporen den Hydrozoen zugeordnet. Auch eine Verwandtschaft mit Archaeocyathiden und Blaualgen, den Stromatolithen wurde in Betracht gezogen. Offensichtlich waren die Stromatoporen stark vom Massenaussterben im oberen Devon betroffen, denn erst ab der Trias lassen sich wieder ähnliche Fossilien finden. Daher kann man grundsätzlich zwei Gruppen unterscheiden:

  • Stromatoporen aus dem Paläozoikum: Die „typischen“ Stromatoporen
  • Mesozoische Formen: Auch als Sphaeractinoidea bezeichnet

Die „typischen“ Stromatoporen (engl.: true stromatoporoids) werden als eine monophyletische Gruppe betrachtet und zu den Schwämmen gestellt (Klasse Stromatoporoidea). Ein starkes Indiz dafür sind die Astrorhizen, da man ähnliche Strukturen bei der Gattung Astrosclera (Ordnung Sklerospongea) rezenter Schwämme gefunden hatte. Diese systematische Einordnung wird seit den 70er / 80er Jahren des 20. Jahrhunderts von den meisten Wissenschaftlern anerkannt.

Aufgrund der Lücke zwischen den beiden Gruppen ist die systematische Stellung der ab Trias wieder auftauchenden und bis zur oberen Kreide verbreiteten Formen noch weitgehend unklar. Sie werden oft als Sphaeractinoidea bezeichnet um sie von den Stromatoporen zu trennen. Als wichtiger Unterschied wird oft der strukturelle Aufbau der Skelett-Elemente aufgeführt, denn bei den mesozoischen Fossilien sind die Elemente fast immer faserig aufgebaut. Aufgrund der Veränderung der Feinstruktur durch die Diagenese ist die taxonomische Bedeutung noch umstritten. Ob die Sphaeractinoidea mit den „typischen“, paläozoischen Stromatoporen eine Verwandtschaftsgruppe bilden oder ob es sich um konvergente Entwicklungen der Sklerospongea und Hydroidea handelt ist daher noch umstritten.

Einige ausgewählte Gattungen

Labechia: Diese Gattung ist vom Ordoviz bis zum Unterkarbon bekannt. Arten von Labechia wurden in Europa, Asien und Nord-Amerika gefunden und lebten oft auf Riffen. Die Labechia zählen zu den ursprünglichen Stromatoporen bei denen horizontale Skelettelemente fehlen, stattdessen ist das Skelett blasenförmig aufgebaut. Astrorhizen sind ebenfalls noch nicht vorhanden. Oft wurden Fossilien in Riffen gefunden, die Wuchsform war meist inkrustrierend.

Stromatoporella: Vom Ordovizium bis zum Unterkarbon hatten die Stromatoporella ebenfalls eine lange „Überlebensdauer“. Die Astrorhizen sind bei dieser Gattung schon stark entwickelt auch Wachstumsperioden sind gut sichtbar. Bei starker Vergrößerung erkennt man bei den Pfeilern eine poröse Mikrostruktur.

Stromatopora: Sie kamen im Silur bis zum Unterkarbon vor, waren weltweit verbreitet und lebten vor allem im Riffbereich. Die Kolonien waren meist massiv aufgebaut und die Latilaminae sind an den Fossilien sehr häufig gut erkennbar, dadurch erhält das Skelett eine geschichtete Form. Die Astrorhizen sind stark ausgebildet und meist gut sichtbar. Bei dieser Gattung treten sehr häufig die Wohnröhren der Syringopora auf. Stromatopora ist die erste entdeckte Gattung der Stromatoporen, beschrieben wurde sie 1826 von Georg August Goldfuß. Bevor die Untersuchung durch Dünschliffanalysen möglich war, wurde der Name für fast alle Stromatoporengattungen und ähnlich aufgebaute Organismen wie zum Beispiel die Stromatolithen benutzt. Das Taxon Stromatoporoidea wurde erst im Jahre 1879 eingeführt.

Actinostroma: Ab dem Ordovizium bis zum Unterkarbon lebten die Actinostroma in Riffbereichen und waren weltweit verbreitet. Die früher ebenfalls zu dieser Gattung gezählten Funde aus dem Mesozoikum werden nun im allgemeinen zu den Actinostromaria (Jura bis Kreide) gestellt.

Amphipora: Diese bereits erwähnte Gattung kam nur im Mittel- bis Unterdevon vor. Die dünnen Ästchen zeigen feine Poren die dicht nebeneinander liegen.

Stachyodes: Die Stachyodes lebten vom Untersilur bis zum Devon. Sie bildeten im Gegensatz zu den Amphipora dickästige Strukturen und lebten meist im Vor- und Hinterbereich der Riffe.

Burgundia: Eine mesozoische, von der oberen Trias bis zur oberen Kreide vorkommende Gattung. Sie wurden nur in Vorderasien, England, Italien und Deutschland gefunden.

Literatur

  • Bernhard Ziegler: Einführung in die Paläobiologie, Teil 2, Spezielle Paläontologie, Protisten, Spongien und Coelenteraten, Mollusken. Stuttgart: Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung, 2004, ISBN 3-510-65036-0
  • Ulrich Lehmann und Gero Hillmer: Wirbellose Tiere der Vorzeit: Leitfaden der systematischen Paläontologie der Invertebraten. Spektrum Akademischer Verlag, 1997, ISBN 3-432-90654-4
  • Ulrich Lehmann: Paläontologisches Wörterbuch. Stuttgart: Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung, 1996, ISBN 3-432-83574-4
  • Lexikon der Geowissenschaften. Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, 2002, ISBN 3-8274-0427-4
  • Colin W. Stearn: Revision of the Order Stromatoporida. Palaeontology 36(2), S. 201-222 (1993), ISSN 0031-0239
  • Andreas May: Stratigraphie, Stromatoporen-Fauna und Palökologie von Korallenkalken aus dem Ober-Eifelium und Unter-Givetium (Devon) des nordwestlichen Sauerlandes (Rheinisches Schiefergebirge). Geologische Paläontologie Westfalen (24) 1993, ISBN 3-924590-34-6
  • Colin W. Stearn: Stromatoporoidea, 1926-2000. Journal of Paleontology 75(6); Seite 1079-1089 (2001), ISSN 0022-3360 Online (pdf-Datei)

Weblinks

 Commons: Stromatopora – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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