Stromsteuergesetz (Deutschland)

Stromsteuergesetz (Deutschland)
Basisdaten
Titel: Stromsteuergesetz
Abkürzung: StromStG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Steuerrecht
Fundstellennachweis: 612-30
Datum des Gesetzes: 24. März 1999
(BGBl. I S. 378, ber. 2000 I S. 147)
Inkrafttreten am: 1. April 1999
Letzte Änderung durch: Art. 2 G vom 1. März 2011
(BGBl. I S. 282, 285 f.)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Januar 2011
(Art. 5 Abs. 5, 6 G vom 1. März 2011),
1. April 2011
(Art. 5 Abs. 1 G vom 1. März 2011),
23. Juli 2011
(Bek. vom 3. August 2011, BGBl. I S. 1726)
GESTA: D022
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Stromsteuergesetz (kurz: StromStG) ist ein deutsches Steuergesetz betreffend die Besteuerung des Stromverbrauchs. Das Gesamtaufkommen an Stromsteuer liegt bei 6,350 Mrd. € (2009). Die Stromsteuer gehört zu den so genannten Ökosteuern.

Inhaltsverzeichnis

Steuerart

Die Stromsteuer ist eine durch Bundesgesetz geregelte Verbrauchsteuer. Die Verwaltung obliegt den Zollbehörden, das Aufkommen steht dem Bund zu.

Steuergebiet/Steuergegenstand

Besteuert wird der Verbrauch von elektrischem Strom im deutschen Steuergebiet (Bundesrepublik Deutschland ohne das Gebiet von Büsingen am Hochrhein und ohne die Insel Helgoland).

Einheit für die Berechnung ist die Megawattstunde (= 1.000 kWh), auf die ein Regelsteuersatz von 20,50 € erhoben wird.

Steuerbegünstigungen

Steuerbefreiungen

Für bestimmte Verwendungszwecke ist eine Befreiung von der Steuer vorgesehen:

  • Strom aus erneuerbaren Energieträgern ist befreit, wenn er aus einem ausschließlich aus solchen Energieträgern gespeisten Netz entnommen wird. Erneuerbare Energieträger in diesem Sinne sind Wasser- und Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas und Biomasse. Keine erneuerbaren Energieträger sind Klärschlamm und Grubengas.
  • Strom zur Verwendung bei der Stromerzeugung ist steuerfrei. Definitionsgemäß wird Strom dann zur Stromerzeugung entnommen, wenn er in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung und Rauchgasreinigung oder in Pumpspeicherkraftwerken von den Pumpen zum Fördern der Speichermedien zur Erzeugung von Strom verbraucht wird.
  • Strom aus Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu 2 Megawatt ist steuerfrei, wenn er vom Anlagenbetreiber in einem räumlichen Zusammenhang zur Entnahmestelle geleistet wird.
  • Strom, der in Notstromaggregaten und an Bord von Schiffen oder Luftfahrzeugen erzeugt wird, ist steuerfrei

Steuerermäßigungen

Steuerermäßigungen sind gesetzlich vorgesehen für

  • Strom, der von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft zu betrieblichen Zwecken verbraucht wird, unterliegt einem um 5,13 EUR ermäßigten Steuersatz (Ermäßigung um 25%). "Betrieblicher Verbrauch" ist nicht nur der Verbrauch für die Produktion im engeren Sinne, sondern auch für betrieblichen Zwecke wie zum Beispiel Beleuchtung, Heizung und den Betrieb von Büromaschinen. Die Entlastung erfolgt nur, wenn der Entlastungsbetrag 250 EUR je Kalenderjahr übersteigt. Das bedeutet, dass bei einer jährlichen Stromsteuer unterhalb 1000 EUR (entspricht ca. 48,78 MWh) keine Entlastung gewährt wird.

Unternehmen, die nicht ausschließlich dem Produzierenden Gewerbe oder der Land- und Forstwirtschaft angehören, sind nach dem Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu klassifizieren.

Steuerentlastungen

Steuerentlastungen stellen nationale Subventionen dar, deren Zweck im StromStG vielfach damit begründet wird, dass das Produzierende Gewerbe, welches stärker noch als Dienstleister im internationalen Wettbewerb steht, steuerlich zu entlasten sei, damit deren Produkte auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig blieben. Die mit dem Begriff "Unternehmen des Produzierenden Gewerbes" beschriebenen Unternehmen haben durch ihre Verbände (BDI, VDEW, BGW und VIK) am 9. November 2000 eine Klimaschutzvereinbarung unterzeichnet.[1] Artikel 17 der EU-Energiesteuerrichtlinie 2003 lässt es zu, Unternehmen zu entlasten, mit denen eine auf den Klimaschutz ausgerichtete Vereinbarung besteht.[2] Auf Basis der Klimaschutzvereinbarung vom 9. November 2000 hat die Bundesrepublik Deutschland bei der EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung beantragt und auch erhalten (zuletzt am 13. Juni 2007 zum Biokraftstoffquotengesetz, gültig ab 1. Januar 2007).[3] Die Grundlage der Steuerentlastungen im StromStG ist damit nicht ausschließlich – wie vielfach behauptet – die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Die rechtliche Grundlage bildet die EU-Energiesteuerrichtlinie und die Klimaschutzvereinbarung vom 9. November 2000. Energie- und klimapolitische Überlegungen sind daher bei der Auslegung und Ausgestaltung der Regelungen zu berücksichtigen.[4]

Steuerentlastung für Contracting

Die Diskussionen um Mitnahmeeffekte der Entlastungsregelungen durch sogenanntes „Schein-Contracting“, zuletzt durch den Bundesrechnungshof im November 2009,[5] übersehen häufig die energie- und klimapolitische Ausrichtung der Stromsteuerentlastungen. Die Entlastungen für „echte“ Contracting-Unternehmen sind auf Basis der oben genannten Zielrichtung der Entlastungsregelungen ganz im Sinne des Gesetzes. Leider enthalten die gesetzlichen Regelungen bisher keine handhabbare Abgrenzung echter Contracting-Leistungen zu dem vom Bundesrechnungshof zu Recht beanstandeten „Schein-Contracting“. Die von den Contracting-Verbänden insbesondere im Schreiben vom 17. März 2010[6] vorgeschlagene Abgrenzung stellt dazu auf die Effizienzverantwortung des Contractors ab und stellt damit die energie- und klimapolitische Bedeutung der Entlastungen in den Mittelpunkt.

§ 10 StromStG

In § 10 StromStG werden folgende Regelung getroffen: a. Begriffsbestimmungen

  • Unternehmen des Produzierenden Gewerbes: Sind Unternehmen des Bergbaus, des verarbeitenden Gewerbes, des Baugewerbes, der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- oder Wasserversorgungswirtschaft, die einem Abschnitt A – F in der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts, Ausgabe 2003 (WZ 2003), zuzuordnen sind. Weiterhin zugeordnet werden die anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen im Sinne des § 136 SGB IX, wenn sie überwiegend eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die den vorgenannten Wirtschaftszweigen zuzuordnen ist (§ 2 StromStG).
  • Unternehmen: Kleinste rechtlich selbständige Einheit sowie kommunale Eigenbetriebe, die auf Grundlage der Eigenbetriebsgesetze oder Eigenbetriebsverordnungen der Länder geführt werden (§ 2 StromStG).

b. Wie wird das Unternehmen entlastet und in welcher Höhe

Der so genannte „Spitzenausgleich“ stellt ein Recht auf Steuerentlastung (Erlass, Erstattung oder Vergütung) des nachweislich versteuerten Stroms für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes dar. Dabei ist eine Totalentlastung der Stromsteuer nicht gewollt, dies wird durch 3 Elemente erreicht:

  • Das erste Element stellt der so genannte Selbstbehalt (Sockelbetrag) in Höhe von 512,50 € pro Kalenderjahr dar. Die gezahlte Stromsteuer muss also den Betrag von 512,50 € übersteigen. Der Sockelbetrag wurde eingeführt, um größeren Verwaltungsaufwand zu vermeiden und Erstattungen in Kleinfällen zu verhindern.
  • Das zweite Element ist der Senkungssatz des Arbeitgeberanteils zur Rentenversicherung (Erklärung hierzu unter Nr.4).
  • Nach Berechnung der Steuerbelastung, von der die beiden oberen Elemente in Abzug gebracht wurden wird diese Restbelastung schließlich nicht zu 100 % vergütet, sondern zu 95 %. Die restlichen 5 % stellen einen zumutbaren Eigenanteil eines Unternehmens dar.

Sind Sockelbetrag und Senkungssatz gleich oder kleiner als die Steuerbelastung, kommt es zu keiner weiteren Entlastung. Unternehmen welche keine rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, können nach Abzug des Sockelbetrages im günstigsten Fall 95 % der Stromsteuer zurückbekommen.

c. Was hat die Rentenversicherung damit zu tun?

Ca. 90 % der Einnahmen aus der Stromsteuer fließen in die Rentenkasse um die Lohnnebenkosten zu senken. Dadurch konnte der Arbeitgeberanteil an den Rentenversicherungsbeitragssätzen abgesenkt werden. Im Jahr 1998 betrug der Arbeitgeberanteil noch 10,15 % (Gesamtbeitragssatz 20,3 %), durch die Einnahmen aus der Stromsteuer konnte zum Beispiel im Jahr 2006 der Arbeitgeberanteil um 0,4 % auf 9,75 % (Gesamtbeitragssatz 19,5 %) vermindert werden.

Übersicht der Entwicklung der Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung:

Jahr Gesamtversicherungsbetrag AG-Anteil Senkungssatz gegenüber 1999
1999 (bis 31. März 1999) 20,3 % 10,15 %
1999 (ab 1. April 1999) 19,5 % 9,75 % 0,40 %
2000 19,3 % 9,65 % 0,50 %
2001 19,1 % 9,55 % 0,60 %
2002 19,1 % 9,55 % 0,60 %
2003 19,5 % 9,75 % 0,40 %
2004 19,5 % 9,75 % 0,40 %
2005 19,5 % 9,75 % 0,40 %
2006 19,5 % 9,75 % 0,40 %
2007 19,9 % 9,95 % 0,20 %

Da diese Entlastung innerhalb der Vergütungsberechnung ein Abzugsbetrag darstellt, erhöht sich letztendlich der Vergütungsbetrag durch eine Erhöhung des Rentenversicherungsbeitragssatzes. Eigentlich sollen durch die Einnahmen aus der Stromsteuer die Beiträge niedrig gehalten werden. Der Anstieg im Jahr 2007 auf 9,95 % würde jetzt zu einer erhöhten Vergütung für die Unternehmen führen.

Da Unternehmen des Produzierenden Gewerbes bereits mit den Beitragssätzen des Jahres 2006 so gut wie keine Steuerbelastung mehr zu tragen hatten und eine gewisse Restbelastung gegeben sein soll, wird bei der Errechnung der Rentenversicherungsersparnis so getan, als ob der niedrigere Beitragssatz des Jahres 2006 noch gelten würde. Der Anstieg auf 9,95 % wird nun bei der Berechnung ignoriert.

d. Welche Rentenversicherungsbeiträge müssen in die Berechnung mit einbezogen werden?

Für die Steuerentlastung nach § 10 StromStG ist als eine Berechnungskomponente der Arbeitgeberanteil an der Rentenversicherung zu ermitteln. Rentenversicherungspflichtig sind Beschäftigte gemäß §§ 1 ff. SGB VI. Regelmäßig handelt es sich hierbei um Arbeitnehmer und Auszubildende oder bei Behindertenwerkstätten um Behinderte. Beschäftigung ist eine nicht selbstständige Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis. Folgende Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung sind bei der Berechnung zu berücksichtigen:

  • normal Beschäftigte;
  • Beschäftigte im Niedrig-Lohn-Sektor (401 € bis 800 €);
  • Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeit;
  • Auszubildende mit Arbeitsentgelt über 325 €;
  • Arbeitgeberanteile aus der so genannten „Märzklausel“ (Einmalzahlungen wie zB. Urlaubs-, Weihnachtsgeld)

Nicht zu berücksichtigen:

  • Geringfügige Beschäftigung (400-Euro-Job) sowie freiwillige Rentenzahlungen. Der Arbeitgeberanteil hierfür wird in die Berechnung nicht mit einbezogen, da die Beiträge bei geringfügig Beschäftigten nicht gesenkt wurden (tatsächlich wurden sie im Vergleich zu 1998 sogar mehrfach erhöht).
  • Soweit der Arbeitgeber den Beitrag zur Rentenversicherung allein trägt, zum Beispiel bei Auszubildenden mit einem Arbeitsentgelt unter 325,00 €, Kurzarbeit und bei Aufstockungsbeträgen zur Altersteilzeit, ist der volle Beitragssatz zu berücksichtigen.
  • Leiharbeiter sind Beschäftigte des Verleihers, nicht des Entleihers (§ 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) und müssen somit nicht berücksichtigt werden. Dagegen sind in das Ausland entsandte Arbeitnehmer nach § 4 SGB IV in die Berechnung einzubeziehen.

e. Gesetzestext

Ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes erhält für nachweislich versteuerten Strom, wenn es diesen zu betrieblichen Zwecken aus dem Versorgernetz entnommen hat, auf Antrag Entlastung. Die Stromsteuer muss 512,50 € im Kalenderjahr übersteigen, dieser Sockelbetrag wird dabei vom Steuerbetrag abgezogen.

Im Kalenderjahr können 95 % der Steuer erlassen, erstattet und vergütet werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass von der Steuerbelastung ohne Sockelbetrag (siehe zu Absatz 1) der jeweilige Senkungssatz der Rentenversicherung abzuziehen ist.

f. Rechenbeispiel Ein Unternehmer (U) des Produzierenden Gewerbes bezieht im Jahr X voll versteuerten Strom. U beschäftigt 20 Arbeitnehmer und zahlt für diese ein rentenversicherungspflichtiges Entgelt von 500.000 € im Antragsjahr. Die Stromsteuer belief sich auf 12505,00 €. Der Unternehmer stellt einen Antrag auf Erstattung der Stromsteuer nach § 10 StromStG. Der zu erstattende Betrag berechnet sich wie folgt:

Steuer nach § 10 Abs. 1 StromStG 12.505,00€
./. Sockelbetrag gemäß § 10 Abs. 1 StromStG 512,50€
Zwischensumme 11.992,50€
./.Senkungssatz der Rentenversicherungsbeiträge von 0,4 % (2006) auf 500.000€ 2.000,00€
verbleibende Steuer 9.992,50€
Davon 95 % ( = Erstattungsbetrag) 9.492,88€

g. Grundlegendes

Stellt ein Unternehmen einen Antrag beim zuständigen Hauptzollamt sollte es beachten, dass nur für nachweislich versteuerten Strom, der für eigene betriebliche Zwecke verwendet wurde, eine Entlastung gewährt wird. Strom der an Dritte (zum Beispiel Tochterunternehmen) weitergegeben wird, ist nicht entlastungsfähig. Wer Strom an Dritte weiterleitet benötigt eine Erlaubnis und muss den Strom an Dritte, der nicht produzierend ist, nachversteuern, andernfalls besteht der Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung. Dies kann zur Folge haben, dass vom zuständigen Hauptzollamt ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
Zur Fristwahrung ist bei Beantragung der Entlastung zu beachten, dass ein Antrag zum Beispiel des Jahres 2008 bis spätestens 31. Dezember 2009 eingereicht werden muss. Hier ist ein Nachweis (Faxbestätigung/Rückschein) bei Streitfällen mit dem Hauptzollamt hilfreich, da sonst die Antragsfrist nicht eingehalten wurde und nach dem 31.12. keine Bearbeitung/Vergütung mehr erfolgt!

Angemerkt sei, dass sich das Berechnungsverfahren ab dem Antragsjahr 2011 ändern wird.

  • Behörde:

Zuständig für die Entlastung der Stromsteuer ist das Hauptzollamt, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat.
Im günstigsten Fall kann ein Unternehmen eine Steuerentlastung nach § 10 StromStG von 95% erfahren.

2. § 9a StromStG

Nach § 9a StromStG können Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für den Strom, welcher für bestimmte Prozesse und Verfahren verwendet wird, komplett von der Steuer entlastet werden. Diese Regelung existiert seit dem 1. August 2006 und ist mit dem oben beschriebenen § 10 StromStG kombinierbar, d.h., dass Strommengen welche nicht nach § 9a StromStG entlastungsfähig sind, nach § 10 StromStG entlastet werden können.

3. § 17 StromStV

Die Steuerentlastung nach § 17 StromStV soll den Wettbewerbsnachteil des produzierenden Gewerbes ausgleichen, der entsteht, wenn ein eigentlich zum steuerermäßigten Strombezug berechtigtes Unternehmen diesen nur vollversteuert beziehen kann, zum Beispiel als Mieter eines nicht zum steuerermäßigten Strombezug berechtigten Vermieters.
Eine Vergütung der „überzahlten“ Steuer von 8,20 €/MWh kann über § 17 StromStV gewährt werden. Diese Möglichkeit besteht jedoch erst ab einer Verbrauchsmenge von über 25 MWh im Jahr.

Beispiel: Bäckerei im Eingangsbereich eines Baumarkts
Ein Bäcker mietet in einem Baumarkt eine Fläche, um seinem Gewerbe nachzugehen. Der Baumarkt wiederum bezieht den Strom von einem Stromversorger, welcher für den gelieferten Strom den vollen Steuersatz von 20,50 €/MWh in Rechnung stellt, da der Baumarkt nicht zum Produzierenden Gewerbe zählt.
Da der Baumarkt den Bäcker mit Strom versorgt, verlangt er von diesem, die Steuer ebenfalls in voller Höhe zu bezahlen.
Somit ist der Bäcker im Baumarkt (Mietverhältnis) gegenüber anderen Bäckern im Nachteil, da er die volle Stromsteuer von 20,50 €/MWh zahlen muss.
Aufgrund dieses Nachteils, besteht die Möglichkeit, dass der Bäcker im Baumarkt sich über § 17 der Stromsteuerverordnung den „überzahlten“ Steuerbetrag von 8.20 €/MWh zurückerstatten (vergüten) lassen kann.
Der Ablauf der Anmeldung für die Vergütung sieht wie folgt aus:

  • - Ein Produzierendes Gewerbe prüft, ob es jährlich mehr als 25 MWh verbraucht.
  • - Danach beantragt das Gewerbe die Vergütung auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck
  • - Dieser Antrag gilt innerhalb eines Vergütungsabschnittes, in dem der Strom entnommen wurde. Vergütungsabschnitt ist ein Kalenderjahr.
  • - Der Antragsteller muss die Höhe der Vergütung selbst berechnen.
  • - Diesen Antrag ist bis spätestens zum 31. Dezember des darauf folgenden Kalenderjahres beim zuständigen Hauptzollamt abzugeben.

In der Praxis sieht das wie folgt aus:
Der Bäcker der seine Fläche im Baumarkt mietet und 20,50 €/MWh zahlt bekommt die Stromnebenkostenabrechnung für 2007 vom Baumarkt. Anschließend geht er auf den oben genannten Link, füllt den Antrag aus und berechnet seinen zu vergütenden Betrag. Bei der Berechnung muss er 25 MWh abziehen. Bei 60 Megawattstunden im Jahr 2007 rechnet der Bäcker:

Baumarktrechnung Stromsteuer:
60 Megawattstunden x 20,50 € = 1.230,00 € (= gezahlte Steuer) Ab der 25. Megawattstunde kann vergütet werden:
60 MWh – 25 MWh = 35 MWh (= Vergütungsmenge)
35 MWh x 8.20 € = 287,00 € (Vergütungsbetrag)
Somit ist das produzierende Gewerbe in einem Miet- oder Pachtverhältnis wieder wettbewerbsfähig und anderen produzierenden Gewerben, welche ihren Strom direkt von einem EVU beziehen, gleichgestellt. § 17 StromStV fällt jedoch ab dem 1. Januar 2011 weg!

Steuerschuldner

Wer als Versorger Strom leisten oder als Eigenerzeuger Strom zum Selbstverbrauch entnehmen will, benötigt eine Erlaubnis des Hauptzollamtes. Steuerschuldner ist in diesen Fällen der Erlaubnisinhaber.
Auch für die Fälle der Ermäßigung für das produzierende Gewerbe bzw. der Land- und Forstwirtschaft ist eine Erlaubnis des Hauptzollamtes vorgeschrieben.
Der Bezug von steuerbegünstigtem Strom gilt jedoch nur ab einer Sockelverbrauchsmenge von 48,78 MWh im Jahr, da Unternehmen mit geringem Stromverbrauch nicht begünstigt werden sollen. Diese 48,78 MWh werden demnach zum Regelsteuersatz von 20,50 EUR versteuert. Erst bei einem Verbrauch über 48,78 MWh greift die Ermäßigung.

Altes Verfahren:
Bis zum Jahr 2008 lief das Verfahren wie folgt ab: die gesamte Verbrauchsmenge wurde zunächst vom Versorger mit dem ermäßigten Steuersatz von 12,30 EUR versteuert. Die Differenz zwischen dem Regelsteuersatz von 20,50 EUR und dem ermäßigten Steuersatz von 12,30 EUR beträgt 8,20 EUR für 1 MWh. Für diese Differenz (max. 25 MWh x 8,20 € = 205 €) wird das Unternehmen selbst Steuerschuldner und musste bisher dafür eine Steueranmeldung abgeben.

Neues Verfahren:
Seit 2008 gibt es aus Vereinfachungsgründen eine Änderung im Verfahren. Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die mit Erlaubnis steuerbegünstigten Strom beziehen, bekommen vom zuständigen Hauptzollamt einen Bescheid über den Sockelbetrag von 205 € (25 MWh x 8,20 €) für das abgelaufene Kalenderjahr. Eine Steueranmeldung ist demnach nicht mehr erforderlich. Die Verbrauchsmenge von 25 MWh gilt spätestens mit dem Ablauf jedes Kalenderjahres als widerlegbar entnommen. Die gesamte Verbrauchsmenge wird vom Versorger mit dem ermäßigten Steuersatz von 12,30 EUR wie bisher versteuert.
Letztverbraucher, die ihren Strom aus einem Gebiet außerhalb des Steuergebiets beziehen, werden zum Steuerschuldner durch die Entnahme des Stroms im Steuergebiet.
Die Steuer entsteht auch, wenn widerrechtlich Strom aus dem Versorgungsnetz entnommen wird. Steuerschuldner ist, wer widerrechtlich Strom entnimmt.
Ebenso kann die Steuer entstehen, wenn ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes Strom mit ermäßigtem Steuersatz bezieht aufgrund einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme und diesen begünstigten Strom an Dritte (rechtlich selbstständige Einheiten) weiterleitet, welche aber nicht berechtigt sind den Strom steuerermäßigt zu beziehen. Dieser Umstand ist vielen Erlaubnisinhabern nicht bewusst und führt teilweise zu enormen Steuernachforderungen.
Letztlich entsteht die Steuer auch dadurch, dass Eigenerzeuger Strom zum Eigenverbrauch aus dem Netz entnehmen. Steuerschuldner ist der Eigenerzeuger.

Historische Entwicklung

Die Stromsteuer ist die zweitjüngste Verbrauchssteuer in Deutschland. Im Rahmen des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform wurde sie am 1. April 1999 in Deutschland eingeführt. Mit dem Gesetz sollten finanzpolitische und umweltpolitische Zwecke verknüpft werden, denn zum einen war die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge – Stichwort Lohnnebenkosten - geplant, während andererseits die Verbraucher durch die Einführung der Steuer zu Energiesparmaßnahmen gedrängt werden sollten. Auch die weitere Förderung der regenerativen Energien war Ziel des Steuergesetzes.

Entwicklung der Steuersätze

Regelsteuersatz:

  • 1999: 2,0 Pf/kWh
  • 2000: 2,5 Pf/kWh
  • 2001: 3,0 Pf/kWh
  • 2002: 1,79 ct/kWh
  • ab 2003: 2,05 ct/kWh

reduzierter Steuersatz für Nachtspeicherheizungen (nur bis Ende 2006):

  • 2000: 1,25 Pf/kWh
  • 2001: 1,5 Pf/kWh
  • 2002: 0,9 ct/kWh
  • 2003: 1,23 ct/kWh
  • ab 2007: 2,05 ct/kWh

reduzierter Steuersatz für Bahnstrom/Fahrbetrieb:

  • 2001: 15,00 DM/MWh
  • 2002: 9,00 EUR/MWh
  • 2003: 10,20 EUR/MWh
  • ab 2004: 11,42 EUR/MWh

reduzierter Steuersatz für produzierendes Gewerbe (oberhalb des Sockelverbrauchs):

  • 2001: 6,00 DM/MWh
  • 2002: 3,60 EUR/MWh
  • ab 2003: 12,30 EUR/MWh

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundesverband der Deutschen Industrie:Vereinbarung zur Klimavorsorge (abgerufen am 15. April 2011)
  2. Europäische Union: EU-Energiesteuerrichtlinie (abgerufen am 15. April 2011)
  3. Europäische Union: Beihilferechtliche Genehmigung (abgerufen am 15. April 2011)
  4. Georg Dietlein: Die Abfallwirtschaft im Stromsteuerrecht – Aktuelle Fragen zur Zuordnung als „Unternehmen des produzierenden Gewerbes“ in AbfallR 2/2011, S. 93-99
  5. Bundesrechnungshof: Chancen zur Entlastung und Modernisierung des Bundeshaushalts vom 23. November 2009 (abgerufen am 15. April 2011)
  6. energiecontracting.de: [1] (Link nicht mehr abrufbar)
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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