Bahodir Sidikov

Bahodir Sidikov

Bahodir Sidikov (* 19. Juli 1970 in Taschkent, Usbekistan) ist ein in Deutschland lebender usbekischer Orientalist und Journalist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sidikov, Sohn zweier Ingenieure, entstammt einer Familie aus Taschkent. Er ging dort auf eine russischsprachige Schule. Dort lernte er deutsch. Er verließ die Schule 1987, um in Russland an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg Orientalistik (Islamwissenschaft, Geschichte und Geographie des Nahen Ostens, Arabisch, Hebräisch) zu studieren. Mit einer Arbeit über den Baghdader Dialekt der arabischen Sprache beschloss er 1992 sein Studium (M.A.).

Anschließend kehrte er nach Usbekistan, das inzwischen unabhängig wurde, zurück und trat in den Staatsdienst ein. Er bekleidete dort verschiedene Positionen, u.a. als persönlicher Referent des usbekischen Botschafters in Bonn. 1998 wechselte er nach Usbekistan, um als 2. Sekretär in der Abteilung für Politische Analyse und Prognose im Aussenministerium zu arbeiten.

Durch seine Tätigkeit an der Universität für Internationale Wirtschaft und Diplomatie war es ihm möglich einen Forschungsaufenthalt in Kairo am Zentrum für Mittelasienstudien zu absolvieren. Im Jahre 2000 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte in Taschkent.

Nach einem Forschungsaufenthalt in Jerusalem im Jahr 2001 kehrte er mit einem Promotionsstipendium des DAAD nach Deutschland zurück. Er bereitete zunächst eine Dissertation in Bonn unter informeller Anleitung von Prof. Dr. Annemarie Schimmel vor. In dieser Zeit kam es darüber hinaus zu einem intensiven Kontakt und Austausch mit dem im Exil lebenden russischen Logiker und Philosophen Alexander Sinowjew, der mit seinen Ansätzen nachhaltig das methodologische Denken Sidikovs beeinflusst hat. Sidikov promovierte 2003 mit einer Arbeit über die Bilder und Zerrbilder Mittelasiens in Deutschland.

Er wurde Mitarbeiter am Projekt Zerrspiegel des Orientalistischen Instituts in Halle (Saale) und 2003 Research Fellow am Osteuropa Institut der Freien Universität Berlin im Projekt der VolkswagenStiftung "Accounting for State-Building, Stability and Conflict: The Institutional Framework of Caucasian and Central Asian Transitional Societies". Im Zuge dieser Tätigkeit absolvierte er Forschungsaufenthalte in Usbekistan und Aserbaidschan.

2005 wurde er Stipendiat des Graduiertenzentrum Asien und Afrika in globalen Bezugsystemen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seit 2007 ist er Forschungs-Stipendiat der Gerda Henkel Stiftung und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Georg-Eckert-Instituts für internationale Schulbuchforschung. Darüber hinaus ist er Gutachter für die Weltbank, Swiss Peace Foundation und die Bertelsmann-Stiftung und publiziert regelmäßig Artikel zu Zentralasien und dem Süd-Kaukasus. Sidikov lebt in Berlin.

Schwerpunkte

Zentralasien und Kaukasus

Eine Studie über die Bilder und Zerrbilder Mittelasiens in der deutschen Wahrnehmung durch Orientalisten und Reisende, setzt sich mit der These von Edward Saids These vom Orientalismus auseinander. Diese These wird in der Studie auf den Prüfstand gestellt, indem sie auf die Wahrnehmung von Mittelasien hin angewendet wird. Die Studie dokumentiert in eindrücklicher Weise die Urteile, Werturteile und nicht zuletzt die Vorurteile, die gegenüber dieser Region vorgeherrscht haben. Durch die Studie konnte gezeigt werden, dass die Thesen Saids auch in Anwendung auf den mittelasiatischen Teil der deutschen Orientalistik ihre Geltung behalten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der deutsche Blick auf Mittelasien sich wenig von dem der Engländer und der Franzosen auf andere Gebiete des Orients unterschied.

Postsowjetische Nationenbildung

Am Georg-Eckert-Institut arbeitet Bahodir Sidikov an einem Projekt mit dem Titel „Nation schreiben, Nation erfinden? Geschichtskonstruktion und Nationsbildung in Schulbüchern für das Fach Geschichte für die 7. bis 11. Klasse im postsowjetischen Aserbaidschan, Kasachstan und Usbekistan.” Das Projekt untersucht den historiographischen Diskurs über die „Entstehung“ und „Vergangenheit“ der sog. „Titularnationen“ im postsowjetischen Aserbaidschan, Kasachstan und Usbekistan in Schulbüchern für das Fach Geschichte. Leitendes Erkenntnisinteresse ist die Erforschung der Frage, mit welchen Ansätzen, Methoden, Inhalten und Modellen die Geschichtsschreibung in den besagten Ländern die postsowjetische Nationsbildung durch die Schulbücher gestaltet und vermittelt.

Forschung

Weitere Untersuchungen von Patronagenetzwerken in postsowjetischen Aserbaidschan, Elitenbildung in Zentralasien und im Süd-Kaukasus, Informelle Netzwerke, historiographische Konzeptionalisierungen und politischer Islam sollen folgen.

Werke

Monographien

  • Eine unermessliche Region: Deutsche Bilder und Zerrbilder von Mittelasien (1852-1914). Berlin 2003

Zeitschriften, Zeitungen

  • Aserbaidschan: Rammbock der USA gegen Iran?. In: INAMO, 50 (2007).
  • Barth, "Yeraz" and Post-Soviet Azerbaijan. Inventing a New Sub-Ethnic Identity. In: Representations on the Margins of Europe. Politics and Identities in the Baltic and South Caucasian States, hrsg. v. Ts. Darieva und W. Kaschuba, Frankfurt/M. 2007, 291-311.
  • Deutsche Mittelasienstudien (1852-1914) im Lichte der Orientalismus-Diskussion. In: Orientwissenschaftliche Hefte, 20 (2006), 19-27.
  • Agententhriller mit dem Hang zum großen Krach. In: Freitag, 41/06.
  • Das Projekt "Seidenstraße". Die Gefahr der politischen Instabilität wächst. In: Das Parlament, 30/06.
  • Der Vater entlässt seine Kinder. Turkmenistan: Ein drakonischer sozialer Aderlass stürzt Pensionäre in existenzielle Not. In: Freitag, 15/06.
  • Der Ofen glüht noch. Aufstand der Armut. Kirgistans "Revolution" ist mehr als ein Machtbeben in Bischkek. In: Freitag, 13/05.
  • Mittelasien. In: Enzyklopädie des europäischen Ostens. Alpen-Adria Universität Klagenfurt
  • Zentralasien. In: Enzyklopädie des europäischen Ostens. Alpen-Adria Universität Klagenfurt

Analysen

  • Azerbaijan. A study for Bertelsmann-Stiftung. Conference of Democracies, Gütersloh, Berlin 2006

Weblinks



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