Synagoge an der Westenriederstraße München

Synagoge an der Westenriederstraße München
Linke Seite, vorletztes Haus: Synagoge von Metiviér. Sepiazeichnung von L. Huber (1889)

Die Synagoge an der Westenriederstraße München war die erste neu erbaute Synagoge der 1815 gegründeten Israelitischen Kultusgemeinde in München. Sie lag wenige Schritte vom heutigen Viktualienmarkt (München) entfernt und bestand bis zur Einweihung der damals neuen Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße im Jahr 1887.

Inhaltsverzeichnis

Bauwerk

Innenraum. Aquarell von unbekannter Hand (um 1825)

Mit dem Entwurf der Synagoge war Jean Baptiste Métivier betraut worden, seit 1824 war er königlicher Baurat. Das Baugrundstück lag in der bestehenden, in Ost-West-Richtung verlaufenden Häuserzeile. Da bei Synagogen der Thoraschrein grundsätzlich an der nach Jerusalem gelegenen Seite liegen muss, in diesem Fall also der östlichen, dort und an der Westseite aber Häuser anschlossen, war es unmöglich, den Eingang, wie sonst üblich, dem Thoraschrein gegenüber anzulegen. Métivier baute daher die Eingänge für Männer und Frauen an den beiden Seiten der zur Straße hin gelegen klassizistischen Fassade in jeweils einen kleinen Vorbau. Eine Vorhalle führte in den Tempel. Die Innenausstattung der Synagoge stammte ebenfalls von Métivier.

Geschichte

Gleich nach ihrer Gründung beschloss die neue Münchner Israelitische Kultusgemeinde im Februar 1815 den Bau einer Synagoge. Auch die Behörden hatten Interesse an diesem Projekt, sollte doch dadurch eine bessere Überwachung der jüdischen Gemeinde möglich werden, die sich bis dahin verstreut in verschiedenen Privathaushalten und eigenen - inzwischen allerdings viel zu klein gewordenen - Räumlichkeiten im Tal 13 getroffen hatte. Die Gemeinde favorisierte einen zentralen Standort, seitens der Stadt wünschte man einen Platz weiter außerhalb. Nachdem verschiedene Bauplätze erwogen worden waren, erzwangen die Behörden unter Androhung von Strafen schließlich den Bau an der damals noch nicht zentral gelegenen Theaterstraße, die 1848 in Westenriederstraße umbenannt wurde. Die Gemeinde erwarb das Grundstück im Jahr 1822, zwei Jahre später war feierliche Grundsteinlegung. Der Einweihung 1826 wohnte der neue König Ludwig I. persönlich bei - sieben Jahre bevor es die erste protestantische Kirche in München gab. Sein Vater Max I. Joseph hatte vier Säulen aus Tegernseer Marmor für den Bau gestiftet.

Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Synagoge zu klein für die rasch angewachsene Gemeinde, so dass ab Mitte der 1860er Jahre ein Neubau erwogen wurde, der allerdings erst 1887 mit der neuen Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße eingeweiht werden konnte - diesmal an zentraler Stelle der Stadt. Im Jahr 1888 wurden die Grundstücke an der Westenriederstraße versteigert, die baufällig gewordenen Gebäude 1889 abgebrochen.

Noch im selben Jahr wurde an deren Stelle ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Lange befand sich an der Stelle der von Métivier erbauten Synagoge eine Baulücke. Unter anderem wurde erwogen, dort eine Synagoge für die liberale Münchner Gemeinde Beth Shalom zu errichten. Im Bezirksausschuss Altstadt-Lehel gab es Unterstützung für diese Idee.[1]

Ab Februar 2011 errichtet die Baywobau an dieser Stelle wieder ein Wohn- und Geschäftshaus. Bei Ausgrabungsarbeiten, die den eigentlichen Baumaßnahmen vorangingen, wurden Reste der Zwingermauer und eines Schalenturms gefunden.[2]

Rabbiner

Der erste Rabbiner an der Synagoge war Hirsch Aub, als letzter Rabbiner amtierte dort bis zur Errichtung der neuen Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße Joseph Perles.

Literatur

  • Wolfram Selig (Hrsg.): Synagogen und jüdische Friedhöfe in München. Aries, München 1988, ISBN 3-920041-34-8.

Weblinks

 Commons: Synagoge an der Westenriederstraße München – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. sueddeutsche.de: Der Traum von der eigenen Synagoge. Die liberale jüdische Gemeinde Beth Shalom sucht ein neues Domizil - Finanzierung ist noch ungeklärt (vom 23. Februar 2009, abgerufen am 23. Februar 2009)
  2. Martin Bernstein: Auferstanden aus der Grube. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 9. Februar 2011, abgerufen am 9. Februar 2011.
48.134911.5781

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