Sápmi

Sápmi
Siedlungsgebiet der Samen

Sápmi (oder Same-Ätnam) ist der samische Name für das Siedlungsgebiet der Samen, einem indigenen Volk im Norden von Fennoskandinavien. Das „Land der Samen“ umfasst nach dem Selbstverständnis dieses Volkes die Landschaft Lappland nördlich des Polarkreises in Fennoskandinavien einschließlich des Großteils der Kola-Halbinsel in Russland und reicht im Süden Skandinaviens bis Engerdal im norwegischen Verwaltungsbezirk Hedmark[1] und bis Idre in der schwedischen Provinz Dalarna.[2] Im südlichen Teil ist die Grenze Sápmis erkennbar an den Gebieten, in denen Rentiere weiden.

Inhaltsverzeichnis

Samen in Sápmi

Die Samen oder Sámi sind ein indigenes Volk, das früher herablassend „Lappen“ genannt wurde. Sápmi hatte nie eine eigene Staatlichkeit und ist heute zwischen den vier Staaten Norwegen, Schweden, Finnland und Russland aufgeteilt. In einem erstarkenden Nationalbewusstsein der Ureinwohner ist die allgemein anerkannte samische Flagge, die 1986 entworfen wurde, heute immer häufiger zu sehen. Das Muster mit dem Kreis ist ein Sonnen- (rot) und Mondsymbol (blau). Die übrigen Farben sind die traditionellen Farben der Sami. Die Samen sind jedoch heute nur noch eine Minderheit der Bevölkerung, deren Anteil ca. 4% ausmacht.

Die Bevölkerungsdichte Sápmis liegt bei rund 2 Einwohnern pro km², wobei die überwiegende Mehrheit der Einwohner in den Städten an den Küsten wohnt. Außerhalb der Städte liegt die Bevölkerungsdichte daher faktisch nahe 0. Zudem leiden die ländlichen Gebiete seit Jahren unter einer deutlichen Abwanderung in die Städte.

Natur, Kultur, Wirtschaft, Verkehr

Politische Stellung

Erwerbsstruktur der Samen in Sápmi (ohne Kola-Halbinsel)

Die den Samen gemeinsamen Anliegen kommen in einem politischen Programm zum Ausdruck, das 1980 in Tromsø verabschiedet wurde. Das Programm enthält folgende Prinzipien:

„Wir Samen sind ein Volk, dessen Zusammengehörigkeit nicht durch Staatsgrenzen gespalten werden soll. Wir haben unsere eigene Geschichte, unsere Traditionen, eigene Kultur und unsere eigene Sprache. Von unseren Vorfahren haben wir das Recht auf Land und Wasser und unsere eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten erworben. Es ist unser unveräußerliches Recht, unsere eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten und unsere Gemeinschaften in Übereinstimmung mit unseren Lebensbedingungen zu bewahren und zu entwickeln, und wir werden gemeinsam unsere Territorien, unsere Naturreichtümer und unser nationales Erbe fürkommende Generationen bewahren.“

Das Sameting – samisches Parlament

Wie man diesem Programm entnehmen kann, streben die Samen im idealen Fall nach Autonomie.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind die Sámi politisch aktiv und bemühen sich um die Anerkennung ihrer Rechte als indigenes Volk auf nationaler und internationaler Ebene. Mittlerweile verfügt Sápmi über ein länderübergreifendes Parlament, das „Sámediggi“ in Karasjok, das allerdings nur über geringe Rechte verfügt. Zudem gibt es in jedem Land ein Sami-Parlament mit jeweils unterschiedlicher Rechtsstellung. In Norwegen verfügen die Samen über die meisten Rechte, in Russland über die geringsten. Als samische „Hauptstädte“ werden Guovdageaidnu (Kautokeino) in Norwegen, Gíron (Kiruna) in Schweden, Anár (Inari) in Finnland und Luyawr (Lowosero) in Russland betrachtet.[3]

Geschichte

Der samische Sprachraum

In Sápmi befinden sich Spuren einer Jäger- und Fischerkultur aus der Jungsteinzeit. Ab etwa 100 v. Chr. bewohnten die Samen das Land in seiner heutigen Ausdehnung. Im 17. Jahrhundert wurden sie immer weiter von der bäuerlichen Bevölkerung Schwedens nach Norden abgedrängt. Von der Rentierjagd gingen sie allmählich zur Rentierzucht und seit der Annektierung durch die Mitteleuropäer vom Nomadenleben zur Sesshaftigkeit über.

Lappland wurde schon früh zwischen Norwegen, Schweden, Russland und später Finnland aufgeteilt. Bereits zur Wikingerzeit wurden in Nordsápmi sowohl vom norwegischen König als auch vom russischen Zaren Steuern erhoben.

1751 wurden analog zur Grenzfestlegung zwischen Norwegen und Schweden die Jagdrechte zwischen den Siedlern und den Samen, sowie deren jederzeitiges Grenzübertrittsrecht festgeschrieben. Faktisch blieben die Samen jedoch weiterhin benachteiligt.

Erst 1826 wurde die Grenze zwischen Russland und Norwegen gezogen. Der südliche Teil Sápmis gehörte bis 1809 vollständig zu Schweden. In den folgenden Jahren war das heutige Finnland und damit Finnisch-Sápmi russisches Großherzogtum, 1917 wurde Finnland schließlich unabhängig.

Um 1870 legte Schweden die sog. "Fjällanbaugrenze" (Fjällodlingsgräns) fest, um die Rechte der samischen Rentierhirten zu schützen. Sie verlief von Nord nach Süd durch Sápmi und reservierte das Fjäll westlich der Grenze für die samische Rentierhaltung. Die Umsetzung in der Praxis scheiterte jedoch vielerorts.

1904 entstand die erste politische Organisation der Samen, "Lapparnas Centralförbund".
1928 wurden die Rechte der schwedischen Rentierzüchter gesetzlich fixiert, die nicht rentierzüchtenden Samen wurden dabei jedoch nicht berücksichtigt.
1950 entstand der "Svenska Samernas Riksförbund" (SSR) in Schweden.
1956 entstand der Nordische Samenrat, der als länderübergreifendes Gemeinschaftsorgan für alle Samen in Finnland, Norwegen und Schweden und später auch in Russland geschaffen wurde.
1963 entstand die samische Jugendvertretung "Sáminuorra".
1972 wurde in Finnland das erste samische Parlament gebildet.
1970 - 1981 Wegen des umstrittenen Alta-Staudamm-Projekts treten Sámi erstmals als Umweltschützer europaweit in Erscheinung.
1975 Über den "Nordischen Samischen Rat" nahmen die Samen erstmals am "World Council of Indigenious Peoples" (WCIP) teil, der weltweiten Organisation zur Förderung der Gemeinschaft zwischen den Urbevölkerungen der Welt sowie des sinnvollen Wissens- und Erfahrungsaustausches zwischen den Urbevölkerungen und zur Stärkung ihrer Organisationen in den verschiedenen Mitgliedsländern.
1977 erkannte Schweden die Saami als indigene Bevölkerung an.
In den 1980er Jahren wurden in Norwegen der Samische Rechtsausschuss und der Samische Kulturausschuss gegründet.
1989 entstand das norwegische Sameting.
1990 Norwegen ratifiziert als bisher einziges nordeuropäisches Land die Übereinkunft Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation der UNO, die den indigenen Völkern rechtsverbindlichen Schutz und Anspruch auf eine Vielzahl von Grundrechten garantiert. Die EU hat Schweden und Finnland ebenfalls die Ratifizierung empfohlen.
1991 Die russischen Kola-Saami bekommen einen Beobachterstatus im Saamirat.
1992 Norwegen und Finnland erkennen die samischen Sprachen als offizielle Landessprachen an.
1993 wurde auch in Schweden ein Parlament von den Samen gewählt, das Sametinget.
1999 wurden sie von Russland als indigenes Volk der Kola-Halbinsel offiziell anerkannt.
Im Jahre 2000 wurde ein samischer Nationalfonds in Höhe von 75 Millionen norwegischen Kronen (ca. 10 Mio. Euro) eingerichtet. Er soll zur Stärkung der samischen Sprache und Kultur verwendet werden und als Entschädigung für die durch Unterdrückung verursachten Schäden und Ungerechtigkeiten dienen.
2002 Schweden erkennt die samischen Sprachen als zusätzliche Landessprachen an.
2008 Die Kola-Samen erarbeiten die Grundlagen für ein russisches Samenting oder alternativ einen samischen Repräsentantenrat.

Literatur

  • Halvard Bjørkvik: Folketap og Sammenbrudd 1350–1520. In: Aschehougs Norges Historie Bd. 4. Oslo 1996.
  • Sápmelaccat / doammaheaddji: Aage Solbakk. Sámi Instituhtta [u.a.], Guovdageaidnu [u.a.] 1993, ISBN 82-7374-175-3 (Lehrbuch der samischen Geschichte).
  • I. Hemmer: Die samische Rentierwirtschaft 10 Jahre nach Tschernobyl. In: Geographische Rundschau, Band 48, 1996, Heft 7/8, S. 461–465.
  • R. Lindemann: Die Samen – eine Minderheit in Nordeuropa. In: Geographie heute, Band 85, 1990, S. 28–31.
  • Hans Ulrich Schwaar: Am Rande der Arktis – Abenteuer Lappland. Waldgut 1994. ISBN 3-7294-0099-1.
  • Kuoljok, Sunna und Utsi, John-Erling: Die Sami – Volk der Sonne und des Windes. Ajtte – Svenskt Fjäll- och Samemuseum, Luleå 1995, ISBN 91-87636-10-7.
  • Kvarfordt, Karin, Sikku, Nils-Henrik und Teilus, Michael: Sami – ein Ursprungsvolk in Schweden. Ministerium für Landwirtschaft u. Sami Parliament, Västerås 2007, ISBN 978-91-975444-9-7 (formal falsche ISBN) (PDF, 3,2 MB).
  • Dauch, Bettina: Samisch für Lappland. Wort für Wort. Kauderwelsch. Reise Know-How Verlag Rump, Bielefeld 2005, ISBN 3894163607.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Norwegisches Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten auf http://www.norwegen.no/facts/sami/sami/sami.htm
  2. Idre Sami Siida – Südgrenze der samischen Rentierkultur auf http://www.idresameby.se/tysk_element/idresameby.html
  3. Die Samen, ein Ursprungsvolk in Schweden. Broschüre des schwedischen Landwirtschaftsministeriums.

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