Sächsisches Heer

Sächsisches Heer

Die Sächsische Armee war die Armee Sachsens und existierte als stehendes Heer von 1682 bis 1918. Im Kurfürstentum Sachsen trug die Armee die Bezeichnung kurfürstlich sächsische Armee. Durch die Rangeserhebung Sachsens zum Königreich Sachsen durch Napoleon im Jahre 1807 änderte sich die Bezeichnung der Armee in Königlich-Sächsische Armee.

In Folge der Niederlage des Deutschen Kaiserreiches im Ersten Weltkrieg verlor Sachsen seine in Artikel 63 Absatz 1 der Reichsverfassung vom 16. April 1871 zugebilligte Militärautonomie. Als Folge wurde die sächsische Armee als rechtlich eigenständige Armee aufgelöst.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Armee zur Zeit des Kurfürstentums Sachsen bis (1682 – 1807)

Sächsische Kavallerie um 1699 - nicht zeitgenössische Darstellung nach Knötel

Der Begründer des stehenden Heeres in Sachsen war der Kurfürst Johann Georg III. gewesen. Er überzeugte die sächsischen Stände im Jahre 1681, dass die bisherige Praxis, im Kriegsfall Söldnerheere aufzustellen und diese im Frieden zu entlassen, teurer war als die Bildung eines stehenden Heeres. Als erstes wurden dann im Jahre 1682 die bis dato vorhandenen Haus- und Gardetruppen und andere kleine Truppenteile in Linienregimenter umgebildet. Die Armee bestand zu diesem Zeitpunkt aus 6 Infanterie-Regimentern zu je acht Kompanien und aus fünf Kavallerie-Regimentern. Die Feldartillerie hatte eine Stärke von 24 Geschützen.

Während des Nordischen Krieges erwies sich die Kampfkraft der sächsischen Armee als sehr gering, so dass nach dem Krieg eine Heeresreform durchgeführt wurde, mit dem Ziel diese zu erhöhen. Im Zuge dieser Reform wurde die sächsische Armee auf eine Stärke von 30.000 Mann gebracht, die fast ausschließlich aus Sachsen bestand. Damit unterschied sie sich von den Armeen der anderen europäischen Staaten, die ihren Personalbestand häufig mit Ausländern ergänzten.

Infolge der Reform setzte sich die Armee nun aus Gardeinfanterieregimenter, Linieninfanterieregimenter, und Kavallerie (Chevaulegers- bzw.Dragoner- und Kürassierregimenter) zusammen. Die Artillerie als dritte eigenständige Waffengattung setzte sich aus Feld- und Hausartillerie zusammen. Ebenfalls der Artillerie zugehörig, wurden Minier- und Pontonierkompanien aufgestellt. Die Armee wurde in vier Generalate und das Land Sachsen entsprechend in vier Militärdivisionen eingeteilt. Erstmalig wurden für die Unterkunft der Truppe Kasernen gebaut.[1]

Im Siebenjährigen Krieg wurde die sächsische Armee nach dem preußischen Überfall auf Sachsen bei der Belagerung bei Pirna eingeschlossen und musste am 16. Oktober 1756 vollständig kapitulieren. Lediglich vier Kavallerieregimenter und zwei Ulanenpulks, die sich in Polen befanden, entgingen der Kapitulation. Friedrich II. von Preußen zwang die sächsischen Regimenter, den Fahneneid auf Preußen abzulegen, was zumindest die meisten Offiziere ablehnten. 10 Infanterieregimenter und ein Chevaulegerbataillon wurden mit preußischen Uniformen versehen in die feindliche Armee eingereiht. Allerdings war dies ohne Erfolg. Der überwiegende Teil der Truppen desertierte. Ab 1757 wurden die "Beute-Regimenter" aufgelöst, nur 3 erlebten das Kriegsende. Im gleichen Jahr bildete sich in Ungarn ein sächsisches Corps, das nur mit mäßiger Leistung im französischen Verband auf dem westlichen Kriegsschauplatz kämpfte.[2]

Sachsen kämpfte im Vierten Koalitionskrieg 1806 anfangs an der Seite Preußens. In der Schlacht bei Jena und Auerstedt wurde allerdings die sächsische Armee zusammen mit der preußischen Armee vernichtend geschlagen.

Liste der kursächsischen Regimenter der Frühen Neuzeit

Die Armee zur Zeit des Königreichs Sachsen (1807 – 1918)

Sachsen wurde daraufhin noch 1806 ein Rheinbundstaat und am 20. Dezember 1806 ein eigenes Königreich von Napoleons Gnaden.

Die Teilnahme sächsischer Truppen im Fünften Koalitionskrieg 1809 gegen das Kaisertum Österreich zeigte den Politikern und führenden Militärs am Dresdner Hof, dass einige gründliche Neuerungen vonnöten waren. Das Ziel war, eine zeitgemäße und nach französischem Vorbild organisierte Armee aufzubauen; zumal des Sachsenkönigs hoher Alliierter (so pflegte der regierende König Friedrich August Napoleon zu nennen) immer direkter darauf drang.

Auf der Basis eines bereits 1804 neuverbessertem Exerzierreglements für die Infanterie (dessen Kernpunkt u.a. der raschere Marsch mit 90 statt bisherigen 75 Schritten pro Minute war und nach dem die Manöverschlachten planmäßig von der Königspartei gewonnen wurden) sowie nach dem vorzüglichen französischen Infanteriereglement von 1808 erarbeiteten General Lecoq, die Generalmajoren Ferdinand von Funck und Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff, von Thielmann und Oberst von Langenau im Frühjahr 1810 das neue sächsische Reglement. Dieses wurde mit dem 1. Mai 1810 offiziell in Kraft gesetzt.

Weitere Veränderungen im Rahmen der sächsischen Militärreformen:

  1. Verjüngung des Offizierskorps
  2. Verminderung des chirurgischen Personals bei gleichzeitiger Verbesserung des Militärmedizinwesens
  3. Wegfall der Gewehre für Offiziere - stattdessen Dienstvollzug mit gezogenem Degen
  4. Abgabe der Fahnen der Artillerie an das Hauptzeughaus - Vereidigung der Mannschaft nur auf die Kanone
  5. Auflösung des zwischenzeitlich (1809) errichteten Stabsbataillons
  6. Verbesserung der Militärjustizpflege - Mitspracherecht höherer Offiziere in Strafsachen - Verbot der körperlichen Züchtigung als Bestrafungsmaßnahme
  7. Veränderung der Uniform nach französischem Muster sowie Einführung neuer Gewehre, Bajonette und Seitenwaffen
  8. Ausbildung in neuer Fechtweise: Kolonnen mit Tirailleurschwärmen statt der alten, starren Form der Lineartaktik
  9. Einführung eines ersten Exerzierreglements für die Artillerie
  10. Statt Werbung im Inland mit Aushebung, nun landesweite Rekrutierung mit Kreiskommissionen als Ersatzsystem mit einer festgesetzten Dienstzeit von zehn beziehungsweise acht Jahren für die Rekruten

Die Königlich Sächsische Armee erfuhr durch diese Reorganisation einen Aufschwung, der sie zu einer der besten Armeen Europas in Bezug auf Homogenität und Kriegstüchtigkeit sowie äußerem Erscheinungsbild machte. Zudem wurde mit der Reorganisation, die bis dahin geläufige Kompaniewirtschaft beendet. Die neue Heeresverwaltung brachte vor allem völlig veränderte Bedingungen in Bezug auf Verpflegung, Bekleidung und Ausrüstung der Truppenteile.[3]

Das Oberkommando der erneuerten Armee führte nominell der König. Im Jahre 1810 war Generalmajor von Cerrini Kriegsminister, Generalmajor von Gersdorff Generalstabschef. Im Ergebnis dieser Militärreform bestand die Königlich Sächsische Armee mit Jahresbeginn aus folgenden Einheiten:

  • Die 1. Kavalleriedivision mit 3 Brigaden, einem Husarenregiment und dem Regiment Garde du Corps.
  • Die 1. Infanteriedivision mit 2 Brigaden und dem Regiment Leibgrenadiere,
  • Die 2. Infanteriedivision mit 2 Brigaden und einer leichten Infanteriebrigade.

Dazu kamen noch:

  • Artillerieeinheiten (reitende und Fußartillerie) sowie
  • besondere Korps, welche dem Generalstabschef unterstanden. Diese waren:
    • Geniewesen mit Ingenieurkorps, Sappeure und Pontoniere (die späteren Pioniertruppen),
    • Garnisonskompanien wie die Halb-Invaliden Kompanien aus Nichtfelddiensttauglichen, Kadettenkorps und die Königliche Schweizergarde.

Insgesamt belief sich die Armee nach den Reformen von 1810 auf etatsmäßige 36 Eskadrons der Kavallerie zu 6.577 Mann, 31 Infanteriebataillone bzw. Artilleriebrigaden zu 24.937 Mann, und ein eximiniertes Korps zu 266 Mann, zusammen 31.780 Mann.

Am 15. Februar 1812 machte die Armee für den bevorstehenden Russlandfeldzug Napoleons mobil. Das sächsische Kontingent nahm als 21. und 22. Division des VII. Armeekorps der Grande Armée unter dem Befehl des französischen Divisionsgenerals Graf Reynier - der stets ein Herz für seine Soldaten aus Sachsen hatte - an diesem Feldzug teil. Insgesamt stellten die Sachsen 18 Infanteriebataillone, 28 Kavallerieschwadronen, 56 (sechs- und vier-Pfünder) Geschütze, zusammen waren dies 21.200 Mann und 7.000 Pferde.

Sächsische Soldaten zur Zeit des Deutschen Krieges 1866

Bei der Mobilmachung zu Beginn des Deutschen Krieges im Jahre 1866 wurde die etwa 32.000 Mann starke Armee bei Dresden versammelt und Kronprinz Albert zum Oberbefehlshaber ernannt. Nach der Kriegserklärung überschritt die preußische Armee am 16. Juli 1866 die Grenze bei Strehla und Löbau. Sachsen rief erfolglos das Bundesheer und Österreich um Unterstützung und zog aufgrund der militärischen Lage seine Truppen nach Böhmen zurück. In Sachsen blieb eine sogenannte Landeskommission. In Böhmen nahm die Armee an den Schlacht bei Gitschin und Königgrätz ohne Erfolg teil.

Nach dem Nikolsburger Frieden trat Sachsen dem Norddeutschen Bund bei und stellte dafür das XII. Armee-Korps des Bundes und übergab die Festung Königstein an Preußen. Das Königreich Sachsen nahm im 1870 folgenden Deutsch-Französischen Krieges an der Seite Preußens daran teil. Sächsische Truppen kämpften unter anderen erfolgreich in der Schlacht von Sedan und der Schlacht bei Villiers.

Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal zu Versailles stellte die sächsische Armee im Rahmen der II. Armee-Inspektion folgende Verbände im Deutschen Heer:

später traten zur Sächsischen Armee:

  • 2. Königl. Sächsisches Bataillon des Königl. Preußischen Eisenbahnregiments Nr. 1
  • Königl. Sächsische Festungs-Fernsprech-Kompanie Nr. 7
  • 3. Königl. Sächsische Kompanie des Luftschiffer-Bataillons Nr. 2
  • 3. Königl. Sächsische Kompanie des Flieger-Bataillons Nr. 1
  • Königl. Sächsisches Detachment der 2. Kompanie des Kraftfahrbataillons
  • Königl. Sächsisches Detachment bei der Königlich Preußischen Verkehrstechnischen Prüfungskomission [4]

Heeresorganisation

Gliederung der sächsischen Infanterie um 1806

Regiment Garnison Errichtung
Churfürst Zeitz, Borna und Weißenfels vor 1670
von Niesemeuschel Bautzen, Görlitz und Zittau 1673
von Low Luckau, Jüterbog und Wittenberg 1682
Prinz Anton Großenhain, Doberlug-Kirchhain und Kamenz, und weitere 1702
Prinz Maximilian Chemnitz, Annaberg, Mittweida und Zschopau 1701
Prinz Clemens Langensalza, Tennstädt, Thamsbrück und Weißensee 1704
Prinz Friedrich August Torgau, Belgern und Oschatz 1711
Prinz Xaver Naumburg, Eckartsberga, Laucha und Merseburg 1723
von Rechten Zwickau, Neustadt, Plauen und Schneeberg 1730
Sänger Guben, Sorau und Spremberg 1741
von Thümmel Wurzen, Döbeln, Colditz, Geringswalde und Grimma 1742
von Bevilaqua Leipzig, Delitzsch und Eilenburg 1748

Gliederung der sächsischen Infanterie um 1810

Regiment Garnison
Leibgrenadiergarde Dresden
1. Linien-Infanterie-Regiment König Dresden und Großenhain
2. Linien-Infanterie-Regiment vacant Niesemeuschel Dresden und Großenhain
3. Linien-Infanterie-Regiment Prinz Anton Bautzen, Görlitz und Sorau
4. Linien-Infanterie-Regiment vacant Low Luckau, Guben und Sorau
5. Linien-Infanterie-Regiment Prinz Maximilian Chemnitz, Döbeln und Freiberg
6. Linien-Infanterie-Regiment vacant Rechten Zwickau, Neustädtel und Sorau
7. Linien-Infanterie-Regiment Prinz Friedrich August Torgau, Oschatz und Wittenberg
8. Linien-Infanterie-Regiment Prinz Clemens Leipzig, Eilenburg und Wittenberg
1. Regiment Leichter Infanterie Zeitz und Weißenfels
2. Regiment Leichter Infanterie Naumburg und Merseburg
Jäger-Corps Eckartsberga

Gliederung der sächsischen Kavallerie um 1810

Regiment Garnison
Garde du Corps Dresden, Dippoldiswalde, Pirna und Radeberg
Leibkürassiergarde Oederan, Frankenberg, Marienberg und Penig
Kürassiere von Zastrow Grimma, Borna, Geithain und Rochlitz
Husarenregiment Cölleda, Altenstädt, Artern, Bretleben, Bottendorf, Heldrungen, Langensalza, Roßleben, Schönewerda, Schönfeld und Wiehe
Chevauxlegers-Regiment Prinz Clemens Pegau, Lützen, Schkeuditz und Zwenkau
Chevauxlegers-Regiment vacant Polenz Querfurth, Freyburg, Schafstädt und Sangerhausen
Chevauxlegers-Regiment Prinz Johann Mühlberg, Düben, Kemberg und Schmiedeberg
Chevauxlegers-Regiment Prinz Albrecht Lübben, Cottbus und Lübbenau

Siehe auch

Literatur

  • Eike Mohr: Bibliographie zur Heeres- und Truppengeschichte des Deutschen Reiches und seiner Länder 1806 bis 1933. 2 Bände, Bissendorf, 2004.
  • Hans Bleckwenn: Die friderizianischen Uniformen 1753-1786; 4 Bände; Hardenberg, Dortmund 1984; Band I: ISBN 3-88379-444-9.
  • Reinhold Müller: Die Armee August des Starken - Das Sächsische Heer von 1730 bis 1733, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984, ISBN 3-327-00229-0
  • Curt Jany: Geschichte der Preußischen Armee vom 15.Jahrhundert bis 1914. 4 Bände, Biblio Verlag, Berlin 1928-1933 - kommentierter Neudruck Osnabrück 1967.
  • Karl-Volker Neugebauer [Hg.]: Grundzüge der deutschen Militärgeschichte, Rombachverlag, Freiburg 1993, 1. Auflage. ISBN 3-7930-0662-X
  • Dieter Walz: Sachsenland war abgebrannt. 2. Auflage, Sachsenbuch, Leipzig 1999, ISBN 3-89664-002-X
  • Rainer Wohlfeil: Vom Stehenden Heer des Absolutismus zur Allgemeinen Wehpflicht (1789-1814), in: Militärgeschichtlichen Forschungsamt Freiburg (Hg.): Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden 1648-1939, Pawlak München 1983, ISBN 3-88199-112-3, Band 2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Müller 1984: 27f
  2. Die sächsischen Truppen galten für Preußen als Deserteure und sollten, um harten Strafen bei Gefangennahme zu entgehen, nicht gegen Preußen kämpfen. Zur missglückten Eingliederung der Sachsen in die preußische Armee vgl. ausführlich Jany 1967: 370ff. Die preußenfreundliche Geschichtsschreibung war über den sächsischen Widerstand erstaunt: "Die unglückliche sächsische Armee verschwendete ihre bewundernswerte Treue an desolate Verhältnisse, [...]." Bleckwenn 1984: Bd. IV, S. 74.
  3. Dieter Walz: Sachsenland war abgebrannt. 2. Auflage, Sachsenbuch, Leipzig 1999, S. 4, ISBN 3-89664-002-X
  4. von Bucher: Dienstunterricht des Königlich Sächsischen Infanteristen, Dresden 1915, S. 105

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