Sönke-Nissen-Koog

Sönke-Nissen-Koog

Der Sönke-Nissen-Koog ist ein Koog in der Gemeinde Reußenköge. Er ist etwa 1.200 ha groß und der jüngste der bewohnten Köge im Gemeindegebiet. Er wurde auf private Initiative lokaler Landwirte durch die dafür gegründete Deichbaugenossenschaft zwischen den Jahren 1924 und 1926 eingedeicht[1] und ist nach dem nordfriesischen Eisenbahningenieur Sönke Nissen benannt, der in Deutsch-Südwestafrika tätig gewesen war und als Mitglied der Genossenschaft den Deichbau finanziell unterstützt hat.

Inhaltsverzeichnis

Topographie

Der Sönke-Nissen-Koog befindet sich inmitten der nordfriesischen Marsch in der Region Mittleres Nordfriesland. Er bildet das nordwestliche Ende der Gemeinde Reußenköge und ist dem Louisenkoog und Reußenkoog westlich vorgelagert. Der Koog ist dünn besiedelt. Die benachbarten Köge sind (im Uhrzeigersinn im Norden beginnend):

Aufgrund seines Alters zählt er zu den Jungmarschen. Die Siedlungsstruktur entspricht in weiten Teilen der einer Streusiedlung aus Einzelgehöften, die teilweise um sogenannte Abnahmehäuser für Altenteiler ergänzt wurden.

Geschichte

Vor der Besiedlung

Nach der Eindeichung des Cecilienkoogs verblieb nördlich von diesem eine längliche Bucht in Größe von mehr als 1.000 ha offen. Aufgrund des Damms zur Hamburger Hallig, wurde dieses Gebiet sehr schnell aufgeschlickt und dadurch in kurzer Zeit deichreif. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde von Staatsseite her überlegt, dieses Gebiet einzudeichen.[2] Aufgrund des Krieges wurde der Plan allerdings wieder fallen gelassen.

Nach Kriegsende kamen Landwirte aus den benachbarten Kögen zusammen und entschlossen sich, einen erneuten Versuch zu unternehmen. Unter Führung des örtlichen Koogsvorstehers aus dem Cecilienkoog, wurde Kontakt zu verschiedenen Banken zwecks Finanzierung dieses Projektes aufgenommen.[3] Trotz der Unterstützung durch den damaligen Husumer Landrat blieb dieser Versuch ohne Erfolg.[3] Erst durch den Kontakt zu Sönke Nissen, einem in Namibia durch Diamantenfunde vermögend gewordenen Industriellen aus dem nordfriesischen Klockries, ließ sich das Projekt doch noch verwirklichen.

Eindeichung

Im Herbst des Jahres 1923 kam die Gründungsversammlung der zukünftigen Deichbaugenossenschaft zusammen. Im Vorwege war bereits ein Kaufvertrag zwischen dem Fiskus und dem Koogsvorsteher über die Übertragung der Deichbaurechte abgeschlossen worden, in die nach Gründung die Deichbaugenossenschaft eintrat.[4]

Durch öffentliche Ausschreibung wurde für die Bauarbeiten eine Betriebsgemeinschaft aus den Firmen Hackbarth, Berlin, und Gebrüder Niematz, Neumünster, ausgewählt.[5] Im April 1924 begannen die Deichbauarbeiten. Sie sollten bis zum Jahr 1926 dauern. Die größten Schwierigkeiten ergaben sich aus der Inflation in den 1920er Jahren. So wuchsen die Lohnkosten für die mit dem Bau beschäftigten Unternehmen von zu Beginn 0,30 RM auf am Bauende im Jahr 1926 0,91 RM. Ebenfalls verteuerten sich in dieser Zeit auch das Baumaterial und die Betriebsmittel, so dass die Genossenschaft immer wieder Vorschüsse auf die vereinbarten regelmäßigen Abschlagszahlungen leisten musste. Zudem wurde die gesamte Baustelle anfangs auch von einem schlechten Arbeitsklima überschattet.[6] Von den genannten Problemen blieb das extern vergebene Projekt des Schleusenbaus unbeeinträchtigt. Dieses wurde im Dezember 1924 schlüsselfertig übergeben.[7]

Die Probleme mit den für den Deichbau beauftragten Firmen führten im Winter 1924/1925 zu einem ersten Schiedsgerichtsprozess, sowie einer Neuausschreibung des Gewerks, bei der die Firma Polensky/Dr. Rathjens aus Naumburg (Saale) den Zuschlag erhielt.[8] Bereits im Januar begann man mit dem Antransport der Maschinen.[9] Die Deichbauarbeiten wurden nunmehr auf drei Baustellen (Nord, Mitte, Süd) fortgesetzt. Die Beschäftigtenzahl lag bei bis zu 1.000 Arbeitern,[10] so dass die Arbeiten in diesem Jahr zügig voran kamen. Am Ende des Jahres war der Deich auf ganzer Länge errichtet, wies aber noch nicht die erforderlich Kronenhöhe von +6,80 m NN auf.[11][12] . Dies wurde im Jahr 1926 nachgeholt.

Entwässerung und Besiedlung

Bereits während des Deichbaus wurden Teile des zukünftige Entwässerungssystems errichtet. Für den Deichbau wurde Kleierde benötigt, welche entlang des neuen Außendeichs auf dessen Innenseite entnommen wurde. Der so entstandene Graben dient seit der Eindeichung als Vorfluter für das abfließende Regenwasser. Der größte Zufluss war und ist der Bordelumer Priel. In der Nähe des Zusammenflusses bestand bis zum Bau des Beltringharder Koogs das Sönke-Nissen-Koog-Siel, welches direkt in die Nordsee entwässerte. Seit 1987 wird das Drainagewasser weiter südlich durch denselben Vorfluter über die Sönke-Nissen-Koog-Schleuse im Nordteil des Beltringharder Koogs abgeführt.

Auch vorbereitende Arbeiten zur Besiedlung des neuen Kooges erfolgten zu ungewöhnlich früher Zeit. So kam es bereits im Jahr 1925 zu ersten Infrastrukturarbeiten. Hierzu zählten u.a.der Rohausbau des Wegenetzes.[13]. Weiterhin kam es in diesem Jahr bereits zu vorbereitende Aufgaben für das Siedlungsverfahren.

Die Besiedlung erfolgte, bis heute erkennbar, entlang der grob von Nord nach Süd verlaufenden Hauptachse. Entlang dieser Linie wurden drei Sektoren gebildet, deren Ländereien für bestimmte Personengruppen aus der Genossenschaft bestimmt waren. Der Südliche Koogsabschnitt bis zum Bordelumer Priel, war vorrangig für die Interessenten aus den südlich gelegen Nachbarkögen bestimmt. Der mittlere Sektor war für den Sönke-Nissen-Nachlass reserviert. Dieser Abschnitt ging bis zum im Norden des Kooges abzweigenden Langenhorner Weg. Nördlich davon sollten sich die Interessenten aus den nördlichen Nachbargemeinden ansiedeln.[14]

Bereits zu Gründungsbeginn der Genossenschaft war klar, dass die Siedler auch eine Hofstelle im Koog errichten sollten. Durch die Aufnahme von staatlichen Siedlungskrediten wurden die Landwirte in ein sog. Rentengutsverfahren gezogen. Aus diesem Grund musste unmittelbar nach der Fertigstellung des Kooges mit der Errichtung der Einzelsiedlungen, unabhängig von der Wirtschaftskraft der Siedler begonnen werden. Zudem mussten diese Einzelsiedlungen eine Größe von überlebensfähigen Betriebseinheiten aufweisen. Darüber hinaus sah der Gründungsvertrag der Genossenschaft für die Höfe u.a. eine bodenständig, regional angepasste, aber trotzdem zur Schonung der finanziellen Ressourcen günstige Bauweise vor.

Diese, wie sie schließlich vom Kieler Architekten Heinrich Stav verfolgt wurde, führten zu einem einheitlichem Baustil mit unterschiedlichen Gebäude- und Hofgrößen. Sie sind heute noch bei einer Fahrt durch den Koog erkennbar.

Die 28 Höfe im Koog weisen bis heute größtenteils weiße Außenwände sowie grüne Dächer auf. Die Wirtschaftsgebäude sind Holzträgerbauwerke, die mit Wellblecht verkleidet worden sind. 2005 wurden 24 Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Auch später errichtete Bauten wurden zum großen Teil in ähnlicher Bauweise errichtet und bilden damit für architekturinteressierte Urlauber eine interessante Sehenswürdigkeit.

Nutzung

Landwirtschaft

Der Sönke-Nissen-Koog wird schwerpunktmäßig landwirtschaftlich genutzt. Trugen in den Anfangsjahren noch einzelne Viehwirtschaftsbetriebe eine prägende Rolle, so ist im Laufe der Nachkriegszeit mit der zunehmenden Mechanisierung der Landwirtschaft der Schwerpunkt auf den Getreideackerbau übergegangen.[15] Für einige landwirtschaftliche Betriebe bildet die Vermietung von Ferienwohnungen ein weiteres betriebliches Standbein.

Die Hebesätze der zugehörigen landwirtschaftlichen Grundsteuer A beträgt zur Zeit (Stand: 2010) 260 vom Hundert.[16]

Siedlungsfunktion

Die Siedlungsfunktion des Kooges ist stark eingeschränkt. Da es sich beim Sönke-Nissen-Koog als Teil der Gemeinde Reußenköge baurechtlich um einen Außenbereich handelt, somit nur privilegierte Vorhaben errichtet werden dürfen, ist ein gezielter siedlungstechnischer Ausbau nicht möglich. Die Bautätigkeiten beschränkten sich insofern weitestgehend auf die Errichtung landwirtschaftlicher Gebäude (einschl. Abnahmehäuser für Altenteiler) und von privilegierten Windparks.

Naturschutz/Regionalentwicklung

Der Naturschutz im Koog selber spielt eine untergeordnete Rolle. Lediglich das Deichvorland entlang des Damms zur Hamburger Hallig (einschl. der Hallig selbst) ist Teil des Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.

Amsinck-Haus

Direkt an der Deichüberfahrt im Koog befindet sich zudem das sogenannte Amsinck-Haus, ein Informationszentrum über die Gemeinden des Mittleren Nordfrieslands.

Gewerbe

Gewerbliche Aktivitäten haben größtenteils auch einen landwirtschaftlichen Bezug. So betreiben die Firmen ATR Landhandel und die HaGe Kiel im Koog Vertriebs- und Lagereinrichtungen. Weitere Gewerbebetriebe im Koog sind u.a. ein Steuerberatungsbüro, ein Projektierungsbüro für Windenergie, sowie eine Tischlerei.

Die erneuerbaren Energien sind ein weiteres Standbein. Begonnen hatte es mit einem Bürgerwindpark in den 1990ern Jahren. Auf zahlreichen landwirtschaftlichen Gebäuden sind in den Folgejahren von den Hofinhabern Photovoltaikanlagen zur Diversifizierung der Einkommen errichtet worden. Abschließend kam im Jahr 2009 der Bau einer privat betriebenen Biogasanlage hinzu.

Der Hebesatz für die Gewerbesteuer beträgt aktuell (Stand:2010) 380 vom Hundert.[16]

Trivia

Die Namen von sieben Höfen, die als Entschädigung für den finanziellen Einsatz in das Eigentum der Familie Nissen gingen, erinnern an Bahnstationen im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika. Im einzelnen sind dies:

Heute hat die Familie Sönke Nissens kein Eigentum mehr im Sönke-Nissen-Koog.[17]

Hof Elisabethbay, einem im Jahr 1927 errichteten Anwesen für die Witwe Sönke Nissens und ihren Sohn, kam im August 1939 zu besonderen Ehren. Hier initiierte der schwedische Industrielle Birger Dahlerus ein Treffen zwischen Hermann Göring und einer hochrangigen britischen Regierungsdelegation zum Abwenden des Zweiten Weltkriegs.[18]

Statistische Daten zum Koog

In der nachstehenden Tabelle sind Bevölkerung und Haushalte aus der Volkszählung vom 25. Mai 1987 nachgewiesen. Diese Daten sind seither nur noch auf Gemeindeebene fortgeschrieben worden.

Wohn-
platz-
Nr.
Koog Ein-
deichung
Fläche
km²
Volkszählung 1987
Bevölkerung Haushalte
5 Sönke-Nissen-Koog 1926 11,40 165 55

Weblinks

 Commons: Sönke-Nissen-Koog – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  • Nis Paulsen: Sönke-Nissen-Koog 1924-1974, Breklumer Verlag, 3. (erw.) Auflage, Breklum 1999, ISBN 3-7793-1113-5
  • Kunz, Harry und Albert Panten: Die Köge Nordfrieslands Nordfriisk Instituut, Bredstedt 1997, ISBN 3-88007-251-5, S. 39

Einzelnachweise

  1. Reußenköge - Sönke-Nissen-Koog
  2. Nis Paulsen: Sönke-Nissen-Koog 1924-1974, Breklumer Verlag, 3. (erw.) Auflage, Breklum 1999, ISBN 3-7793-1113-5, S. 29
  3. a b ebda.
  4. ebda., S. 71f
  5. ebda., S. 95
  6. ebda., S. 101f
  7. ebda., S. 126
  8. ebda., S. 137
  9. ebda., S. 141
  10. ebda., S. 142
  11. ebda., S. 164
  12. ebda., S. 86
  13. ebda., S. 165
  14. ebda., S. 150
  15. Kunz, Harry und Albert Panten: Die Köge Nordfrieslands Nordfriisk Instituut, Bredstedt 1997, ISBN 3-88007-251-5, S. 39
  16. a b [1]
  17. Die Geschichte des Sönke-Nissen-Kooges ist Thema einer Fernsehdokumentation von Mario Damolin: „Die Straße der Deichgrafen. Ein Diamantenfund und seine Folgen“ (2003)[2].
  18. [3]
54.62358038.8814956

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