Taktischer Bomber

Taktischer Bomber

Ein Bomber ist ein militärisches Flugzeug, das dazu dient, Bodenziele mit Fliegerbomben und Luft-Boden-Raketen anzugreifen.

B-17 bei einem Angriff über Europa

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Bombers

Die Anfänge

Erstmals kamen strategische Bomber im Ersten Weltkrieg zum Einsatz. Der erste Bombenangriff fand jedoch bereits 1912 im ersten Balkankrieg statt: Der bulgarische Offizier Christo Toprakchiev hatte vorgeschlagen, Granaten von einem Flugzeug aus abzuwerfen. Kapitän Simeon Petrov entwickelte die Idee weiter. Er entwickelte mehrere Prototypen von Flugzeugen mit erhöhter Absetznutzlast und dazu passende verschiedene Typen von Granaten. Am 16. Oktober 1912 warf der bulgarische Beobachter Prodan Toprakchiev zwei dieser Granaten von einem Flugzeug des Typs Albatros F.II, das von Radul Milkov geflogen wurde, auf einen türkischen Bahnhof in der Nähe von Karaagac.

Nach mehreren Tests entwickelte Petrov das Enddesign der Granaten mit verbesserter Aerodynamik. Diese Version wurde von der bulgarischen Luftwaffe während der Eroberung der Stadt Edirne im März 1913 verwendet. Später wurden Kopien der Pläne an Deutschland verkauft.

Die Bombe mit dem Kodename „Tschataldscha“ („Чаталджа“) ist bis zum Ende des Ersten Weltkriegs in Massenproduktion hergestellt worden. Anfangs waren allerdings nur Militärluftschiffe in der Lage, eine große Bombenlast über große Entfernungen zu tragen. Viele Nationen setzten solche Luftschiffe ein, um militärische Ziele, aber auch Industrieanlagen oder Innenstädte anzugreifen. Luftschiffe konnten damals höher fliegen als alle Flugzeuge und auf diese Weise außerhalb der Reichweite von Flugabwehrwaffen operieren. Dies sollte sich jedoch im Laufe des Ersten Weltkriegs ändern. Im Juni 1915 gelang es erstmals einem englischen Jagdflugzeug, ein deutsches Luftschiff abzuschießen.

Ab 1917 wurden in Deutschland als strategische Bomber Großflugzeuge, später auch Riesenflugzeuge gebaut. Dabei handelte es sich um viermotorige Doppeldecker, deren Spannweite über 40 Meter betragen konnte. Manche Bomber des Ersten Weltkriegs verfügten bereits über einen Abwurfmechanismus, mit dem die am unteren Flügel oder am Rumpf angebrachten Bomben ausgeklinkt wurden. Bomberangriffe wurden tags und nachts durchgeführt und richteten sich unter anderem gegen Großstädte und Industrieanlagen, aber auch gegen feindliche Flughäfen und sonstige Bodenziele. Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurden viele Bomber für eine Nutzung im kommerziellen Luftverkehr umfunktioniert.

Handley-Page O/400 der US-Army

Im Ersten Weltkrieg eingesetzte Bomber:

Zweiter Weltkrieg

Im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges kam es im spanischen Bürgerkrieg 1937 erstmals zu taktischen Punktbombardements. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde lediglich versucht, mit möglichst viel Sprengkraft eine Fläche total zu zerstören oder die Bomben wurden "blind" abgeworfen. Diese vorrangig vom Vereinigten Königreich gegen Aufstände in seinen Kolonien angewandte Taktik sollte sich erst mit dem Aufbau der neuen deutschen Luftwaffe ab 1935 ändern.

Die deutsche Luftwaffe entwickelte in den Jahren ab 1935 das militärische Konzept der verbundenen Waffen. Dies bedeutet, dass Heer und Luftwaffe durch am Boden mit den Heereseinheiten fahrenden Luftwaffenverbindungs-Führungsoffizieren eng verbunden sind. Diese Konzept setzt eine exakte Planung der Bekämpfung militärischer Ziele voraus. Aus diesem Grund ließ die militärische Führung nur zweimotorige taktische Bomber, z. B. die Ju-88 bauen. Von 1940 bis 1941 griffen deutsche Bomber zur Vorbereitung einer Invasion in der sogenannten Luftschlacht um England die südlichen Teile des Vereinigten Königreichs an. Letztendlich führten jedoch vor allem die begrenzte Reichweite der Begleitjäger und die hohen Bomberverluste dazu, dass die Angriffe 1941 weitgehend eingestellt wurden.

1940 begannen die Briten ihrerseits mit der Bombardierung Deutschlands. Da bei den ersten Angriffen bis zu 50 % der Flugzeuge abgeschossen wurden, spezialisierten sich die Briten auf die weniger verlustreichen Nachtbombardierungen. Wegen der geringeren Treffergenauigkeit bei Nachtbombardierungen konnten allerdings nur große Flächenziele wie etwa Großstädte angegriffen werden.

Die amerikanische Luftwaffe begann nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg im Jahr 1943 mit Tagbombardierungen auf Punktziele wie Fabriken und Verkehrsanlagen. Durch verbesserte Formationstaktik und vor allem Begleitschutz durch neuentwickelte Langstrecken-Begleitjäger (ab 1944) wurde es für die Bomber möglich, immer weiter in deutsches Kernland vorzudringen.

Ein von den Briten eingesetzter Bomber war die Avro Lancaster. Die Lancaster war das Rückgrat der Bombenangriffe des Bomber Command gegen Deutschland. Sie setzte neue Maßstäbe bei Bombenlastkapazität und Transporthöhe. Für gewöhnlich trug sie 6350 kg auf 7300 Meter Höhe, doch sie konnte auch eine einzelne, 9980 kg schwere Bombe auf Ziele wie etwa Viadukte abwerfen. Die Avro Lancaster hatte eine Reichweite von über 4.000 km, die damals kaum ein anderer Bomber erreichte.

Die Bombardierung Japans durch US-Bomber begann Ende 1944. Dabei wurden neuentwickelte Bomber vom Typ B29, eine Maschine mit sehr großer Reichweite, eingesetzt.

Während des Zweiten Weltkrieges entwickelten sich die Anfänge der Marschflugkörper und Raketen als Bombenträger, die im weiteren Verlauf der Militärgeschichte einen Teil der Aufgaben von Bombern übernahmen, sie jedoch nicht vollständig ablösten.

Im Zweiten Weltkrieg eingesetzte Bomber (Auswahl):

50er bis heute

Victor-Bomber der Royal Air Force (1993)
Tupolew Tu-22 in Monino

Das Strategic Air Command der USA hatte im Kalten Krieg bis zu 2600 Bomber einsatzbereit, um Ziele in mehr als 6.400 km Entfernung mit konventionellen und nuklearen Bomben angreifen zu können. Die britische Royal Air Force unterhielt für diesen Zweck bis zu 280 strategische Bomber, die sog. V-Force.

Bomber des Kalten Krieges und von heute:

Entwicklung der Technik

Bomberangriffe waren zunächst nur bei guter Sicht möglich. Im Zweiten Weltkrieg ermöglichten Leitstrahlverfahren, Funknavigation und Radar auch Angriffe nachts und bei geschlossener Wolkendecke. Später wurden Trägheitsnavigationssysteme eingeführt, die die Position eines Bombers mit großer Genauigkeit bestimmen konnten. Heutzutage wird das Ziel oft mit GPS geortet, sodass Bombenangriffe auch bei Bewölkung und nachts möglich sind.

Eingesetzte Waffen

Zu den ersten Zielen von Bombern zählt meist die gegnerische Luftabwehr. Einige Bomber sind auch mit von Bordschützen bedienten Maschinengewehren oder Bordkanonen ausgestattet. Trotzdem sind Bomber durch gegnerische Jagdflugzeuge leicht verwundbar und werden deshalb oft durch Begleitjäger eskortiert.

Konventionell

1960er Jahre: B-52 wirft Bomben auf Vietnam ab

Die Bomben werden von der Besatzung über dem Zielgebiet abgeworfen; dabei kann es sich um ungelenkte dumb bombs oder um präzisere, etwa lasergesteuerte, smart bombs handeln. Umstritten sind so genannte Bombenteppiche sowie Streubomben, welche am Boden in viele Sprengköpfe (bomblets) zerfallen, von denen oft einige nicht sofort detonieren und Zivilisten gefährden.

Atombombe „Little Boy“ auf der Verladebühne kurz vor dem Abflug nach Hiroshima (13 kt Sprengkraft)

Frei fallende Nuklearbomben

In der Frühphase des kalten Kriegs war der Einsatz strategischer Bomber zentraler Bestandteil einer möglichen atomaren Kriegführung. Mit der Einführung und Weiterentwicklung von Interkontinentalraketen als Trägersystem wurde die strategische Bomberflotte zunehmend obsolet. Dennoch sind praktisch alle amerikanischen Bomber dafür ausgelegt, auch Nuklearwaffen ins Ziel zu tragen. Bei vielen modernen Nuklearbomben kann die Sprengkraft der nuklearen Explosion vom unteren Kilotonnenbereich für den taktischen Gefechtsfeldeinsatz bis zu mehreren Megatonnen zur Bekämpfung sogenannter „hardened targets“ (z. B. unterirdische Kommandobunker, Raketensilos) eingestellt werden.

Kurzstreckenraketen

Die mit nuklearem Sprengkopf bestückte Boeing AGM-69A SRAM (Short Range Attack Missile = Kurzstreckenrakete) wurde für kleinere Ziele, wie etwa Boden-Luft-Raketenabschussbasen konzipiert. Sie eignet sich dazu besonders gut, weil ihr Trägheitslenksystem nicht durch feindliche ECMs gestört werden kann. Die SRAM ist jene Art von Waffe, mit der man einen Krieg „begrenzen“ könnte, weil sie sie auf militärische Ziele gerichtet wird. Sie würde jede Art von fixer Abwehr in einer bestimmten Gegend ausschalten und dem Feind keine Chance geben, zurückzuschlagen, z. B. gegen die B-1B die die SRAMs transportiert. Eine B-1B kann zwei Dutzend SRAMs an Bord nehmen. Jede ist 4,30 m lang, wiegt 1000 kg und trifft mit Mach 2,5 ihr Ziel. Wenn sie in großer Höhe abgefeuert wird, kann sie 200 km weit fliegen, aus geringer Höhe fliegt sie 56 km.

Luftgestützte Marschflugkörper

Marschflugkörper Boeing AGM-86

Da von Bombern aus der Luft abgefeuerte Marschflugkörper (oder auch Raketen) weit entfernte Ziele erreichen können, besteht für die Bombermannschaft nur ein geringes Risiko.

Jene Marschflugkörper, die derzeit bei der US-Luftwaffe ausschließlich für die B-52 in Verwendung stehen, werden von Boeing produziert, wie zum Beispiel die Boeing AGM-86 Cruise Missile. Sie haben ihren eigenen Turbofan-Antrieb und rudimentäre Steuerelemente sowie elektronische Geräte, die mit Zielinformationen voreingestellt sind. Wenn sie abgefeuert sind, folgen sie automatisch (auch mit Hilfe von GPS) ihren Befehlen bis zum Ziel.

Einteilung

Spezialfälle von Bombern sind

Fliegende B-2 Spirit der US Air Force

Im Zweiten Weltkrieg unterschied man:

(Bis 1945 wurde Kampfflugzeug als Synonym für Bomber verwendet.)

Siehe auch

Literatur

  • Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Bombenflugzeuge. transpress-Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1989, ISBN 3-344-00391-7.

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