Talas (Stadt)

Talas (Stadt)
Talas (Kirgisistan)
DMS
Talas
Talas

Talas ist eine mittelgroße Stadt mit etwa 35.000 Einwohnern im Nordwesten Kirgisistan, in landschaftlich schöner Lage in dem ca. 60 km langen Talas-Tal zwischen imposanten Bergketten. Die Stadt ist Verwaltungszentrum des gleichnamigen Gebiets Talas.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Obwohl das Tal schon seit mindestens 1000 Jahren dünn besiedelt war, hatte es vorwiegend oals Weidefläche wirtschaftliche Bedeutung, und nur im Winter lebten die Hirten im Tal. Nach der geschichtlich bedeutenden Schlacht am Talas im Jahre 751 zwischen Arabern und Chinesen blieb das Tal mehrere Jahrhunderte unbesiedelt, obwohl einige archäologische Nachgrabungen in den 1970er und 1980er Jahren beweisen, dass hier einst Leben und Handel blühten. Mit der russischen Eroberung 1864 kamen die ersten Europäer in das Tal. Militärs aus Taschkent bauten an der Stelle der heutigen Stadt Talas 1877 einen Stützpunkt, und daneben entwickelte sich eine kleine Siedlung, Dimitrowka genannt, deren Einwohner mit angebautem Gemüse und Viehhaltung das zaristische Militär versorgten.

Im April 1882 kamen Mennoniten mit einer Ansiedlungsgenehmigung aus St. Petersburg, und der Gouverneur Turkestans in Taschkent wies ihnen Land im Talas-Tal zwischen den Flüssen Urmaral und Kumuschtak zu. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in Dimitrowka 16 kleine Häuser russischer und ukrainischer Familien, erbaut nach der ukrainischen Art, wie sie in den Dörfern Südrusslands bekannt waren.

Das erste steinerne Gebäude in der Siedlung war eine in den 1920er Jahren erbaute Backsteinkirche. Die Bevölkerung der Ansiedlung war immer gemischt und ist auch heute vielsprachig: Slawen, Kirgisen, Uzbeken, Kasachen, Uiguren, Dungane, Deutsche, Griechen, Chinesen, Tadschiken und andere Nationalitäten leben hier friedlich zusammen. In den 1940er Jahren lebten hier auch Karatschaen und Tschetschenen, die aus dem Kaukasus deportiert worden waren. Nach 1956 sind diese Kaukasier wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.

Den Status als Stadt und ihrem heutigen Namen „Talas“ erhielt die Siedlung 1931. Seit dieser Zeit ist sie auch administratives Verwaltungszentrum des Talas-Bezirks, mit allen dazugehörenden Einrichtungen. Die in den benachbarten Gebirgsketten und im Talas-Tal mit ihren Viehherden nomadisierenden Kirgisen wurden zu dieser Zeit im Zuge der sowjetischen Zwangskollektivierung in Kolchosen ond Sowchosen zusammengefasst und neuen Siedlungen sesshaft gemacht. Damit begann auch der Zuzug ethnischer Kirgisen in die Stadt Talas.

Abgesehen von der eindrucksvollen Berglandschaft zu beiden Seiten des Tales und fast 300 Tagen klarem Sonnenschein hat der Ort auch heute nur wenig zu bieten.

Wirtschaft und Verkehrsanbindung

Das Talas-Tal ist bei ausreichender Bewässerung fruchtbar und bringt bei richtigen Bearbeitung gute Ernte. Die Stadt lebt daher vor allem von der Verarbeitung and Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

Bei der Teilung Turkestans 1925 in mehrere Sowjetrepubliken kam das Talas-Tal zu Kirgisistan. Die Wirtschaft des Tals blieb jedoch, wie schon seit Jahrzehnten, auf die benachbarte Stadt Dschambul (seit 1992 Taras) am Talausgang in Kasachstan und auf deren Eisenbahnanbindung ausgerichtet. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte diese Grenzziehung erhebliche negative Konsequenzen, da man nunmehr die andere Gebiete Kirgisistans von Talas aus nur nach doppelter Grenzüberquerung und -kontrolle Kasachstans erreichen konnte - einmal bei der Einfahrt aus Talas nach Kasachstan als Durchgangsland, und dann ein zweites Mal bei der Ausfahrt aus Kasachstan nach Kirgisistan. Die Wirtschaft des Tals hatte dabei sehr zu leiden. Die kirgisische Regierung war in den 1990er Jahren gezwungen, die Verkehrsverbindung des Talas-Tals zum Tschüi-Tal und an die Straße Bischkek-Osch über den ca. 3600 m hohen Töö-Ashuu-Pass und den 3300 Meter hohen Ötmöck-Pass nach Susamyr wieder herzustellen. Der 3 km lange Tunnel in den hohen Bergen auf dieser Strecke, der die Hauptstadt Bischkek mit dem Talas-Tal verbindet, wurde noch in den 1940er und 1950er Jahren von Zwangsarbeitern ausgebaut und hat erst seit den 1990er Jahren nach einer Renovierung seinen wirklichen Wert bewiesen.

Tschynggys Aitmatow

Der bekannteste kirgisische Schriftsteller der Moderne, Tschynggys Aitmatow, wurde im Dorf Scheker im Talas-Tal geboren, ganz in der Nähe der usbekischen Grenze. Viele Themen seiner schriftstellerischen Tätigkeit hat er bei seinen Landsleuten im Talas-Tal aufgegriffen.

Manas

Der mythische kirgisische Nationalheld Manas soll in den Ala Too-Bergen im Bezirk Talas geboren sein. Einige Kilometer östlich von Talas entfernt steht ein Mausoleum, das als das des Manas ausgegeben wird und ein beliebter Ausflugsort ist. Allerdings heißt es in einer Fassadenbeschriftung, dass das Mausoleum „... der ruhmreichsten der Frauen, Kenizek-Khatun, der Tochter des Emirs Abuka“ gewidmet sei. Der Legende zufolge soll Kanikey, die Witwe des Manas, diese Inschrift angeordnet haben, um die Feinde ihres Mannes irre zu führen und eine Grabschändung zu verhindern. Das Gebäude, bekannt als „Manastin Khumbuzu“ (oder „Ghumbez des Manas“), wurde vermutlich 1334 errichtet. In der Nähe steht ein Museum, Manas und seiner im Manas Epos festgehaltenen Legende gewidmet. Auf dem umliegenden Festgelände finden seit 1995 im Sommer eindrucksvolle traditionelle kirgisische Reiterspiele statt.

Weblinks


42.52222222222272.2419444444447Koordinaten: 42° 31′ N, 72° 15′ O

Literatur

Robert Friesen, "Auf den Spuren der Ahnen", Minden 2000, ISBN 3-9805205-5-2


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Talas (Kirgisistan) — Talas Талас Hilfe zu Wappen …   Deutsch Wikipedia

  • Talas (Landkreis Talas) — Talas …   Deutsch Wikipedia

  • Talas — bezeichnet: Talas (Kirgisistan), eine Stadt in Kirgisistan Gebiet Talas, ein Verwaltungsbezirk in Kirgisistan, mit Verwaltungssitz in der gleichnamigen Stadt Talas (Fluss), ein Fluss in Kirgisistan Talas (Schambyl), ein Landkreis in Kasachstan im …   Deutsch Wikipedia

  • Talas (Türkei) — Vorlage:Infobox Ort in der Türkei/Wartung/Landkreis Talas …   Deutsch Wikipedia

  • Talas-Alatau — p1f1p5 Talas Alatau Höchster Gipfel Gora Manas (4.488 m) Lage Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan Teil des …   Deutsch Wikipedia

  • Talas (Fluss) — Der 661 km lange Fluss Talas ist ein Fluss im Norden von Kirgisistan und im Südosten von Kasachstan (Zentralasien). Er entsteht in der Oblast Talas im Kirgisischen Gebirge durch den Zusammenfluss der Flüsse Karakol und Uschkaschi. Im… …   Deutsch Wikipedia

  • Talas (Bezirk) — Lage des Landkreises Talas in der türkischen Provinz Kayseri Talas ist ein Landkreis im Zentrum der Provinz Kayseri in Zentralanatolien in der Türkei. Hauptort des Landkreises ist die gleichnamige Stadt Talas. Landrat (Kaymakam) des Landkreises… …   Deutsch Wikipedia

  • Gebiet Talas — Das Gebiet Talas ist eines von 7 Gebieten in Kirgistan und hat eine Bevölkerung von circa 219.000 Menschen. Es liegt im Nordwesten und grenzt im Norden an Kasachstan. Hauptstadt ist Talas . Geographie Das Gebiet Talas liegt im Norden von… …   Deutsch Wikipedia

  • KGZ — Кыргыз Республикасы Kirgisische Republik …   Deutsch Wikipedia

  • Kirgisien — Кыргыз Республикасы Kirgisische Republik …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”