Tatauierung

Tatauierung

Eine Tätowierung (wissenschaftlich auch Tatauierung, umgangssprachlich (engl.) Tattoo) ist ein Motiv, das mit Tinte oder anderen Farbpigmenten in die Haut eingebracht wird. Dazu wird die Farbe in der Regel mit Hilfe einer Tätowiermaschine durch eine oder mehrere Nadeln (je nach gewünschtem Effekt) in die zweite Hautschicht gestochen und dabei ein Bild oder Text gezeichnet. Die Tätowierung stellt eine Form der Körpermodifikation dar.

Frau mit Tätowierungen

Inhaltsverzeichnis

Ursprung und Entwicklungen

Tāmati Wāka Nene, ein Māori mit Tā moko, ca. 1870
Tätowierte piktische Frau (Zeichnung aus dem 16. Jh.)

Immer wieder wurde versucht, einen Ursprungsort der Tätowierung zu finden. Wegen der vielfältigen und über den ganzen Erdball verstreuten Hinweise kann davon ausgegangen werden, dass sich die Sitte des Tätowierens bei den verschiedenen Völkern der Erde selbständig und unabhängig voneinander entwickelt hat. Die ältesten Belege von Tätowierungen stammen aus Südamerika und Europa. Im Norden Chiles wurden 7000 Jahre alte Mumien gefunden, die Tätowierungen an Händen und Füßen aufwiesen. Die Gletscher-Mumie Ötzi trug vor über 5000 Jahren mehrere Zeichen, die mit Nadeln, oder durch kleine Einschnitte unter die Haut gebracht worden waren.[1] Besonders aufwändige und großflächige Tätowierungen sind von den eisenzeitlichen Skythen, einem Reitervolk der russischen Steppe und des Kaukasus und aus der Pazyryk-Kultur im Altai bekannt. Dies scheint die häufige vertretene These zu widerlegen, dass die Sitte des Tätowierens ursprünglich aus Südwestasien stamme, sich von dort über Ägypten nach Polynesien und Australien ausgebreitet habe und schließlich nach Nord- und Südamerika weitergetragen wurde. In seiner rituellen Bedeutung ist es in Mikronesien, Polynesien, bei indigenen Bevölkerungen und z. B. auch den Ainu und den Yakuza (Japan) verbreitet.

Das Alte Testament verbietet die Tätowierung, wohl wegen der Verbindung mit dem Atargatis-Kult. „Und einen Einschnitt wegen eines Toten sollt ihr an eurem Fleisch nicht machen; und geätzte Schrift sollt ihr an euch nicht machen. Ich bin der Herr.“ (3. Mose 19,28). Trotz Verbotes zieht die Nachfrage nach Tattoos auch viele Christen an, die mit auftätowierten Kreuzen, Herzen, Engeln, dem Namen Jesu oder den gefalteten Händen Dürers zeigen wollen, dass ihnen der Glaube an Gott unter die Haut geht. Tätowierungen waren jedoch bei einigen frühchristlichen Sekten üblich[2].

Nach Strabo (Geographica) tätowierten sich die Carni, ein keltischer Stamm der österreichischen Alpen. Laut Herodian (III, 14) tätowierten sich auch die Thraker. Nach Caesar bemalten sich die Pikten auf dem Gebiet des heutigen Schottland (daher der Name), eine Tätowierung erwähnt er nicht.

Funktion und Bedeutung

Tätowierung der Hand mit sakralen Symbolen

Tätowierungen können sehr unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen haben. Die Literatur nennt Funktionen als Mitgliedszeichen, rituelles oder sakrales Symbol, Ausdrucksmöglichkeit für Abgrenzung (siehe auch Bourdieu) und Exklusivität, Mittel zur Verstärkung sexueller Reize, Schmuck, Protest (Punk) und nicht zuletzt die der politischen Stellungnahme.

Mittels Tätowierung ausgedrückte Gruppenzugehörigkeit

Mit sogenannten Knast-Tätowierungen können Rangfolgen und „Kastenzugehörigkeiten“ etwa durch das Kreuz der Diebe dargestellt werden, sowie Funktionen, die der Häftling während der Gefangenschaft innehatte, wie beispielsweise „Schläger“, „Rowdy“, „Aufrührer“ oder „Boss“. Darüber hinaus gibt es Kennzeichnungen für Mörder oder „Lebenslängliche“, und auch die Meinung zur Justiz bis hin zu offenen Drohungen oder gar erfolgreich ausgeführte Rache können als Tätowierung kundgetan werden. Auch sexuelle Einstellungen werden durch Tätowierungen ausgedrückt. Angaben, in welchen Gegenden man bereits inhaftiert war, die Sehnsucht nach Freiheit oder der Vorsatz auszubrechen sind ebenso Themen wie die Anzahl der abzusitzenden Jahre, in der Anzahl der Holzscheite unter einem Feuer oder der Stacheln am Stacheldraht ausgedrückt werden können.

Adolf Loos bezeichnete die Tätowierung, in seiner Schrift Ornament und Verbrechen[3], als Ornament.

Tätowierung zur Kennzeichnung

Im Nationalsozialismus wurden den Insassen eines Konzentrationslagers Häftlingsnummern eintätowiert. Aber auch Mitglieder der SS besaßen Tätowierungen (linker Oberarm innen), die Auskunft über ihre Blutgruppe gaben.

Vielen Haustieren wird ein Identifikationscode in die Haut tätowiert, damit die Tiere bei Verlust dem Halter zugeordnet werden können; bei Zuchttieren ist ebenfalls eine Tätowierung zwecks Identifikation üblich. Bei Nutztieren war lange Zeit das Brandzeichen üblich.

Permanent Make-up

Eine Sonderform ist das sogenannte Permanent Make-up, bei dem die Konturen von z. B. Augen, Lippen usw. hervorgehoben bzw. nachgezeichnet oder schattiert werden. So lassen sich auch Operationsnarben kaschieren oder ein Brustwarzenhof rekonstruieren.

Gesellschaftliche Bedeutung in Japan

Eine sehr lange Tradition haben Tätowierungen (jap. Irezumi) in Japan. Die Anfänge der Tätowierung in Japan liegen vermutlich bei den Ainu. Zu Beginn der Edo-Zeit (16031868) waren Tätowierungen unter anderem bei Prostituierten und Arbeitern sehr beliebt. Ab 1720 wurde die Tätowierung als eine Art Brandmarkung für Kriminelle eingesetzt, weshalb sich „anständige“ Japaner nicht mehr tätowieren ließen. Wer als Krimineller gezeichnet war, konnte sich nicht mehr in die Gesellschaft eingliedern, was zur Bildung einer eigenen Schicht führte: den Yakuza. Unter der Meijiregierung wurde 1870 diese Praxis abgeschafft und Tätowierungen komplett verboten, was erst 1948 aufgehoben wurde.

Obwohl stilistisch sehr einheitlich, gibt es eine große Vielfalt an Motiven, die oft der Mythologie entnommen sind, wie Drachen oder Dämonen, die häufig aus Sagen stammen und eine ganze Geschichte erzählen. Oder es gibt Symbole wie Kirschblüten (Schönheit und Freude, aber auch Vergänglichkeit) und Kois (Erfolg, Stärke und Glück). Ein interessanter Stil mit blutigen und grausigen abgehackten Köpfen entwickelte sich, als gegen Ende des 19. Jahrhunderts Gruselgeschichten in Japan äußerst populär wurden. Eine japanische Sitte ist es, sich zeitlebens von einem einzigen Künstler tätowieren zu lassen; oftmals entstehen daraus über Jahre hinweg großflächige Gemälde auf dem ganzen Körper, die schließlich vom Künstler signiert werden.

Schild vor einem japanischen Sentō, welches tätowierten Menschen (Yakuza) den Zutritt verwehrt

Tätowierungen sind in Japan noch immer stigmatisiert und werden oft als Verstrickung ins kriminelle Milieu interpretiert. Sie sind noch immer ein wichtiger Bestandteil der Yakuza-Kultur (vor allem die den kompletten Torso einnehmenden, sogenannten Bodysuits). In manchen öffentlichen Bädern wird Menschen mit großflächigen Tätowierungen der Eintritt verweigert. Aber ebenso wie im Westen werden Tätowierungen gerade bei jungen Japanern immer beliebter und dadurch einer breiteren Gesellschaftsschicht vertraut. Heutzutage gibt es in Japan viele weltweit bekannte Tätowierer (zum Beispiel Horiyoshi III), die ihr Können an ihre Schüler weitergeben. Andererseits geht durch die Tatsache, dass die Yakuza mittlerweile verboten ist, die Verbreitung von Tätowierungen unter Gangmitgliedern zurück, da diese keine Aufmerksamkeit wecken wollen. Somit löst sich in Japan die Verbindung zwischen Kriminalität und Tätowierung.

In letzter Zeit erfreuen sich auch in westlichen Kulturen Tätowierungen im japanischen Stil wachsender Beliebtheit.

Gesellschaftliche Bedeutung in der westlichen Welt

Tätowierungen hatten ursprünglich im Westen das Stigma des Matrosen oder Sträflings, erfreuen sich aber spätestens seit den 1990er Jahren größerer Beliebtheit. Was vorwiegend als Ausdruck einer Jugendkultur, die auch Piercing und Branding beinhaltet, begann, ist heute in breiten Gesellschaftsschichten vorzufinden.

Kinder nutzen Klebebilder, die sich leicht wieder entfernen lassen, aber unter dem Begriff Tattoo oder Tätowierung firmieren. Analog dazu finden sich auch sogenannte Hennatätowierungen, die nicht in die Haut gestochen sondern aufgemalt werden. Hier wird nur die Hornschicht der Oberhaut eingefärbt. Da diese verhornten Zellen kontinuierlich abschuppen, verschwindet die vorgebliche Tätowierung nach einigen Wochen.

Diese Entwicklung zeigt die Annäherung des Tätowierens an den Mainstream, ermöglicht sie doch eine Tätowierung als Modeaccessoire. Auch die Bio-Tätowierung verschwindet angeblich nach einigen Jahren von selbst, weil nicht so tief gestochen wird. In Wirklichkeit geschieht das aber nur sehr selten, wenn überhaupt, da es quasi unmöglich ist, so genau zu arbeiten, dass weder zu flach (die Tätowierung verschwindet schon während der Heilung) noch zu tief (die Tätowierung bleibt) gestochen wird. Mindestens Teile oder ein Schatten der Tätowierung bleiben zumeist erhalten. Daher wird von seriösen Tätowierern davor gewarnt. Das OLG Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine Tätowiererin zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt, weil sie der Kunden zugesichert hatte, das Bio-Tattoo würde nach 3-7 Jahren verschwinden - was nicht geschah. (7 U 125/08)[4]

Motive, Stil und neue Trends

Schwalben-Motiv
Stern-Tätowierung

Waren Anfang des 20. Jahrhunderts Tätowierungen fast nur bei Seeleuten, Soldaten, Angehörigen der Unterwelt oder Häftlingen zu sehen, so entwickelte sich in den späten 1980er Jahren wieder ein gewisser Modetrend zu Tattoos. Vor allem gewisse Musikszenen machten Tätowierungen zu einem Bestandteil ihrer Subkultur.

In den 1990er Jahren erfuhren Tätowierungen einen wahren Modetrend. Vor allem sogenannte Tribal-Tattoos erlebten hier ihre Hochblüte. Tribals (oder auch Irban genannt) fanden in verschiedensten Formen den Weg unter die Haut. Unter der scherzhaften Bezeichnung Arschgeweih war vor allem bei weiblichen Trägerinnen häufig ein auf dem Steiß platziertes Tribal-Tattoo zu finden.

Ende der 1990er-Jahre gab es in der Tattoo-Szene einen Trend zu sog. Old-School-Motiven. Dies sind Motive, die ihren Ursprung häufig in alten Seemannstätowierungen haben. Beispiele für Motive dieses Genres sind Sterne[5], Schwalben[6], Anker oder Herzen.

Einen weiteren Trend stellen sogenannte Geek- oder Nerd-Tattoos dar. Die Motive stammen in der Regel aus dem akademischen oder Computerbereich und spiegeln die wachsende Popularität von Geekstyle und Nerdcore wieder.[7]

Kunst

Die US-amerikanische Künstlerin Shelley Jackson arbeitet derzeit an einem Kunstprojekt namens "The skin project". Sie hat eine Kurzgeschichte von 2095 Wörtern verfasst, welche nicht gedruckt wird, sondern Freiwillige lassen sich jeweils ein Wort der Geschichte tätowieren.

Professor Timm Ulrichs hat in den Jahren 1975 - 1977 in Zusammenarbeit mit den Tätowierern Manfred Kohrs (Hannover) und Horst H."Samy" Streckenbach (Frankfurt/Main) einige künstlerische Projekte erstellt. Ulrichs hat mit traditionellen Tätowiermotiven auf Leinwand gearbeitet, aber auch als "Totalkünstler" selbst mit der Tätowierei experimentiert. Kohrs und Streckenbach haben in den siebziger Jahren daran gearbeitet die deutschen Tätowierer in die künstlerische Szene einzuführen; auch um dem Berufsstand den Habitus des "halbseidenen" zu nehmen, der in diesen Jahren noch extrem vorhanden war.

Etymologie

Tätowierung über dem Steißbein, umgangssprachlich Arschgeweih.

Sowohl das deutsche Wort 'tätowieren' als auch das englische 'Tattoo' haben ihren Ursprung im Tahiti-Wort tatau. Dieses Wort hat sich vermutlich lautmalerisch aus dem Geräusch entwickelt, das beim Schlagen auf den in Polynesien traditionell benutzten Tätowierkamm entsteht. In der englischen Militärsprache gab es ein gleichlautendes Wort schon seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, es bezeichnet bis heute den Zapfenstreich. In England wurde der Begriff tattow neben dem zunächst gebräuchlichen tattaw verwendet, der sich dann zu tattoo umbildete und heute ausschließlich benutzt wird. Berücksichtigt man nun weiterhin, dass es in England zunächst überwiegend Soldaten waren, die sich tätowieren ließen, erscheint diese Umformung des Wortes schlüssig. Im deutschen Sprachraum existierten lange Zeit die Begriffe Tatauieren und Tätowieren nebeneinander, bis sich schließlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bezeichnung Tätowieren endgültig durchsetzte. In der Ethnologie wird jedoch weiterhin meist von Tatauieren und Tatauierungen gesprochen.

Technik

Tätowieren eines Oberarms

Der Vorgang der Tätowierung besteht grundsätzlich in einer Punktierung der Haut, wobei gleichzeitig mit dem Durchstechen ein Farbstoff in die Haut eingebracht wird. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Stich weder zu oberflächlich noch zu tief angebracht wird. Im ersten Fall würde der eingelagerte Farbstoff lediglich in die Zelllagen der Epidermis eingebracht werden. Dies hätte zur Folge, dass bei der fortwährenden Erneuerung dieser Hautschicht ein Abwachsen und eine Abstoßung der Farbteilchen nach außen gleichzeitig mit den Epidermiszelllagen erfolgen würde. Im zweiten Fall, wenn also der Stich zu tief in die Haut vorgenommen wird, kommt es durch die auftretenden Blutungen zu einem Auswaschen der Farben. Dauerhaft haltbar sind diejenigen Farbpigmente, die in der mittleren Hautschicht (Dermis) und zwar im Zelltyp der Fibroblasten eingelagert sind.

Tattoo-Nadeln vergrößert
Tätowiernadel beim Stechen

Die im Westen gebräuchlichste Methode ist das Arbeiten mit einer elektrischen Tätowiermaschine. Hier wird z. B. mit Hilfe zweier Spulen ein Magnetfeld erzeugt, das eine Anzahl feiner, an eine Stange gelöteter Nadeln schnell vor- und rückwärts bewegt. Eine weitere Tätowiermaschine arbeitet mit einem Elektromotor, der über einen Exzenter die Auf- und Abwärtsbewegung erzeugt. Diese Maschinenart wurde um 1970 von den Tätowierern Horst H. „Samy“ Streckenbach und Manfred Kohrs entwickelt und gebaut.

Outlines

Die Geschwindigkeit ist abhängig von der Tätowiermaschine, der Technik und dem gewünschtem Effekt, z. B. Linien oder Schattierungen, liegt aber zwischen ca. 800 bis 7.500 Bewegungen pro Minute. Die Tinte hält sich dank einer Kapillarwirkung zwischen den Nadeln und wird durch die Schnelligkeit der Bewegung ähnlich leicht in die Haut gebracht wie beim Zeichnen mit einem Stift auf Papier. Die Haut wird mit der einen Hand unter Spannung gehalten, die andere Hand bringt das Bild ein.

Zu Beginn des Tätowierprozesses werden normalerweise die Umrisse, sogenannte Outlines, mit einer dünnen Nadel in schwarzer Farbe gestochen, in einem zweiten Schritt werden diese mit Farbe gefüllt. Zum Füllen werden je nach Feinheit der Muster Nadeln unterschiedlicher Dicke verwendet.

Es existieren weitere Möglichkeiten, dauerhafte Hautzeichnungen herzustellen, beispielsweise das Einschneiden der Haut und ein Einreiben der Wunde mit Tinte, Asche oder sonstigen farbgebenden Stoffen (s.g. Ink-Rubbing), oder das Tätowieren mit Nadel und Faden, bei dem eine mit Faden umwickelte Nähnadel in Tinte getaucht und dann in die Haut gestochen wird. Zurück bleiben hierbei die typischen sogenannten Knast-Tattoos – unter der Haut verlaufene Tintenkleckse formen die berühmten drei Punkte, Tränen, Namenszüge oder primitive Bildchen. Österreichische Soldaten und gemeine Soldaten tätowieren sich im 19. Jahrhundert mit Einschnitten von "Namens-Chiffern" oder Kreuzeszeichen, als Färbemittel diente Schießpulver[8].

Bei den Völkern Polynesiens war ein Tätowierkamm gebräuchlich, der aus verschiedenen Pflanzenteilen oder Knochen hergestellt wurde und an einem langen Stab befestigt war. Die Spitzen des Kammes wurden durch rhythmisches Schlagen auf den Griff in die Haut getrieben, wo sie eine Tinte aus Wasser und Asche oder verbrannten Nüssen einbrachten. Diese Kämme gab es in unterschiedlichen Breiten, sie hinterließen aber immer Linien, niemals Punkte.

Die Irezumi genannten traditionellen japanischen Tätowierungen werden auch heute noch häufig manuell gefertigt, obwohl sich westliche Tätowiermaschinen auch in Japan längst großer Beliebtheit erfreuen. Hierzu dienen Nadeln, die, wie bei einem Pinsel, an langen Bambusgriffen befestigt sind. Diese Technik erfordert sehr viel Übung, erlaubt aber dem Meister durch Variation in der Tiefe des Stiches Tätowierungen mit großer Präzision und Kontrolle herzustellen.

Die Inuit hingegen zogen mit Farbe getränkte Fäden oder Sehnen unter der Haut hindurch, um eine dauerhafte Zeichnung zu erhalten.

Schmutztätowierung

Klassifikation nach ICD-10
L81.8 Tätowierung
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Neben der (gewünschten) Schmucktätowierung wird auch das (unerwünschte) Eindringen von gefärbten Partikeln in das Bindegewebe der Haut in der Medizin als Tätowierung bezeichnet – als Schmutztätowierung.

Ursachen sind meist Unfälle mit Feuerwerkskörpern, Pulverschmauchverletzungen und Straßenunfälle. Aber auch beim Sturz eines Fußballspielers „auf Asche“ mit Schürfwunde können färbende Partikel unter die Haut gelangen. Metallsplitter in der Haut verursachen eine Braunfärbung (Siderose). Bei Bergleuten kommen Schmutztätowierungen mit Kohlestaub vor.

Während in den ersten 72 Stunden Schmutzpartikel noch durch Ausbürsten meist ohne kosmetische Folgen entfernt werden können, muss später meist eine Stanzexzision durchgeführt werden.

Gesundheitsgefahren

Infektionsgefahr

Eine selbstgebaute elektrische Tätowiermaschine

Beim Tätowieren müssen strenge Hygienevorschriften eingehalten werden. Diese werden nicht immer kontrolliert, deshalb ist eine gewisse Vorsicht ratsam. Es kann zu HIV-, Hepatitis- und diversen anderen Infektionen kommen. In Holland, der Schweiz und Österreich unterliegen Tätowierstudios strengen Auflagen und Kontrollen, was der allgemeinen gesundheitlichen Sicherheit in diesem Bereich sehr zuträglich war. Inzwischen werden dort die Eingriffe, Sterilisationsvorgänge, Reinigungen und Desinfektionsmaßnahmen schriftlich dokumentiert. In Österreich ist seit dem Jahr 2003 die jährliche Erbringung eines Unbedenklichkeitsnachweises durch ein akkreditiertes Institut gesetzlich vorgeschrieben. (Siehe Bundesgesetzblatt 141/ 2003)

Gesundheitsschädliche Farbstoffe

Tätowierfarbe

Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Teil der Farbstoffe aus der Dermis in andere Bereiche des Körpers fortgetragen wird. Da es, im Gegensatz zu Kosmetika, für die verwendeten Farben kaum gesetzliche Vorschriften gibt,[9] enthalten diese oft zum Beispiel Schwermetallverbindungen als Pigment. Außerdem gelten insbesondere Azo-Farben als problematisch, da sie unter Einwirkung von UV-Licht in gesundheitsschädliche Stoffe wie Azelenhydrochlorid oder verschiedene Kohlenwasserstoffe (beides Zellgifte) zerfallen. Inzwischen benutzt jeder gewissenhafte Tätowierer nur Farben, bei denen vom Hersteller ein entsprechendes Prüfzertifikat (etwa vom CTL Bielefeld) mitgeliefert wird, daher sollten die Gefahren in dieser Richtung weitgehend behoben sein.

Bei der Entfernung von Tätowierungen mittels Laser-Behandlung können aus den verwendeten Farbpigmenten, insbesondere aus den häufig verwendeten roten Farbpigmenten Pigment Red 22 und Pigment Red 9 krebserregende Substanzen, wie beispielsweise 2-Methyl-5-nitroanilin, entstehen.[10]

Entfernung

Bei der Entfernung von Tätowierungen stehen vor allem zwei Laser wegen ihrer relativ guten Ergebnisse, ihrer guten Verträglichkeit und ihres hohen Entwicklungsstandes im Vordergrund. Dies ist zum einen der gütegeschaltete Nd:YAG-Laser, der frequenzverdoppelte Nd:YAG(KTP) als auch der gütegeschaltete Rubinlaser. Entscheidend für den Behandlungserfolg ist die Wellenlänge (Farbe) des Lasers, die auf die Farbe (Wellenlängenspektrum) der Farbpigmente abgestimmt sein muss. Schwarze und dunkelblaue Tätowierungen lassen sich besonders gut mit dem Nd:YAG-Laser entfernen, wohingegen der frequenzverdoppelte Nd:YAG-Laser(KTP) für rote bis gelbliche Tattoofarben verwendet wird. Der Rubinlaser wirkt hingen auf ein etwas breiteres Spektrum an Farben, ist dabei aber nicht ganz so effektiv wie der Nd:YAG-Laser.

Bei der Entstehung einer Tätowierung werden im Heilungsprozess (bis etwa zwei Wochen nach dem Stechen) die Farbpigmente durch körpereigene Zellen – die Makrophagen – eingekapselt. Der Körper kann daher die Farbpigmente nicht mehr abbauen, die Tätowierung bleibt erhalten.

Mit dem Einsatz verschiedener Laser, lassen sich diese Makrophagen „aufbrechen“. Dies geschieht durch eine Erhitzung der eingeschlossenen Farbpigmente die durch die Lichtabsorption so stark erhitzt werden, dass sie zerbersten. Allerdings folgt dem eine erneute Einkapselung, was Wiederholungen der Lasertherapie (je nach Farbe zwischen 2 und 10 Behandlungen) erforderlich macht.

Während der Therapie lässt sich eine Verfärbung des Tattoos erkennen, das liegt an den unterschiedlichen Abbaugeschwindigkeiten der Pigmente einer Farbe. Früher wurden allerdings häufig Farbstoffe eingesetzt, die nur schwach bis gar nicht abgebaut werden können. In diesem Fall bleibt auch eine Lasertherapie nahezu wirkungslos. Hier gilt es, vorher die Behandlung an einer kleinen Stelle ausprobieren.

Ferner gibt es zum Entfernen einer Tätowierung noch weitere Methoden, zum Beispiel die Diathermie. Diese zerstört mit Hilfe von Mikrowellen umliegende Hautzellen, die beim Heilungsprozess mit den Farbpigmenten abgeschieden werden.

Die Entfernung von Tätowierungen mittels sog. Tattoocrems ist dagegen aber weiterhin höchst fragwürdig, da ein entsprechender Wirkmechanismus nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht nachgewiesen werden kann.

Eine weitere Möglichkeit liegt in der Entwicklung neuartiger mit Kunststoff ummantelter Farben, diese sollen sich beim Tätowieren und von der Haltbarkeit her genau wie die traditionellen Farben verhalten. Der Unterschied liegt einzig in der Entfernbarkeit. Während sich die traditionellen Farben in 5–10 Lasersitzungen (gut und weniger gut) entfernen lassen, verspricht die Firma eine Entfernung in einer einzigen Lasersitzung. Ursache für die gute Entfernbarkeit liegt in der Verwendung von sehr kleinen Farbpigmenten, welche normalerweise nicht in der Haut halten würden. Durch die Verkapselung von diesen kleinen Pigmenten in PMMA (Polymethylmethacrylat, medizinischer Kunststoff) wird gewährleistet, dass diese dennoch in der Haut verbleiben. Werden diese PMMA-Teilchen mit einem Laser behandelt, brechen sie auf und das Tattoo verschwindet.

Durch die Verkapselung mit PMMA kann kein Alkohol für die Herstellung der Farbe benutzt werden, da sich dieser nämlich auflösen würde. Damit scheiden die klassischen Zubereitungen für Tätowierfarben aus und es muss eine Technologie auf Wasserbasis gefunden werden. Damit ist die Farbe aber mikrobiologisch nicht stabil und erfordert zum Beispiel den Einsatz von Konservierungsmitteln, die nach der Resolution des Europarates nicht mehr eingesetzt werden sollen. Ob diese Farben dann in Brillanz, Deckkraft und Verarbeitungsqualität modernen Tätowierfarben entsprechen, wird die Praxis zeigen.

Ausbildung

Eine typische Ausbildung wie in den Handwerksberufen gibt es nicht. Will man die Kunst des Tätowieren erlernen, so sind zwei wichtige Punkte zu erfüllen: Guter Umgang mit Menschen und zeichnerische Begabung. Erfüllt man diese Voraussetzung, sucht man sich einen Tätowierer seines Vertrauens und geht bei ihm in die Lehre. Man lernt als Tätowierer nie aus, die Grundtechniken hat man aber nach 2–3 Jahren erlernt, den Rest lernt man dann im Laufe seiner Karriere. In Österreich ist eine vierteilige Prüfung vorgeschrieben, wobei der schriftliche Teil die Bereiche Dermatologie, Histologie, Anatomie, Bakteriologie und Virologie umfasst.

Beispiele

Filme

Spielfilme

Reportagen und Dokumentarfilme

Fachzeitschriften

Literatur

  • Oliver Ruts & Andrea Schuler/MemoriaPulp BilderbuchMenschen Photos 1978–52 von Herbert Hoffmann ISBN 3-929670-33-X
  • Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR): Gesundheitsgefahren durch Tätowierungen und Permanent make-up
  • Gian Paolo Barbieri: Tahiti Tattoos. Benedikt Taschen Verlag, Köln 1998, ISBN 3-8228-7852-9.
  • Mark Blackburn: Tattoos from paradies − Traditional Polynesian Patterns. Schiffer Publishing Ltd., 1999, ISBN 0-7643-0941-2.
  • Marcel Feige: Tattoo- und Piercing-Lexikon – Kult und Kultur der Körperkunst. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-541-4.
  • Marcel Feige (Hrsg.): Ein Tattoo ist für immer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2002, ISBN 3-89602-381-0.
  • Frank-Peter Finke: Tätowierungen in modernen Gesellschaften. Rasch, Osnabrück 1996, ISBN 3-930595-45-1.
  • Gabriele Hofmann: Alles über Tattoos – Von der Motivwahl bis zur fertigen Tätowierung. Arun-Verlag, Engerda 2001, ISBN 3-935581-06-8.
  • Wolf-Peter Kächelen: Tatau und Tattoo – Eine Epigraphik der Identitätskonstruktion. Shaker Verlag, Aachen 2004, ISBN 3-8322-2574-9
  • Erich Kasten: Body-Modification. 1. Auflage. Reinhardt Verlag, München 2006, ISBN 3-497018-47-3.
  • Jörg ‚Monte‘ Klein: Mana – Die Geheimnisse der marquesischen Tätowierung. House of the Poets Paderborn, Paris, 2006, ISBN 3-936706-06-9
  • Stephan Oettermann: Zeichen auf der Haut – Die Geschichte der Tätowierung in Europa. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1995, ISBN 3-434-46221-X.
  • Dirk-Boris Rödel: Alles über japanische Tätowierungen – Von der japanischen Tätowierkunst der Edo-Zeit und ihre Entwicklung bis zur Gegenwart. Arun-Verlag, Engerda 2004, ISBN 3-935581-65-3.
  • Igor Warneck, Björn Ulbrich: Tribal Tattoo − The Tribe of the Tribals. Arun-Verlag, Engerda 2000, ISBN 3-927940-62-3.
  • Karl von den Steinen: Die Marquesaner und ihre Kunst, Band 1, Tatauierung, Reimer Verlag, Berlin 1925. Als Faksimile-Reprint neu aufgelegt im Fines Mundi Verlag, Saarbrücken 2006.
  • (Direktlink zum download des Buches im pdf-Format) Kai Bammann, Heino Stöver (Hrsg.): Tätowierungen im Strafvollzug. Hafterfahrungen, die unter die Haut gehen. 2006, ISBN 3-8142-2025-0.
  • Carl Marquardt: Die Tätowierung beider Geschlechter in Samoa. Reimer Verlag, Berlin 1899. Als Faksimile-Reprint neu aufgelegt im Fines Mundi Verlag, Saarbrücken 2007.

Quellen

  1. Holger Junker: Aussagemöglichkeiten zu Tätowierungen aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Magisterarbeit, Universität Hamburg, 2008.
  2. Susanna Elm: "Pierced by Bronze Needles": Anti-Montanist charges of ritual stigmatization in their Fourth-Century context. Journal of Early Christian Studies 4/4, 1996, S. 409–439
  3. http://www.neumarkt-dresden.de/Texte/loos.html
  4. Schadensersatz und Schmerzensgeld bei Bio-Tattoo-Entfernung
  5. Auch Tattoos unterliegen der Mode - Mitteldeutsche Zeitung
  6. Schwalben - Tätowiermagazin
  7. Revenge of the Tattooed Nerds
  8. Mathias Koch, Über die älteste Bevölkerung Österreichs und Bayerns (Leipzig 1856), 34
  9. Seit dem 1. September 2005 sind Tätowierfarben in Deutschland nach dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) kosmetischen Mittel gleich gestellt, die Kosmetikverordnung gilt jedoch nicht, da diese nur für die Anwendung auf der Haut ist. Eine Tätowierverordnung wird vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorbereitet.
  10. Engel E et.al., Tätowierungspigmente im Fokus der Forschung, in Nachrichten aus der Chemie, 55/2007, S.847–851.

Siehe auch

Portal
 Portal: Body Modification – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Body Modification

Weblinks

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