Tetrodotoxin

Tetrodotoxin
Strukturformel
Strukturformel von Tetrodotoxin
Allgemeines
Name Tetrodotoxin
Summenformel C11H17N3O8
CAS-Nummer 4368-28-9
PubChem 5460547
Kurzbeschreibung

farb- und geruchloser Feststoff[1]

Eigenschaften
Molare Masse 319,27 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Löslichkeit

gering löslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
06 – Giftig oder sehr giftig

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300-310-330
EUH: keine EUH-Sätze
P: 260-​264-​280-​284-​302+350-​310Vorlage:P-Sätze/Wartung/mehr als 5 Sätze [2]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
Sehr giftig
Sehr giftig
(T+)
R- und S-Sätze R: 26/27/28-33
S: (1)-36-45
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Das Tetrodotoxin (kurz TTX, von lat. Tetraodontidae (Vierzähner), dt. Familie der Kugelfische, die das Gift einsetzen) ist ein Nervengift, bei dem es sich um ein zwitterionisches Alkaloid mit Guanidin-Teilstruktur handelt. In Aceton ist es löslich, in Wasser nur schlecht. Anhydro-TTX ist eine im molekularen Aufbau geringfügig abweichende Variante dieses Giftes.

TTX und Anhydro-TTX wurde in der Natur bei den verschiedensten Tieren gefunden. Vor allem Kugelfische, Igelfische und anderen Familien der Tetraodontiformes setzen es ein. Auch bei den Westamerikanischen Wassermolchen (Taricha sp.), den Stummelfußfröschen (Atelopus sp.), einigen Krebsen, Schnecken (z. B. Naticidae) und Seesternen wurde es entdeckt. Unter den Kraken ist auch ein Träger dieses Gifts bekannt: Hapalochlaena maculosa (Synonym: Octopus maculosus), die zu der Gattung blaugeringelter Kraken zählt. TTX ist auch unter den Namen Tarichatoxin (isoliert von Taricha sp.) und Maculotoxin (isoliert von Hapalochlaena maculosa) bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Bildung

Tetrodotoxin konnte erstmals 1950 aus Ovarien von Kugelfischen isoliert werden, wobei die Isolierungsversuche bereits seit 1909 andauerten. 1963 konnte von Kyosuke Tsuda und T. Goto erstmals die Struktur des Tetrodotoxins aufgeklärt werden. Die Biosynthese des Tetrodotoxins ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Aufgrund der enormen Vielfalt der bekannten TTX enthaltenden Organismen wird angenommen, dass die Tiere es nicht selbst bilden, sondern es durch Aufnahme aus „externen Quellen“ erhalten.

Bisher nachgewiesene Bakteriengattungen, die TTX oder Anhydro-TTX produzieren und somit als Quellen dienen könnten, sind u. a. Pseudomonas, Vibrio und Pseudoalteromonas haloplanktis (u. a. auch Alteromonas halopklanktis benannt). So wurde von der Haut des Kugelfisches Fugu poecilonotus ein Bakterium der Gattung Pseudomonas isoliert. Weitere Beispiele sind das Bakterium Vibrio fischeri, gefunden bei der Olivgrünen Steinkrabbe (Atergatis floridus) und Vibrio alginolyticus isoliert von dem Kugelfisch Fugu vermicularis vermicularis. Beide Bakterienarten produzieren TTX. Dies verstärkt die Vermutung, dass TTX von den Tieren nicht selbst produziert wird, sondern es durch Aufnahme der Bakterien oder durch eine Symbiose mit diesen Organismen erhalten.

Wirkung

Tetrodotoxin blockiert spannungsaktivierte Natriumkanäle (Nav 1.1 - Nav 1.9[3]), die auch in Neuronen vorkommen. Dadurch können keine Aktionspotentiale mehr ausgelöst werden. Das heißt, jegliche Nerven- und Muskelerregung ist unterbunden. Die Folge sind motorische und sensible Lähmungen. Tetrodotoxin zählt zu den stärksten Nicht-Protein-Giften und wird hinsichtlich seiner Toxizität nur von wenigen anderen Giften wie beispielsweise Maitotoxin übertroffen. Die tödliche Dosis von Tetrodotoxin beträgt etwa 10 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Die Symptome der Vergiftung nach einer Aufnahme des Giftes (etwa beim Verzehr des Fugus) beginnen innerhalb einer recht kurzen Zeit von etwa 45 Minuten. Der Patient zeigt diverse Lähmungserscheinungen, darunter die Lähmung der Skelettmuskulatur und somit auch der Atemmuskulatur, des Weiteren fallen Koordinations- und Wahrnehmungsprobleme auf. Eine Beatmung und die orale Gabe medizinischer Kohle kann helfen. Wenn der Patient die ersten 24 Stunden nach Aufnahme des Giftes überlebt, sind die Prognosen sehr gut.

Beispiel: Bei Konsum der letalen Dosis von 0,5 bis 1 Milligramm auf oralem Wege tritt die tödliche Wirkung erst nach einem gewissen Zeitraum ein, so dass eine Rettung der Opfer meist noch möglich ist. Wird das Gift jedoch intravenös injiziert, so wird in Folge schneller Ausbreitung das gesamte Nervensystem lahmgelegt und der Betroffene erliegt nach kurzer Zeit einer Atemlähmung.

Nutzung durch den Menschen

Da Tetrodotoxin in sehr geringen Mengen eine schmerzlindernde Wirkung zeigt, wird es auch für den Einsatz in Krebstherapien in Betracht gezogen. Des Weiteren ist es das Gegengift zu dem alkaloiden Toxin Batrachotoxin der Pfeilgiftfrösche.

In der biologischen und neurologischen Forschung wird TTX verwendet, um im Experiment selektiv Natriumkanäle zu blockieren.

Einzelnachweise

  1. a b c Datenblatt Tetrodotoxin bei Carl Roth, abgerufen am 17. Januar 2008.
  2. a b Datenblatt Tetrodotoxin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 24. April 2011.
  3. Physiologie Von Rainer Klinke, Stefan Silbernagl, 6.Auflage, S.66bei googlebooks

Literatur

  • Kyosuke Tsuda: Tetrodotoxin, Giftstoff der Bowlfische, Naturwissenschaften (Januar, 1966), 53 (7), S. 171–176.
  • Gerhard G. Habermehl, Hans Chr. Krebs: Gifttiere und ihre Waffen, Naturwissenschaften (August, 1986), 73 (2), S. 459–470.
  • D. F. Hwang, O. Arakawa, T. Saito, T. Noguchi, U. Simidu, K. Tsukamoto, Y. Shida, K. Hashimoto: Tetrodotoxin-producing bacteria from the blue-ringed octopus Octopus maculosus, Marine Biology, 1989, 100 (39), S. 327–332.
  • Hwang, D.F., Tai, K.P., Chueh, C.H., Lin, L.C. Jeng, S.S.: Tetrodotoxin and derivatives in several species of the gastropod Naticidae, in: Toxicon, 1991, 29 (8), S. 1019–1024.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • tetrodotoxin — [te΄trə dō täk′sin] n. [< ModL Tetrodon, a genus of fishes (short for tetraodon < tetra ,TETRA + Gr odōn,TOOTH) + TOXIN] an extremely poisonous neurotoxin, C11H17N3O8, found in the puffer fishes and a genus ( Taricha) of newts, that blocks… …   English World dictionary

  • Tetrodotoxin — Chembox new ImageFile=Tetrodotoxin 2D skeletal.png ImageSize= ImageFile2=Tetrodotoxin 3D balls.png IUPACName=Octahydro 12 (hydroxymethyl) 2 imino 5,9:7,10a dimethano 10aH [1,3] dioxocino [6,5 d] pyrimidine 4,7,10,11,12 pentol… …   Wikipedia

  • tetrodotoxin — blowfish low fish n. 1. a fish eaten as a delicacy, especially in Japan. It is highly dangerous because of a potent nerve poison (tetrodotoxin) in its ovaries and liver. Chefs require special training to learn how to remove the poisonous parts,… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • tetrodotoxin — Puffer Puff er, n. 1. One who puffs; one who praises with noisy or extravagant commendation. [1913 Webster] 2. One who is employed by the owner or seller of goods sold at suction to bid up the price; a by bidder. Bouvier. [1913 Webster] 3. (Zo[… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • tetrodotoxin — Toxin Tox in, Toxine Tox ine, n. [Gr. toxiko n. See {Toxic}. ] A poisonous product formed by an organism, such as a pathogenic bacterium, a plant or an animal, usually having a high molecular weight, often a protein or a polysaccharide, but… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Tetrodotoxin — Te|t|ro|do|to|xin [nlat. Tetraodontidae = Kugelfische (griech. odoús, Gen.: odóntos = Zahn); ↑ Toxin] von Bakterien in Fischen, Mollusken, Amphibien etc. produziertes äußerst giftiges tetracycl. Alkaloid, das über die Nahrungskette eingeschleppt… …   Universal-Lexikon

  • tetrodotoxin — noun Etymology: International Scientific Vocabulary tetrodo (from New Latin Tetrodon, genus of tropical marine fishes) + toxin Date: 1911 a neurotoxin C11H17N3O8 found especially in puffer fish that blocks nerve conduction by suppressing… …   New Collegiate Dictionary

  • tetrodotoxin — the poison found in tetrodotoxic fishes; also called spheroidine, fugu toxin, or puffer poison (anhydrotetrodotoxin 4 epitetrodotoxin or tetrodonic acid). The empirical molecular formula is (C11 H17 N3 O8 HBr), a complex molecule. It is among the …   Dictionary of ichthyology

  • tetrodotoxin — A potent neurotoxin (319 D) from the Japanese puffer fish. It binds to the sodium channel, blocking the passage of action potentials. Its activity closely resembles that of saxitoxin …   Dictionary of molecular biology

  • tetrodotoxin — /te troh deuh tok sin/, n. Pharm. a neurotoxin, C11H17N3O3, occurring in a species of puffer fish: ingestion of the toxin is usually rapidly fatal due to heart failure or asphyxiation; used experimentally to block impulse conduction potential in… …   Universalium

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”