Tribüne (Theater)

Tribüne (Theater)
Eingang der Tribüne, Februar 2009

Die Tribüne ist ein Berliner Theater an der Otto-Suhr-Allee in der Nähe des Ernst-Reuter-Platzes, das zwischen 1919 und 2008 existierte und ab September 2009 erneut betrieben wird.

Es gehört zu den ältesten bestehenden Berliner Privatbühnen. Der Theatersaal der Tribüne war ursprünglich die Aula eines 1915 von der Architektin Emilie Winkelmann erbauten Mädchengymnasiums und hatte zuletzt rund 300 Plätze.

Seit Ende 2006 verwendete das Theater zur Eigenbezeichnung die Schreibweise tribuene.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gegründet wurde die Tribüne im September 1919 als politisch-expressionistisches Theater. Sie wurde mit den Stücken Der Retter und Die Entscheidung, beide von Walter Hasenclever, eröffnet. Größere Aufmerksamkeit erreichte die Spielstätte mit der Uraufführung von Ernst Tollers Die Wandlung, in der Fritz Kortner in der Hauptrolle zu sehen war. Sie fand am 30. September 1919 unter der Regie von Karlheinz Martin statt. Zu dieser frühen Zeit standen auch Autorenlesungen von Else Lasker-Schüler und Stefan Zweig auf dem Spielplan. Dadaisten wie Raoul Hausmann, George Grosz, Richard Hülsenbeck, Walter Mehring und John Heartfield zelebrierten ihre Publikumsbeschimpfungen. Im Dezember 1919 übernahm Eugen Robert das Theater. In der Folge umfasste das Repertoire neben ernster Theaterliteratur mehr unterhaltende Stücke.

1920 bis 1945

In den 1920er Jahren traten Schauspieler wie Paul Wegener, Marlene Dietrich, Adele Sandrock, Tilla Durieux sowie Heinrich George an der Tribüne auf. Neben anderen Regisseuren inszenierten Erwin Piscator und Jürgen Fehling. Nach Eugen Roberts Flucht nach London setzten die Leiter fortan auf reines Unterhaltungstheater, so auch mit Rudolf Platte in der Spielzeit 1936/1937.

Zwischen 1938 und 1945 war die Tribüne mehrmals geschlossen, es gab keinen geregelten Spielbetrieb. In den letzten Kriegsjahren wurde die Bühne vom Deutschen Theater genutzt.

Wiedereröffnung 1945

Am 1. Juni 1945 wurde die Tribüne als erstes Berliner Theater nach dem Zweiten Weltkrieg von Viktor de Kowa wiedereröffnet. Gezeigt wurde ein Kleinkunstprogramm in der Conférence von Hildegard Knef. Das Publikum bezahlte auch mit Naturalien wie Lebensmitteln, Briketts, Zigaretten oder Strümpfen. Später feierten auch Horst Buchholz, Wolfgang Kieling, Käthe Haack, Wolfgang Spier, Edith Hancke, Peter Thom und Klaus Sonnenschein, der 1972 zudem die Leitung des Theaters übernahm, große Erfolge. Seit den 1970er Jahren stellten die politisch-literarischen Programme von Rainer Behrend, etwa die mit dem Kritikerpreis ausgezeichnete Revue Die verbrannten Dichter, ein besonderes Genre dar. Gesellschaftskritische Komödien bildeten einen weiteren Schwerpunkt. Aber auch Klassiker von Kleist bis Shakespeare und die Klassiker der Moderne wurden gespielt. Mit diesem Programm prägten die späteren Intendanten Ingrid Keller und Rainer Behrend bis zu ihrem Ruhestand 2006 das Profil der Tribüne. Die Leitung übernahmen anschließend Corinna und Thomas Trempnau, als künstlerischen Leiter engagierten sie den inzwischen verstorbenen Regisseur Helmut Palitsch, der die Tribüne nach einem halben Jahr wieder verließ.

2006 bis 2008

Die letzten Produktionen machten das Spektrum an Inhalten und Theaterformen deutlich:

Daneben bot die kleine Bühne der Tribüne, der blaue raum, eine Vielzahl von Lesungen, Monologen und musikalischen Veranstaltungen.

Bestandsgefährdung und Schließung 2008

Seit den 1970er Jahren erhielt das Theater öffentliche Zuwendungen. Zuletzt wurden für 2007 und 2008 jeweils 600.000 Euro aus dem Etat des Landes Berlin gewährt. Ein Antrag auf Fortsetzung dieser Förderung für die Jahre 2009 und 2010 wurde vom Berliner Senat abgelehnt, sodass ein weiterer Theaterbetrieb nicht mehr möglich war.

Sowohl die Leitung als auch mehrere Mitarbeiter setzten sich für einen Erhalt des Theaters ein. Die Leitung warf der urteilenden Jury vor, die Entwicklung der Tribüne in den letzten Jahren nach einem Generationswechsel nicht ausreichend gewürdigt zu haben. Mit einer letzten Aufführung des Boxermusicals Der Kampf des Jahrhunderts wurde das Theater am 31. Dezember 2008 geschlossen.

Wiederaufnahme des Betriebs 2009

Der Regisseur und Autor Gunnar Dreßler, der in Hamburg bereits das Theater in der Basilika leitet, übernahm die Tribüne zum 1. August 2009. Wenige Wochen später – zeitgleich zum 90. Geburtstag der Tribüne am 20. September – wurde der Spielbetrieb mit der Uraufführung des Stückes Der letzte macht das Licht aus wieder aufgenommen.[1] Eine öffentliche Förderung ist nicht vorgesehen – abgesehen davon, dass der Berliner Senat auf ausstehende Mietzahlungen bis Ende 2009 verzichtete. Am 16. Oktober 2009 hatte das Stück Keinohrhasen nach dem gleichnamigen Kinofilm von Til Schweiger und Anika Decker Premiere.

Dreßlers Programm für die Tribüne ist ein - der Tradition des Hauses Rechnung tragendes – modernes Sprechtheater. Ein besonderer Akzent liegt auf Uraufführungen, eigens für die Tribüne geschriebenen Stücken und Adaptionen von Filmen und Romanen, die konkrete gesellschaftliche und politische Themen aufgreifen.

In der Spielzeit 2011/2012 musste das Theater seinen Spielbetrieb erneut einstellen. Der bisherige Vermieter hat von seinem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht, da das Gebäude verkauft werden soll. Sofern man mit dem neuen Eigentümer Verhandlungen aufnehmen und sich hinsichtlich der weiteren Gebäudenutzung einigen kann, soll der Spielbetrieb dann fortgesetzt werden.[2]

Auszeichnungen

Weblinks

 Commons: Tribüne (Berlin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Tribüne nimmt Spielbetrieb wieder auf. Abgerufen am 17. Juli 2009. berlin-aktuell.de, 17. Juli 2009
  2. Info der Tribüne
52.5142113.318595

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