Trockenmauer

Trockenmauer
Alter Römerweg zwischen zwei Trockenmauern

Trockenmauerwerk ist Mauerwerk, das aus Natursteinen ohne Zuhilfenahme von Mörtel gefügt wird. Es wird heute vor allem im Landschaftsbau verwandt, hatte aber in der Baugeschichte verschiedene Anwendungsbereiche:

  • Als Mauer: Eine Trockenmauer, in Österreich auch Klaubsteinmauer genannt, ist eine Mauer, die aus Trockenmauerwerk gefügt ist. Trockenmauern werden fast ausschließlich im Freien errichtet, meist aus plattigem Sedimentgestein. Als Acker- und Weideeinfassung werden sie in Südeuropa, Irland, Wales sowie der Schweiz und in Österreich genutzt.
  • Bei Gebäuden: Vor Allem in prähistorischer Zeit wurde Trockenmauerwerk beim Bau von Gebäuden benutzt. Siehe dazu: Bienenkorbhütte, Broch (Turm), Nuraghe, Talayot, Tanca-Mauer
  • Im Brunnenbau: Trockenmauerwerk spielte bei klassischen Rundbrunnen lange eine entscheidende Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Trockenmauern

Bedeutung für den Weinbau

Fachgerechte Sanierung von Syenit-Trockenmauern im Radebeuler Johannisberg

Trockenmauern werden oft in Weinbergen an besonders steilen Hangabschnitten errichtet, wo sie einen nachhaltigen und ökologischen Weinbau unterstützen. Vorwiegend in Größe und Form unregelmäßige Lesesteine aus der Umgebung bilden das Trockenmauerwerk, das sich tagsüber besonders durch die kurzwellige direkte Sonneneinstrahlung aufheizt. Die Trockenmauer strahlt am Abend bis in die Nacht die gespeicherte Wärme im langwelligen Bereich wieder an die bodennahe Luftschicht ab und mindert so die nächtliche Auskühlung der Weinbergflächen. Der Tagesgang der Lufttemperatur wird in Weinbaugebieten mit Trockenmauern ausgeglichen und ein Steillagenweinbau auch an exponierten Hangabschnitten ermöglicht. Der thermische Wirkungsgrad einer Trockenmauer kann optimal ausgenutzt werden, wenn die Rebstöcke rautenförmig in hangparallelen Holzzeilen mit Stickeln angeordnet und die Gassen zwischen diesen möglichst schmal sind. Weite Stockabstände und talwärtsgerichte Gassen begünstigen dagegen die rasche Auskühlung und mindern den Ertrag.

Trockenmauer in aufgegebenem Weinberg, mit typischer Vegetation
Trockenmauer eines Weinbergs in Nutzung, mit typischer Vegetation

In den Fugen des Trockenmauerwerks findet man besondere Pflanzengesellschaften, die sich an extreme Standortbedingungen angepasst haben. Je nach Gesteinsart und Exposition lassen sich standorttypische Zeigerpflanzen einer Trockenmauer unterscheiden. Maßgebend ist auch, in welcher Vegetationszone und Höhenstufe sich die Trockenmauer einer Weinlage befindet und vor allem, welches Standortklima kleinräumig vorherrscht. In Süddeutschland sind u.a. die kalkverträglichen Blaukissen, Dickblattgewächse wie Hauswurze, Dunkler Mauerpfeffer und Fetthennen typisch für Trockenmauern an Südhängen. Kalkmeidende Gattungen der Streifenfarngewächsen mit einem geringeren Lichtkompensationspunkt wie der Braunstieligen Streifenfarn und die Mauerraute findet man dagegen häufiger an feuchteren Trockenmauern im Halbschatten bzw. an Westhängen. Trockenmauern stellen somit nicht nur wichtige Biotope für zahlreiche Pflanzen und Tiere dar, sondern sie tragen indirekt auch zu einem höheren Mostgewicht der Weintrauben der Kulturpflanze Weinrebe bei.

Gleichzeitig unterstützen Trockenmauern den Bodenschutz, indem sie den Bodenabtrag durch die Erosionswirkung des Wassers vermindern. Der Niederschlag versickert langsam im Bodenraum hinter der Trockenmauer, so dass das Wurzelwerk der Rebstöcke das Bodenwasser allmählich aufnehmen kann, und der Oberflächenabfluss reduzert wird. Da das Mauerwerk der Trockenmauer nicht verfugt ist, kann das Wasser bei anhaltendem Niederschlag, der zu einer Sättigung der Speicherkapazitäts des Boderaums führt, zwischen den Lesesteinen austreten, ohne Druck auf das Gemäuer auszuüben. Die Trockenmauer hat sich in den terrassierten Weinbergen wegen ihrer Wasserdurchlässigkeit als stabiler erwiesen denn mit Mörtel verfugtes Mauerwerk. Eine handwerklich gut gebaute Trockenmauer kann 100 Jahre und mehr überdauern. Durch die Verringerung der Hangneigung wird außerdem die traditionelle Weinlese mit der Hand wesentlich erleichtert. Viele Trockenmauern in brachgefallenen Weinbergen sind heute dem Verfall preisgegeben oder verbuschen, so dass eine standorttypische Klimaxvegetation entsteht. In zahlreichen Gegenden hat ein solcher Kulturlandschaftswandel bereits stattgefunden, und man findet Trockenmauern ehemals offener Landschaften nunmehr zerfallen in Wäldern bzw. in Forsten. Da Trockenmauern nicht mit der zunehmenden Mechanisierung im Weinbau vereinbar sind, findet man sie nur noch in historisch gewachsenen und nicht flurbereinigten Weinlagen. Für die Erhaltung und den Wiederaufbau von Trockenmauern gewährt der Staat jedoch finanzielle Zuschüsse an die Winzer.

Ökologischer Nutzen

Sie bietet einen wertvollen Lebensraum für verschiedene wärmeliebende Pflanzen- und Tierarten, beispielsweise für Eidechsen, Erdkröten, Wildbienen und Laufkäfer. Ein wichtiges Ziel des Naturschutzes ist es daher, die Trockenmauern in einer traditionell gewachsenen Landschaft zu erhalten. Besonders durch Maßnahmen der Flurbereinigung, die oft eine Neugestaltung ganzer Feldfluren bedeuten, gehen viele Trockenmauern verloren. Als Ausgleich werden zuweilen Gabionen gebaut, die aber nach Ansicht mancher Experten aus naturschützerischer Sicht kein gleichwertiger Ersatz für Trockenmauern sind.

Lokale Typen

Die Anlage von Trockenmauern

Fachkundig geschichtete Trockenmauer aus Sandsteinquadern
Fachgerechte Trockenmauer mit Rundbogen
Beispiel einer nicht fachgerecht restaurierten Trockenmauer
Beispiel einer nicht fachgerecht verfugten Trockenmauer mit Rundbogen

Zur Anlage einer Trockenmauer ist nicht nur handwerkliches Geschick, sondern es sind sehr gute geoökologische Kenntnisse des Naturraums erforderlich, wenn die Mauer über eine lange Zeit einen sicheren Stand und einen hohen ökologischen Nutzen haben soll. Die wohl schwierigste Aufgabe besteht darin, einen optimalen Standort für die Mauer im Hang zu finden. Maßgebend sind häufig Besitz- und Eigentumsverhältnisse sowie die landwirtschaftliche Nutzung. Stehen diese wirtschaftlichen Faktoren einem aus ökolgischen Gründen zu bevorzugenden Standort entgegen, muss eine Kompromisslösung gefunden werden. Wichtige ökologische Faktoren für die Standortsuche, die Standortwahl und die Errichtung einer Trockenmauer sind:

Soll eine Trockenmauer neu errichtet werden, muss zunächst hinterfragt werden, ob sie in das historisch gewachsene Bild einer Landschaft passt. Trockenmauern sollten möglichst harmonisch in bestehende Landschaftsstrukturen eingefügt und so Teil eines Biotopverbunds werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Trockenmauern in Gestalt und Form regional sehr variieren. Vor der Errichtung sollten deshalb bestehende Trockenmauern in näherer Umgebung aufgesucht und geprüft werden, ob diese bei der Errichtung als Vorlage dienen können. Grundsätzlich sind für Trockenmauern nur Natursteine zu verwenden, die örtlich vorkommen. Am besten eignen sich Lesesteine aus dem Umfeld. Aus der natürlichen Anzahl bestimmt sich dann im Wesentlichen die Größe und auch der Verlauf der Trockenmauer. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Trockenmauern über Jahrzehnte wachsen und weitere Gesteinslagen allmählich aufgeschichtet werden können, wenn z.B. durch das Pflügen Steine an die Oberfläche geholt werden. Dies sollte auch vorausschauend bei der Standortwahl berücksichtigt und entschieden werden, ob eine Lage im Oberhang, im Mittelhang oder im Unterhang geeignet ist. Eine Mauer in Hangabschnitten mit einem konvexen Verlauf der Isohypsen wird i.d.R. einen geringeren Wasserzufluss haben als Mauern, die in einem eher muldenförmigen, konkaven Hangbereich errichtet werden. Ist der Hangbereich einförmig und nicht selbst reliefiert, bietet sich eine parallele oder senkrechte Ausrichtung der Mauer zum Verlauf der Isohypsen an. In Weinbergen findet man solche linearen Mauern längs der Steigen und der Staffeln, die den Weinberg erschließen.

Je nach Größe und Mächtigkeit der Trockenmauer ist es im Gegensatz zu einem Lesesteinhaufen erforderlich, ein Fundament aus Schotter oder Schutt anzulegen. Aufgrund der Stützfunktion, die die Mauer entfalten soll, kann es erforderlich sein, dass ein Steinmetz die Natursteine nachbearbeitet. Größere Gesteinsquader bilden den Sockel der Mauer. Die folgenden Reihen werden im Versatz gelegt, so dass keine vertikal durchgehenden Fugen entstehen. Die Mächtigkeit der Steine nimmt mit der Höhe des Gemäuers ab. Die Trockenmauer wird in einem Winkel von ca. 80° (Grad) lose geschichtet. Mörtel wird nicht verwendet, da zum einen Pflanzen die Fugen der Mauern besiedeln sollen, und zum anderen Wasser die Möglichkeit haben soll, aus dem Mauerwerk zu treten. Werden die Fugen einer Trockenmauer mit Mörtel verfugt, staut sich hinter den Trockenmauer das Wasser im Boden. Die daraus resultierende Gewichtszunahme pro Kubikmeter Boden lastet dann auf dem Mauerwerk und verursacht eine weitere Instabilität. Besonders nachteilig wirkt sich im Weinbau die lineare tälwärtige Ausrichtung der Rebstöcke in der Drahtrahmenerziehung aus. Aufgrund der weiten Stockabstände flurbereinigter Weinlagen und der daraus resultierenden breiten Lesegassen ist der Hangbereich nicht so gut durchwurzelt wie bei der Anlage einer traditionellen Rebfläche in Rautenform. Das Wasser fließt zwischen den Reben im Drahtbau hangabwärts, ohne von dem Wurzelwerk der Pflanzen aufgenommen werden zu können. Hierdurch wird der Erddruck auf die Trockenmauer am Ende einer Drahtzeile weiter verstärkt und die Mauer gibt unter der Last nach. Eine verfugte Mauer leitet das Wasser und damit die Last auf Abschnitte einer nicht verfugten Trockenmauer und fördert damit deren Instabilität.

Wenn eine Trockenmauer restauriert werden muss, sollte der eingestürzte Bereich fachmännisch abgemauert werden. Hierbei ist auch zu prüfen, weshalb die Mauer eingestürzt ist. Ursache kann die falsche Anlage der Weinreben in einem talwärts gerichteten Spalier sein, eine mangelhafte Baustatik oder erhöhte Niederschlagsmengen in kurzen Zeitabständen. Durch das Eigengewicht von Traubenvollerntern wird die Standsicherheit einer Trockenmauer weiter gefährdet. An westexponierten Hängen mit mehr Niederschlag kann eine größere Lastverteilung durch einen geringeren Abstand zwischen den Trockenmauern Abhilfe schaffen. Die eingestürzten Abschnitte sind wieder lose ohne Mörtel aufzuschichten.

Literatur

  • Martin Haberer: Steingärten und Trockenmauern. (= Kosmos-Gartenbibliothek). Kosmos, Stuttgart 2001, ISBN 3-440-08873-1
  • Richard Tufnell, Marianne Hassenstein, Alain Ducommun, Frank Rumpe: Trockenmauern. Anleitung für den Bau und die Reparatur. Hrsg. v. d. Stiftung UmweltEinsatz Schweiz. 8. Auflage. Haupt, Bern u. a. 2006, ISBN 3-258-06385-0
  • Sofie Meys: Lebensraum Trockenmauer. Bauanleitung, Gestaltung, Naturschutz. Pala-Verlag, Darmstadt, 1. Aufl., 2008, ISBN 978-3-89566-249-2

Weblinks

Trockenmauern:


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