Trude Simonsohn

Trude Simonsohn

Trude Simonsohn (* 25. März 1921 in Olmütz, Mähren) ist eine überlebende jüdische Auschwitzgefangene und Sozialarbeiterin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Trude Simonsohn, geborene Gutmann, wuchs zweisprachig in einem liberalen Elternhaus auf. Sie besuchte in ihrer Heimatstadt eine tschechische Grundschule und das deutsches Gymnasium. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im Zuge der Annexion Tschechiens und dessen spätere Umwandlung in das Protektorat Böhmen und Mähren wurde ihr als Jüdin eine Berufsausbildung verweigert. Ihr Vater wurde bereits 1939 verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt und danach im KZ Dachau ermordet. Ihre Mutter wurde später im KZ Auschwitz ermordet. 1942 geriet sie, nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich, selber wegen angeblichem Hochverrat und illegaler kommunistischer Tätigkeit in Haft. Sie hatte zionistische Jugendarbeit geleistet und tschechischen und deutschen Juden zur Ausreise nach Palästina verholfen. Nach mehreren Monaten Einzelhaft wurde sie in das Ghetto Theresienstadt gebracht, wo sie den jüdischen Sozialpädagogen und Juristen Berthold Simonsohn kennenlernte, den sie kurz vor der bevorstehenden Deportation nach Auschwitz rituell heiratete (die standesamtliche Trauung folgte 1949). Am 9. Mai 1945 wurde sie durch die Rote Armee im KZ Merzdorf, einem Außenlager des Konzentrationslagers Groß-Rosen, befreit. Ihr Mann überlebte im KZ-Außenlager Kaufering, einer Außenstelle des KZ Dachau.

Nach dem Krieg arbeitete das Ehepaar Simonsohn für die jüdische Flüchtlingshilfe in der Schweiz. Nach einer Ausbildung zur Krankenpflegerin behandelte sie in einem Sanatorium in Davos Mitglieder der zionistischen Jugendbewegung, die in den Lagern an Tuberkulose erkrankt waren. Ab 1948 widmete sie sich in Zürich der Betreuung traumatisierter Kinder und Jugendlicher, die durch den Holocaust zu Waisen geworden waren. 1950 zog das Ehepaar zunächst nach Hamburg und 1955 nach Frankfurt am Main, wo Trude Simonsohn in der Jüdischen Gemeinde die Stelle für Sozialarbeit und die Erziehungsberatungsstelle übernahm. Von 1989 bis 1992 war sie Gemeinderatsvorsitzende.

Seit über 25 Jahren berichtet sie regelmäßig als Zeitzeugin (gemeinsam mit Irmgard Heydorn) über ihre Erlebnisse im „Dritten Reich“ an Schulen und in Vereinen und Institutionen. Der Filmemacher Peter de Leuw drehte mit Kameramann Martin Böttner ein Film über ihr Leben: Trude Simonsohn. Ein Leben mit tiefen Abgründen.[1] 1993 erhielt sie die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt am Main. 1996 wurde Simonsohn mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen ausgezeichnet.[2] 2010 erhielt sie den Ignatz-Bubis-Preis für Verständigung.

Literatur

  • Trude Simonsohn: Trude Simonsohn erzählt aus ihrem Leben, Aktives Museum Spiegelgasse für Deutsch-Jüdische-Geschichte, 2008, ISBN 978-3-9412-8900-0 (Audio-CD)
  • Susann Heenen-Wolff (Hrsg.), Im Haus des Henkers. Gespräche in Deutschland, Dvorah/ Alibaba, Frankfurt am Main, 1992
  • Ingrid Wiltmann (Hrsg.), Jüdisches Leben in Deutschland – Siebzehn Gespräche, Suhrkamp, 1999, ISBN 3-51839509-2
  • Wilma Aden-Grossmann: Berthold Simonsohn: Biographie des jüdischen Sozialpädagogen und Juristen (1912-1978), Campus Verlag, 2007, ISBN 978-3-59338340-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. HR-Online Das Leben der Trude Simonsohn
  2. Internetseite der Hessische Staatskanzlei

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