Baron Dacre of Glanton

Baron Dacre of Glanton

Hugh Redwald Trevor-Roper, seit 1979 Baron Dacre of Glanton (* 15. Januar 1914 in Glanton; † 26. Januar 2003 in Oxford, Großbritannien) war ein britischer Historiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Trevor-Roper war Sohn eines Mediziners und studierte an der University of Oxford Klassische Altertumswissenschaft und Neue Geschichte. Als Student mehrfach ausgezeichnet, veröffentlichte er 1940 sein erstes Buch zur britischen Geschichte in der Frühen Neuzeit,[1] seinem ersten Spezialgebiet.

Trevor-Ropers zweites Spezialgebiet entwickelte sich, als er 1945 als Nachrichtenoffizier für den britischen Militärnachrichtendienst zum Verbleib Hitlers recherchierte und bald darauf sein erfolgreichstes Buch veröffentlichte – Hitlers letzte Tage[2] – das bis ins 21. Jahrhundert in zahlreichen Auflagen erschienen ist und rasch in mehrere Sprachen übersetzt wurde.[3] Obwohl die sowjetischen Informationen um Hitlers Tod geheim gehalten wurden, gilt Trevor-Ropers Darstellung bis heute nicht als überholt, wenn auch in Einzelaspekten neue Erkenntnisse vorliegen.[4]

Ab 1957 war Trevor-Roper 33 Jahre lang Königlicher Professor (Regius Professor of Modern History) in Oxford und wurde 1979 zu einem Life Peer als Baron Dacre of Glanton, of Glanton im County of Northumberland erhoben. Trotz seines Ansehens und seiner Verdienste war er in Großbritannien umstritten, besonders bei jüngeren Historikern, die seine streng eurozentrische Sichtweise kritisierten. So hatte Trevor-Roper immer wieder, unter anderem auch in einer BBC-Sendung, geleugnet, dass Schwarzafrika eine eigenständige Geschichte vor der Ankunft der Europäer besessen habe.

Eines von Trevor-Ropers erfolgreichsten Büchern war seine 1976 erschienene Biographie des Sinologen Edmund Backhouse, der lange als einer der weltweit führenden Chinaexperten gegolten hat. In seiner Biographie deckte Trevor-Roper die Lebensgeschichte von Backhouse auf und entlarvte praktisch dessen gesamte Gelehrsamkeit als Schwindel. Dieser Fall wurde von der westlichen Sinologie bislang nicht neu aufgewickelt.[5]

1983 erlebte Trevor-Roper seinen größten Skandal im Zusammenhang mit den im „Stern“ veröffentlichten „Hitler-Tagebüchern“, Falsifikaten des Fälschers Konrad Kujau. Trotz eingeschränkter Kenntnisse der deutschen Sprache und nach einer nur oberflächlichen Inspektion der „Tagebücher“ befand er sie – wie andere Experten auch – „99,5 Prozent“ für echt.

Schriften

  • Archbishop Laud, 1573–1645. Macmillan, London 1940.
  • The Last Days of Hitler. 1. Auflage, Macmillan, London/New York 1947.[6]
  • The Gentry. 1540–1640. Cambridge University Press, London [u. a.] [1953].
  • George Buchanan and the Ancient Scottish Constitution. Longmans, London 1966.
  • Religion, the Reformation and Social Change. And Other Essays. Macmillan, London [u. a.] 1967.[7]
  • The European Witch-Craze of the 16th and 17th Centuries. Penguin Books, Harmondsworth 1969.
  • Hermit of Peking. The Hidden Life of Sir Edmund Backhouse. Knopf, New York 1977, ISBN 0-394-41104-8.[8]

Literatur

  • Edward D. R. Harrison: Hugh Trevor-Roper und „Hitlers letzte Tage“. In: VfZ 57, 2009, Heft 1, S. 33–60.
  • P. R. J. Winter: A Higher Form of Intelligence. Hugh Trevor-Roper and Wartime British Secret Service. In: Intelligence and National Security 22, 2007, No. 6, S. 847–880.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hugh R. Trevor-Roper: Archbishop Laud, 1573–1645. Macmillan, London 1940.
  2. Hugh Redwald Trevor-Roper: The Last Days of Hitler. 1. Auflage, Macmillan, London/New York 1947.
  3. Zum Beispiel ins Deutsche, Französische, Serbokroatische und Polnische:
    Hugh Redwald Trevor-Roper: Hitlers letzte Tage. Übersetzt von R. J. Sattler und Georg Nitsche. 1. Auflage, Spiegel-Verlag, [Hamburg] 1947.
    Hugh Redwald Trevor-Roper: Les derniers jours de Hitler. Calmann-Lévy, Paris 1947.
    Hugh Redwald Trevor-Roper: Posljednji dani Hitlera. Državno Izd. Poduzeće Hrvatske, Zagreb 1951.
    Hugh Redwald Trevor-Roper: Ostatnie dni Hitlera. Wyd. poznan, [Warszawa] 1960.
  4. Vgl. Edward D. R. Harrison: Hugh Trevor-Roper und „Hitlers letzte Tage“. In: VfZ 57, 2009, Heft 1, S. 33–60. Abstract: „Obwohl Trevor-Roper Raschnings Gesprächen mit Hitler zuviel Vertrauen schenkte und gegenüber Speer zu nachgiebig war, ist sein Verständnis des Nazismus und dessen Anführer in den meisten anderen Punkten tiefgründig und seine Darstellung von Hitlers Tod weitgehend korrekt.“
  5. Vgl. Sir Edmund Backhouse, 2nd Baronet in der englischsprachigen Wikipedia.
  6. Deutsch zuletzt: Hitlers letzte Tage. Übersetzt von Joseph Kalmer und Gisela Breiting-Wolfsholz. Ullstein, Frankfurt am Main [u. a.] 1995, ISBN 3-548-33192-0.
  7. Auch als: The Crisis of the Seventeenth Century. Religion, the Reformation and Social Change. Harper, Row, New York 1968.
  8. Zuerst als: A Hidden Life. The Enigma of Sir Edmund Backhouse. Macmillan, London 1976.

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