Tsleil'wau-tuth

Tsleil'wau-tuth
Wohngebiet
Traditionelles Stammesgebiet der Burrard und das heutige Reservat (orange).
Systematik
Kulturareal: Nordwestküste
Sprachfamilie: Salish-Sprachen
Sprache: Hul’qumi’num
Stammesgruppe: Küsten-Salish
Stamm, Volk: Burrard
Synonyme
Tseil-Waututh Nation

Die Burrard oder Tsleil-Waututh Nation sind eine kanadische First Nation, die am Burrard Inlet lebt, der Vancouver von North und West Vancouver trennt. Sie gehören zur Sprachfamilie des Salish und sprechen den Hul’qumi’num-Dialekt der Küsten-Salish. Ihr traditionelles Gebiet umfasste über 1.900 km². Der Stamm hatte im August 2008 genau 444 Mitglieder, davon lebten 174 außerhalb des Reservats, 230 innerhalb und 40 weitere in anderen Reservaten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Kultur

Die mündlich überlieferte Geschichte der Tseil-Waututh berichtet von über 10.000 Personen vor dem Kontakt mit Europäern. Die „saisonale Runde“ bestand aus einem umfassenden Zyklus, der sich aus Nahrungsammeln, Jagen und spirituellen und kulturellen Aktivitäten zusammensetzte und den Kern der Tsleil-Waututh-Kultur bildete.

Im Winter versammelten sich die Gemeindemitglieder in großen Dörfern, die gewöhnlich an geschützten Buchten lagen. Die Häuser hatten Dachgiebel, waren bis zu 30 m lang und in individuelle Familienabschnitte eingeteilt. Im Winter ernährten sich die Leute größtenteils von getrockneten und gelagerten Lebensmitteln, die während des übrigen Jahres gesammelt und verarbeitet wurden. Die winterlichen Aktivitäten bestanden aus Holzschnitzereien, Deckenweben aus der Wolle der Bergziegen und aus Zeremonien.

Im späten Frühjahr verteilten sich die Familien in Lager auf praktisch allen Stränden und geschützten Buchten im Tsleil-Waututh Territorium. Planken von den Winterhäusern wurden in Kanus transportiert, um daraus kleinere Sommerhäuser zu bauen. Diese Camps waren der Ausgangspunkt für Jagd-, Fischfang- und Sammelexkursionen an Orte saisonal verfügbarer Ressourcen. Einige dieser Nahrungsmittel wurden sofort verzehrt, während man andere für den Verbrauch im Winter verarbeitete und lagerte.

Von Mitte Juli bis Anfang August reisten sowohl die meisten Tsleil-Waututh, als auch andere Küstensalish-Gruppen an den Fraser River, um den Sockeye, die beliebteste Lachsart, zu fangen und zu trocknen. Es war die Zeit, um andere Leute zu besuchen, Neuigkeiten über Verwandte auszutauschen und Verbindungen zu knüpfen. In den Sommermonaten wurden auch große Mengen verschiedener Beerenarten gesammelt und getrocknet.

Nachdem im Herbst die Lachssaison am Fraser River beendet war, versammelten sich die Familien in Lagern am Indian, Capilano, Seymour und anderen Flüssen, um den rosa und den Chum-Lachs zu fangen. Die meisten Fische wurden für den Verbrauch im Winter getrocknet. Im Dezember kehrten die Familien mit den im Laufe des Jahres gesammelten Vorräten in ihre Winterdörfer zurück und der Jahreszyklus begann von neuem.

Trotz der großen Veränderungen in ihrem angestammten Territorium üben die Angehörigen der Tsleil-Waututh Nation weiterhin eine große Zahl traditioneller Aktivitäten aus. Ein erklärtes Ziel ist ihre Beteiligung an Planungs- und Entwicklungsprozessen, damit die einst so reichen Ressourcen zurückkehren, geschützt und auf einer dauerhaften Basis genutzt werden.[2]

Geschichte

- s. a. Geschichte der Küsten-Salish

Frühgeschichte

22 archäologische Stätten im Gebiet des jüngst eingerichteten Say Nuth Khaw Yum Heritage Park/Indian Arm Provincial Park liefern Hinweise auf die voreuropäische Geschichte der Region, doch steht die Forschung noch am Anfang. Die Untersuchungen haben sich auf das frühere Dorf Inlailawatush an der Mündung des Indian River konzentriert, und auf die ca. 25 km lange Küstenlinie innerhalb des Parks. Dabei wurden im völlig überwucherten Dorf steinerne Klingen gefunden, aber auch Überreste von Pfählen. Entsprechend dem Nahrungsangebot entstanden in den nördlichen Gebieten Sommerdörfer, die Winter verbrachte man in den milderen Gebieten. Die Tsleil-Waututh nehmen an, dass sie bereits seit 10.000 Jahren in diesem Gebiet leben.

Europäische Kontakte

Als Kapitän Alcalá Galiano am 19. Juni 1792 das Burrard Inlet erreichte, nannte er es „Canal de Floridablanca“. Wenige Tage später erreichte George Vancouver das Gebiet und nannte es nach seinem Freund Sir Harry Burrard.

1859-60 erstellte die HMS Plumper eine genaue Aufnahme des Gebiets und gab zahlreichen Punkten neue Namen. 1862 kaufte John Morton, ein Töpfer aus Yorkshire 550 Acre am Burrard Inlet, doch war der dortige Lehm ungeeignet. Daher begann er, zusammen mit seinem Cousin Sam Brighouse und William Hailstone, Kühe zu halten. Am 9. November 1864 verließ die erste Holzfracht den Burrard Inlet. Sie wurde nach Australien verkauft. Im selben Jahr wurde eine Telegraphenstation eröffnet. 1874 verkehrte hier die erste Postkutsche, 1881 wurde ein Fährbetrieb in Inlet aufgenommen.

Reservat

1877 wurde den Indianern ein Gebiet von 37 Acre an der Ostseite der Mündung des Indian River zugewiesen, doch bis auf 2.500 Quadratfuß wurde das Gebiet an Brittengham & Young Co. Ltd. aus New Westminster gegen 10.000 kanadische Dollar und Bauholz im Wert von 500 Dollar verkauft. Heute umfasst das Reservat Burratd Inlet 3 genau 108,2 ha, dazu kommen noch zwei kleine Reservate von zusammen 2,5 ha.

Wirtschaftliche Nutzung

Die Industrialisierung begann mit Stamp's Mill, einer Sägemühle am Nordende der heutigen Dunlevy Street. Dort wurde auch die erste Indianerfrau, Ada Young, mit dem Weißen Peter Plant verheiratet. James A. Raymur übernahm 1871 das Werk von Edward Stamp.

1870 entstand in New Westminster die erste Lachskonservenfabrik, während den Indianern der kommerzielle Fischfang bald verboten wurde. Hingegen machten fast 2.000 japanische Fischer, von denen 1897 fast 6.000 am unteren Fraser River tätig waren, zunehmend Konkurrenz. Die Steveston Fishermen's Association vertrat ihre Interessen. 1899 wurden allein am unteren Fraser rund 300.000 Kisten mit Lachs verkauft. Im Juli 1900 streikten die Fischer gegen die Überfischung durch US-Amerikaner, zugleich wurden 400 Soldaten zusammengezogen, um die Japaner zu schützen. Chinesische Männer schlachteten und zerlegten üblicherweise den Fisch, Indianer und japanische Frauen reinigten die Lachse und packten sie in die Kisten. Den Fang führten japanische Männer, Europäer und Indianer durch. Über 200 Arbeiter schafften 1.200 Kisten pro Tag, also rund 26.000 kg. Gegen sie wurde die Fraser River Salmon Canners Association gegründet. Monopolisierungstendenzen begannen schon im Mai 1902, als die British Columbia Packers Association 42 Fischfabriken aufkaufte.

1886 - 1913 suchte John Rainy auf einem Gebiet von 245 Acre nach Gold und Silber. Kurz nach 1900 begannen die ersten großflächigen Holzfällereien. 1903-05 entstand das erste Wasserkraftwerk zur Versorgung von Vancouver mit Elektrizität.

1908 wurde im Indian Arm der Fährbetrieb aufgenommen. 1910 kaufte Baron Gustav Konstantin von Alvensleben ein seit 1906 begonnenes Projekt für Touristen auf. Er ließ das Wigwam Inn errichten. Wahrscheinlich geht auf diese Aktivitäten die Umbenennung des Northern Arm in Indian Arm zurück. Von Alvensleben wurde jedoch während des Ersten Weltkriegs enteignet, der Custodian of Enemy Property, E. J. Young, übernahm das Unternehmen, das bis heute besteht, allerdings durch den Vancouver Yacht Club betrieben wird.

Provinzpark

Der Say Nuth Khaw Yum Heritage Park/Indian Arm Provincial Park ist ein Kultur- und Naturpark am Indian Arm, dem Kern des traditionellen Gebiets der Tsleil-Waututh Nation. Im Oktober 1996 kündigte British Columbias Premier Glen Clark die Einrichtung von 23 neuen Provinzparks in den Lowlands an, mit einer Gesamtfläche von 136.000 ha. 1997 wurde ein Gebiet von 6.821 ha am Indian Inlet unter Schutz gestellt. Das schwer zugängliche Gebiet, das vor allem von Kayakfahrern genutzt wird, und wo Dampfboote bis zum Wigwam Inn am Ende der Bucht fuhren, war auch Holzeinschlagsgebiet. Die umgebenden Berge steigen bis auf über 1.500 m und liegen im Winter unter bis zu 12 m Schnee. Die leichter erreichbaren Gebiete wurden bereits um 1800 erstmals abgeholzt, doch stehen mancherorts inzwischen wieder 200 Jahre alte Bäume.

Die Unterschutzstellung soll die letzten Urwaldgebiete (Old growth) vor dem „Heli-logging“, der Holzfällerei per Hubschrauber retten. Abrutschende Holzfällerstraßen (an mehr als 60 Stellen), Kahlschlag (zuletzt am Grand Creek) in Verbindung mit starken Niederschlägen haben das Indian Inlet an vielen Orten stark geschädigt. Dazu kam die übermäßige Belastung durch Boote und allradgetriebene Fahrzeuge, aber auch Abfälle und Abwässer von Campingplätzen (vor allem auf Twin und Racoon Island) und Farmen, schließlich der Bau von ufernahen Häusern vor allem im Südteil des Indian Arm. Zudem sorgten Schneisen durch Strommasten (auf der Ostseite) und illegale Wanderwege zu Erdrutschen, beispielsweise am Clementine Creek. Insgesamt 200 km Holzfällerstraßen durchsetzten das Gebiet, das Lager am unteren Indian River beschäftigte in den 60er bis 80er Jahren 100 Holzfäller.[3]

Allerdings waren die Burrard anfangs nicht in den Entwicklungsprozess des Parks eingebunden und es gab keine Konsultationen. Sie schlossen dennoch einen Vertrag über ein Co-Management mit der Provinzregierung ab. Zur Erschließung des Parks für Ökotourismus bedurfte es eines Wanderweges, den Don McPherson auf eigene Faust vorantrieb.[4]

Perspektiven

Am 26. November 2004 unterzeichneten die Häuptlinge der Squamish, der Tsleil-Waututh First Nations,der Musqueam und Lil'wat bands einen Vertrag, der ihnen eine stärkere Beteiligung an den Olympischen Spielen in Vancouver im Jahr 2010 sichern soll.

Am 1. Oktober 2007 stimmten die Burrard über die Frage ab: „Stimmen Sie der Verpachtung der lots 79-17-1, 79-17-2 und 79-17-3 Burrard Inlet Indian Reserve Nummer 3 an Takaya Development Limited Partnership durch seinen Partner Takaya Developments Ltd. für die Dauer von 99 Jahren zu?“ Von 132 Beteiligten stimmten 94 mit Ja, 32 mit Nein, 2 Stimmen waren ungültig. Damit ist die Abstimmung rechtsverbindlich.

Siehe auch

Liste nordamerikanischer Indianerstämme

Literatur

  • Wayne Suttles: Linguistic Evidence for Burrard Inlet as Former Halkomelem Territory, Papers for the 31st International Conference on Salish and Neighboring Languages, Vancouver 1996
  • Wayne Suttles (Hrsg.): Handbook of North American Indians. Bd. 7: Northwest Coast. Smithsonian Institution Press, Washington D.C. 1990. ISBN 0-87474-187-4

Weblinks

Anmerkungen

  1. Nach den Angaben des Department of Indian Affairs and Northern Development, First Nation Profiles: [1].
  2. Vgl. Die Tsleil-Waututh Nation.
  3. Zum aktuellen Stand (Oktober 2007) vgl.: Draft Park Management Plan & SNKY Park Bioregional Atlas.
  4. Näheres dazu von Charles Montgomery: The Blazer.

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