Tuscania

Tuscania
Tuscania
Wappen
Tuscania (Italien)
Tuscania
Staat: Italien
Region: Latium
Provinz: Viterbo (VT)
Koordinaten: 42° 25′ N, 11° 53′ O42.41694444444411.875277777778165Koordinaten: 42° 25′ 1″ N, 11° 52′ 31″ O
Höhe: 165 m s.l.m.
Fläche: 208 km²
Einwohner: 8.300 (31. Dez. 2010)[1]
Bevölkerungsdichte: 40 Einw./km²
Postleitzahl: 01017
Vorwahl: 0761
ISTAT-Nummer: 056052
Demonym: Tuscaniesi, Tuscanesi oder Toscanellesi
Schutzpatron: Santi Secondiano, Veriano und Marcelliano
Website: Tuscania

Tuscania ist eine Stadt in Italien mit 8300 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2010). Sie liegt rund 90 Kilometer nordwestlich von Rom in der Provinz Viterbo, einem Teil der historischen Landschaft Tuszien. Tuscania ist für seine etruskischen Gräber und romanischen Kirchen bekannt.

Tuscania, Blick auf den Hügel von San Pietro

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Tuscania von Süden
Blick von der Stadtmauer auf San Pietro

Die Stadt liegt auf einem Tuffsteinplateau, umgeben von tief eingeschnittenen Tälern, darunter das des Flusses Marta. Vor allem von Süden und Osten bietet Tuscania ein einzigartiges Panorama mit seiner vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauer und den romanischen Türmen der außerhalb der Stadt auf einem Hügel gelegenen Kirche San Pietro. Tuscania ist Zentrum des 1997 gegründeten Naturreservats Tuscania, das 1901 Hektar umfasst und zu dem auch ein im Nordosten gelegener Korkeichenwald gehört.

Tuscania trägt die Bandiera Arancione ein Qualitätssiegel im Bereich Tourismus und Umwelt des TCI.

Geschichte

Bereits in der Bronzezeit war die Region von Tuscania besiedelt. Im 8. Jahrhundert v. Chr. bildeten sich auf sieben Hügeln im Bereich der heutigen Stadt etruskische Dörfer, die zum Territorium von Tarquinia gehörten. Mit der Zeit entwickelte sich die auf dem heutigen Hügel von San Pietro gelegene Siedlung zu einem städtischen Zentrum mit einer Akropolis an Stelle der heutigen Kirche. 285 v. Chr. wurde die Stadt, deren etruskischer Name nicht überliefert ist, von den Römern erobert und ihrem Herrschaftsbereich unter dem Namen Tusculum eingegliedert. Plinius erwähnt diese Stadt erstmals und spricht dabei von den Tuscanern als ihren Einwohnern. Sowohl die etruskische als auch die römische Stadt hatten eine wesentlich größere Ausdehnung als das heutige Tuscania. Sie florierte nicht zuletzt auch durch den Bau der Via Clodia, etwa 225 v. Chr., die von Rom nach Saturnia in der Toskana führte und sich hier mit den alten Wegen durch das Martatal vom Bolsenasee zum Meer kreuzte.

In der Völkerwanderungszeit wurde Tusculum stark in Mitleidenschaft gezogen und verlor einen Großteil seiner Einwohner. Der Ort bestand nur noch aus dem direkten Umfeld der Akropolis außerhalb der heutigen Stadt.

Im Jahre 569 oder 574 kam die Stadt unter die Herrschaft der Langobarden. In dieser Zeit wurde sie auch Bischofssitz mit Santa Maria Maggiore als Bischofskirche.

778 kam sie durch Schenkung Karls des Großen an den Kirchenstaat. Der Ort trug nun den Namen Toscanella. Im Jahr 852 wurde auf den Ruinen des Tempels der Akropolis San Pietro als neue Bischofskirche errichtet.

1207 erreichte Toscanella von Papst Innozenz III. die Anerkennung als Freie Kommune. Damit begann eine Blütezeit, in der sich die Stadt wieder auf die benachbarten Hügel ausdehnte. Die Bürger bevorzugten, in Abgrenzung zum Bischof, den Hügel Rivellino als ihr Zentrum. Hier steht bis heute das Rathaus.

Bereits ab dem 14. Jahrhundert wurde die Unabhängigkeit der Stadt durch benachbarte Adelsgeschlechter wieder bedroht. Zwei Schicksalsschläge besiegelten dann den Niedergang. Im Jahre 1494 wurde die Bevölkerung durch die Pest dezimiert. 1495 schließlich fiel ein Söldnerheer unter König Karl VIII. von Frankreich in die Stadt ein und plünderte sie fünf Tage lang. Toscanella wurde zu großen Teilen zerstört. In der Folge wurde der Stadtteil um San Pietro aufgegeben und der Bischofssitz nach Santa Maria della Rosa verlegt. Die Stadt zog sich hinter die bis heute erhaltenen Stadtmauern zurück. Damit hatte sich die Stadtfläche wieder mehr als halbiert. Toscanella verlor seine Vormachtstellung im nördlichen Latium endgültig an Viterbo und sank zu einem Landstädtchen ab.

1911 erhielt Toscanella seinen antiken Namen Tuscania wieder.

Am Abend des 6. Februar 1971 wurde Tuscania von einem schweren Erdbeben heimgesucht, das 31 Todesopfer forderte. 70 % aller Gebäude wurden beschädigt oder zerstört, darunter auch alle Kirchen. Beim mehr als zehn Jahre andauernden Wiederaufbau wurde allerdings Wert darauf gelegt, das historische Stadtbild zu erhalten. Behutsame und genaue Rekonstruktion wurde dem Neubau von Häusern vorgezogen. In den Kirchen wurden 700 m² Fresken in jahrelanger Arbeit wiederhergestellt. So sind heute kaum noch Spuren der Katastrophe zu finden. Tuscania hat heute trotz seiner wechselvollen Geschichte eines der stimmungsvollsten historischen Stadtbilder der Provinz Viterbo.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr 1871 1881 1901 1921 1936 1951 1971 1991 2001
Einwohner 3.372 3.640 4.839 5.522 5.755 6.841 6.866 7.721 7.717

Quelle: ISTAT

Sehenswürdigkeiten

Türme von San Pietro

Die Basilika San Pietro

Im 9. Jahrhundert wurde auf den Resten eines römischen Tempels an der Stelle der etruskischen Akropolis die erste Bischofsbasilika San Pietro errichtet. Ob und wie viele Reste dieses Baus in der heutigen Kirche erhalten sind, ist umstritten.

Der Bestand des heutigen Gebäudes geht im Wesentlichen auf das 11./12. Jahrhundert zurück. Der Komplex liegt auf einem Hügel, heute außerhalb der Stadt, und dominiert mit seinen drei wuchtigen, zur einstigen Befestigung des Hügels gehörenden Türmen das Landschaftsbild. Neben der Kirche erhebt sich der romanische Bischofspalast.

Die Fassade wurde zwischen dem Ende des 12. und dem Beginn des 13. Jahrhunderts, vielleicht als Folge eines Erdbebens, neu errichtet. Das großartige Mittelportal mit Cosmatenarbeiten dürfte noch später entstanden sein. Darüber wird der Giebel von einer prachtvollen Marmorrosette bestimmt. Bei den um sie herum angebrachten Figurenreliefs handelt es sich teilweise um etruskische Spolien (z. B. laufender Mann). Die beim Erdbeben von 1971 heruntergefallene Rosette wurde inzwischen wieder mühsam zusammengesetzt.

Im Inneren betritt man eine Säulenbasilika mit offenem Dachstuhl, die fast unverändert das Bild des 12. Jahrhunderts zeigt. Im rechten Seitenschiff steht ein Ziborium mit Säulen von 1093 (Inschrift). Bemerkenswert ist der Mosaikboden im Stil der Cosmaten. Die Marmorchorschranken mit Flechtbandornamenten aus dem 8. Jahrhundert sind aus der Vorgängerkirche übernommen worden. In der Apsis steht der steinerne Bischofsthron. Über die ganze Kirche verteilt befinden sich Fresken aus dem 12. Jahrhundert. In der Apsis ging ein bedeutendes Fresko im byzantinischen Stil, ‘‘Christi Himmelfahrt‘‘, durch das Erdbeben des Jahres 1971 leider verloren. In den Seitenschiffen sind einige etruskische Sarkophage aufgestellt.

Auch in der Hallenkrypta mit 28 antiken, wiederverwendeten Säulen befinden sich Fresken aus dem 12. Jahrhundert, unter anderem mit der Darstellung der Schutzheiligen von Tuscania. Hier sind auch römische Mauern im Opus Reticulatum erhalten.

Santa Maria Maggiore
Detail vom Jüngsten Gericht

Die Basilika Santa Maria Maggiore

Die Basilika Santa Maria Maggiore liegt am Fuße des Hügels von San Pietro. Der Überlieferung nach soll sie im 6. Jahrhundert als erste Bischofskirche Tuscanias auf den Resten eines Janustempels errichtet worden sein. Tatsächlich wurden bei der Restaurierung nach dem Erdbeben des Jahres 1971 die Fundamente eines großen römischen Gebäudes gefunden. Erstmals erwähnt wurde sie jedoch im Jahre 852 in einer Bulle des Papstes Leo IV..

Der Bauzeitpunkt der heutigen Kirche ist umstritten, allerdings wird der Bau bei der Weihe der neuen Kirche am 6. Oktober 1206 wohl zum großen Teil fertiggestellt gewesen sein.

Die Fassade ist ähnlich der von San Pietro reich gestaltet, mit drei Portalen, einer Zwerggalerie und einer großen Rosette. Der reiche Figurenschmuck zeigt ganz unterschiedliche Stileinflüsse. Um die Rosette herum sind die Symbole der vier Evangelisten angebracht. In der Lünette des Mittelportals wird die Madonna mit dem Kind gezeigt. Daneben ist die Opferung Isaaks und das Agnus Dei dargestellt. Das Portal wird gerahmt von den Aposteln Petrus und Paulus. Die Köpfe der Statuen sind moderne Nachbildungen, da die Originale gestohlen wurden. Der Figurenschmuck wurde wohl nicht für den aktuellen Bau angefertigt, sondern von anderen Gebäuden hierher übertragen.

Detail Seitenportal

Im Inneren betritt man eine dreischiffige Basilika mit offenem Dachstuhl und romanischen Säulen. Die prachtvolle Kanzel im Mittelschiff ist aus Marmorplatten des 8. und 9. Jahrhunderts zusammengesetzt (aus der Vorgängerkirche). Außerdem finden sich hier ein Ziborium und der alte Bischofsstuhl. An den Wänden befinden sich zahlreiche, teils beschädigte Fresken. Besonders ins Auge fällt das Fresko des Jüngsten Gerichts am Triumphbogen der Apsis. Interessant ist hier vor allem der Teufel rechts unten, der die Verdammten frisst und am Ende des Verdauungstrakts wieder ausscheidet.

Santa Maria della Rosa

Nach der Verwüstung von San Pietro im Jahre 1495 wurde die Kirche zur Kathedrale der Stadt. Sie zeigt eine schlichte gotisch-romanische Fassade mit starker horizontaler Gliederung. Im Inneren wurde sie nach 1495 neu gestaltet. Beim Erdbeben im Jahre 1971 kamen durch das Abfallen des Putzes allerdings einige Fresken des 13. Jahrhunderts zum Vorschein. Das Fresko der Befreiungsmadonna von Giulio Pierino d’Amelia erinnert an die Plünderung 1495 und an ein Gewitter, das die Mutter Gottes gesandt haben soll, um das Übel zu beenden.

Santa Maria del Riposa

Die ab 1495 über einem Vorgängerbau errichtete Kirche ist ganz im Stil der Renaissance gehalten. Sie birgt im Inneren zahlreiche bedeutende Fresken und Gemälde, unter anderem von Giulio Pierino d’Amelia, Scalabrino da Pistoia, Antonio del Massaro und anderen.

In den angeschlossenen ehemaligen Klostergebäuden ist heute das Archäologische Museum untergebracht.

Dom San Giacomo

Die gotische Kirche wurde im Stil der Renaissance neugestaltet, als 1572 der Bischofssitz hierher verlegt wurde. Im Inneren sind zahlreiche Kunstwerke zu finden, unter anderem von Andrea di Bartolo.

Torre di Lavello

Es handelt sich um den letzten Geschlechterturm von Tuscania. Er gehörte zum Palazzo Tartaglia. Angelo Tartaglia versuchte im 15. Jahrhundert noch einmal, die Unabhängigkeit Tuscanias vom Kirchenstaat herzustellen. Nach dessen Hinrichtung gab Papst Martin V. den Palast zur Plünderung und Zerstörung frei.

Palazzo Comunale

Das Rathaus ist der letzte Rest der einstigen Stadtburg Rivellino. Deren letzter Turm stürzte im Jahre 1954 ein und zerstörte dabei das Stadttheater. Im 13. Jahrhundert wurden hier Abgesandte des Papstes Bonifatius VIII., die die Unterwerfung der Stadt forderten, aus dem Fenster geworfen.

Bagno della Regina

Bei dem sogenannten Bad der Königin an der Straße zu Santa Maria Maggiore handelt es sich um die Ruinen der römischen Thermen. Eine hier gefundene weibliche Statue (heute verschwunden) wurde im Mittelalter als Königin von Tuscania bezeichnet.

Etruskische Nekropolen

In der direkten Umgebung von Tuscania befinden sich zahlreiche Grabanlagen, die teilweise zur Besichtigung offen stehen.

Die bedeutendste Nekropole befindet sich bei der Kirche Madonna dell‘ Olivo. Darunter sind das labyrinthartig angelegte Grab der Königin und das Grab der Amazonen. Die zahlreichen seit 1967 gefundenen Sarkophage und Grabbeigaben sind im Archäologischen Museum in Tuscania und in der Villa Giulia in Rom ausgestellt.

Die Nekropole Peschiera ist vor allem wegen der monumentalen Architektur der Gräber außergewöhnlich. Die Gräber sind offenbar nach dem Vorbild der etruskischen Wohnhäuser gestaltet.

Die Nekropole Pian di Mola, am gegenüberliegenden Ufer der Marta gelegen, ist recht ähnlich gestaltet.

Auch die Nekropolen von le Scalette, San Lazzero, San Giusto und San Pinzuto weisen interessante Grabformen auf.

Kloster San Giusto in Tuscania

Drei Kilometer südlich der Stadt steht das Kloster San Giusto in Tuscania.

Politik

Alessandro Cappelli (Mitte-Links-Bündnis) wurde am 28. Mai 2006 zum Bürgermeister gewählt. Das Mitte-Links-Bündnis stellt auch mit 11 von 20 Sitzen die Mehrheit im Gemeinderat.

Quellen

  • Christoph Henning: Latium. Das Land um Rom. Mit Spaziergängen in der Ewigen Stadt (= DuMont-Kunst-Reiseführer). 3. aktualisierte Auflage. DuMont-Reiseverlag, Ostfildern 2006, ISBN 3-7701-6031-2.
  • Anton Henze, Kunibert Bering, Gerhard Wiedmann: Kunstführer Rom. 5. neu bearbeitete Auflage. Philipp Reclam GmbH, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-010402-5.
  • Italo Faldi: Tusculum. Augenblicke und Zeugnisse der italienischen Kulturlandschaft. Bonechi Editori, Florenz 2000, ISBN 88-7204-428-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Statistiche demografiche ISTAT. Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica vom 31. Dezember 2010.

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