Bartmannkrug

Bartmannkrug
Georg Flegel: Stilleben mit Hering und Bartmannskrug
Frechener Bartmannskrug

Ein Bartmannskrug ist ein bauchiges, braun glasiertes Tongefäß, an dessen Hals sich das namengebende Relief eines bärtigen, männlichen Gesichts befindet.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung und Verkauf

Bartmannskrüge wurden im 16. bis 18. Jahrhundert in großen Stückzahlen unter anderem in Frechen bei Köln hergestellt und bestehen meist aus Rheinischem Steinzeug.

In Potsdam wurden bei Ausgrabungen Bartmannskrüge aus Waldenburger Steinzeug gefunden, die auf das 14.–15. Jahrhundert datiert werden.[1]

Der Bartmannskrug war über einen langen Zeitraum außerordentlich populär und wurde für den regionalen Absatz sowie für den überregionalen Markt produziert. Besonders die große Nachfrage in England und Holland ließen ihn zu einem wichtigen Exportartikel werden. Dort wurden sie Greybeards or Bellarmines genannt; letztere Bezeichnung leitet sich von dem seinerzeit bekannten und in England verhassten Kardinal Bellarmino ab.

Bedeutung der Bartmaske

Ob die maskenartige Darstellung des Gesichts einen in Vergessenheit geratenen Symbolgehalt hat, ist unter Kunsthistorikern umstritten und konnte bislang nicht eindeutig beantwortet werden. Es existieren verschiedene Deutungen, denen zufolge die bärtigen Gesichter unter anderem Gottvater darstellten, als Apotropaion magischen Zwecken dienten oder den Besitzer oder Benutzer des Kruges repräsentieren und durch Betrachtung zur Selbstreflexion anregen sollten. Demgegenüber wird von anderen Historikern die Ansicht vertreten, dass die Gesichtsdarstellungen keine besondere Bedeutung hatten, sondern ausschließlich dekorativen Zwecken dienten, da maskenähnliche bärtige Gesichter in der Renaissance als Schmuckelemente auch ohne jede Symbolik dem Zeitgeschmack entsprachen und dementsprechend häufig verwendet wurden.

Literarisches

Eine literarische Arabeske zum Bartmannskrug gibt Ernst Bloch in seinem einflussreichen Frühwerk „Geist der Utopie“ (Leipzig 1918, S. 14f.). Der Krug gerät hier zu einer Allegorie auf die Kunst bzw. noch weiter auf einen Stil philosophischen Denkens, das den Dingen gerecht werden möchte:

„Doch wer ihn liebt, der erkennt, wie oberflächlich die kostbaren Krüge sind, und er zieht das braune, ungeschlachte Gerät, fast ohne Hals, mit wildem Männergesicht und einem bedeutenden schneckenartigen, sonnenhaften Zeichen der Wölbung, diesen Brüdern vor.“

Theodor W. Adorno diskutiert diesen Text in seiner autobiographischen Miniatur „Henkel, Krug und frühe Erfahrung“ im Kontrast zu Georg Simmels Ausführungen über eine antike Vase (s. Adorno, Noten zur Literatur, Ffm. 1981, S. 556ff.). Bedenkenswert sind in diesem Kontext weiters Martin Heideggers Reflexionen über „Das Ding“, die zum Beispiel eben einen solchen Krug sich erkiesen (s. Martin Heidegger, Vorträge und Aufsätze, Pfullingen 1954).

Siehe auch

Literatur

  • Karl Göbels: Rheinisches Töpferhandwerk, gezeigt am Beispiel der Frechener Kannen-, Düppen- und Pfeifenbäcker, herausgegeben von der Stadt Frechen. Bartmann-Verlag GmbH, Frechen 1971
  • Theodor W. Adorno: Noten zur Literatur, Suhrkamp, Frankfurt/M. 1998, ISBN 3-518-27955-6
  • Ernst Bloch Geist der Utopie, (Werkausgabe; Bd. 3), Suhrkamp, Frankfurt/M. 1991, ISBN 3-518-28152-6
  • Martin Heidegger: Vorträge und Aufsätze, Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-91090-5

Einzelnachweise

  1. Landeshauptstadt Potsdam: Potsdam Stadtmitte, 2. aktualisierte Auflage 2008, S. 12

Weblinks


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