Ulli Lust

Ulli Lust

Ulli Lust[1] (* 1967 in Wien) ist eine österreichische Comiczeichnerin, Illustratorin und Online-Verlegerin (electrocomics). Sie zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Comiczeichnern und gilt als eine Vertreterin des „dokumentarischen Comics“.[2]

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Ulli Lust begann in Wien eine Lehre als Design- und Modezeichnerin an der HTBLVA für Textilindustrie, Spengergasse, ohne die Ausbildung zu beenden und illustrierte anschließend einige Kinderbücher. Seit 1998 publiziert sie unter dem Namen Lust, dem Geburtsnamen ihrer Mutter. An der Kunsthochschule Berlin-Weißensee studierte sie mit Ende 20 Graphikdesign und absolvierte dieses Studium erfolgreich. Lust zeichnet Comicreportagen, die auf einer genauen journalistischen Recherche gründen, wie zum Beispiel einen Bericht über die aussterbende DDR-Plattenbausiedlung Halle-Neustadt oder auch die monatliche Bildkolumne in der Berliner Stadtzeitung Scheinschlag. Sie gibt pointierte Beobachtungen „aus der Gesellschaft“ wieder.

Ein anderes Gebiet sind die erotisch-mythologischen Erzählungen der Reihe springpoems, die als Fruchtbarkeitsritual in Comicform zu verstehen sind und einer prähistorischen Mythologie nachempfunden sind.

Gemeinsam mit Kai Pfeiffer hat sie die Comicreportagenprojekte der Zeichnergruppe Monogatari - deren Gründungsmitglied sie auch ist - initiiert und war mit Zeichnungen zum Buch Berlin-Helmholtzplatz 1998 + 2004 an der Ausstellung Tauchfahrten - Zeichnung als Reportage beteiligt (Kunstverein Hannover 2004, Kunsthalle Düsseldorf 2005). Die Gruppe Monogatari wurde 2005 aufgelöst.

Ihre Comicreportage über die Luzerner Totenbrücke wurde im Juni 2005 von Le Monde diplomatique veröffentlicht.

Im Juni 2005 startete sie ihren Online-Verlag electrocomics, der E-Books und Comic-Strips von immer mehr internationalen Comiczeichnern und Bilderzählern publiziert. 2006 erhielt sie für dieses Projekt den ICOM-Sonderpreis der Jury.

2008 veröffentlichte sie Fashionvictims, Trendverächter, Minireportagen & Bildkolumnen aus Berlin beim Berliner avant-Verlag sowie Kurzgeschichten in den Anthologien Pomme d'Amour. 7 Geschichten von der Liebe, Strapazin Nr. 91 und Spring Nr. 5. Die Bildergeschichte Airpussy (a hairraising ritual for spring to come) folgte 2009 beim belgischen Comicbuch-Verlag l'employé du Moi. Im Herbst 2009 erschien Ulli Lusts autobiographischer Comic-Roman Heute ist der letzte Tag deines Lebens beim deutschen avant-Verlag. Das Buch umfasst über 450 Seiten, die Autorin hatte über vier Jahre lang daran gearbeitet. Sie zeichnete jeweils eine Seite an einem Tag.[2] Der Comic-Spezialist der FAZ-Redaktion, Andreas Platthaus, empfand es als eine „Sensation“ [1] und in 3sat Kulturzeit wurde es als ein „feministisches Statement“ bezeichnet.[3] Für den Band erhielt sie den ICOM-Preis 2010[4] für die beste deutsche Comicpublikation, sowie den Max & Moritz-Publikumspreis des Erlanger Comicsalons 2010[5], den Artémisia-Preis 2011[6] und den Prix révélation des Festival International de la Bande Dessinée d'Angoulême 2011.[7]

Ulli Lust lebt und arbeitet seit 1995 in Berlin, Prenzlauer Berg, und hat einen erwachsenen Sohn.[2]

Veröffentlichungen

  • Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens. avant-verlag, Berlin 2009, 463 S., ISBN 978-3-939080-36-7.
  • Airpussy. l'employé du Moi, Brüssel 2009, ISBN 978-2-930360-26-3.
  • Fashionvictims, Trendverächter, Minireportagen & Bildkolumnen aus Berlin. avant-verlag, Berlin 2008, gebunden, ISBN 978-3-939080-32-9.
  • Pomme d'Amour. 7 Geschichten über die Liebe. Delcourt, Paris 2008; Die Biblyothek, Leipzig 2008, gebunden, ISBN 978-3-9810480-7-0, mit Beiträgen von Paz Boïra, Verena Braun, Élodie Durand, Claire Lenkova, Ulli Lust, Laureline Michon, Barbara Yelin; Besprechung: [8]
  • Spring Poems 01 bis 05. (1998 - 2004), monogatari, Berlin
  • Berlin-Helmholtzplatz 1998 + 2004. Alltagsbeobachtungen, bei popular books, Berlin
  • Operation Läckerli - Comicreportagen aus Basel. monogatari, Berlin 2004, Edition Moderne (Schweiz)
  • Alltagsspionage -Comicreportagen aus Berlin. monogatari, Berlin 2001
  • 6 x 6 Pinups. Siebdruck-Ringbuch, monogatari, Berlin 2001
  • Ein Stück Himmelblau. Kinderbuch, Textbearbeitung: Thomas Declaude, Tyrolia, Innsbruck 1995
  • Fee Fledermaus. Kinderbuch, Text: Käthe Recheis & Friedl Hofbauer, Tyrolia, Innsbruck 1994
  • Marco und der Drache. Kinderbuch, Text: Käthe Recheis & Friedl Hofbauer, der KinderBuchVerlag, Berlin 1993

Auszeichnung

Literatur

Filme

  • Intensive Grenzerfahrung. Ulli Lusts feministischer Punk-Comic. Fernseh-Porträt, Deutschland, 2009, 5:24 Min., Regie: Lotar Schüler, Produktion: 3sat Kulturzeit, Filmtext in 3sat, Online-Video
  • Der dokumentarische Comic. Zwei Film-Reportagen, Deutschland, 2009, Regie: Andreas Platthaus, Andreas Brand, Produktion: FAZ, Online-Videos
  • "Angoulême: Ulli Lust, die Entdeckung" Fernseh-Portrait, ARTE, 2011, 3:53 min, von Sven Waskönig;

[1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Andreas Platthaus: „Meine italienische Geisterfahrt“, FAZ, 12. September 2009
  2. a b c Andreas Platthaus, Andreas Brand: „Der dokumentarische Comic. Die Comiczeicherin Ulli Lust.“ FAZ.net-Video, September 2009
  3. Lotar Schüler: „Intensive Grenzerfahrung. Ulli Lusts feministischer Punk-Comic“, 3sat, 5. Januar 2010, Online-Video
  4. ICOM-Preis 2010
  5. APA: Comic-Salon Erlangen. Österreichische Zeichner räumen Preise ab, Der Standard, 6. Juni 2010
  6. Ulli Lust reçoit le 4e prix Artémisia de la bande dessinée féminine
  7. Palmarès officiel du Festival International de la Bande Dessinée d'Angoulême
  8. Rose-Marie Gropp: „Jeder Apfel ist anders. Der Frauen-Comic "Pomme d'amour" “, FAZ-Buchmessezeitung, 15. Oktober 2008; (PDF-Datei, 177,4 kB)
  9. Bester deutscher Comic 2009, freistil-online.de

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ulli Lust — Nom de naissance Ulli Schneider Naissance 1967 Vienne, Autriche Nationalité autrichienne Profession illustratrice, dessinatrice, scénariste et éditrice de bande dessinée Ulli L …   Wikipédia en Français

  • Ulli — steht für: Flughafen Sankt Petersburg in Russland als ICAO Code Ulli ist: eine Variante des männlichen Vornamens Ulrich eine Variante des weiblichen Vornamens Ulrike Ulli ist der Familienname folgender Personen: Pascal Ulli (* 1969), Schweizer… …   Deutsch Wikipedia

  • ULLI — steht für: Flughafen Pulkowo bei Sankt Petersburg als ICAO Code Ulli ist: eine Variante des männlichen Vornamens Ulrich eine Variante des weiblichen Vornamens Ulrike Ulli ist der Familienname folgender Personen: Pascal Ulli (* 1969), Schweizer… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Lu — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • ICOM Independent Comic Preis — Der ICOM Independent Comic Preis wird vom Interessenverband Comic e.V. (ICOM) seit 1994 verliehen. Im Gegensatz zum Max und Moritz Preis wird dieser Preis Zeichnern und kleinen Verlagen verliehen, die im zurückliegende Kalenderjahr… …   Deutsch Wikipedia

  • Çà et là — Société d édition créée en mai 2005, les Éditions çà et là ont pour vocation de publier des adaptations de bandes dessinées étrangères destinées à un public ado/adulte. Parmi les premiers auteurs édités, on trouve Andi Watson, Pentti Ostamo,… …   Wikipédia en Français

  • Festival d'Angoulême 2011 — Les halles d Angoulême lors de l exposition Riyoko Ikeda, invité d honneur du festival …   Wikipédia en Français

  • Pommes d'amour — 7 Love Stories Album Auteur Paz Boïra, Verena Braun, Janice Cohen, Élodie Durand, claire Lenkova, Ulli Lust, Laureline Michon, Barbara Yelin Genre(s) histoires courtes Thèmes amour …   Wikipédia en Français

  • Schneider — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Sommaire 1 Patronyme 2 Noms proches ou composés 3 …   Wikipédia en Français

  • Max & Moritz Prize — The Max Moritz Prize is a prize for comic books, comic strips, and other similar materials which has been awarded at each of the biennial International Comics Shows of Erlangen since 1984. It is open to all material published in Germany. Contents …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”