Ulpian

Ulpian

Domitius Ulpianus (* um 170 in Tyros; † 223 in Rom), kurz Ulpian, war ein römischer Jurist, dessen literarische Aktivität in die Zeit zwischen 211 und 222 fällt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ulpian trat erstmals in der Öffentlichkeit als Assessor im Auditorium Papinians und Berater des Septimius Severus auf; unter Caracalla war er als magister libellorum für Eingaben an den Kaiser zuständig. Unter Kaiser Elagabal war er für die Lebensmittelversorgung zuständig, soll jedoch von diesem Herrscher aus Rom verbannt worden sein. Elagabals Nachfolger Severus Alexander machte ihn 222 zum Prätorianerpräfekten und zu einem seiner wichtigsten Berater. Er gewann zunächst einen Machtkampf gegen zwei Kollegen, die Präfekten Flavianus und Chrestus, die hingerichtet wurden. Die von ihm vorgenommene Streichung der Privilegien, die Elagabal der Prätorianergarde zugestanden hatte, und der Tod der beiden Konkurrenten brachte ihm aber tödliche Feindschaft ein. Er wurde bald darauf von der Prätorianergarde im Palast ermordet,[1] wohin er geflüchtet war; der minderjährige Kaiser konnte ihn dort nicht schützen.

Werk

Sein enzyklopädisches Werk beinhaltet: Ad Sabinum, ein Kommentar zum ius civile in 51 Büchern; Ad edictum, ein Kommentar zum prätorischen Edikt in 83 Büchern; Sammlungen von Meinungen, Erwiderungen und Disputationen; Bücher über Richtlinien und Institutionen; Abhandlungen über die Funktionen der verschiedenen Magistrate – eine davon, De officio proconsulis libri x, enthält eine umfassende Exposition des Strafrechts; Monographien über verschiedene Statuten, Nachlassstiftungen sowie viele weitere Werke. Seinen Schriften insgesamt verdanken Justinians Digesten etwa ein Drittel ihres Inhalts, seinem Ediktskommentar alleine ein Fünftel. Als Autor wird er durch hochwertige Lehre, Kritikfähigkeit, Klarheit in Aufbau, Stil und Sprache charakterisiert.

Von Ulpian stammt die bis heute in juristischen Fachkreisen bekannte (wenn auch nicht mehr vorherrschend vertretene) "Interessentheorie" zur Abgrenzung des öffentlichen vom privaten Recht. Sie besagt, dass es sich um öffentliches Recht handelt, wenn staatliche Interessen ("res publica") betroffen sind, hingegen um Privatrecht, wenn es um Individualinteressen geht.

Seine Schriften erlangten so große Autorität, dass die Kaiser Theodosius II. und Valentinian III. ihn in ihrem Zitiergesetz aus dem Jahr 426 zusammen mit Gaius, seinem Lehrer Papinian, Modestinus und Iulius Paulus als einen der fünf Juristen bestimmten, deren Meinung bei juristischen Entscheidungen maßgeblich sein sollte.

Die Domitii Ulpiani fragmenta, aus 29 Titeln bestehend, wurden erstmals von Tilius (Paris 1549) herausgegeben. Andere Ausgaben stammen von Hugo (Berlin 1834), Eduard Böcking (Bonn 1836), die auch Fragmente des ersten Buchs der Institutiones enthält, die 1835 von Endlicher in Wien entdeckt wurden. Auch in Girards Textes de droit romain (Paris 1890) sind sie enthalten.

Werke

  • Eduard Böcking (Hrsg.): Liber singularis regularum codicis Vaticani exemplum cur.Hirzel, Leipzig 1855
  • Rudolf von Gneist: Institutionum et regularum juris romani syntagma exhibens Gai et Justiniani institutionum synopsin Ulpiani librum singularem regularum Pauli sententiarum libros quinque tabulas systema institutionum juris romani illustrantes praemissis duodecim tabularum fragmentis edidit et brevi annotatione instruxit. Leipzig 1880
  • Fritz Schulz (Hrsg.): Die Epitome Ulpiani des Codex Vaticanus Reginae 1128. Marcus & Weber, Bonn 1926
  • Samuel Parsons Scott: The civil Law : including The twelve tables, The institutes of Gaius, The rules of Ulpian, The enactments of Justinian and The constitutions of Leo / transl. from the orig. Latin, ed. and compared with all accessible systems of jurisprudence ancient and modern. 17 Bde., The Central Trust Co., Cincinnati 1932

Einzelnachweise

  1. Cass. Dio 80,1

Literatur

  • R. Knütel: Ulpianus, Domitius. In: Michael Stolleis (Hrsg.): Juristen. Ein biographisches Lexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 1995, S. 625-626 ISBN 3-406-39330-6
  • Tony Honoré: Ulpian. 2. Aufl. Oxford University Press, Oxford, New York 2002, ISBN 0-19-924424-3.
  • Paul Krüger (Hrsg.): Ulpiani Liber singularis regularum. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1878, Weidmann, Hildesheim 2001, ISBN 3-615-00229-6 (Collectio librorum iuris anteiustiniani, T. 2).
  • Erich Mertens: Inhalt und Herkunft der Opiniones Ulpians. Diss., Göttingen 1958.
  • Martin Avenarius (Hrsg.): Die pseudo-ulpianische Einzelschrift der Rechtsregeln (liber singularis regularum). Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-892-2.
  • Martin Avenarius: Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum. Entstehung, Eigenart und Überlieferung einer hochklassischen Juristenschrift. Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-901-5.

Weblinks


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