Base-Jumping

Base-Jumping
Base-Jumper beim Sprung von einem Gebäude in Shanghai

Der Begriff Base-Jumping (zu Deutsch etwa Objektsprung, Objektspringen) bezeichnet das Fallschirmspringen von festen Objekten. Das Apronym base, auch B.A.S.E. steht für die englischen Begriffe building (Gebäude), antenna (Sendemast), span (Brücke) und earth (Felsen). Personen, die diese Sportart ausüben, werden als Objektspringer oder Basejumper bezeichnet. Eine Sonderform des Base-Jumping stellt das Abspringen von Objekten mit Flügelanzügen, sogenannten Wingsuits dar.

Inhaltsverzeichnis

Unterschiede zum Fallschirmspringen

  1. Der Objektspringer trägt oft keinen Reservefallschirm, da im Falle sehr niedriger Absprunghöhen die Zeit bzw. Höhe für dessen rechtzeitige Aktivierung und/oder Wirksamkeit im Falle einer Öffnungsstörung des Hauptschirmes nicht ausreichen würde. Daher wird beim Packen der Ausrüstung größtmögliche Sorgfalt geübt.
  2. Bei niedrigen Sprunghöhen hat der Springer den Hilfsschirm schon beim Absprung in der Hand, welcher losgelassen den Hauptschirm öffnet.
  3. Insbesondere bei sehr niedrigen Absprunghöhen werden verschiedene Auslösearten verwendet, die eine schnelle Öffnung des Schirmes ermöglichen.
  4. Objektsprungsysteme sind speziell für diese Sportart angefertigte Ausrüstungen. Der Container des Schirms trägt alleine den Schirm in sich. Die Fallschirme sind große Siebenzeller, die speziell verstärkt und modifiziert sind. Je nach Sprunghöhe und Fallzeiten werden auch Packung und Zusammenstellung der Einzelkomponenten (z. B. Hilfschirme in passenden Größen) individuell kombiniert.

Rechtliche Situation

Objektspringen wird in den verschiedenen Ländern unterschiedlich behandelt. Während einige Länder dem Vorhaben strikt negativ gegenüberstehen und mitunter drakonische Strafen verhängen, so wird es in anderen Ländern toleriert und kann ohne Restriktionen ausgeübt werden. In Dubai z. B. werden Strafen bis hin zur Ausweisung von Touristen verhängt, falls man bei nicht genehmigten Sprüngen von Hochhäusern gefasst wird, während man in der Schweiz, Italien, Frankreich oder Norwegen beispielsweise die bekannten Felsen ohne Genehmigungsverfahren nutzen kann. In den USA sind Objektsprünge zumeist aus versicherungsrechtlichen Gründen verboten. Auch ist der US-amerikanische Staat bei Sprüngen in seinen Nationalparks sehr sensibel und verfolgt ungenehmigt anwesende Springer. Erwähnenswerte Ausnahmen in den USA sind die Brücken Perrine Bridge in Twin Falls am Snake River in Idaho und, immer am dritten Samstag im Oktober („Bridge Day“) von der New River Gorge Bridge in Fayetteville, West Virginia. Die generelle Aussage, Objektspringen sei illegal, stimmt also bei differenzierter Betrachtungsweise nicht.

In Deutschland stellt Objektspringen eine Außenlandung mit Luftsportgerät dar und ist genehmigungspflichtig. Dies bedeutet, der Eigentümer des Objekts, von dem gesprungen wird, und der Eigentümer der Fläche, auf der gelandet wird, müssen schriftlich zustimmen. Ein Geländegutachten muss erstellt werden, und die verwendete Ausrüstung muss den deutschen Zulassungsbestimmungen entsprechen. Die Genehmigung wird bei Vorliegen aller nötigen Unterschriften vom deutschen Fallschirmsportverband erteilt. Für Objektsprünge in Deutschland gilt das Regelwerk des Vereins Deutscher Objektspringer. Eine Haftpflichtversicherung des Springers ist erforderlich.

Geschichte

Objektspringen ist eine relativ junge und gleichzeitig quasi die älteste Disziplin des Fallschirmspringens. Einerseits gab es bis in die 1980er Jahre nur vereinzelt Menschen, die mit „normaler“ Fallschirm-Ausrüstung von festen Objekten sprangen. Eine der ersten „Objektspringer“ waren Carl Boenish und seine Frau Jean Boenish, die es geschafft hatten, von allen vier Sprungarten (Brücken, Antennen, Felsen und Hochhäusern) als eine der ersten zu springen. Andererseits beginnt die Geschichte des Fallschirmspringens mangels geeigneter Luftfahrzeuge mit dem Absprung von festen Objekten:

Marco Polo berichtet in seinen Reisebüchern über chinesische Artisten, die sich mit schirmartigen Gebilden aus Seide von Türmen stürzten und sicher landeten.

Als erster belegbarer Fallschirmsprung gilt gemeinhin der 1617 vom Kroaten Faust Vrančić vom 86 m hohen Glockenturm des Martinsdoms in Bratislava ausgeführte „Base jump“.

  • 1965 Erich Felbermayr springt von einer Felswand in den Dolomiten.
  • 1966 Wolf Weitzenböck springt von einer weiteren Felswand in den Dolomiten.
  • 1966 Michael Pelkey und Brian Lee Schubert springen vom El Capitan, einer Felswand im Yosemite-Nationalpark.
  • 1975 Owen Quinn springt vom World Trade Center in New York.
  • 1981 prägen Phil Smith, Phil Mayfield, Jean und Carl Boenish den Begriff base aus building (Gebäude), antenna (Sendemast), span (Brücke) und earth (Felsen).
  • 1981 Carl Boenish ist der erste Fallschirmspringer der Welt, der alle vier Objektkategorien gesprungen hat.
  • 1982 Der erste BASE-Sprung in Deutschland. Klaus Heller sprang damals mit automatischer Auslösung von einer Autobahnbrücke.
  • 1984 Rainer Nowak (Pseudonym: Raykawon) springt als Erster vom Olympiaturm in München. Etwa zu gleichen Zeit werden BASE-Sprünge aus Trollveggen in Norwegen gemeldet.

Spektakuläre Sprünge

  • 1990 sprang Russell Powell (ehemaliges Mitglied der Royal Marines) von der Whispering Gallery der Saint Paul’s Cathedral in London aus einer Höhe von 102 Fuß (etwa 31,1 m) den bis dahin niedrigsten Sprung innerhalb eines Gebäudes.[1] Er entkam unerkannt mit einem bereitstehenden Auto und konnte nach Veröffentlichung seiner Identität (durch einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde) nicht durch die Polizei belangt werden, da seine Tat bereits verjährt war.
  • Am 2. August 1991 sprang der Journalist Alfred Waibel bei der Karrenseilbahn unter notarieller Aufsicht aus einer der Seilbahnkabine, 72 Meter über den Baumwipfeln, in ca. 860 m Seehöhe ab.
  • Am 1. Dezember 1999 sprang der österreichische Basejumper Felix Baumgartner vom rechten Arm der Christusstatue auf dem Corcovado in Rio de Janeiro aus mit dem Fallschirm ab. Zuvor ließ er sich auf dem Gelände einschließen, dann kletterte er an einem mit einer Armbrust übergeschossenen Seil hinauf.
  • im Sommer 2000 sprang der Schweizer Ueli Gegenschatz als erster Mensch vom „Pilz“ der Eiger-Nordwand.[2] Am 31. Dezember 2002, wenige Sekunden vor Mitternacht, sprang er gleichzeitig mit neun weiteren Springern von den 452 Meter hohen Petronas-Zwillingstürmen in Kuala Lumpur.
  • Im Juli 2004 sprangen gleichzeitig 30 Springer vom Ostankino-Turm in Moskau und setzten so eine neue Rekordmarke für den größten gelungenen Simultanabsprung von einem festen Objekt.
  • Am 31. Januar 2005 stürzten sich 10 Springer des VDO (Verein Deutscher Objektspringer) gleichzeitig aus der Kuppel der größten freitragenden Halle der Welt, dem Tropical Island Resort in Briesen-Brand bei Berlin. Damit erreichten sie einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde für den größten simultanen Sprung innerhalb eines Gebäudes. Die Absprunghöhe in dem Gebäude betrug 107 Meter.
  • Im Oktober 2005 sprang der Amerikaner Miles Daisher in 24 Stunden insgesamt 57 mal von der Perrine Bridge in Idaho. Die offiziell für Objektsprünge freigegebene Brücke liegt über dem Snake River und bot die Ausgangsplattform für das Vorhaben. Beachtlich ist: Daisher lief nach jedem Sprung die ca. 140 Meter Höhenunterschied selbständig zu Fuß zurück.
  • Zum Jahreswechsel 2005/2006 sprang der Australier Gary Cunningham in 24 Stunden 133 mal von den Petronas Towers in Kuala Lumpur. Cunningham beendete die 24 Stunden mit seinen Packern und Helfern bei einem gemeinsamen Sprung als krönendem Abschluss. Cunningham gehört mit über 1100 Objektsprüngen zu den erfahrensten Springern weltweit.[3]
  • Im Mai 2006 sprang morgens um 6:00 Uhr der Belgier Johan Vervoort zum fünften mal unbemerkt aus 270 Meter vom Pariser Eiffelturm.[4]
  • Im Juni 2006 sprang das australische Paar Glenn Singleman und Heather Swan vom mehr als 6.600 Meter hohen Meru Peak in Indien. Damit haben sie nach eigenen Angaben einen neuen Rekord aufgestellt. Für den rund zweiminütigen Sprung hatten sie zuvor in 22 Tagen den Meru Peak erklommen.[5]
  • 2007 sprang der Belgier Johan Vervoort von einem Turm aus nur 22 Meter Höhe. Dies dürfte die geringste „sicher“ gesprungene Höhe sein, bei der sich der Fallschirm noch öffnete.[6]
  • Am 11. Dezember 2007 sprang Felix Baumgartner als erster Mensch vom damals höchsten Gebäude der Welt, dem Taipei 101 in Taipeh.
  • Im November 2008 sprangen zwei Franzosen vom im Bau befindlichen Burj Dubai (nunmehr Burj Khalifa), vermutet wird eine Absprungebene in 600 Meter Höhe.[7]
  • Bereits einen Tag nach Eröffnung sprangen zwei Emiratis am 5. Januar 2010 legal vom Burj Khalifa, dem mit 828 Meter höchsten Gebäude der Welt. Absprunghöhe war die 160. Etage in 672 Meter über Grund.[7][8]

Todesfälle

Bisher kam es beim Ausüben dieses Sports zwischen 1981 und 2011 zu 176 erfassten Todesfällen.[9] (Stand: 16. September 2011) Davon entfallen allein 15 % auf das Lauterbrunnental. Dieses Tal ist sehr beliebt bei den Base Jumpern. Dort verloren schon 28 Springer (Stand: 16. September 2011)[10] ihr Leben, was immer wieder Diskussionen über ein Verbot auslöst.[11]

Am 11. November 2009 verunglückte der bekannte Schweizer Basejumper Ueli Gegenschatz bei einem Sprung vom Sunrise Tower in Zürich und erlag zwei Tage später seinen Verletzungen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bericht in Englisch
  2. Bericht über Gegenschatz
  3. Süddeutsche Zeitung 27. Februar 2008
  4. Bericht im Spiegel 19. Mai 2006
  5. Bericht im Spiegel 9. Juni 2006
  6. Tiefster Basejump 22 Meter Video auf You Tube
  7. a b Reiseziel Dubai – Dubai news: Erster legaler Fallschirmsprung vom Burj Khalifa aus der 160. Etage, 7. Januar 2010
  8. gulfnews.com: Base jumper leaps off Burj Khalifa, 6. Januar 2010
  9. BASE Fatality List
  10. Berner Zeitung 16. September 2011
  11. Diskussion über das Springverbot im Lauterbrunnental

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